Kommentar | Doch - und das Problem ist alt.
Wustmann schreibt bereits im 19. Jh. (Allerhand Sprachdummheiten. Leipzig 1896: 107ff.):
Ein Hauptübel unsrer ganzen Relativsatzbildung liegt zunächst nicht im Satzbau, sondern in der Verwendung des langweiligen Relativpronomens welcher, welche, welches. Das Relativpronomen welcher gehört, wie so vieles andre, ausschließlich der Papiersprache an, und da sein Umfang, seine Schwere in gar keinem Verhältnis zu seiner Aufgabe und Leistung steht, so trägt es besonders zu deren breiten, schleppenden Ausdrucksweise unserer Schriftsprache bei. In der älteren Sprache war welcher (swelher) durchaus nicht allgemeines Relativpronomen, sondern nur indefinites Relativ, es bedeutete: wer nur irgend (quisquis), jeder, der , noch bei Luther: welchen der Herr lieb hat, den züchtiget er. Erst seit dem fünfzehnten Jahrhundert ist es allmählich zum gemeinen Relativum herabgesunken. Aber nur in der Schreibsprache, die sich so gern breit und wichtig ausdrückt, zuerst in Übersetzungen aus dem Lateinischen; der lebendigen Sprache ist es immer fremd geblieben und ist es bis auf den heutigen Tag fremd. Niemand spricht welcher, es wird nur geschrieben! (...); jedermann sagt der, die, das. Es ist undenkbar, daß jemand bei Tische sagt: die Sorte, welche wir vorhin getrunken haben, oder: wir gehen wieder in die Sommerfrische, in welcher wir voriges Jahr gewesen sind*).
*) Nur in Süddeutschland und Österreich wird welcher auch gesprochen, aber immer nur von Leuten, die sich 'gebildet' ausdrücken möchten. In deren falschem, halbgebildeten Hochdeutsch - da grassirt es. |
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