Werbung - LEO ohne Werbung? LEO Pur
LEO

Sie scheinen einen AdBlocker zu verwenden.

Wollen Sie LEO unterstützen?

Dann deaktivieren Sie AdBlock für LEO, spenden Sie oder nutzen Sie LEO Pur!

 
  •  
  • Übersicht

    Deutsch gesucht

    »la cathédrale provoque un vent de dédain«

    Betreff

    »la cathédrale provoque un vent de dédain«

    Quellen
    das sagt Rodin, einer Erinnerung Rilkes zufolge.
    VerfasserLilaluc (466235) 27 Aug. 09, 18:22
    Quellen
    Kommentar
    Schau mal weiter unten im Link, was Ingrid schreibt :-)
    #1Verfasser Moi Gab (456541) 27 Aug. 09, 18:33
    Kommentar
    Ja klar, aber „Wind der Geringschätzung", das schien mir zu direkt übertragen, und ich (lilaloufan) vermute, es handelt sich um ein Idiom aus dem Bereich der Meteorologie. In einem am Tag nach Rilkes Chartres-Ausflug an Clara verfassten Brief zitiert er Rodin: »Il y a toujours un vent, ce vent-là autour des grandes Cathédrales. Elles sont toujours entourées d' un vent mauvais agité, tourmenté de leur grandeur.« Drei Sätze später nennt Rilke es einen »vent errant«. Ob es sich bei »vent de dédain« vielleicht ganz schlicht um ein kleinklimatisches Phänomen handelt und nicht um ein seelisch-atmosphärisches? Das will ich im Rilke-Forum fragen, mich hier aber gerne zuvor sprachlich vergewissern.
    #2VerfasserLilaluc (466235) 27 Aug. 09, 19:09
    VorschlagDie Kathedrale wird von einem herablassenden Schnauben umweht
    Quellen
    "Je me rappelle Rodin
    qui me dit un jour d’un air mâle
    (nous prenions, à Chartres, le train)
    que, trop pure, la cathédrale
    provoque un vent de dédain."

    Dieser Satz Rilkes (eines Meisters der bildlichen Sprache) gibt mir in mehrfacher Hinsicht Rätsel auf. Was meint er mit "air mâle"? Eine männliche Attitüde?
    Wie kommt Rodin zu der Einschätzung, die Kathedrale von Chartres sei "pure"? Meint er die Reinheit ihres gotischen Stils?
    Und natürlich, worauf spielt er mit seinem Wort vom "vent de dédain" an? Meint er damit wirklich nur ganz vordergründig die Luftturbulenzen in der Nähe eines hoch aufragenden Gebäudes inmitten einer flachen und bodenständigen Agrarebene?
    Nach vielen unbefriedigenden Übersetzungsversuchen wage ich mal die nachstehende, sehr freie Interpretation:
    Kommentar
    "Ich erinnere mich an Rodin,
    der mir eines Tages
    (als wir von Chartres aus den Zug nahmen)
    mit einer keinen Widerspruch duldenden Bestimmtheit sagte,
    dass die Kathedrale in ihrer erhabenen Vollkommenheit
    von einem herablassenden Schnauben umweht werde."
    #3Verfasser Judo (73500) 27 Aug. 09, 22:54
    Kommentar
    #4VerfasserLilaluc (466235) 28 Aug. 09, 12:48
    Kommentar
    Es ist sehr schwierig, bildhafte Ausdrucksweise in eine andere Sprache zu übertragen: eine Wort-für-Wort-Übersetzung gibt allzu oft den Sinn nicht wieder, oft kommt es auf den persönlichen "Sprachgeschmack" an ...

    Was haltet Ihr von "hochnäsigem/herablassendem Geschnaube"?
    #5Verfasser parac (271522) 28 Aug. 09, 14:35
    Kommentar
    Ja, parac, da sind wir uns offenbar einig.
    #6Verfasser Judo (73500) 28 Aug. 09, 23:27
    Kommentar
    Paracs Vorschlag find ich auch i. O.

    Aber Judos Vorschlag: chapeau!
    #7Verfasser Moi Gab (456541) 30 Aug. 09, 00:02
    Quellen
    Wir kamen von der Bahn gegen ½10 zum Dom hin; die Sonne war nicht mehr da, es war ein grauer Frost, aber immer noch still. Als wir aber an die Kathedrale kamen, bog unerwartet ein Wind, wie jemand sehr Großer, um die Ecke des Engels und ging mit einer Unerbittlichkeit durch uns durch, scharf und zerschneidend. „O,“ sagte ich, „nun erhebt sich auf einmal ein Sturm.“ »Mais vous ne savez pas,« sagte der Meister, »il y a toujours un vent, ce vent-là autour des grandes Cathédrales. Elles sont toujours entourées d'un vent mauvais agité, tourmenté de leur grandeur. C’est l’air qui tombe le long des contreforts, et qui tombe de cette hauteur [et] erre autour de l’église …« So irgendwie sagte der Meister das, kürzer, etwas weniger ausgeführt, gotischer zugleich. Aber so etwa war der Sinn dessen, was er meinte. Und in diesem vent errant standen wir wie Verdammte im Vergleich zu dem Engel, der so selig sein Zifferblatt einer Sonne hinhielt, die er immer sah …»

    Aus: http://www.rilke.de/phpBB3/viewtopic.php?f=19..., 27. Aug 2009, 21:48
    Kommentar
    Also, nehmt's mir bitte nicht übel, aber 'hochnäsiges/herablassendes Schnauben' erscheint mir hineininterpretiert, und 'provoquer' ist nun doch ein bißchen etwas anderes als 'umweht sein'

    Rodin gibt dem über den plötzlichen "Sturm" Erschrockenen eine natürliche Erklärung, wie es dazu kommt: die Luft fällt an den Strebepfeilern der Kathedrale(n) herab, aus großer Höhe, die schiere Größe der Kathedrale erzeugt so einen heftigen, böigen, wildbewegten-wirbelnden (tourmenté) Wind, der um die Kirche herum mal in die eine, mal in die andere Richtung weht (erre autour).
    Dieser physikalische Grund wird nun allerdings von Rilke quasi metaphysisch aufgeladen, indem er diesen "springenden" (errant) Wind personifiziert ("wie jemand sehr Großer"), qualifiziert ("unerbittlich") und sein Tun beschreibt (scharf hindurchgehen, zerschneiden), wahrscheinlich auch, indem er "tourmenté de leur grandeur" in figürlichem Sinne versteht: der Wind ist nicht ein durch die rein gebäuliche Größe der Kathedrale, sondern durch die ihres geistigen Gehalts, der sich in ihr ausdrückt, Getriebener, Geplagter.
    Ich glaube aber nicht, daß Rilke, wenn er in der anderen Passage vom 'vent du dédain' spricht, diese Personifizierung so weit getrieben hat, daß er in Rodins Äußerung die Kathedrale selbst "schnauben" ließe.

    Nimmt man beide Stellen, die zeitlich nähere, ausführliche, und die spätere, komprimierte, zusammen, so ergibt sich (für mein Empfinden wenigstens) für 'vent du dédain' das Bild des realen Windes, der, von der Größe und übergroßen Reinheit der Kathedrale getrieben, die Menschen faßt und ihnen im Zerschneiden ('Durchpusten' würde man heute vielleicht sehr prosaisch sagen) ihre Kleinheit, Nichtigkeit und Verlorenheit (Rilke sagt sogar 'wie Verdammte'!), und damit ihr Getrenntsein von der Vollkommenheit, wie sie im Bild des selig lächelnden Engels als scharfer Gegensatz aufscheint, bewußt macht.
    Der langen Rede kurzer Sinn: "Wind der Geringschätzung" halte ich für völlig adäquat.
    #8Verfasser Pierrot (236507) 30 Aug. 09, 01:14
    Kommentar
    Ah quelle beauté, quel style, je suis en pâmoison devant tant de richesse.
    Pierrot, si j'étais une femme, je serais amoureuse de toi!

    Plus sérieusement, mon interprétation des lignes de Rilke est un peu différente.

    Rodin est un homme très attiré par les femmes, toute sont œuvre est sensuelle et érotique.
    Quand il dit d'une voix "mâle", il exprime cette attirance.
    Il parle de la cathédrale qu'il voit comme une femme - trop pure - une vierge en quelques sorte, qui ne veut pas céder à ses avances (quand en français on complète un adjectif par "trop", il y a toujours un bémol, un côté péjoratif).

    En retour, ce refus va provoquer de sa part un mépris, un dédain déclenché par la frustration et symbolisé par le "vent de dédain".

    Il s'agit donc d'une illustration de la confrontation entre la pureté et le sexe considéré comme impur, entre le divin et le profane.

    PS : le début du poème de Rilke va bien dans ce sens d'ailleurs

    Combien le pape au fond de son faste,
    sans être moins vénérable,
    par la sainte loi du contraste
    doit attirer le diable.

    #9VerfasserPalatschinken (604207) 30 Aug. 09, 11:57
    Kommentar
    Das vollständige Gedicht lautet offenbar (meine Quelle: http://www.recmusic.org/lieder/get_text.html?... ):

    Combien le pape au fond de son faste,
    sans être moins vénérable,
    par la sainte loi du contraste
    doit attirer le diable.

    Peut-être qu'on compte trop peu
    avec ce mouvant équilibre;
    il y a des courants dans le Tibre,
    tout jeu veut son contre-jeu.

    Je me rappelle Rodin
    qui me dit un jour d'un air mâle
    (nous prenions, à Chartres, le train)
    que, trop pure, la cathédrale
    provoque un vent de dédain.


    In http://www.rilke.de/phpBB3/viewtopic.php?p=12... habe ich nochmal Bezug genommen auf die Diskussion hier.



    #10Verfasserstilz (624608) 31 Aug. 09, 13:47
     
  •  
  •  
  •  
  •  
  •  
  
 
 
 
 
 ­ automatisch zu ­ ­ umgewandelt