Kommentar | Unsinn, naka-naka. Der Begriff bezieht sich auf die Aussprache und Sprechtechnik und hat naturgemäß nichts mit der Wortwahl durch den Autor des jeweiligen Dramentextes zu tun.
"Bühnensprache
Die in jedem Land auf der Bühne übliche oder vorgeschriebene dialektfreie Aussprache. Sie lehnt sich an die Schriftsprache bzw. an die Hochsprache an und wird v.a. bei gehobenen Gattungen gepflegt (klassisches Theater, Rezitation, Oper). In Deutschland gehen die Versuche zur Regelung der Aussprache auf der Bühne v.a. auf Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) zurück, der 1803 in seinen Regeln für Schauspieler eine erste einheitliche, über allen Mundarten stehende und von jedem Provinzialismus befreite sprachliche Norm vorschlägt. Für eine endgültige Regelung wurde dann Ende des 19.Jh. eine Kommission einberufen, die sich aus Vertretern des Dt. Bühnenvereins und Vertretern der Wissenschaft zusammensetzte. In ihrem Auftrag veröffentlichte Theodor Siebs (1862-1941) 1898 sein Werk Deutsche Bühnenaussprache. Die B. wurde für die ganze dt. Hochsprache, auch im Deutschunterricht in den Schulen, bestimmend. Sie kennzeichnet sich v.a. durch tadellose Aussprache der Vokale, Umlaute und Doppellaute, Beachtung der Kürze bzw. der Länge der Vokale, apikal artikuliertes 'R' - auch 'Zungen-R' genannt -, scharfe Unterscheidung zwischen stimmhaften (b, d, g) und stimmlosen (p, t, k) Konsonanten und richtige Verteilung des Zeitmaßes auf die einzelnen Stellen des Wortes - etwa nach der Regel: Stammsilbe eines Wortes doppelt so lang halten wie die Anfangs- und Schlußsilben. Dabei sollte jedoch das Wort Heinrich Laubes (1804-84) maßgebend sein: "In dem lobenswerten Streben nach einem deutlichen AUssprechen der Vokale und Konsonanten muß sich der Schauspieler vor der Gefahr hüten, ein sogenannter Buchstabensprecher zu werden. Fühlbare Absicht zerstört immer den Eindruck des Natürlichen." Die B. erlaubte eine klare Typisierung der Personen im Lustspiel, etwa in der -> Posse oder -> Lokalposse: Der Wechsel zwischen B. und Dialekt bzw. dialektal gefärbter Sprache entspricht im Text dem Übergang von Typ zu Typ auf der Bühne. Allerdings geriet im 20.Jh. die B. in den meisten Ländern immer mehr ins Kreuzfeuer der Kritik und wurde immer weniger beachtet; sie widersprach nämlich dem im Theater vorherrschenden Hang zum Realismus bzw. zur Sprachverzerrung und wurde höchstens parodistisch benutzt. In jüngerer Zeit wird sie dagegen wieder verlangt, und zwar nicht nur bei Aufführungen klassischer Stücke, sondern auch bei modernen Dramen, in Reaktion auf Exzesse der letzten Jahrzehnte. Sie lent sich dabei immer mehr an die Hochlautung an, die als empfohlene moderne Aussprache der Hochsprache von Bühne, Film und Rundfunk getragen und verbreitet wird."
Bernard Poloni in: Brauneck/Schneilin (Hrg.), Theaterlexikon. Begriffe und Epochen, Bühnen und Ensembles. rowohlts enzyklopädie Reinbek 1992. |
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