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    Der Tag als Lyri kam

    Comment
    Die verlorene Geschichte


    Liebe Anhänger der Geschichten von Edmond Dantes!

    Die nun folgende Geschichte fiel einst den Aufräumarbeiten im Forum zum Opfer. Deshalb soll sie an dieser Stelle rekonstruiert und zu einem Ende geführt werden.

    Ausnahmsweise ist dies nur ein Faden zum Mitlesen, nicht zum Mitposten.
    Also bitte hier keine Postings. Vielen Dank!

    Und nun viel Spaß beim Nach- und Mitlesen. :-))
    Authordaisy13 Oct 05, 06:16
    Comment
    Der Tag, als Lyri kam Diese Geschichte spielt in einem Jahrhundert, als es noch auffiel, wenn jemand besonders hoch gewachsen war. Denn die meisten Menschen waren kleinwüchsig. Aber der Mann, der da so weit ausschritt, der war ein Riese. Denn unter jedem Türstock musste er sich tief bücken. Aber er nahm das hin. Und es kam ihm auch entgegen. Nein, nicht die Bücklinge. Seine Größe. Sie verschaffte ihm in den Dörfern, Weilern und Städten die nötige Aufmerksamkeit. Wenn sich dann genügend Volk um ihn versammelt hatte, welches dann auch noch seinen geckenhaften Aufzug aus der Nähe bewundern konnte, nahm er die Laute vom Rücken und trug mit klarer Stimme romantische Lieder vor, manchmal auch lyrische Gedichte und wundersame Geschichten, gerade so, wie ihm zu Mute war. Wenn er dann den Hut herum gehen ließ, klingelten darin genug Münzen, die ihm für zwei oder drei Tage ein Bett in einer guten Herberge oder einem Gasthof verschafften, sowie ein gutes und ausreichendes Essen. Und es blieb auch etwas übrig für guten Wein. Einige Münzen hielt er auch für schlechte Zeiten zurück und die wanderten in die Geldkatze, die er unter dem Ledergürtel trug. Sollte aber ein Dieb eine Beutelschneiderei versuchen, so gab es am Gürtel auch einen spitzen Degen. Der lange Barde wusste ihn sicher zu führen. Aber er war ein friedliebender Mensch, darum blieb die Waffe meist im Gürtel. Seine eigentlichen Waffen waren sein Kopf, in dem ein heller und umtriebiger Geist wohnte, sein manchmal etwas vorlauter Mund und seine Laute.
    Fortsetzung folgt!
    #1Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 06:17
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    Oft genug hatte er in Kneipen und Tavernen einen aufkommenden Streit geschlichtet. So manche zarte Romanze ging auf seine Tanzlieder und Melodien zurück, er brachte sie erst richtig zum blühen. Münder und Hände fanden zueinander und manchmal passierte auch etwas unter den Schanktischen. Selbst auf den Tod verfeindete Nachbarn schüttelten sich unter Tränen die Hände, wenn er nachdenkliche und traurige Weisen vortrug. Zänkische Frauen stimmte er mit seinem Gesang milde. Säufer unterbrachen ihre Gelage und lauschten versonnen. Gingen früher als üblich heim zu Frau und Kind. Und ließen den Hausrat an seinem Platz. In seinem Kopf purzelten gerade wieder Worte und Bruchstücke von Melodien durcheinander, veranstalteten einen bunten Reigen. Langsam formte sich aus dem Chaos ein neues Lied. Und seine Hand griff schon zur Laute, um das neue Werk in die Welt zu holen, da fiel ihm eine sauber beschnittene Hecke auf. Und dahinter sah er den gebeugten und sehr bezaubernden Rücken einer Frau. Eigentlich hatte er sich gerade noch ein bisschen geärgert. Über sich selber. Und seine Sparsamkeit. Denn er war nicht in dem Dorf vorhin eingekehrt. Ihm war nach freier Luft. Die inspirierte ihn.
    Aber die Landstraße war staubig und zog sich lang dahin. Der Mund war trocken, die Zunge klebte am Gaumen. Seine Augen ruhten weiterhin auf der hübschen Rückfront der Dame. Fortsetzung folgt!
    #2Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:28
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    Ob sie wohl auch ein schönes Gesicht besaß? Die Lady erhob sich gerade, ihr Ohr vernahmen wohl seine sich nähernden Schritte. Und was das für ein zauberhaftes Antlitz war, das die Lady ihm nun zuwandte. Der junge Musikus lüpfte den Federhut und verneigte sich tief.
    Die wunderschöne Dame schenkte ihm ein Lächeln, für das der Musiker seine Seele dem Teufel überlassen hätte. Und dann sprach sie, mit einer Stimme, die jedem wie das Singen einer Nachtigal im Ohr schallte. „Hallo, einsamer Wanderer, wollt ihr nicht auf einen Trunk oder vielleicht auch eine kräftige Brotzeit in unsere Stube treten? Gerade habe ich meine Beete versorgt. Und ich bin vollkommen kaputt. Der Rücken…! Geht noch ein Stück, bis ans Gatter, sagt dem Verwalter Lady Daisy hätte euch in die Stube gebeten. Vergesst aber nicht den Brunnen im Hof, wo ihr euch den Staub aus dem Gesicht wischen könnt. Bis gleich!“ Und mit dem verheißungsvollsten Lächeln, welches der Musikus je gesehen hatte, verschwand die schöne Lady in eine der Stallungen und winkte noch charmant mit der Hand. Es ist ja wohl klar, dass der Lautenspieler dieses Angebot unter keinen Umständen ausgeschlagen hätte. Und irgendwie kam ihm jetzt eine neue Melodie in den Sinn. Denn es war zwar eigentlich nur die hübsche Lady in seinem Kopf, doch er konnte so etwas sofort in Musik umsetzen. Und so trat er pfeifend ans Gatter und pfiff zum ersten Mal das Lied vom Gänseblümchen ‚Lady Tausendschön’. Unter diesem Titel ging es in die Geschichte ein.
    Fortsetzung folgt!
    #3Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:29
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    Der Musikus fand das Gatter. Verschlossen. Weit und breit kein Verwalter. Also setzte er über den Zaun. Der Brunnen war schnell gefunden. Tat das gut. Anschließend marschierte er weiter auf das Hauptgebäude zu. Davor saßen drei Männer beim Kartenspiel. Direkt wurde er in die Runde eingeladen. Der älteste der Männer goss ihm einen Becher ein. Er nahm einen Schluck und das Getränk war der beste Tropfen, der ihm je die Kehle herunter gelaufen war. Der ältere Mann lächelte. „Das ist ein Zaubertrank, was? Meine Freunde Joe und Vikunja haben da eine ganz besondere Destille. Wir haben die Ansammlung von seltsamen Röhren, Kolben und Brennern bei einem Magier im Norden gefunden. Der arme Kerl hatte Mist gebaut. Er wollte wohl, so seine kaum entzifferbaren Aufzeichnungen stimmen, das Wasser des Lebens finden. Aqua Vitae oder in der Sprache seiner Heimat ‚Uskebaugh’. Aber er war blind, wie ein Maulwurf. Denn die Zauberdestille sollte mit Zucchini gefüttert werden. Ihr kennt doch dieses vorzügliche Gemüse. Nur, wenn man es anbaut, dann gibt es nach der Ernte dieses Gewächs in millionenfachen Variationen auf den Tisch. Bis es einem an den Ohren heraus kommt. Und er hat die beste Möglichkeit der Welt gefunden, diesen Missstand aus der Welt zu schaffen. Nämlich, das Zeug vernichten und dann einem höheren Zweck zu führen. Leider hat der Arme die Wundermaschine mit Zichorien gefüttert.
    #4Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:29
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    Und das entstandene Wässerchen hat ihm das Lebenslicht aus gelöscht. Vik und Joe haben die Destille zerlegt und hier wieder aufgebaut. Mit Hilfe der Aufzeichnungen des Magiers. Doch so ganz hat das Experiment nicht geklappt. Sagen Vik und Joe. Ich sehe das vollkommen anders. Für mich ist das der beste Schnaps auf der Welt. Dieser Marillenbrand ist einfach himmlisch. Und darum erhebe ich meinen Becher auf das Wohl des alten Magiers. Und natürlich auf meine beiden Freunde Vikunja und Joe. Aber auch auf meine geliebte Daisy. Die es nicht versäumt hat, das für die Maschine immer genug Grundstoff zur Verfügung steht!“ Dabei lachte der Mann so herzhaft, dass seine Freunde mit einstimmten. Und auch Lyri konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Dann hob er den Becher zum Toast. Trotzdem dachte er bei sich, dass der Mann ihn mit der Geschichte hoch genommen hatte. Aber unser Musikus mochte eine gute Geschichte. Und natürlich so einen guten Tropfen. Gleich nahm er noch einen Schluck und prostete den Tischnachbarn zu. Kaum hatte der letzte Schluck den Magen gewärmt, rief der Verwalter zum Essen. Fortsetzung folgt!
    #5Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:30
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    Das Essen war schon lange vorüber. Lyri bedankte sich für die Einladung auf seine Weise. Er spielte einige lustige Lieder auf der Laute. Seine Zuhörer bedankten sich artig. Und dann machte Lady Daisy einen Vorschlag. „Wir sind doch zu Nachteulchen ins Schloss eingeladen. Bestimmt freut sie sich, wenn ein Musiker etwas zur Unterhaltung beiträgt.“ Und so wurden am späten Nachmittag die Pferde gesattelt und die Gruppe ritt zum Eulchen-Schloss.
    Mit großer Freude wurden die Ankömmlinge im Schloss begrüßt. Da waren all die lieben Freunde, die kleine Königin, auch Nachteulchen genannt, Pandy und Eli, Narfi und Lehmi, Lopi, Bronchi, Joy und Jay. John Doe, Draca und Rehlein weilten auch als Gäste im Schloss.
    Nur der Prinz von Finnmarken war nicht zugegen. Er war für einige Wochen in seine Heimat zurückgekehrt. Er wollte in seinem alten Reich mal nach dem Rechten schauen.
    Als Lyri die erste Runde mit melancholischen Liedern bestritt, hatten alle Tränen in den Augen. Dem Sänger wurde eine kurze Pause gegönnt, man bewirtete ihn mit Bier und kleinen Leckerbissen, dann musste er wieder ans Instrument. Erst gab es einige zarte Weisen, dann lustige Lieder und fesche Tänze. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt. Da knallte es heftig vor dem Schloss. Alle rannten nach draußen. Was mochte dort geschehen sein? Das Gefährt, das gerade im Schlosshof eine Bruchlandung gemacht hatte, das kannte man doch! Der fliegende Delfin sah furchtbar aus. Heftig mitgenommen, zerfetzt. Wo waren die Insassen? Man rief in die Dämmerung, doch niemand antwortete. Aber dann drang ein leises Wimmern an die Ohren der Freunde. Man lauschte und folgte dem leisen Ton. Tatsächlich. Da lagen zwei Personen im Gras. Und noch ein ganz kleines Tierchen, das die Freunde beinahe übersehen hatten.
    Fortsetzung folgt!
    #6Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:31
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    Das kleine Küken hüpfte und flatterte gerade auf. Königin Nachteule besah sich ihre Freundin genau. Das kleine Küken schien aber munter zu sein. Die beiden anderen Personen waren Buffy und Steffal. Sie schienen aber nur ohnmächtig. Als sie ihre Augen aufschlugen, war die erste Frage: „Wo ist Iruka? Bitte?“ Und dann erzählten sie ihre Geschichte: Sie waren noch immer auf ihrer Weltreise zu mystischen Orten. Und dann war ihr Luftschiff in einen Sturm geraten. Es war aber kein normaler Sturm. Es waren Luftgeister. Jemand hatte ihnen gesteckt, an Bord des Luftschiffes wäre die kleine Meerprinzessin Iruka. Und die sollten sie, für reichen Lohn, vernichten. Aber Iruka wusste gar nicht, das sie eine Meerprinzessin war. Als kleines Mädchen war sie an einem Strand aufgewacht und konnte sich an nichts erinnern. Nette Bauersleute hatten das süße Mädel groß gezogen. Und so war sie später zu ‚MAGICAL MYSTERY TOURS’ gekommen. Iruka hatte alles versucht, doch es nutzte nichts. Ihr Luftschiff trotzte den wilden Angriffen der Luftgeister, so gut es ging. Auch ihre hervorragenden Steuerkünste brachten nicht den nötigen Erfolg. Buffy und Steffal unterstützten Iruka, so gut sie konnten, waren aber der erfahrenen Kapitänin mehr im Weg, als eine echte Hilfe. Dann verloren alle die Besinnung. Und gleichzeitig sank das Luftschiff rasant der Erde zu. Und da kam das kleine Küken ins Spiel. Es machte gerade seine ersten Flugversuche. Sah das abstürzende Luftschiff. Flog an Bord. Versuchte die Reisenden zu wecken, schaffte es aber nur bei Iruka. Da traf ein kleines Metallstück den Kopf des Kükens.
    Fortsetzung folgt!
    #7Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:32
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    Natürlich erzählte das kleine Küken dies alles nicht. Es zeichnete es flott mit seinen Krallchen in den Sand. Buffy und Steffal waren schnell wiederhergestellt, ein paar Prellungen und blaue Flecken wurden vorsichtig verarztet. Und als sie dann auch noch mit gutem Essen und Getränken versorgt wurden, waren sie wieder voll auf dem Damm. Es wurde hin und her diskutiert, da laut, dort leise. Doch, wo sollte man Iruka suchen? Aber was war das, da draußen, vor dem Schloss? Lautes Hufgetrappel! Eine Kutsche nahte. Doch ehe die Kutsche in den Hof einlief, kam etwas durch die Luft geflogen. Das war doch Neutrino, das Energiekügelchen. Funkelnd und blinkend kam es auf Königin Nachteule zu, die genau wie ihre Freunde in den Hof gelaufen war. Das Energiekügelchen schlug Kapriolen, vollführte dreifache und vierfache Loopings, gebärdete sich wie toll. Endlich kam auch die Kutsche zum Stillstand. Der erschöpfte Kutscher war im Schloss wohlbekannt, denn er kam aus dem kleinen Mühldorf. Dann öffnete sich der Schlag der Kutsche. Es war Nobody. Aber nicht als verehrungswürdige Muhme. Sondern als wunderhübsche junge Frau. „Ihr müsst helfen! Nur ihr könnt Iruka finden!“ Etwas atemlos kam sie auf die versammelte Gruppe zu. Auch sie war völlig erschöpft, hatte sie doch den Kutscher zur Eile an gehalten. Man bat die Ankömmlinge ins Schloss, während sich einige Leute um die Pferde und die Kutsche kümmerten. Nobody verlangte nur nach Wasser, während der Kutscher einem Humpen Bier nicht abgeneigt war und das schäumende Getränk in sich hineingoss, als hätte er monatelang in der Wüste ohne Wasser verbracht. Auch Nobody leerte den gereichten Becher gierig und verlangte nach mehr. Fortsetzung folgt!
    #8Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:33
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    Endlich fing Nobody an zu erzählen, was sie so eilig in Eulchens Schloss getrieben hatte. Natürlich war das kleine Energiekügelchen daran schuld. Aber was heißt Schuld? Etwas hatte Neutrino getrieben. Was es war, konnte das kleine Energiekügelchen nicht sagen. Nur hatte Neutrino Nobody aus ihrem tiefen Nachmittagsschlaf geweckt und dann einiges gezeigt. Und Nobody war entsetzt. Sie hatte so laut geschrieen, dass die Kinder, die am Mühlbach gespielt hatten, an gelaufen kamen. Sie suchte in ihrer Schürze und fand ein glänzendes Goldstück. Gab es dem Ältesten der Kinder und bat, man möge in der Poststation eine Kutsche für sie bestellen. Zum Eulchen-Schloss. Natürlich durften sich die Kinder, bevor sie die alte Kate verließen, aus der geheimnisvollen Kiste der Muhme bedienen, in der immer allerlei Back- und Zuckerwerk gehortet war. Aber dann scheuchte die ehrwürdige Muhme die Kinder zur Poststation. Während der Postillon die Kutsche zur Kate der Muhme lenkte, vollzog sich die Verwandlung. Und der Kutscher kannte Nobody gut, fiel fast von seinem Kutschbock, als er die bildhübsche junge Frau sah, die erst gar nicht abwartete, bis er den Schlag öffnete, sondern während der Fahrt auf das Trittbrett aufsprang und noch ein paar Anweisungen brüllte, ehe sie sich endlich durch den Schlag ins Innere des Gefährtes gezwängt hatte. Immer wieder, während der rasenden Fahrt zum Schloss, rief Nobody dem Fahrer zu, er solle sich eilen. Trotzdem, die Wege waren zwar nicht übel, aber auch nicht gerade komfortabel, aber ein wenig musste der Postillion auch Pferde und Gefährt so führen, dass alle heil und gesund am Zielort ankamen. Was nutzte es, wenn ein Deichsel- oder Achsbruch, zerstörte Speichen und lahmende Pferde die zügige Ankunft vereitelten? Trotzdem schwante Nobody nichts Gutes! Fortsetzung folgt!
    #9Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:33
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    Das, was Nobody in der kleinen Energiekugel sah, war nicht immer unbedingt die Zukunft, wie sie dann auch tatsächlich eintrat. Sie hatte den Unfall des Luftschiffes gesehen. Aber in der von Neutrino gezeigten Version war das Luftschiff zwar lädiert, aber reparabel und in den wichtigen Teilen intakt. Doch das Delfinschiff war noch nicht einmal von Grinch, dem hünenhaften, findigen und bärenstarken Dorfschmied, zu richten. Die Hülle war aufgeplatzt, wie eine überreife Frucht. Überall standen verbogene Streben hervor. Wahrscheinlich würde das Luftschiff sich nie mehr in die höheren Sphären erheben, war nur noch ein Haufen Schrott. Leider war die gezeigte Alternativzukunft auch eine, in der Iruka es bis zum Schloss von Königin Nachteule geschafft hatte. Und dieser Umstand machte Nobody noch viel mehr Kopfzerbrechen. Neutrino, die kleine Energiekugel blieb auf weitere Anfragen von Nobody leider dunkel. Wie sollte man die kleine Meerprinzessin finden? Wo war Iruka? Nobody hatte eine Idee. Sie hypnotisierte Buffy und Steffal. Doch auch diese Aktion brachte kein Licht ins Dunkel. Nobody hatte auf einen Fingerzeig gehofft, den die beiden Passagiere unbewusst aufgenommen hätten. Aber leider Fehlanzeige. Das einzige, was Nobody wusste, sie musste unbedingt mit Nachteule und den Freunden zu einer Vulkaninsel im weiten Ozean. Doch ohne Iruka machte das alles keinen Sinn. Kurze Zeit später fing Neutrino an, wild durch die Luft zu zischen, schlug Kapriolen. Die Kugeloberfläche blieb zwar für Nobody trübe und undurchsichtig, aber eine flimmernde Aureole umtanzte schillernd Neutrinos Oberfläche. Dann zog sich das Kügelchen in eine Ecke zurück, beschrieb einen Kreis und blieb dann in der Luft stehen. Das kleine Küken tapste in der Nähe des Kreises herum. Als das kleine Federtier jedoch in den Kreis treten wollte, hüpfte es, wie von der Tarantel gestochen, zurück. Fortsetzung folgt!
    #10Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:34
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    In der Luft schillerte etwas, wie bleiches Mondlicht. Wie die Ringe des Planeten Saturn war da wirklich ein Lichtkreis geblieben, an der Stelle, die das kleine Energiekügelchen eben beschrieben hatte. Im Kreis tanzten auf einmal Nebelschleier, in denen bunte Staubkörnchen auf und ab strömten. Irgendwo, aus dem Nirgendwo, vernahmen die Leute im Schloss einen zarten, aber sehr kurzen Glockenton. Schemenhaft bildete sich aus den Staubschlieren ganz langsam eine menschliche Gestalt heraus. Dann erkannten die Freunde, wer da auf Besuch kam. Es war die HEIMLICHE HERRSCHERIN. Wieder war ihr Antlitz durch die sehr langen Haare verborgen. Genauso hüllte ihr Haar den ganzen Körper ein. Und dann ertönte ihre liebliche Stimme. „Hallo, meine lieben Freunde, ich grüße euch. Leider kann ich nicht viel zu der neuen Geschichte beitragen. Aber sobald die Uhr Mitternacht schlägt, sende ich euch einen guten Freund und Helfer. Wenn der letzte Ton der Turmuhr verklungen ist, wird er ans Schlosstor klopfen. Aber nun muss ich euch wieder verlassen. Ihr werdet auch diese Abenteuer hinter euch bringen, vielen Gefahren begegnen, aber lasst euch von eurem Herzen leiten, dann wird alles gut…“ Das Wörtchen ‚gut’ war nur noch ein leiser Hauch, da war auch schon der Lichtkreis wieder leer und die HEIMLICHE HERRSCHERIN entschwunden. Das kleine Küken hatte vorhin, vor lauter Erschrecken eine kleine Flaumfeder verloren. Und die lag jetzt da, wo eben noch die HEIMLICHE HERRSCHERIN gestanden. Nur war die Feder jetzt von einem goldenen Glanz überzogen. Das kleine Küken nahm die besondere Feder mit dem Schnäbelchen auf und verschwand ganz schnell mit ihrer Beute. Alle rätselten nun, wer den wohl um Mitternacht ans Schlosstor klopfen würde. Ja, wer mochte der unbekannte oder bekannte neue Gast sein? Wer konnte überhaupt helfen, eine Spur von Iruka zu finden? Fortsetzung folgt!
    #11Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:35
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    Je näher der Zeitpunkt rückte, umso leiser wurden die Gespräche, sanken auf ein kaum vernehmbares Wispern und Flüstern heran. Jeden Moment musste doch die Turmuhr schlagen. Selbst der Schein der Fackeln, Ampeln und Kerzen hatte sich, so schien es zumindest, der Stimmung angepasst. Alles war gedämpft. Gerade wollte Königin Nachteule etwas sagen, da… gab es draußen einen furchtbaren Schlag, der das Eulchenschloss in seinen Grundfesten erschütterte. Wieder gab es einen mächtigen Schlag. Und noch einen. Ein Erdbeben? Der Weltuntergang? Jetzt erhellten himmlische Lichter den Raum. Fahle, sehr lange, gezackte Blitze. Der Wind heulte um die Ecken des Schlosses. Fensterläden klapperten (teilweise auch die Zähne der Schlossgäste), Türen knallten, Fenster klirrten. Der Schrei einer Eule klang vom Wald herüber. Königin Nachteule antwortete prompt, es steckte halt in ihr drin. Pferde wieherten. Ein Hund jaulte lange und laut. Dann antworteten seine Brüder und Schwestern. Von überall her. In der Schlossküche krachten gerade ein paar Porzellanschüsselchen zu Boden. Dann ein Klatschen, sowie das Geschrei und Gejammer des Küchenjungen. Dem Küchenchef war mal wieder die Hand ausgerutscht. Es hätte doch schon lange Mitternacht schlagen müssen? Oder war das in dem ganzen Lärm untergegangen? Da war doch was an der Türe? Ein Geräusch? Derjenige, der da auf den Schlosssaal zukam, besaß aber einen eigenartigen Schritt! Und dann…bewegte sich etwas durch die geschlossene Saaltüre. Er war es. Er war es wirklich. Brauchte noch nicht einmal die Türe zu öffnen. Das dunkle Cape, der Hut mit der Feder, der goldene Zierdegen, auf dessen Knauf eine sonderbare und haarige Hand ruhte. Er lüpfte den Hut, neigte sich leicht in der Hüfte. Mit einem lässigen Schwung, verbunden mit einem bizarren Lächeln, grüßte er in die versammelte Runde.
    Fortsetzung folgt!
    #12Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:35
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    Lyri stand etwas abseits. Aber seine Augen waren überall, ihnen entging nichts. Nach seinem umjubelten Auftritt hatten sich die Ereignisse überschlagen. Er war nur Hausgast. Durch die Einladung von Lady Daisy. Was er bisher schon alles erlebt hatte. Ganz etwas anderes als die üblichen Wirtshausschlägereien, die Zänkereien zwischen Eheleuten und Liebespaaren. Selbst die Begegnungen mit all den Strauch- und Tagedieben, den Beutelschneidern, den Betrügern und Großmäulern war nichts gegen diese magischen und mysteriösen Vorkommnisse, die er hier erleben durfte. Was würde er darüber für Verse und Lieder schreiben können. So eine Fülle von Stoff. Aber der Auftritt von IHM, der war kaum noch zu überbieten. Als Er durch die Türe trat, tatsächlich durch die geschlossene (!) Türe, hatte Lyrie überhaupt nicht gemerkt, das da im geschwenkten Hut im Abstand von etwa der Breite einer Männerfaust zwei Löcher drin waren. Jetzt wusste er auch, wozu die Löcher dienten! Denn da stand der Gehörnte. Auch die Geräusche vor der Türe erklärten sich. Der Gang der Bocksbeine. Na klar. Im Zwielicht war die Hautfarbe nicht zu erkennen gewesen. Rot. Da stand der rote Teufel. Und grinste verzerrt. Die charmante Gastgeberin des kleinen Schlossfestes trat auf den roten Teufel zu. Gerade streckte sie die Hand zum Gruße aus, da kam ihr der Gehörnte zuvor und winkte ab. „Liebste Königin Nachteule, leider darf ich euren Gruß so nicht annehmen und erwidern. Es würde euch nicht wohl bekommen. Darum nehmt noch einmal meine Verbeugung als Freundschaftsbeweis. Ein wenig näher dürft ihr herantreten. Aber nur ein kleines Stück. Ansonsten würde euch mein inneres Feuer vernichten. Leider vermag auch die HEIMLICHE HERRSCHERIN es nicht, mir in dieser Gestalt meine Höllenqualen zu nehmen.“
    Fortsetzung folgt!
    #13Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:36
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    Der rote Teufel erzählte weiter: „ Aus einem bestimmten Grund hat mich die HEIMLICHE HERRSCHERIN zu euch geschickt. Ihr ist es leider nur gegeben, im Zauberwald für Ordnung zu sorgen. Und ein ganz klein wenig darüber hinaus. So wie hier. Oder im Mühldorf. Es liegt, soweit ich das weiß, an den unterirdischen Wasser- und Erzadern. In die Luft können wir nicht, denn da haben sich die Luftgeister gegen uns verschworen. Und noch jemand, der sie dazu angestiftet hat. Wir müssen über Land und Meer. Nur so können wir Iruka finden und ihr zu ihrem Reich verhelfen. Dazu darf ich jetzt erst einmal alle Anwesenden vor das Schloss bitten. Für unsere Reise, besser gesagt, für unsere Rettungs- und Suchaktion, müssen wir an ein geeignetes Fahrzeug kommen. Und mir ist die Macht gegeben, solch ein Fahrzeug zu finden. Und es zu lenken!“ Mit diesen Worten griff der rote Teufel an seinen Degenknauf, der in einem rubinroten Edelstein endete. Der rote Teufel drehte und zog. Dann hatte er einen Gegenstand in der Hand, der einem ca.15 cm langen Spitzkegel entsprach. Vor dem Schlosstor richtete der Teufel die Spitze nach vorne und zur Erde geneigt. Der Edelstein glühte in sanftem Feuer. Langsam ließ der rote Teufel die Spitze nach links, dann nach rechts wandern. Als der Teufel den äußersten rechten Punkt erreicht hatte, flammte der rubinrote Stein in einem unirdischen Feuer. Der Teufel murmelte jetzt archaisch Worte, in einer unheimlich kehligen Sprache. Und die Freunde um Königin Nachteule warteten gespannt, was in den nächsten Minuten passieren würde. Erst einmal rührte sich absolut nichts. Dann erzitterte die Erde. Dumpfes Grollen drang an die Ohren der Wartenden. Doch in der Dunkelheit zeigte sich nichts.
    Fortsetzung folgt!
    #14Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:37
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    Aus der Ferne kam etwas groß, dunkel und unheimlich heran. Dann schälten sich langsam Umrisse aus der Finsternis. Aber,…konnte das sein? War es tatsächlich der Weltenwurm, der aus den tiefen der Erde kam? Der Schlangenhals. Der schmale Kopf, der ein wenig an einen Drachen erinnerte. Seltsam leuchtende, irisierende Augen, die trotzdem irgendwie leblos und starr wirkten. Dann schien das langhalsige Wesen einen sehr gedrungenen, breiten Körper zu besitzen. Erdbrocken spritzen die versammelten Beobachter voll. Sie wichen verschreckt zurück. Schneller als ein durchgehender Vollblüter kam das Untier heran. Außer den Geräuschen der umher fliegenden Erdkrume war nichts zu hören. Dann stoppte das Vieh so plötzlich, als wäre es gegen eine unsichtbare Wand geprallt. Es war nicht der Weltenwurm. Kein Urzeitdrache. Kein Monster. Es war ein Schiff. Ein Schiff, das über Land fuhr. Nun erkannten es auch einige der Anwesenden. Es war ein Drachenboot. So eines, mit denen die Wikinger über die Meere schipperten. Das Boot schien intakt. Nur das breite, gestreifte Segel fehlte. Die leuchtenden Augen im grob geschnitzten Drachenkopf entpuppten sich als bunte Steine. Der Rumpf ragte vor den Freunden hoch auf. Aber mit einigen Haken und Seilen war das Drachenboot schon geentert. Die durchgehenden Ruderbänke waren leer. Niemand an Bord. Schnell schaffte man aus Küche und Keller Vorräte für die Reise heran. Der rote Teufel drängte auf baldige Abreise. Auch Lyri ging mit den anderen an Bord, denn dieses Abenteuer wollte er sich nicht entgehen lassen. In seinem Taschentuch als Nestersatz war sicher das kleine Küken an seinen Gürtel gebunden, nur das vorwitzige Schnäbelchen schaute hervor. Alle fanden ausreichend Platz auf den breiten Bänken. Der rote Teufel stand neben dem Mast und setzte nun den Spitzkegel in den Mastbaum. Mit der Spitze nach vor. Dazu murmelte er leise. Und schon setzte sich das Boot langsam in Bewegung. Wurde schneller. Noch schneller.
    Fortsetzung folgt!
    #15Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:37
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    Sie waren schon mehrere Tage unterwegs. Sowohl über Wasser, wie über Land. Das stabile Wikingerboot fuhr ohne Segel und Ruder. Aber auch ohne Kompass. Der rote Teufel beobachtete den Edelstein im Spitzkegel sehr genau. Immer wieder nickte er und murmelte vor sich hin. Waren es Beschwörungen? War ein Geist im Edelstein? Oder besaß das Boot eine Seele? Bisher war die Reise ohne Probleme verlaufen. Aber anscheinend näherte sich das Schiff einem wichtigen Zielpunkt, denn es verlangsamte stetig seine Geschwindigkeit. Im Moment ging es durch einen dichten Wald. Das war aber weiter kein Hindernis. Selbst die dicksten Bäume bogen sich wie Schilfstangen. Hinter dem Boot richteten sich die Bäume wieder in ihre ursprüngliche Position auf. Lyri beobachtet zusammen mit Lady Daisy und der Königin Nachteule alles ganz genau. Es war ein faszinierender und sehr seltsamer Anblick. Die restliche Besatzung saß noch auf den Ruderbänken und verzehrte ein vorzügliches Frühstück. Dann stoppte das Boot so plötzlich, dass einige beinahe von den Bänken purzelten.
    Es war ein Kreuzweg, mit einem verwitterten Richtungsschild. Wohin die ausgetretenen Pfade führten, war nicht zu erkennen. Da ertönte hinter den Bäumen ein Vogelgezwitscher. Das fröhliche Tirilieren wurde von einer hellen Mädchenstimme begleitet. Sie sang ganz wunderbar. „In Neut, in Neut, da haben die Leute Freud. Da wird das beste Bier gebraut, nicht nur wenn man dort Hochzeit hält. Da fließt das Bier, wie aus einer Quell, für die einen dunkel, für die andren hell. Auch der Zubiss ist famos, die Schinken sind besonders groß. Und siehst du erst das leckere Brot, dann weißt du: in Neut herrscht keine Not. Neut liegt am blauen See, juchheißa und juchhe, da rudert man hin mit einem Boot, in Neut herrscht keine Not!“
    Fortsetzung folgt!
    #16Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:38
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    Die Sängerin und die Pfeiferin, denn es waren zwei junge Damen, die da hinter den Bäumen an der Wegkreuzung auftauchten, staunten nicht schlecht. Denn das Wikingerboot dümpelte auf dem Waldboden genau wie in einem Hafen vor sich hin, obwohl das Wasser fehlte.
    Der rote Teufel hatte sich dezent in den Hintergrund verzogen, er wollte die beiden Wanderer mit seinem außergewöhnlichen Anblick nicht erschrecken. Er vermutete aber, dass diese Begegnung für ihre Reise ungeheuer wichtig war. Ansonsten hätte das Drachenboot bestimmt nicht hier gehalten. Ob das Städtchen Neut am See der nächste Zielort war und sie auf der Suche nach der Meeresprinzessin Iruka weiter brachte? Man würde schon sehen…
    So begrüßte also Königin Nachteule von der Reling herab die beiden Mädchen. Da der rote Teufel ihr zuvor einen entsprechenden Wink gab, stellte sie Fragen nach dem Lied über Neut, nachdem die eine der beiden Frauen sich als Trottele und ihre Begleiterin als Lady_Bird vorgestellt hatte. Trottele kannte die Stadt Neut am See auch nur aus dem überlieferten Lied. Sie wusste die ungefähre Richtung. Dieses Geheimnis entlockte sie einem Großonkel, der auch immer dieses Lied gesungen hatte. Denn in der Stadt, da wo die Ruine einer verfallenen Burg steht, hauste der Magier La.Ktho. Er war der einzige Mensch auf Erden, der Lady_Bird von ihrem Fluch erlösen konnte. Als kleines Kind spottete Lady_Bird einmal über eine arme Frau, die krumm und bucklig war, auf deren etwas erhöhter linken Schulter ein Rabe saß.
    Fortsetzung folgt!
    #17Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:53
    Comment
    Da sprach die Hexe, denn es war eine richtige Hexe: „Du sollst die Sprache der Menschen verlieren, weil du gespottet hast. Nur noch die Sprache der Vögel sollst du beherrschen, tirilieren und pfeifen. Verstehen sollst du meine gefiederten Freunde nicht. Und die Menschen werden ob deiner Rede den Kopf schütteln. Da wirst du am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, ein Unikum zu sein! Wenn du aber den Magier La.Ktho aufsuchst, von dem ich dir nicht sage, wo er zu finden ist, kann er dich, wenn er mag, von diesem Fluch erlösen!“
    Schon war es passiert. Seit diesem Tag konnte Lady_Bird zwar die Menschen in ihrer Umgebung verstehen, aber nicht mit ihnen reden. Dafür pfiff sie, wie eine Amsel, ein Rotkehlchen oder wie eine Nachtigall. Manchmal krächzte sie auch wie ein Rabe oder schimpfte wie ein Rohrspatz. Und hatte schon manchen Vogel in Wald und Flur damit irritiert. Trottele war die beste Freundin von Lady_Bird und bekam nach langen Forschungen heraus, wo der Magier zu finden war. Eben im Städtchen Neut am See.
    Königin Nachteule drehte sich herum und suchte die Augen des roten Teufels im Hintergrund. Der zwinkerte ihr zu. „Wenn ihr wollt, könnt ihr mit uns reisen. Falls ihr keine Angst vor unserem Gefährt habt.“ Auf das Angebot von Königin Nachteule ließen sich die beiden Frauen gerne ein, denn eine weite Wegstrecke lag schon hinter ihnen.
    Ihre Arme waren zerkratzt, die Füße waren wund und das Schuhwerk zerfetzt. Auch ihre Mägen knurrten, die Reisezehrung hatte nicht lange vor gehalten, so dass nur Beeren, Wurzel und Quellwasser in den letzten Tagen ihre einzige Nahrung waren. Die Männer ließen Seile herab und halfen den Frauen an Bord. Und schon setzte sich das Wikingerboot wieder langsam in Bewegung. Während die beiden Frauen mit einigen guten Bissen versorgt wurden. Ging die Reise jetzt wirklich nach Neut am blauen See? Was erwartete die Freunde dort? Wohnte da tatsächlich der Magier La.Ktho? Und konnte, wollte der Magier der verfluchten Lady_Bird helfen? Hoffentlich fand sich auch eine Spur von Iruka!
    #18Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:55
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    Der rote Teufel versuchte noch, zum Mast, in dem der Rubin steckte, herüber zu springen, doch der beherzte Versuch war ohne Sinn. Zu spät…Wie eine erhitzte Messerklinge ohne Widerstand durch Butter gleitet, genau so glitt das Wikingerboot durch weiße Masse. Die undurchsichtige Masse, die kein Nebel war, aber einige später wie verdickte, klebrige Milch beschrieben, verschluckte alle und alles.
    Niemand konnte sich bewegen. Oder sprechen. Auch die Seh- und Denkfähigkeit setzte aus. Ob es nun eine kleine Ewigkeit war oder Bruchteile von Sekunden dauerte, wusste später niemand zu sagen. Alle spürten nur die Fortbewegung des Bootes, das unbeirrt am eingeschlagenen Kurs festhielt. Und jedem stach eine kalte Nadel ins Herz. Selbst der rote Teufel, der vor innerem Feuer glühte und anstatt des Herzens etwas völlig unbegreifliches trug, verspürte die intensive Kälte.
    Dann war das Boot hindurch. Eine veränderte Landschaft bot sich den Augen der Reisenden dar. Eine weite Ebene mit saftigem Gras. Niedrige Hügel und Wälder in der Ferne. Menschenleer. Wilde Pferde sprengten in einer kleinen Gruppe herum. Auch Hasen verschwanden schnell aus dem Blickfeld der Reisenden, als die Mümmelmänner den Schatten des Wikingerbootes bemerkten. Später tauchen große Schafherden auf, die ruhig weideten, während Hunde die Herde bewachten und für Ordnung sorgten. Kein Schäfer. Nirgendwo. Keine Menschenseele.
    Dann tauchte der See auf. Im tiefblauen Wasser schwammen silbernen, goldenen und bunt schillernden Fische. Mitten im See eine riesige Insel. Gebäude. Die von der Sonne, die von einem klaren, unbedeckten Himmel herunter schien, in zauberisches Licht getaucht wurden. Die Häuser besaßen alle einen glasartigen Überzug. Auch die Straßen und Plätze. Und die Brunnen.
    #20Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:57
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    Was war das für eine Stadt? War es Neut. Das Boot glitt weiter durch die menschenleeren Straßen. Alle hatten mit belebten Straßen und Plätzen gerechnet. Mit städtischem Getriebe. Zumindest jetzt, wo das Boot an den prächtigen Bürgerhäusern vorbeischaukelte, hätte sich doch in den Häusern etwas regen müssen. Niemand zeigte sich an den bunten Fenstern oder auf den verzierten Balkonen. Teilweise waren die Läden und die Fenster offen. In den gut eingerichteten Wohnungen sah man hübsche, gediegene Möbel, nur keine Bewohner.

    Wo waren die Einwohner dieser Stadt? Alles machte den Eindruck, als wären die Bürger mal kurz irgendwohin gegangen. Nur, wo hin? Seltsam war aber auch, hier gab es keine Haustiere. Kein Hund lief durch die Gassen, keine Katze sonnte sich auf dem Dach, kein Hahn lief gackernd durch einen Hof und jagte die Hennen. Keine Ente watschelte herum. Kutschen oder Pferdewagen waren nicht zu sehen. Auch kein Ochsengespann. Noch nicht einmal die Spitze eines Mauseschwänzchens zeigte sich.
    Vorher konnten die Reisenden auf der Ebene Vögel beobachten. In der Stadt keine Tauben, die gurrten. Oder sich streitende Spatzen. Mitten auf dem zentralen Platz der Stadt, wo gemauerte Marktbuden standen, blieb das Boot stehen. Obwohl Ritter Edward zur Vorsicht gemahnte und erst einen Erkundungstrupp aussenden wollte, denn die ganze Sache war ihm nicht geheuer, wurde er von den Mitreisenden überstimmt. Trotzdem setzte er durch, dass diejenigen, die mit einer Waffe ausgestattet waren und damit umgehen konnten, die Vor- und Nachhut übernahmen und die Gruppe zusammen blieb.
    #21Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:58
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    Sie durchsuchten Wohnungen, Ladengeschäfte, Wirtshäuser und Stallungen. Jeder der Gruppe rief: „Hallo, jemand da?“, „Juhu, ist da wer zu Hause?“ oder „Meldet euch doch!“ Der eine Pfiff schrill, der nächste trommelte auf Türen und Fensterläden. Keine Antwort. Es rührte sich einfach nichts. Jeder Raum, jedes Haus war menschenleer. Zwar waren in den Privathäusern nicht noch Töpfe und Pfannen auf dem erkalteten Herd, alles war ordentlich und sauber, aber trotzdem hatte man den Eindruck, die Bewohner wären nur mal gerade eben zum Nachbarn hinüber auf ein kleines Schwätzchen. Nur sah es beim Nachbarn ebenso aus.

    Niemand schien hier überhastet verschwunden zu sein. Nirgendwo lagen Gegenstände unordentlich herum. Da man auch in den Nebenstraßen und kleinen Gässchen nicht fündig wurde, zog sich die Gruppe wieder zum Marktplatz zurück.
    Ein sehr hohes und reich verziertes Haus mit einer Freitreppe stellte bestimmt das Bürgerhaus dar. Darin fanden sich auch verlassene Schreibstuben. Die Pulte machten aber ebenfalls einen aufgeräumten Eindruck. Im Ratssaal, denn etwas anderes konnte der Raum nicht darstellen, fanden sich auch keine Hinweise über den Verbleib der Bürger. Nur bewiesen mehrere Urkunden und Schriftstücke unzweifelhaft, dass man in Neut gelandet war.
    Eine Seltsamkeit war aber überall der glasartige Überzug auf allem, egal ob auf Holz, Metall oder Stein. Wo Klopfer an der Türe waren, ließen sich diese nicht betätigen. Klingeln und Läutwerke funktionierten ebenfalls nicht. Nur in den Häusern, wenn sie denn verschlossene Fenster hatten, fand sich dieser Überzug nicht. Da wo der Wind hinein pfeifen konnte, war dieser Belag auch auf Tischen, Stühlen, Betten, auf allen Gegenständen. Auch die gepflasterte Hauptstraße wies diesen eigentümlichen Belag auf. Er war sehr glatt und rutschig. Keiner der Reisenden hatte so etwas je zuvor gesehen!
    #22Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 07:59
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    Die gesamte Mannschaft zog sich erst wieder einmal auf das Wikingerboot zurück und nahm eine Mahlzeit aus den mitgebrachten Vorräten ein. Der rote Teufel probierte mit dem Edelstein am Mast herum, nur rührte sich das Boot keinen Millimeter von der Stelle. Hier war wohl noch nicht alles erledigt.
    Während des Essens sinnierte eine Gruppe um Edward, Austria Joe und Vikunja über das weitere Vorgehen. Da Lady Daisy mit Trottele und Lady_Bird nahe bei war, wies Lady Daisy noch einmal explizit auf das besondere Problem von Lady_Bird hin, die junge Dame kommentierte diesen Einwurf mit einen Triller. Ritter Edward befragte jetzt Trottele eingehend, was sie über Neut, die Ruine und dem Magier La.Ktho noch wusste. Aber da kam leider nicht viel zusammen. Bisher war auch niemand von den Reisenden etwas von einer Burgruine aufgefallen.
    Vom Wikingerboot aus hatte keiner bei der Ankunft etwas von einer verfallenen Burg in der Umgebung bemerkt. Vielleicht, so Ritter Edward, müsste man noch einmal das Bürgerhaus genauer unter die Lupe nehmen, da dürfte sich doch bestimmt irgendwo ein Hinweis über die Burg in den Unterlagen finden.
    Aber einer in der Gruppe, der etwas größer als seine Mitreisenden war, ließ seine Augen nicht von einem bestimmten Punkt in der Ferne. Und er besaß nicht nur sehr gute Augen. Im Bürgerhaus hatte Lyrie vorher zufällig in einem alten Dokument eine kleine Karte entdeckt. Und sich die Geländemerkmale genau eingeprägt. Seit der Rückkehr zum Boot beobachtete er unablässig, ließ seinen Blick nicht von einer bestimmten Hügelgruppe. Und nun wurde seine Mühe belohnt. In nordöstlicher Richtung war über einem der Hügel ein dünner Rauchfaden zu erkennen. Und wo Rauch ist, da ist nicht nur ein Feuer, da sind wahrscheinlich auch Menschen.
    #23Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:00
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    Ritter Edward stellte einen kleinen Stoßtrupp zusammen. Vorsicht war geboten. Falls es der Magier La.ktho war, musste er nicht unbedingt begeistert auf die Besucher reagieren. Es konnten Bürger von Neut sein. Oder auch diejenigen, die für das Verschwinden der Bürger verantwortlich waren. Austria Joe und Vikunja, die alten Kampfgefährten, waren natürlich mit von der Partie. Auch Lyri, der Entdecker, ließ es sich nicht nehmen, dabei mit zu machen. Daisy eröffnete eine Charmeoffensive, der Ritter Edward prompt erlag.
    So pirschte sich das Quintett etwas später langsam durch das Unterholz an die Feuerstelle heran. Niemand war zu sehen. Doch die Dinge, die da im Gras lagen, ließen nur auf wenige Personen schließen. So gab Ritter Edward, in Absprache mit seinen Begleitern, die Deckung auf und zeigte sich.
    Kaum war Edward hinter ein paar dichten Sträuchern aufgetaucht, fing er sich einige saftige Wangenküsse ein. Verdutzt schaute er zu der hübschen Frau hin, die ihn da so hinreißend und liebevoll begrüßte. Ehe er sich versah, busselte die Maid weiter. Die zärtlichen Liebkosungen nahmen kein Ende. Das trieb endlich auch Lady Daisy aus dem Gebüsch heraus. Fast gleichzeitig tauchte eine weitere Frau auf, die während ihres Laufes rief: „Gerettet! Endlich! Wie schön! Menschen!“
    Als sie bei Daisy angelangt war, nahm sie die Lady in die Arme und begrüßte sie herzhaft. „Unsere Retter! Dem Himmel sei Dank!“ Später stellte sich die Frau als MickeMuh bei Lady Daisy vor. Sie war mit ihrer Freundin Nick, so hieß die Hübsche, die Edward so stürmisch begrüßt hatte, zum Kräutersammeln unterwegs gewesen. Denn MickeMuh war in Neut berühmt für ihre auf ganz besondere Art gewürzten Speisen.
    Ihre Freundin Nick versah am Tage den Dienst als Feuerwehrfrau. Nebenher bekleidete sie noch den Posten des Nachtwächters. Als sie an dem bewussten Morgen aufbrachen, war Neut noch ein normales Städtchen. Als sie von ihrem Ausflug heimkehrten, war die Katastrophe geschehen. Alle Bürger verschwunden. Und alles mit diesem glasartigen Überzug versehen.
    #24Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:01
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    Austria Joe, Lyri und Vikunja waren mittlerweile auch aus dem schützenden Dickicht hervor gekommen. Jetzt tauchte auch wieder die Frage nach der Burg und dem Magier La.ktho auf. MickeMuh und Nick kannten natürlich die Burgruine. Aber von einem Magier La.Ktho hatten sie noch nie etwas gehört. Die Ruine war nicht weit weg und so machte sich die kleine Gruppe auf den Weg dahin.
    Eine Besonderheit konnten die beiden Neuterinnen trotzdem hervorheben. Es war der ehemalige Ostturm der Burg, der ganz aus Metall gewesen sein soll. Doch der war auch verschwunden. Dafür befand sich an der Stelle nur noch ein See, der den Turmkeller füllte. Das besondere, der See war aus Quecksilber. Und mitten im See wuchs ein Dornbusch.
    Da die kleine Frau Nick den Ritter Edward nicht aus ihrer innigen Umarmung ließ, schnappte sich Lady Daisy die beiden Kampfgefährten Joe und Vikunja, während Lyri galant der netten MickeMuh seinen Arm anbot. Die Mauern der Burg waren verfallen und teilweise von Efeu und anderer Flora überwuchert. Der Westturm zur Hälfte eingestürzt. Nichts stand mehr von den Wohngebäude und Stallungen, aber man konnte noch Umrisse erkennen. Hier konnte kein Magier wohnen!
    Endlich erreichte die Gruppe die Stelle, an der einst der Ostturm gestanden hatte. Und tatsächlich, hier war ein kreisrunder, silbern schimmernder See. Und da war auch der hüfthohe Dornbusch in der Mitte. Der war ebenfalls silbern, aber mit einigen roten Blüten versehen. Als Lyrie näher an den See trat, bemerkte er ganz leichte Wellen auf der Oberfläche. Dann rief er leise: „La.Ktho? Wo bist du?“ Mehrmals. Es rührte sich nichts.
    #25Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:02
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    MickeMuh und ihre Begleiter bekamen beinahe Stielaugen, denn im See zeigten sich erst eigentümliche Wirbel, dann bildeten sich Buchstaben, die sich dann endlich zu lesbaren und verständlichen Worten formten. WER STÖRT LA.KTHO HAT MAN DENN NIEMALS SEINE RUHE WAS WOLLT IHR, stand da deutlich zu lesen, wenn auch leicht verschwommen. Der Magier war gefunden. Ob er wirklich helfen konnte?
    Ehe einer aus der Gruppe antworten konnte, raschelte es im Dornbusch, den jetzt ein heftiges Zittern durchlief. Die Blüten waren so gruppiert, dass sie in etwa einem stilisierten Gesicht entsprachen. Das bemerkte aber erst nur Lyri, der ein hervorragender Beobachter war. Er wies seine Begleiter darauf hin.
    Da, wo dann die Augen sein mussten, öffneten sich am Dornbusch die beiden Blüten und drehten sich zu den Anwesenden hin. Die mittlere Blüte, die wohl den Platz der Nase einnahm, wurde etwas gerümpft (so kam es den Freunden zumindest vor), war sehr lang, gekrümmt und hing stark nach unten. Ein Tautropfen zierte die Spitze. Die allergrößte der Blüten, sehr schmal, etwas wulstig und lang, die quer unter der Nasenblüte lag, bewegte sich, öffnete sich aber nicht.
    Dann erklang ein vernehmliches Räuspern, das anschließend in einen grollenden Husten überging. Jetzt schmatzten die Blütenlippen. „Hrrmmm, öch, grrrm, ach, ruuuuuch“ So, oder ähnlich entrangen sich den Lippen eigentümliche Geräusche. Kurz blieben die Lippen geschlossen. Dafür tat sich aber etwas dahinter. Wieder räuspern. Endlich öffneten sich die Blütenlippen.
    „So, hrm, hrrm, jetzt dürfte es gehen, ich bin das seit Ewigkeiten nicht mehr gewohnt!“
    #26Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:03
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    Gerade wollte Lyri anfangen zu erzählen und natürlich auch einige Fragen stellen, als im Hintergrund rauschte und raschelte. La.Kthos Blütenaugen quollen fast aus dem Busch, starrten riesig hervor und der Blütenmund blieb vor Staunen weit offen stehen, als sich das Wikingerboot durch den Wald Bahn bracht. Obwohl das eigentlich falsch ausgedrückt ist, denn die Bäume und Büsche neigten sich nur sanft zur Seite.
    Endlich hielt das Boot in der Nähe von Lyri und seinen Begleitern, in einiger Entfernung vom Quecksilbersee und der rote Teufel sprang elegant und schwungvoll vom Deck, berichtete kurz. Eigentlich war aber nicht viel zu berichten. Die Mannschaft wartete ungeduldig auf die Rückkehr des Erkundungstrupps. Doch es tat sich nichts.
    Der rote Teufel versuchte, die aufkeimenden Diskussionen zu unterdrücken. Denn irgendwie war es der Mannschaft langweilig an Bord. In Neut tat sich überhaupt nichts. Und die Freunde kamen nicht zurück. Und der rote Teufel hatte verboten, weiter das Städtchen zu erkunden. Oder einen weiteren Trupp hinter Edward und seinen Begleitern her zu schicken. In diesem Punkt wurde er kräftig von Königin Nachteule unterstützt.
    Aber eines nervte doch, Lady_Bird war unruhig, trällerte, tirilierte, pfiff und zwitscherte, brachte Unruhe in die Gruppe, die sich bisher doch so gesittet verhalten hatte. Ihrer Freundin Trottele gelang es nicht, das verzauberte Mädchen zu beruhigen. Und in einem unbeobachteten Moment, als Trottele schon dachte, sie hätte es endlich geschafft, Lady_Bird ruhig zu stellen und sie ein Getränk für ihre Freundin holen wollte, war es dem verhexten Mädchen beinahe gelungen, unbemerkt von Bord in Richtung Wald zu flüchten.
    #27Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:04
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    Buffy und Steffal sahen zufällig den Fluchtversuch von Lady_Bird. Mit lauten Rufen gelang es ihnen, den roten Teufel darauf aufmerksam zu machen. Dem roten Teufel, sowie einigen anderen aus der Mannschaft gelang es buchstäblich in letzter Sekunde, die junge Frau zurück zu halten, ehe sie im dichten Unterholz verschwunden war.
    Um für diese Aktion die Hände frei zu haben, steckte der rote Teufel den Rubin in den Mast. Als dann die Mannschaft wieder vollzählig an Bord war, setzte sich das Wikingerboot selbsttätig in Bewegung. Und folgte der Spur von Ritter Edward und seinen Getreuen.
    „Ihr könnt keine Bürger von Neut sein!“, stellte die Stimme aus dem Busch fest. Dies sorgte für einige Verwirrung bei der Bootsbesatzung. So musste Lyri erst einmal erklären und stellte La.Kto vor. Verwirrt stammelte der Blütenmund im Dornbusch: „Ihr, …ihr seid durch den ‚Wall der Träume’ gedrungen? Ja, hab mal davon gehört, da gibt es Strömungen, die man mit Magie überwinden kann.

    Der Bürgermeister von Neut hat sich da mit ein paar Luftgeistern zusammen getan. Die kamen auch von Drüben. Helmfried, so sein Name, ist sehr gierig. Und dann haben die Neut zugeschlagen. Helmfried dachte, er könnte sich die Schätze der Neut unter den Nagel reißen. Der wollte immer mehr. Doch die Neut haben sich das nicht gefallen lassen. Sie haben in der Nacht die Bürger der Stadt in ihre Höhlen geholt und alles versiegelt.
    Habt ihr es nicht bemerkt? Die Versiegelung stößt tierisches Leben ab, um die ganze Stadt ist ein weiter Kreis gezogen. Wenn die Neuter Bürger ihre Strafe abgesessen haben, und das Jahrhunderte dauern, können sie wieder in das unveränderte Städtchen Neut ziehen. Leider sind die Neut sehr stur, nur wegen Helmfried müssen alle büßen!“
    #28Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:06
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    MickeMuh und ihre Kameradin Nick schluchzten herzzerreißend auf. Sie dachten an ihre Freunde, an Nachbarn und Verwandte. Sollten sie ewig auf die warten? Sie eventuell nie wieder sehen? Lady Daisy versuchte, die beiden Frauen zu beruhigen, aber es gelang ihr nicht. Sie rief zum Busch: „Kann man denn da gar nichts machen?“ La.Ktho antwortete: „ Man kann schon, doch es ist schwierig.

    Eigentlich interessiere ich mich nicht für die Sorgen und Nöte der Neuter Bürger. Nur habe ich durch ein kleines Troellchen die Wahrheit erfahren. Das Troellchen lebte im Keller des Bürgermeisters Helmfried. Es hat zufällig beobachtet, auf was sich der Bürgermeister da einließ. Vor einigen Nächten, als ich nicht schlafen konnte, hat das Troellchen hier am See sein Leid geklagt. Es wusste ja nichts von seinem heimlichen Zuhörer!
    Jetzt lebt es in einer Höhle, nicht weit fort von hier. Und es weiß, wie man zu den Neut kommt. Es könnte die Neut überzeugen, die Menschen frei zu lassen. Doch gibt es da ein kleines Problem, das Troellchen mag die Menschen nicht besonders gerne. Es vertraut nur Tieren. So müsste man einen Menschen überzeugen, sich in ein Tier verwandeln zu lassen. Anders geht es leider nicht. Und ich kann diese Wandlung möglicherweise vollziehen!“
    Da bat Lyri die arme Lady_Bird nach vorn, die Nobody etwas unter ihre Fittiche genommen hatte. Als der Dornbusch jedoch der besonderen Begleitung von Nobody ansichtig wurde, drehte er fast durch. Denn um Nobodys Kopf herum flog das kleine Energiewesen Neutrino seine Bahnen. „Wo kommt der Neut her? Was macht er bei euch?“
    Fortsetzung folgt!
    #29Authordaisy, i.V. Edmond Dantes13 Oct 05, 08:08
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    Der Dornbusch, eigentlich der Magier La.Ktho, rüttelte und schüttelte sich. Verdrehte seine Blütenaugen. „Was ist ein Neut?“, rief da eine Stimme aus dem versammelten Grüppchen.
    „Na, die kleine Energiekugel! Wie kommt die zu euch?“, antwortete der Blütenmund. Gerade wollte Nobody antworten, als ein Wirbel in der Luft erschien. Dann schälte sich eine nicht ganz deutliche Gestalt in dem Wirbel ab. Doch einige der Freunde erkannten das Schemen mit den wallenden Haaren sofort. Es war die HEIMLICHE HERSCHERIN. In allen Köpfen erschallte ihre angenehme Stimme. „Dies wird ein Geheimnis bleiben, es darf nicht offenbart werden. Und leider muss ich Nobody in ihrer jetzigen Gestalt mitnehmen. Denn sie wird ganz wo anders dringend benötigt! Aber das Energiewesen muss bleiben und wird euch jetzt und in Zukunft helfen und beistehen!“ Mit dem letzten Wort löste sich das Schemen auf. Doch nicht nur die HEIMLICHE Herrscherin, auch Nobody war etwas später verschwunden. Dafür sorgte das Energiekügelchen, in dem es um Nobody herumwoshte. In Bruchteilen von Sekunden flog die kleine Kugel Neutrino um Nobody herum und ihre Gestalt löste sich von unten nach oben auf. Ohne das sie sich von ihren Freunden verabschieden konnte.
    Im ersten Moment waren die Freunde um Königin Nachteule über die neue Entwicklung mehr als entsetzt. Aber wenn die HEIMLICHE HERRSCHERIN ihre Finger im Spiel hatte, besaß jede Aktion ihren Grund. So musste sie also ohne die weise Muhme Nobody ihr Abenteuer fortführen. Die Suche nach Iruka. Und das aktuelle Rätsel mit den Neut und um Neut. Aber auch dem Dornbuschmagier La.Ktho ging es nicht viel besser. Er stotterte seine Fragen nach der HEIMLICHEN HERRSCHERIN nur so aus seinem Blütenmund heraus. Und einige aus der Gruppe erzählten das wenige, was sie über die HEIMLICHE HERRSCHERIN wussten.
    Fortsetzung folgt!
    #30AuthorEdmond Dantes13 Oct 05, 11:30
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    Der rote Teufel, der doch eigentliche mehr Information über die HEIMLICHE HERRSCHERIN hätte beisteuern können, hüllte sich in tiefes Schweigen und blieb still im Hintergrund. Auf jeden Fall sollte nun jemand zu dem kleinen Troellchen aufbrechen. Doch wer sollte sich zu dem scheuen Waldwesen aufmachen? Lady_Bird, die Lyri schon vor einiger Zeit nach vorn geschoben hatte, befand der Dornbuschmagier als für diese Aufgabe nicht geeignet. Als er ihr Gezwitscher hörte, meinte er jedoch, dies wäre der erste Baustein für das anstehende Abenteuer. Als Trottele um Hilfe für ihre Freundin bat, sagte der Blütenmund: „Später, im Moment werden ihre Fähigkeiten anderweitig sehr nützlich sein!“ Da stolperte das winzigkleine Küken vor, mit dezent gerötetem Gefieder. Alle lobten es, wegen seines großen Mutes. Doch auch hier sagte der Magier klar: „Nein!“ Königin Nachteule hatte sich noch gerade mit einigen Freunden unterhalten, als sie nahe zum Dornbusch trat und sagte, sie wäre einstmals in eine Eule verwandelt gewesen, ob La.Ktho dies nicht noch einmal an ihr vollziehen könnte? Da bejahte dies der Magier, bemerkte, sie wäre genau die richtige Person für diese Aufgabe. Eine Fluggeschöpf mit Nachtsichteigenschaften wäre ideal. Doch gab es da einige Probleme zu bedenken. Es brauchte, außer einem besonderen Gesang von Lady_Bird, auch einen speziellen Gegenstand. Und der wäre bestimmt nicht an der nächsten Ecke zu finden. Und außerdem wäre die Verwandlung der Nachteule nicht so ohne weiteres rückgängig zu machen. Es bestände das große Risiko, dass Königin Nachteule für immer ein Raub- und Nachtvogel bleiben würde. Niemand besäße diese große Macht! Doch da kannten einige Königin Nachteule sehr schlecht. Sie scheute kein Risiko, keine Gefahr, es machte ihr nichts aus. Denn sie hatte schon oft ihren Freunden anvertraut, wie wohl sie sich als Nachtvogel gefühlt hatte. Also war es abgemacht. Blieb nur der geheimnisvolle Gegenstand, den der Dornbuschmagier bisher noch nicht benannt hatte. Fortsetzung folgt!
    #31AuthorEdmond Dantes14 Oct 05, 10:58
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    Gerade kramte Lyri in seiner Tuchtasche am Gürtel herum, in der das kleine Küken schon einen Teil der langen und gefahrvollen Reise verbracht hatte. Während Lyri so kramte fiel etwas zu Boden. Es war die goldene Flaumfeder, die dem kleinen Küken gehörte. Da wollte das winzige, sehr kuschelige Federtier seinen Besitz mit dem Schnäbelchen aufpicken, als ein überlauter und eindringlicher Schrei vom Quecksilbersee her aus dem Blütenmund kam. Die bizarren Blütenaugen quollen fast aus dem Busch, so riesig und groß glotzen sie hervor. Und La.Ktho brüllte so gewaltig, dass es alle Anwesenden sehr deutlich verstanden: „Aber da ist doch das wichtige Utensil, eine vergoldete Kükenfeder. Es muss die flaumige Feder eines zarten Kükens sein, die mit dem einmaligen und zauberischen Elfengold überzogen wurde. Holla he, du kleines Küken, kannst du sie nicht hier zu mir bringen?“ Das kleine Küken war sehr mutig, aber der Quecksilbersee sah nicht sehr Vertrauens erweckend aus. Doch der clevere Lyri hatte schnell aus einigen Zweigen ein winziges Boot geflochten. Und schon stach das mutige Küken in See. Mit einigen großen Ästen gelang es Joe und Vikunja gemeinsam, das kleine Boot mit dem Leichtmatrosen Küken genau vor den Dornbusch zu schieben. Im Busch raschelte es und schon schossen einige Buschzweige so nach vorn, dass sie einen Hafen für das kleine Schiffchen bildeten. Dann prüfte der Magier eingehend die Goldfeder, die das kleine Küken so in ihrem Schnabel hochhielt, dass der Magier das wichtige Utensil genau betrachten konnte. Zuletzt schnüffelte er eingehend mit seiner großen, krummen Blütennase an der Feder. „Sehr gut“, sagte La.Ktho, „es ist genau so eine Feder, wie ich sie für das magische Zauberritual benötige!“ Und mit diesen Worten gab er dem Schiffchen einen kräftigen Schubs und das kleine Küken landete nach stürmischer Fahrt wieder glücklich am Ufer bei den Freunden. Fortsetzung folgt!
    #32AuthorEdmond Dantes17 Oct 05, 07:36
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    Währenddessen schilderte der Magier das bald folgende Ritual. Trottele sollte bis dahin mit Lady_Bird eine besondere Vogelstimme und eine seltsame Melodie einüben, während Königin Nachteule jetzt die Goldfeder in ihrem Mund hielt. Doch zuvor musste die mutige Nachteule hypnotisiert werden. Eigentlich konnte diese Aufgabe nur der Dornbuschmagier erfüllen, doch da gab es ein Problem, der unheimliche quecksilbrige See. Und so versuchten sich einige der Freunde, unter der Anleitung von Magier La.Ktho, an dieser Aufgabe. Leider war zum Beispiel Buffy und Steffal kein Erfolg beschieden. Auch MickeMuh und Frau Nick gelang es nicht. Zuletzt probierte es Lady Daisy, denn sie besaß faszinierende und eigentümlich leuchtende, grüne Katzenaugen. Aber sie schaffte es nur so halb. Lyri probierte einige Töne auf seiner Laute aus. Warum ihm der Gassenhauer ‚Die Socke’ in den Sinn kam, wusste der Musikus später nicht zu sagen. Zwar sang er dieses beliebte Stück aus seinem Repertoire nicht, trotzdem bildeten sich die Worte in seinem Kopf, während er die einschmeichelnde Melodie zupfte: ‚In dem Krug, aus irdnem Tone, schillert Schnaps, aus Korn gebrannt. Mein Hand will nach dem Kruge greifen, da bin ich von was im Schuh gebannt. Irgendwas ist in der Socke, störet meine seelge Ruh. Darum knöpf ich auf den Rocke, wende mich dem Boden zu. Genau in diesem Augenblicke, da zielt ne Faust auf meinen Kopf. Aber sie traf nicht die Glocke, zu besoffen war der Tropf’. Und mit diesem Sauflied gelang es Lady Daisy vollständig Königin Nachteule in Trance zu versetzen. Anschließend war auch Lady_Bird für ihren Vortrag präpariert, denn Trottele hatte fleißig die Zeit genutzt und das an Trillern reiche und sehr exotische Gezwitscher mit ihren Freundin gemeistert. Und auch der Dornbuschmagier war für die nun folgende Aufgabe mehr als bereit. Fortsetzung folgt!
    #33AuthorEdmond Dantes17 Oct 05, 10:31
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    So konzentriert hatten die Freunde den Dornbuschmagier noch nicht kennen gelernt. Die Blütenaugen fixierten ihren Blick starr auf die in Trance versetzte Königin Nachteule, während der Magiermund leise absolut unverständliche Worte murmelte. Dazu kam das Vogellied, von Lady_Bird mit Bravour vorgetragen, während ihr ihre Freundin Trottele die Hand hielt. War dies das Lied der Paradiesvögel? Solche Töne waren den versammelten Freunden noch nie untergekommen. Lyri war ganz Ohr und sog die Töne in sich ein. Was für Lieder würde er daraus komponieren können. Aber auch das bisherige Abenteuer bot genügend Stoff für Texte und Verse, Geschichten und Gedichte. Ehe Lady_Birds Vortrag zum sehr abrupten Ende kam, war es passiert. Königin Nachteule war vollständig in eine Eule verwandelt, deren Flügelkleid mit goldenen Sprenkeln überpudert war. Ihre gelben Augen leuchteten hell. Dann plusterte sie ihr prächtiges Federkleid auf, bewegte die Flügel. Anschließend lief sie ein kurzes Stück auf ihren scharfen Krallen und hob mit einem gellenden Schrei aus ihrem gebogenen Schnabel in die Lüfte, kreiste über dem Quecksilbersee und ihren Freunden. Anscheinend fühlte sie sich sehr Wohl. Immer höher schraubte sie ihren Flug. Ließ sich fallen, fing ihren Sturz ab und strich, ganz knapp, über Daisys Kopf. Dann flog sie mehrere Schleifen und streifte bei einem Vorbeiflug sanft mit dem linken Flügel über das vorwitzige Köpfchen des kleinen Kükens. Bei jedem ihrer Freunde flatterte sie kurz vorbei, giggelte demjenigen oder derjenigen etwas auf euelisch ins Ohr, ließ sich auch zauseln und zumseln. Doch jetzt grummelte der Dornbusch. La.Ktho, der Magier, bat um etwas Aufmerksamkeit. Fortsetzung folgt!
    #34AuthorEdmond Dantes21 Oct 05, 05:42
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    Die Nachteule war auf dem Flug zum Troellchen. La.Ktho hatte zum Aufbruch gedrängt und der Eule den ungefähren Weg zum Troellchen gewiesen. So genau wusste der Magier den Weg auch nicht. Aber er vertraute auf die entsprechenden Qualitäten der Eule. Besonders jetzt, zur Abendzeit. Und er hatte sie noch mit einem besonderen Auftrag versehen. Es gab in Neut eine bestimmte Bürgerin, an die hatte La.Ktho sein Herz verloren. Dies getraute sich der Magier aber nicht öffentlich ein zu gestehen. Und so, nach dem die Begleiter und Freunde des Eulchens sich zu ihrem Lagerplatz im Schatten des Flugschiffes zurück gezogen hatten, nachdem alle noch einmal der Nachteule ein gutes Gelingen gewünscht hatten, rief der Magier die Eule zu sich und flüsterte ihr etwas in die Ohren. Bei Nachteule war das süße Geheimnis gut aufgehoben. Trotzdem war ihr das Herz etwas schwer. Der Auftrag schien aussichtslos. Denn da war nicht nur das Troellchen zu überzeugen. Auch mit der Hilfe des kleinen Höhlenbewohners waren da noch die Verwandten von Neutrino. Eigentlich wunderte sich die kleine Eule immer noch, dass die kleine Energiekugel nicht mit ihr auf dem Weg war. Sie hatte es noch einmal kurz vor ihrem Abflug versucht, doch das Kügelchen zeigte keine Reaktion. Auch als sie sich umsah, das Energiewesen war nicht in ihrer Nähe, da war kein seltsames, kugelförmiges Leuchten hinter ihr. Neutrino hatte sich nicht durchgerungen, das Eulchen bei seiner gefahrvollen Unternehmung zu begleiten. Leider. Mit einem leichten Schmunzeln, das sehr hübsch bei ihrem dezent gebogenen Schnäbelchen aussah, dachte sie an das Lied, an dem Lyri arbeitete, als sie sich vom Musikus verabschiedete. Wie waren noch die ersten Zeilen? Fortsetzung folgt!
    #35AuthorEdmond Dantes24 Oct 05, 11:05
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    ‚Euligkeit und Recht auf Freizeit, ist der Nachteulen Plaisier, auch die Eulen tauchen gerne mal ihr Schnäbelchen in Bier. Doch wenn härtere Sachen fahren, in der Nachteulen Gefieder, steigen sie nicht auf zum Himmel, dann geht’s im Steilflug zur Erde nieder. Manche fallen von dem Aste, wo sie gerade noch geruht, also Eulen merket die Zeilen, Hochprozentiges ist nicht gut! Trinket ihr in froher Runde, ist die Freude doppelt groß, wenn es oft zu später Stunde mal dann geht auf heimwärts los. Hilfreich sind der Freunde Hände, teilen mit das bös Geschick, ja da leuchten Eulenaugen, denn Freunde sind ein großes Glück! Nur so erreicht man dann den Baume, der ist Heimat, Haus und Hort, reißt es auch im Bauche heftig, zieht es uns weg vom lustgŽen Ort! Ja, so mancher Eulenschädel, der brummt heftig, kreiselt wild, weil durch das so stolz Gefieder die große Macht des Schnapses quillt. Aber da, im hohlen Baume, ist ein Nest auf dem Geröll, und die Eule legt sich nieder, kuschelt sich in das Gewöll. Auch wenn nun das Eulchen ruht, das Getränke tut nicht gut, es macht Träume wild und schrill, kein Euel das erleben will!’ Wie kam der lange Kerl immer auf solche Lieder? Da war es schon ganz gut, dass der liebe Lyri nichts von La.Kthos besonderem Anliegen mit bekommen hatte. Was würde der Musikus daraus für eine Geschichte bauen. Leise giggelte das Nachteulchen vor sich hin und spähte in den Wald. Nur eine kleine, flinke Maus und ein winziges Ameisl huschten da, weit unter ihr, über die verschlungenen Waldwege. Und da, auf der Lichtung, legte sich ein Rehlein zur Ruhe. Wo war die Höhle des kleinen Troellchens? Fortsetzung folgt!
    #36AuthorEdmond Dantes24 Oct 05, 11:06
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    La.Ktho wusste nur davon zu berichten, dass die Trollhöhle nicht unter der Erde, sondern im Felsgestein versteckt lag. Und ungefähr die entsprechende Richtung. Die kleine Nachteule spähte und spähte. Sie spähte so intensiv und angestrengt, das es beinahe zu spät war, als der unverhoffte und gemeine Angriff erfolgte. Unmerklich nahm der Wind zu, strich mit wilden und eiskalten Fingern durch das Eulengefieder. Dann kam eine Böe mit Orkanstärke, die ähnlich einer Faust, unter die Flügel des konzentrierten Eulchens knallte. Und beinahe im selben Moment drehte der Wind und drückte das zarte Euel von oben nieder. Das kleine Tierchen verlor an Höhe, stürzte aber nicht. Mit allen Tricks eines geborenen Aeronauten versuchte das kleine Flugwesen den mächtigen Winden zu entkommen. Da…, wie in einem Alptraum witschte es im letzten Moment über einen Baumwipfel. Puh, war das knapp gewesen. Fest geschlossen war das Schnäbelchen, dessen Spitzchen nicht eine Sekunde zitterte. Auch wenn es dem Euel den so bitter nötigen Atem raubte. Doch im Geiste noch immer für einen witzigen Spruch zu haben, wie: ‚Fährt der Wind dem Eul auch ins Leitwerk, Wind, du bist ein mieser Giftzwerg’. Und so fort. Weiter, immer weiter und der Gefahr getrotzt. Die Augen offen, groß und suchend. Hatten sich denn alle Windgeister in dieser Nacht gegen sie verschworen. Verd…, das ging doch mit dem roten Teufel zu, dachte das Eulchen bei sich und gleichzeitig an den zurückgebliebenen Freund, der sich doch so sehr als netter und verlässlicher Kamerad entpuppt hatte. Da schlugen die bösen Windgeister mit solcher Macht zu, dass dem kleinen Eulchen es schwarz vor Augen wurde. Der Sturz gen Erde war unvermeidlich und ließ sich nicht aufhalten. War es das Ende für das mutige Eulchen? Fortsetzung folgt!
    #37AuthorEdmond Dantes25 Oct 05, 11:09
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    Dunkele, unheimliche, tiefschwarze Nacht und dann ein dichter Nebel im Kopf. So waren die ersten Empfindungen der kleinen Nachteule. Aber keine Schmerzen. Noch nicht einmal ein Brummschädel! Also keine Gehirnerschütterung, die die Flugfähigkeit beeinträchtigen konnte. Das war auch schon etwas. Zwar fehlten der Eule derzeit die Orientierung und ein vernünftiges Zeitgefühl, trotzdem genoss sie die momentane Ruhe und das warme, moosige Gefühl im Rücken. Da…, da wurde sie heftig angestupst. „Aua, das tut doch weh!“, murmelte das Eulchen. Doch da wurde sie wieder gestupst. „He, lass das!“ Als sie etwas zwinkernd ihre großen Augen öffnete, sah sie ein helles, kaltes Leuchten ganz nahe vor sich. Erst schrak das kleine Eulchen etwas zurück. Dann, als sich ihr Blick etwas klärte, weil sie sich an das komische Licht gewöhnt hatte, schaute sie sich die Erscheinung genauer an. War es ein Irrlicht? Ein Phantom? Oder ein Neut? Ein Kugelblitz war das bestimmt nicht. Gerade, als sie sich die Nachteule von ihrem Lager im weichen Moos erheben wollte um das eigentümliche Wesen noch genauer in Augenschein zu nehmen, verschwand die leuchtende Erscheinung sehr schnell hinter den nächsten Bäumen. Wer oder was mochte das gewesen sein? Ein gutes hatte die Sache, das Leuchtwesen erinnerte das Eulchen an seinen Auftrag. Also reckte und streckte der kleine Nachtvogel sein prächtiges, aber etwas lädiertes Gefieder, bewegte eine Feder dort, einen Muskel hier und zupfte mit dem Schnäbelchen das schöne Kleidchen wieder glatt. Zwar war es eben noch verzauselt und zerzaust, doch ihre großen und klaren Augen stellten auch bei der genauesten Betrachtung keinen Federknick oder gar einen Bruch fest. Dann also auf, weiter nach dem Troellchen und seiner Behausung gesucht. Als es durch ein Rascheln im Wald, hinter den Bäumen, abgelenkt wurde. War es wieder das Leuchtwesen? Fortsetzung folgt!
    #38AuthorEdmond Dantes26 Oct 05, 11:00
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    Im Schatten der Bäume leuchte ein schwaches Licht. War es wieder das vermeintliche Irrlicht? Sollte und wollte es das Eulchen narren und in die Irre führen? Oder steckte eine ganz andere, bisher unbekannte Absicht dahinter? Ein wenig hatte Eulchen auch die Orientierung verloren, der Himmel war tiefschwarz, kein Stern leuchtete. Einen Moment war das Eulchen durch eine flüchtige Bewegung in ihrer unmittelbaren Umgebung abgelenkt. Durch den zerfurchten Boden kroch flink ein kleines Ameisl. Ob es das Tierchen war, das der Eule schon einmal begegnet war? Eulchen spitze die Öhrchen. „Immer diese Lauferei, alles für den Staat. Ach und wieder ist es spät, weiß mir keinen Rat. Nur noch schuften, ackern, plagen, kurz was essen, wieder jagen. Ja, so ist das Ameislleben, keine Ferien, nur hehres Streben. Aber was…“ Das kleine Krabbeltier fluchte ganz erbärmlich, denn plötzlich ragte vor ihr ein Hügel aus der Erde, den ein fleißiger Maulwurf grade baggerte. Und der war so flink, das das Ameisel den riesigen Berg schon fast erklommen hatte und nun hoch in der Luft in das verblüffte und etwas verdreckte Gesicht des Maulwurfs blickte. Der rieb sich gerade seine Buddelhände, die kräftig mit Erdreich verunziert waren, aneinander. Verdattert schüttelte er seinen Kopf, kleine Erdbrocken stoben davon. Der Maulwurf führte seine linke Baggerhand zum Barte, um ihn zu zwirbeln, als er endlich das kleine Ameisl bemerkte. „Oh, Madam, entschuldigt, das war keine Absicht!“ Er zwinkerte mit seinen etwas kurzsichtigen Augen, die einen ‚Tunnelblick’ besaßen. Vorsichtig schob er der Ameisendame seine Pfote hin. Einen Moment stutzte die kleine Ameise, dann kroch sie auf die dargebotene und riesige Baggerschaufel. Fortsetzung folgt!
    #39AuthorEdmond Dantes02 Nov 05, 06:31
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    „Darf ich euch auf den Boden geleiten?“, brummelte der Maulwurf. Ganz sanft und bedächtig, wie es so seine Art war, wenn es um Dinge außerhalb seiner Grab- und Wühlarbeit ging, setzte er die kleine Ameise wieder auf den rechten Weg. Ohne Dank und wie ein geölter Blitz huschte das Krabbeltier weiter durch die Dunkelheit. „Arbeit, Arbeit, Arbeit…“ wisperte es noch, dann war es im Nirgendwo verschwunden. Versonnen lächelte das Nachteulchen über diese kleine, lustige Begebenheit. Gerade wollte das Euel den Maulwurf nach dem Weg zum Troellchen fragen, da hatte sich der fleißige Maulwurf auch schon wieder eingegraben. Nur ein eingefallener, flacher Maulwurfshügel verblieb als kleines, zeitweiliges Denkmal fleißiger Untergrundarbeit. Das kleine Nachteulchen atmete tief durch. Genoss die Stille.
    Da knisterte und knackte es gewaltig zwischen den Zweigen und Sträuchern. Die kleine Eule zitterte und ihr Federkleid bebte. Als sie in die entsprechende Richtung spähte, fürchtete sie schon das Allerschlimmste. Mit einem großen Krachen sprang anmutig ein hübsches Rehlein durchs Geäst. War es der Maulwurf, der seinen nächsten Hügel unter der Schlafstatt des Rehleins gebuddelt hatte, und so das scheue Waldtier aus seinen süßen Träumen riss? Oder waren da noch andere, unbekannte und unheimliche Wesen am Werk? Das etwas verwirrte Rehlein schaute sich vorsichtig um, lauschte, wechselte ganz vorsichtig den Platz und sah zurück zum Wald. Da bewegte sich das lockende Licht, führte einen unverständlichen Tanz auf. Das Rehlein schüttelte seinen Kopf und trabte davon, weg vom Licht. Eulchen beruhigte sich und flog mutig voran, folgte dem unheimlichen Licht. Fortsetzung folgt!
    #40AuthorEdmond Dantes02 Nov 05, 06:32
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    Hallo Ed wie gehts Dir? Du kommst ja gar nicht mehr in QZ. Hat Dich jemand verärgert? Bin froh, Dich hier gefunden zu haben. Mir sind Deine morgendlichen Geschichten schon richtig abgegangen.
    Grüssle und schönen Tag
    #41Authoratina02 Nov 05, 09:11
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    Der Kurs, den die Leuchtscheibe dem Eulchen vorgab, ging kreuz und quer durch den sehr dichten Wald, mal hoch, mal runter, aber immer unterhalb der Baumwipfel oder Kronen. Ab und zu ging es auch einmal zwischen Büschen und Gesträuch daher, dann wieder zwischen Geäst oder auch in Höhe der überirdischen Baumwurzeln. Die Flügelspitzen des kleinen Eulchens streiften manchmal einen Stamm, Zweige oder spitze Dornen. Nie gelang es dem Eulchen, die leuchtende Erscheinung auf zu holen. Immer wenn das kleine Nachteul dachte, jetzt müsste sie doch endlich sehen, wer sie da durch den Wald führt, änderte sich wieder die Flugroute und eine neue Abzweigung oder vermeintliche Abkürzung war vor ihrer Schnabelspitze. Sie hatte mal, als sie noch die kleine Königin war, von einer Kirmesattraktion erzählen hören, die man Achterbahn nannte. Ein riesiges Holzgebilde mit Schienen auf denen kleine Loren liefen, die auf eine bestimmte Höhe vermittels eines Kranes gehoben wurden und dann in einer irren Geschwindigkeit zu Tal sausten und anschließend, durch den Schwung, wieder einen Steigung hinaufliefen und wieder herunter. Und so fort. Bisher hatte sie es selber noch nicht ausprobiert, aber genau an solch eine Bahn fühlte sie sich erinnert. Ihr kleiner Magen streikte. Doch ehe sie sich versah, war die leuchtende Erscheinung verschwunden. Und der höllische Verfolgungsflug zu beendet. So sehr sie sich auch umsah, von der Leuchtkugel, oder was immer das für ein Wesen sein mochte, war kein Fitzelchen mehr zu entdecken. Der Wald lag hinter ihr, hier war nun eine leicht ansteigende Ebene, die in einiger Entfernung in einen felsigen Hügel überging. Der Boden vor ihr war auch steinig, mit Moosen und Flechten bedeckt. Fortsetzung folgt!
    #42AuthorEdmond Dantes07 Nov 05, 06:49
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    Hier mochte wohl das Troellchen wohnen, doch wo? So sehr das Eulchen auch starrte und spähte, sie fand keinen Hinweis auf einen Höhleneingang oder so etwas. Da, ein gutes Stück vor ihr, leuchtete wieder etwas matt auf. Als sie sich näherte, war das Leuchten verschwunden. Aber hier gab es eine fast kreisrunde Öffnung im Felsen. Und so flog das Eulchen mutig hinein. Der Gang, dem das Nachteulchen folgte, war eng. Er wand sich tief in den Felsen und ging sehr steil hinab. Dann hörte sie ein Wispern und Fiepen. Das waren doch Mäuse. Und eine andere, hohe Stimme. Als sie ein Stück weiterflog, gab es seitlich eine erleuchtete Öffnung. Und sie blickte in eine Art Klassenzimmer. Da war ein Troellchen. Auch wenn der kleine, weibliche Troll nicht das übliche, wallende und gespinstartige Haar trug. Die Trolldame besaß eher eine fest anliegende Haarkappe. Und die Trollfrau, die mit dem Rücken zu Eulchen stand, malte etwas vor sich in den glatten Schiefer der Felswand, während rund ein Dutzend Mäuse gespannt und mit zitternden Schnurrhaaren ihren Ausführungen lauschte. Darum bemerkten die Mäuse auch den eindringenden natürlichen Feind, die Nachteule, viel zu spät. Eine Flucht war unmöglich. Sie zogen sich in ein wirres Knäuel aus durcheinander wuselnden Mäuseleibern zurück zur Tafelwand. Suchten bei der Trollfrau Schutz.
    Nur mit Mühe gelang es dem Eulchen, die Mäuseschule zu beruhigen. Erst als das Eulchen sich vom Eingang weit zur Wand zurückzog und die Öffnung freigab, gaben die wild quiekenden Mäuse Fersengeld und verzogen sich. Das Eulchen entschuldigte sich bei der Trolldame für die Störung und den verursachten Aufruhr. Dann erklärte sie der Trollfrau in ihrer Tiersprache, warum sie hier so unvermittelt den Schulunterricht gestört hat.
    Fortsetzung folgt!
    #43AuthorEdmond Dantes07 Nov 05, 06:50
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    Bei einem kleinen Imbiss, das Troellchen servierte dem Nachteulchen ein lockeres Omelett und Kräutertee in zwei kleinen Näpfen, denn das Eulchen hatte mächtig Appetit und natürlich auf die nahrhaften und ängstlichen Mäuse verzichtet, berichtete Euel so nach und nach, zwischen herzhaften Bissen oder kleinen Schnabeltunkern, weswegen sie das Troellchen aufgesucht hatte. Auch wenn die Trollfrau wenig Chancen einräumte die Neuter Bürger wieder frei zu bekommen und das Siegel über Neut am See zu brechen, denn die eigentümlichen Neuts waren sehr starrsinnig und stur, erklärte sie sich einverstanden, die kleine Nachteule zum Reich der Neuts zu führen. Verwundert war die Trollin über den geheimnisvollen Führer des Eulchens durch den Wald. Sie sagte mit Bestimmtheit, dass es nur ein Neut gewesen sein konnte. Eigentlich passte die Beschreibung nur auf diese Wesen. Aber das war doch absolut unmöglich. Die Trollfrau schnürte schnell ein kleines Bündelchen, schrieb im Vorraum, der als Klassenzimmer diente, noch schnell ein paar Aufgaben für die Mäuse auf die Wand und dann machte sie sich zusammen mit der Eule auf den Weg. Um die lange Wanderschaft etwas zu verkürzen, erzählte die Nachteule ihr bisheriges Abenteuer etwas ausführlicher, unterschlug aber ihre Verwandlung. So redete sie von der kleinen Königin, als wäre es eine andere Person. Das Troellchen hörte gebannt und gespannt zu, spitze ihre länglichen, aber hübschen Trollohren, führte die kleine Eule durch immer geheimnisvollere Ecken, versteckte Durchbrüche und niedrige Stollen tiefer in den Berg hinein. Besonders angerührt war die Trollin, von der Liebesgeschichte des Dornbuschmagiers La.Ktho, der diese kleine Geschichte nur dem Eulchen in die hübschen Ohren geflüstert hatte. Und die ging so… Fortsetzung folgt!
    #44AuthorEdmond Dantes08 Nov 05, 07:16
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    In Neut am See lebte eine wunderschöne Maid, mit güldener Löwenmähne und einem betörenden Blick aus unergründlichen Augen. Seltsamerweise kam sie mit einigen Nachbarn aus ihrem Neuter Stadtviertel nicht besonders gut aus. Es gab viele, die ihr das Leben unnötig schwer machten. War es aus Neid? In der Nacht stahl sie sich oft zum Quecksilbersee, wo auch der Dornbusch stand, in dem der Magier La.Ktho hauste. Und so bekam der Magier ihre seelenvollen Klagen mit. Aber auch ihr liebliches Zünglein sah der Dornbuschmagier oft. Denn ihr schönes Antlitz, nebst der hübschen Zunge, spiegelte sich als mehr oder minder lustige Grimasse in der spiegelnden Oberfläche des Sees. Oft netzten auch große Zähren die Seefläche. Dies rührte den Dornbuschmagier sehr. Auch ihr Klagelied, das sie mit leiser, verzaubernder Stimme hauchte: „Ich habe doch ein Löwenherz, aber die Leute treiben mit mir Scherz, drum leb ich in einer miesen Bude, die Nachbarschaft ist gemein und krude, ich arme Seele steh ganz allein, ich armes, armes Matelein!“ Damit traf nicht nur das Gesamtbild der schönen Maid das Herz des verwunschenen Zauberers, auch Amor schoss einen gewaltigen und fest sitzenden Pfeil in die entsprechende Richtung. Nur rechnete sich der Magier keine Chancen aus, denn er war ja in den Dornbusch gebannt. Trotzdem hatte er es dem Eulchen erzählt und ihr den Wunsch mitgeteilt, wenigstens die Maid Mate vor einem ungewissen Schicksal bei den Neuts zu bewahren und alles zu tun, damit diese junge Dame wenigstens wieder ab und zu an seinem See auftauchte. Eulchen würde nie im Leben den Blick aus den Blütenaugen des verzauberten Magiers vergessen, als er seine Bitte vortrug. Fortsetzung folgt!
    #45AuthorEdmond Dantes08 Nov 05, 12:01
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    Als sie mit der Geschichte über La.Ktho und Mate zum Schluss kam, fiel der kleinen Nachteule das Lied über die Königskinder ein, die nicht zusammen kommen konnten, weil das Wasser, das sie trennte, so tief war. Dies trug sie mit verhaltener und leiser Stimme dem Troellchen vor. Da konnte sich auch die kleine Trollfrau nicht mehr zurückhalten und verlor ein paar Tränen. Da drang ein sehr leises Zischeln an Eulchens Ohren. Sie machte ihre Begleiterin durch einen Flügelwink darauf aufmerksam, einen Augenblick ganz still zu sein. Jetzt hörte es die Trollfrau auch. Und machte ein entsetztes Gesicht.
    Das war doch…Das konnte doch nur. Nein, bloß das nicht…Bitte, bitte nicht!
    Das Zischeln einer Schlange! Eulchen machte sich kampfbereit, wetzte an einem Felsstück die Krallen. Die Trollfrau schaute sich um, wo gab es hier ein Verteidigungs- oder besser, ein Angriffsmittel? Nach einigem Suchen fand sie einen dicken und knorrigen Ast, der sich prima als Knüppel verwenden ließ. Sollte die Schlange ruhig kommen. Doch sie kam nicht. Als sich die Beiden etwas umhörten, stellten sie fest, das beständige Geräusch, das wie schwerer Atem klang, kam aus einem kleinen Seitenstollen. Sie blieben stehen und berieten sich leise. Sollten sie das Geräusch einfach ignorieren? Ihrem Weg zu den Neuts folgen? Oder sich der Gefahr stellen? Nur, es war eventuell auch eine Gefahr für andere Wesen im Gewirr der Stollen und Gänge. Oder, falls die Eule und die Trollfrau von ihrer Mission heil zurückkehrten, mussten sie sich dann doch dieser Gefahr stellen! Fragen über Fragen! Es gab nur eine Antwort! Kampf! Fortsetzung folgt!
    #46AuthorEdmond Dantes08 Nov 05, 12:03
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    Vorsichtig und leise flog die kleine Nachteule ein Stück voraus. Hier kamen ihr ihre berühmten Nachtjagdeigenschaften voll zu statten. Ihre gelben Augen waren zu Schlitzen zugekniffen. Bisher hatte sie den Feind noch nicht erspäht. Die Trollfrau folgte ihr auf leisen Sohlen. Immer wieder hielt sie einen Moment inne und schaute zurück. Es konnte natürlich auch eine Falle sein. Zum Glück war hier kein Angriff von der Seite zu erwarten, zumindest sah das Troellchen bisher keinen Abzweig oder Durchgang. Allmählich wurde auch das Zischeln wesentlich lauter. Doch ihr Feind war noch immer nicht zu sehen. Eines fiel den beiden aber auf, in diesem Seitenstollen lag viel Gestein und Geröll, auch sehr große und unförmige Brocken, auf dem Boden. Und so ging der Blick der beiden Abenteurer auch verschreckt nach oben. Einen Vertrauenserweckenden Eindruck hinterließ die Stollendecke nicht. Das fehlte gerade noch, ein Bergbeben und dann in diesem Stollen begraben zu sein! Aber es war auch möglich, dass so etwas durch eine andere, leichte Erschütterung ausgelöst werden konnte. Dem Eulchen und der Trollfrau pochte jeweils heftig das kleine Herz in der Brust. Sie sahen sich schon um, ob dieses Geräusch die vermutete Schlange anlockte. Oder eine Gerölllawine auslöste. Doch nichts geschah. Mit dem Mute der Verzweiflung ging es weiter ins Ungewisse. Jetzt wurde die Decke auch niedriger, der Stollen immer enger. Auch das Eulchen warf manchmal einen Blick zurück, hoffte auf eine kugelige, leuchtende Erscheinung. Aber da war nichts. Es wäre wenigstens eine gewisse Beruhigung für sie gewesen. Der bisher fast schnurgerade Gang, der nur eine ganz leichte, fast unmerkliche Biegung besaß, knickte unvermittelt vor den Abenteurern ab. Nun war noch mehr Vorsicht geboten. Eulchen lugte um die Ecke. Und da war die Schlange. Die größte Schlange der Welt! Fortsetzung folgt!
    #47AuthorEdmond Dantes09 Nov 05, 12:00
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    Solch eine riesengroße Schlange kannten die beiden Abenteurer nur aus Mythen und Sagen. So lang und von gewaltigem Umfang. Der Reptilkörper schillerte, wechselte andauernd die Farbe, wechselte von blausilbern zu einem bronzenen Ton, wurde mal tiefgrün, dann feuerrot.
    Aber die Schlange war trotz ihrer Größe kein Feind, denn sie war hilflos. Ein Blick nach oben zeigte dem Eulchen, dass hier die Decke nicht glatt und eben war. Mehr oder weniger spitze Felsen ragten wie Messer oder Speere daraus hervor. Und es gab auch diverse Löcher von unterschiedlichen Durchmessern. Die Schlange hatte Pech gehabt, anscheinend hatten sich über ihr Felsbrocken gelöst oder waren durch die Löcher geplumpst. Zwei riesige Brocken hatten die Riesenschlange zwischen Wand und Boden festgesetzt. Ihr Zischeln war fast vollständig verstummt. Besaß dieses Reptil diese Veranlagung zu einem Farbwechsel immer? Oder kündigte dieses Phänomen den Todeskampf der Schlange an? Noch immer voller Angst, aber jetzt eher wegen des Missgeschickes des Riesenreptils, bewegten sich die Eule und die Trollfrau in Richtung des Schlangenkopfes. Auch wenn der große Kopf Furcht einflößend war, besaß er doch eine seltsame und aparte Schönheit. Auf der Stirn trug die Schlange einen dicken Smaragd, genau zwischen den geschlossenen Augen. Die sich nun öffneten. Eulchen und Troellchen zog es das Herz zusammen, als sie den trüben Todesblick in den irisierenden Augen sahen. Da öffnete sich der Schlangenmund ein Stück, die gespaltene Zunge fuhr heraus. „Bitte helft Kamax, es soll euer Schaden nicht sein!“, sagte ersterbend eine zischelnde Stimme. Mit diesen Worten schlossen sich die hypnotisierenden Augen wieder, die Zunge leckte schwach über die Nüstern und verschwand fast ganz wieder in Mund des Reptils.
    Fortsetzung folgt!
    #48AuthorEdmond Dantes09 Nov 05, 12:01
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    Mit vereinten Kräften und mit Hilfe des dicken Astes mühten sich das Troellchen und die kleine Nachteule redlich. Wobei sich das Eulchen mehr auf technische Ratschläge beschränkte. Sie probierten hier, versuchten da. Eulchen beäugte aus der Luft und suchte eine günstige Position für den Knüppel. Nach einigen Fehlversuchen und vielen vergossenen Schweißtropfen zeigte der Hebel und Troellchens Kraft Wirkung, der Schlangenkörper war frei. Doch gerade, als die beiden ihr Werk vollbracht hatten, hörten die Farbwechsel der Schlangenhaut auf. Der Körper war nun fast tiefschwarz. Schnell netzte die Trollfrau mit Wasser aus ihrer Feldflasche die Zunge, Lippen und Haut des Reptils. Es dauerte verzweifelt lange Minuten, ehe sich die Zunge leicht bewegte. Dann öffnete die Schlange ganz langsam ihre Augen. Dann dauerte es wieder eine kleine Ewigkeit, bis sie zu sprechen anhub: „Vielen Dank, ihr habt mich gerettet. Dürfte ich um noch etwas Wasser bitten?“ Die Feldflasche der Trollfrau war noch gut gefüllt und so gab sie Kamax ab. Jetzt tauchte auch wieder der Farbwechsel auf der Schlangenhaut auf. Und endlich, als löste sie sich aus einer langen Starre, bewegte die Schlange auch vorsichtig ihren Leib. Auch wenn die Eule und die Trollfrau etwas Vertrauen zu dem Reptil gefasst hatten, wichen sie doch ein gutes Stück zurück. Kamax blieb in einiger Entfernung und ringelte sich mit geschlossenen Augen zusammen. Sehr langsam und sichtlich müde erhob die Schlange ihren Kopf. Auch wenn sie ihre Augen nicht ganz öffnete, schienen sie doch wieder etwas heller geworden zu sein. Jetzt pendelte der pfeilförmige Kopf hin und her. Dann stand der Kopf still und die Augen öffneten sich ganz. Fortsetzung folgt!
    #49AuthorEdmond Dantes09 Nov 05, 12:06
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    Auch der Mund ging auf, dabei wurde auch der mächtige und gefährliche Giftzahn des Reptils sichtbar. Falls es der Versuch eines Lächelns sein sollte, war der Eindruck auf die beiden Abenteurer doch mehr etwas, was ihnen einen leichten Schauder über den Rücken jagte. Ein ganz kleines Stück wichen die Trollfrau und das Eulchen nun zurück. Und Kamax bemerkte es. „Ihr braucht doch keine Angst vor mir zu haben“ zischelte das Reptil noch immer etwas müde, „ ihr habt mich doch gerettet, also seid ihr meine Freunde. Auch wenn man uns Reptilien eine gewisse Hinterlist nachsagt, wir sind nicht so. Zumindest nicht alle von unserer Rasse! Wie soll ich euch nun meine Dankbarkeit bezeugen? Ah, ich schenke euch den glitzernden Stein von meiner Stirn. Den Stein habe ich hier im Berg gefunden, irgendwo tief in einem Stollen. Er ist zwar hübsch und passt gut zu meinen Augen und meiner Haut. Doch es ist nur unnötiger Zierrat. Aber ihr habt ja beide etwas für mich getan, ihr habt mein Leben gerettet. Also muss ich euch auch beide belohnen. Was könnte ich euch denn noch geben?“ Der pfeilförmige Kopf sank auf den Ringelkörper und Kamax schloss für einige Zeit die Augen. Dann ruckte der Kopf wieder hoch. „ Na klar, ich habe doch noch etwas. Ihr könnt euch ein wenig von meinem Gift abzapfen. Vielleicht kann es euch irgendwann einmal gute Dienste leisten!“ Praktischerweise besaß Troellchen eine kleine Phiole, die sie aus ihrem Bündel zog, anschließend zapfte sie vorsichtig und mit klopfendem Herzen etwas vom Gift der Schlange in das kleine Röhrchen. Die kleine Nachteule flog, auf einen entsprechendes Kopfzeichen von Kamax, in Richtung der Schlangenstirn und zog den Glitzerstein vorsichtig mit ihren Krallen ab. Dann verabschiedeten sich die Abenteurer von Kamax und gingen wieder den Weg zurück. Kamax ringelte sich in einer Ecke zusammen und fiel in einen tiefen Schlaf.
    #50AuthorEdmond Dantes14 Nov 05, 12:03
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    Einige Zeit später und ein gutes Stück tiefer im Berg. Das Troellchen stoppte abrupt und schaute sich genau um. Das kleine Eulchen umflatterte ihre Gefährtin. Die Trollfrau schnüffelte mit ihrer Nase, sog die Höhlenluft in sich ein. „Ich rieche Neuts. Hier, an dieser Stelle muss es gewesen sein, falls ich mich nicht täusche. Hinter der Felswand dort drüben dürfte der Hort der Neuts sein. Dort wohnen sie. Nehme ich zumindest an. Weiter bin ich damals leider nicht gekommen. Es war purer Zufall, dass ich das so gerade mitbekommen habe. Dabei habe ich gesehen, wie sich ein Stück der Wand öffnete und einen Schwarm Neuts hindurch ließ. Aber mit welchem Trick sich die Wand öffnen lässt, weiß ich nicht! Das konnte ich von meinem versteckten Beobachtungsposten nicht sehen.“ Kaum hatte die kleine Trollfrau dies ausgesprochen, passierte etwas mit dem Smaragd. Der Stein, den Kamax, die Riesenschlange, dem Eulchen geschenkt hatte, fing plötzlich an zu glimmen, ein Lichtstrahl berührte kurz die gegenüberliegende Wand. Vor Schreck verlor die kleine Nachteule das Glitzerding aus ihren Krallen. Die Trollin schnappte geistesgegenwärtig den Leuchtstein gerade noch auf, eher er am Boden zerschellt wäre. „Du hast doch nichts dagegen, wenn ich den Stein in mein Bündel stecke? So hast du deine Krallen frei! Wer weiß, was uns noch erwartet? Keine Sorge, du bekommst ihn schon wieder.“ Etwas knirschte ganz in der Nähe. Sand rieselte irgendwo. Ein feiner Riss zeigte sich an einer Stelle in der Wand, genau da, wo der Lichtstrahl des Smaragdes vorher aufgetroffen war. Gebannt starrten die Trollfrau und ihre gefiederte Begleiterin auf das, was da vor ihren Augen passierte. Ein Durchgang so groß, das beide ungehindert passieren konnten, hatte sich vor ihnen geöffnet.
    #51AuthorEdmond Dantes15 Nov 05, 12:00
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    Direkt hinter dem Eingang war ein schmaler, natürlicher Sims, innerhalb eines sehr hohen, leicht gerundeten und geschlossenen Felsendomes. Beinahe fiel das Troellchen in den folgenden Abgrund. Mindestens hundert Meter ging es in die Tiefe. Im letzten Moment packten die Krallen der Nachteule zu, rissen die Trollfrau zurück. Vor den beiden Abenteurern war ein beinahe kreisrundes und riesiges, teilweise scharfkantiges Felsenloch. Die Mündung eines Molochs von Vulkan. So dachten die beiden im ersten Moment. Denn vor ihnen schimmerte es, wie glühende, kochende Lava. Nur war hier keine übergroße Wärme zu spüren. Das war kein aktiver Vulkan. Er mochte in Urzeiten einer gewesen sein. Doch nun bedeckte die Wände und den Boden ein Röhrensystem. In einer engen Spirale führte da eine große Röhre an der Wand abwärts. Die durchscheinende Röhre bedeckte auch spiralig und flach den kompletten Boden. In der Mitte befand sich eine riesige, farbig aufflammende Kugel. In der gesamten Röhre, aber auch in der Riesenkugel tummelten sich Neuts. Millionen. Milliarden. Unzählige Kügelchen. Während die Trollfrau sich von ihrem Schreck erholte, sich an die Wand setzte und einen Schluck aus der Wasserflasche nahm, startete das Eulchen zu einem vorsichtigen Rundflug im Schatten der Felsen. Dabei entdeckte sie an der gegenüberliegenden Seite eine Art Steigrohr, das senkrecht an der Innenwand des Vulkans hoch führte und eine waagerechte Bodenverbindung zur Riesenkugel besaß. Still und in sicherer Entfernung, beobachtete die Eule das bunte Treiben. Dann lachte sie aus vollem Schnabel, so dass sie beinahe gegen die Felswand geflogen wäre. Sie hatte erkannt, was die Neuts sich da gebaut hatten.
    #52AuthorEdmond Dantes15 Nov 05, 12:01
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    Egal, wie auch immer die Neuts zu diesem eigentümlichen Bauwerk sagten, für Eulchen war es eine Riesenrutschbahn, darum giggelte sie auch so fröhlich. Dies ließ nämlich auf einen etwas kindlichen Charakter der kugeligen Leuchtwesen schließen. So weit die kleine Nachteule bisher beobachtet hatte, konnte es schon einer der Neuts aus der Höhle gewesen sein, der sie im Wald und auf den Weg hierhin geführt hatte. Aber mit absoluter Sicherheit vermochte die kleine Nachteule es doch nicht zu sagen. Dafür war die Eule nicht nahe genug an ihren ‚Reiseführer’ heran gekommen. Außerdem blieb sie auch jetzt möglichst in geschützter Position, in der Dunkelheit, im Schatten der Felsen und war also auch nicht einem Neut auf den nicht vorhandenen Pelz gerückt. Genau so groß war aber auch die Ähnlichkeit mit dem Kugelwesen, das bei der Gruppe beim Flugschiff verblieben war. Der Freund und Helfer von Nobody. Bisher fand die kleine Eule auch keinen verdeckten und bequemen Zugang zum Vulkangrund für das Troellchen. Also flog sie zu ihrer Begleiterin zurück. Nur, was musste sie sehen, als sie an den Platz kam, an dem sie die Trollfrau verlassen hatte? Das Troellchen war weg! Spurlos verschwunden! Halt, doch nicht ganz, da lag die Feldflasche. Umgekippt! Aber sonst war absolut nichts zu sehen. Kein Hinweis, keine Fußspuren. Nichts! Dann geschah etwas, was die kleine Nachteule als nicht sehr prickelnd empfand. Ehe sie sich versah, war sie in eine Wolke eingehüllt. Sie sah nichts mehr. Sie spürte nichts mehr. Der Schrei, den die kleine Eule ausstoßen wollte, blieb ihr im Halse stecken. Auch ihre Denkfähigkeit setzte aus. War jetzt das Ende für das kleine Nachteulchen gekommen?
    #53AuthorEdmond Dantes21 Nov 05, 12:06
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    Im ersten Moment war da nichts. Alle Empfindungen waren ausgeschaltet. Oder doch? War da nicht eine leichte Bewegung. Aber das bildete sie sich vielleicht nur ein. Es konnte auch ein Traum sein. Jetzt kam sie langsam zu sich. Sie war noch immer benommen, konnte sich nicht bewegen. Alles um sie herum war in ein ständig wechselndes Licht getaucht, schmerzte in ihren Augen, die sie sofort wieder schloss. Langsam kehrte auch die Denkfähigkeit zurück, die völlige Leere in ihrem Gehirn war verschwunden. Trotzdem war in ihrem Kopf alles dumpf und total verschwommen, wie in ein dickes, flauschiges Federbett gepackt. Einen richtig klaren Gedanken konnte sie nicht fassen. Ähnlich war es damals, als sie auf der Schlosstreppe ausgerutscht war. Eine böse Gehirnerschütterung war die direkte Folge ihres Sturzes. Mehr war ihr bei diesem Unfall zum Glück nicht passiert, aber es reichte völlig. Auch diesmal war das Gefühl ähnlich und ihr war speiübel. Ihren Schnabel spürte sie zwar, vermochte ihn jedoch nicht zu öffnen. Dann piekten plötzlich tausende feiner Nadeln in ihren Denkapparat. Es tat nicht weh, es war nur einen sehr kurzen Moment äußerst unangenehm. Irgendetwas war in ihren Kopf eingedrungen und machte sich da breit. Ihr eulenhaft-menschliches Ego wurde in den Hintergrund gedrückt. Mit sehr großer Macht. Obwohl ihr es vorkam, als dauere dieser Prozess eine kleine Ewigkeit, waren es doch nur einige Sekunden. Bange Sekunden. So hilflos, einsam und von allen und allem verlassen hatte sie sich noch nie in ihrem Leben gefühlt. Trotzdem fehlte ihr derzeit das Gefühl der Angst. Da war nun etwas sehr eigenartiges. Eine heftige geistige Verbindung. Mit einer Unzahl von Wesen. Mit den phantastischen Lichtkugeln? Waren es wirklich die Neuts, die sie gefangen genommen hatten? Dann bestand noch ein Funken Hoffnung. In welchen ‚Händen’ befand sich die Nachteule nun wirklich?
    #54AuthorEdmond Dantes22 Nov 05, 06:27
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    „Du gemeine Diebin! Wir haben dich und deine Helfershelferin in unserer Gewalt! Widerstand ist zwecklos! Ihr werdet euch für euer hinterhältiges Tun verantworten müssen! Dafür kann es nur eine einzige Strafe geben. Ihr werdet auch aus der Zeit verbannt, genau wie die habgierigen Bürger von Neut! Bisher haben wir noch nie Trolle und Tiere bestrafen müssen. Gut, es gibt beispielsweise die diebischen Elstern und einige andere Tiere, aber die stehlen nicht mit Bedacht! Sie fallen auf Glitzerkram herein. Aber einen unserer Schlüssel hat noch nie jemand gestohlen! Nur Dummheit und Gier können euch zurück an den Ort eurer Schandtat getrieben haben. Jetzt werdet ihr von uns zur Verantwortung gezogen!“ Die zornigen Stimmen waren deutlich in Eulchens Kopf. Es war, als ob es eine Hauptstimme gäbe, die mit einem eigentümlichen Echo versehen war, dazu aber viele Nebenstimmen, die sich auch in der Tonhöhe unterschieden. Es gab hohe und tiefe Stimmen. Massig Unter- Ober- und Zwischentöne. Manchmal wich auch der Text ein kleines Stück von dem ab, den die Hauptstimme sprach. Eulchen verstand überhaupt nichts. Versuchte, eine Antwort zu geben. Nur war ihr Stimmzentrum gelähmt. „Auch wenn du dich verteidigen willst, es ist sinnlos und auch nicht nötig. Wir haben dich und die Trollfrau beobachtet, seit eurem Eindringen in unser Reich. Und deine Begleiterin hatte das Beweisstück in ihrem Bündel, wir haben es sofort bei ihr aufgespürt. Also haben deine Lügen keinen Sinn! Unser Schlüssel für den ‚Teilchenbeschleuniger’ haben wir eindeutig identifiziert und er versieht wieder seinen Dienst am gewohnten Ort, so das die große Weltenmaschine wieder ihre volle und einmalige Kraft entfalten kann. Nun sind wir glücklich und zufrieden. Unser ‚normales’ Leben geht weiter. Über eure Bestrafung sind wir nicht traurig, denn ihr habt sie verdient! “
    #55AuthorEdmond Dantes01 Dec 05, 06:48
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    Voller Verzweiflung erzitterte die kleine Eule. Ihr tat es sehr leid, dass sie die kleine Trollfrau da mit hineingezogen hatte. Diesem Abenteuer war wohl kein glückliches Ende beschieden. Da mussten nun wohl die verbliebenen Kameraden ran, an die die kleine Nachteule voller Wehmut dachte. Unvermittelt sah sie vor sich eine belebte, lebendige Szene, so greifbar, so nah und real, sie war total erschüttert. Denn da stand ihre Freundin Daisy, die gerade mit einer für sie so typischen Handbewegung eine Locke aus der Stirn strich, während die Energiekugel Neutrino um ihren Kopf herum schwirrte. Edward saß in der Nähe bei seinen Freunden Vik und Joe am Lagerfeuer, warf seiner Lady Daisy verliebte Blicke zu, denn er mochte Daisys unbewusste Geste so gerne. Darum herum gruppierten sich die restlichen Freunde und lauschten dem Barden Lyri, der mit wohlklingendem Bariton ein noch nicht ganz fertig gestelltes Lied vorbrachte. Es ging so: Der Mond, der ist aus Parmesan, darum schauen ihn die Mäuse so schmachtend an. Dies nutzen die Eulen, die Jäger der Nacht, denn ihre Beute zieht es aus den Verstecken mit Macht. Es interessiert aber den goldenen Käsemond nicht, er hat gerade mit gelblichen Lichtfingern das blaue Meer glatt gewischt. Hier hat er gezupft, da hat er gefaltet, endlich ist die Bühne für den Auftritt gestaltet. Jetzt ist das Tableau perfekt gerichtet, auch das Mondlicht optimal ausgerichtet, da schnellen silbrige Körper empor, tauchen aus den Tiefen des Meeres hervor. Sie schweben gen Himmel, hinauf zu den Sternen, scheinen sich weit vom Wasser zu entfernen. Dann ein dreifacher Salto mit Flossengruß, der Eintauchvorgang erfolgt ohne Guss. Nur wenig später erscheinen sie erneut, es ist die Nacht des Delfintanzes heut… Dann verblasste die Szene.
    #56AuthorEdmond Dantes 03 Jan 06, 12:02
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    Eine unbekannte Stimme, die trotzdem etwas vertrautes, sehr bekanntes an sich hatte, ließ sich klar und deutlich vernehmen. Eine leichte Ähnlichkeit mit den bisher vernommenen Stimmen war vorhanden. Sie besaß jedoch einen besonders angenehmen Wohlklang. Und sie sprach: „Halt, so geht das nicht! Ihr begeht einen fatalen Irrtum! Die kleine Nachteule und die Trollfrau sind unschuldig. Ihr müsst sie frei geben. Die Strafe für euer vorschnelles Urteil kann nur lauten: Freiheit für die Neuter Bürger!“ Es herrschte eine große Stille. Jetzt, ganz langsam, kamen die normalen Empfindungen in Eulchens Körper zurück. Auch die Sehfähigkeit. Endlich erblickte sie ihren Retter. Das war doch…, das konnte doch nur….Neutrino? Aber wenn die Szene, die sie eben noch gesehen hatte, einen Blick in das Lager ihrer Freunde erlaubt hatte, wie konnte dann Neutrino zur gleichen Zeit hier sein? Sie wusste genau, dass es Neutrino war. Und auch, das sie keinen Blick in die Vergangenheit oder Zukunft geworfen hatte. Einen kurzen Moment wurde ihr schwarz vor Augen und sie spürte eine leichte Bewegung. Tja, da hatte man sie doch tatsächlich einfach so vor die Türe gesetzt und heraus geschmissen. Die Umgebung kam ihr wohlbekannt vor. Da war das Felsentor, der Eingang zur Heimstatt der Neuts. Anscheinend wollte man sie bei dem Familienkrach nicht dabei haben. Denn für die kleine Nachteule stand eindeutig fest, Neutrino und die kugeligen Höhlenbewohner waren sehr nahe Verwandte. Auch wenn sich das Energiewesen Neutrino etwas von seinen Verwandten unterschied, obwohl Eulchen die Unterschiede nicht eindeutig benennen konnte. Aber wo war ihre Begleiterin? Wo war Troellchen?
    #57AuthorEdmond Dantes09 Jan 06, 06:37
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    Der Gedanke war kaum zu Ende gedacht, als sie auch schon ihre Freundin, die wie aus dem Nichts plötzlich neben ihr stand, herzlich begrüßen konnte. Bis hier hin war ihr gemeinsames Abenteuer recht glimpflich ausgegangen. Aber was war nun mit den Bürgern von Neut? Konnte sich Neutrino durchsetzen? In Eulchens Kopf meldete sich eine leise Stimme. Das Wispern war kaum zu verstehen. Ob das dicke Felstor und das umgebende Gestein daran Schuld trug? „Nachteulchen, gehe mit Troellchen zurück zu deinen Freunden. Die Bürger von Neut kehren bald zurück. Ihr werdet im Lager die Glocken der Stadt läuten hören. Der Bürgermeister Helmfried bleibt wohl noch ein wenig hier in Gewahrsam, anschließend wird er der Gerichtsbarkeit der Bürger von Neut überstellt. Wenn du dich umschaust, wirst du noch zwei Geschenke entdecken, die dir und deinen Freunden sehr hilfreich sein werden. Als kleine Wiedergutmachung!“ Kurz lauschte das Eulchen noch mit geschlossenen Augen, aber da gab es nur noch ein unverständliches Gemurmel und Gebrabbel. Ob es nun Neutrino oder einer seiner Geschwister gewesen war, konnte die kleine Nachteule nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber anscheinend war das Wesentliche übermittelt worden. Als die kleine Nachteule ihre Augen öffnete, sah sie zwei eigentümliche Dinge auf dem Felsboden liegen. Zu einen lag da ein gegabeltes Knochenstück, in der Form eines offenen, spitzwinkligen Dreiecks. Die fast geraden Schenkel, die aus dem verdickten Knorpelstück herausstanden, besaßen eine Länge von ca. 25 cm. Die daumendicken Schenkelknochen besaßen einige gleichmäßige, parallele Kerben. Das seltsame Teil schien uralt und war versteinert.
    #58AuthorEdmond Dantes09 Jan 06, 12:01
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    Daneben befand sich noch ein dickes Knäuel, von dem das Eulchen im ersten Moment dachte, es wäre ein Rolle feiner Draht. So etwas wie Draht war es schon, nur ganz bestimmt nicht aus Eisen. Das ganz dünne, haarfeine Gespinst schien eine hohe Festigkeit und Härte zu besitzen. Der rot-golden glänzende Überzug schimmerte unwirklich, besaß etwas Lebendiges. Kleine Lichter jagten sich in der Oberfläche. Sie erinnerten an winzige Flammenzungen. Eulchen sah ihre Begleiterin fragend an. Auch als die Trollfrau die beiden Geschenke genauer in Augenschein nahm, besonders das Knochenteil hierhin und dahin wendete, beklopfte und betastete, konnte sie den beiden Gegenständen keinen Sinn oder Zweck zuordnen. So zuckte sie letztendlich mit den Schultern, nickte dem Eulchen (das sich auch weiterhin keinen Reim auf die beiden Gaben machen konnte) aufmunternd zu, packte die Knochengabel über die Schulter und das wundersame Knäuel in ihr Bündel. Anschließend begaben sich die beiden Kameradinnen auf den Heimweg. Sie hatten es eilig. Gönnten sich nur ganz kurze Verschnaufpausen. Trotzdem schaute die kleine Nachteule immer mal wieder zurück. Sie hatte auf ein Wiedersehen mit ihrem leuchtenden Führer gehofft, von dem sie noch immer nicht wusste, ob es wirklich Neutrino gewesen war. Aber in dieser Beziehung tat sich nichts. Sie rätselte auch weiterhin über die beiden Gegenstände. Ebenso über die eigentümliche Szene, die sie kurz vor Neutrinos Eingreifen erlebt hatte. Langsam zog der neue Morgen herauf. Die Trollfrau wollte nicht mit ins Lager von Eulchens Kameraden gehen, also legte sie die für die Nachteule zu schweren Gegenstände an der Lagergrenze ab. Auch die Phiole mit dem Schlangengift packte sie dazu. An solch gefährlichen Dingen hatte das Troellchen keinen Bedarf. Dann verabschiedeten sie sich in großer Freundschaft voneinander.
    #59AuthorEdmond Dantes10 Jan 06, 06:29
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    Still lag das Lager da, die Freunde träumten noch tief und fest. Eine Wache war nicht aufgestellt. Wozu auch. Ohne jemand zu wecken überflog Eulchen das Areal. Alle waren da. Bis auf Neutrino. Wenigstens schien es auf den ersten Blick so. Aber das kleine Energiewesen war nun einmal nicht besonders groß. Es konnte überall stecken. Oder auch, während des Überfluges der kleinen Eule, einen Ortswechsel vollzogen haben. Und falls das kleine Kügelchen sowieso die Fähigkeit zur Biolokation besaß, also gleichzeitig an zwei Orten existieren vermochte, oder überhaupt plötzlich an jeder beliebigen Stelle auftauchen konnte, damit auch Teleportation beherrschte, war diese Erkundungstätigkeit eigentlich ohne Sinn. Trotzdem wäre die Eule gerne dem Energiewesen hinter die Schliche gekommen. Es war nicht auf böses Misstrauen begründet, im Gegenteil, nur plagte Eulchen pure profane Neugier. Sie zog noch einmal eine Schleife, dabei kreuzte sie auch den Quecksilbersee. Es raschelte und knisterte vernehmlich im Dornbusch. Die vollen Blütenlippen des Magiers waren leicht geöffnet. Er sägte gerade einen großen Holzvorrat für die frostigen Tage. Endlich begab sich die Nachteule zu Daisys Liegeplatz und weckte ihre Freundin mit dem Schnäbelchen. Und zwar mit der Absicht, das Lager erst so nach und nach auf Trab zu bringen. Denn sie schielte noch immer darauf, Neutrino auf die Spur zu kommen. Trotzdem schloss sie eine Wette mit sich selbst ab, im ganzen Begrüßungstohuwabohu tauchte irgendwo, hinter und zwischen all den Freunden, ohne Vorwarnung, ganz harmlos die Energiekugel auf. Sie würde durch die Gegend woshen und so tun, als wäre nichts gewesen. Genau so kam es auch.
    #60AuthorEdmond Dantes10 Jan 06, 12:05
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    Kaum tauchte Daisy aus ihrem Schlaf auf, entfuhr ihr auch schon ein freudiger Ausruf. Es dauerte nur Sekunden und das ganze Lager war auf den Beinen. Allgemein herrschte eine überschäumende Freude. Eulchen wurde gezumselt und gezauselt. Neutrino tauchte hinter Lyri auf und vollführte wahnwitzige Kapriolen um das Eulchen herum. Die Nachteule ließ es mit Wohlgefallen über sich ergehen. Leider war es ihr nicht möglich den Kameraden Mitteilung über ihr gefahrvolles Abenteuer zu machen. Die einzige Person die Eulchen verstand war noch immer Lady_Bird. Trotzdem schaffte sie es, eine knappe Information in eine Lehmfläche zu kratzen. AUFTRAG AUSGEFÜHRT BÜRGER FOLGEN stand da zu lesen. Anschließend lockte sie mit beredtem Flügelwinken und entsprechendem Schnäbeln einige Freunde zum Lagerrand, zu den geheimnisvollen Geschenken. Für ihre Begleiter waren die Gegenstände auch absolut rätselhaft. Zwar spekulierten einige wild, nur kam keiner auf einen sinnvollen Nutzen. Die gefährliche Giftphiole nahm die kleine Nachteule sicherheitshalber selber in die kleinen Krallen, ehe einer der großen Menschen auf das dünne Glasröhrchen trat. Beim anschließenden Landeanflug auf das Lager geschah das große Unglück. Genau über dem Quecksilbersee. Den zarten Krallen entglitt das Röhrchen. Es zersplitterte auf dem Miniinselchen, auf dem der Dornbusch stand. La.Ktho schüttelte sich gerade wild, denn er war in diesem Moment aus tiefstem Schlummer erwacht. Die Giftlache floss auseinander. Ein kleines Rinnsal lief in gerader Linie auf das Wurzelwerk des Dornbusches zu. Alles geschah in wenigen Augenblicken. Machtlos und verzweifelt sah es das kleine Eulchen aus der Luft.
    #61AuthorEdmond Dantes11 Jan 06, 06:33
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    Begab sich gleichzeitig in einen wahnwitzigen Sturzflug in Richtung Phiole, als könne sie damit das Unglück ungeschehen machen. Sie versuchte auch, den Dornbuschmagier zu warnen, stieß den berühmten Schrei der Eule aus. La.Ktho öffnete verschlafen seine Augen ein winziges Stück. Die herannahende Gefahr, die unaufhaltsam auf ihn zu floss, sah er nicht. Er hörte den Eulenruf. Reagierte aber zu spät. Jetzt traf das Schlangengift auf die erste Wurzel. “Mateeeeeeeeeeeeeeee…“ Das wahnsinnige Gebrüll entrang sich den Blütenlippen, ließ Eulchens Blut in den Adern gefrieren. Der Busch flammte in einem grünlich gefärbten Feuerinferno kurz auf. Und zurück blieb nur ein kleines Häufchen Asche. Ein heftiger Morgenwind kam auf. Die Böe blies die zurückgebliebene Asche in den Quecksilbersee. Eulchen beeilte sich, zu ihren Freunden zu kommen, denn sie hatte Trost bitter nötig. Ihr Missgeschick war bisher unbemerkt geblieben, denn man sammelte sich um das Lagerfeuer zum Frühstück. Was dann geschah, hörten die Freunde nur aus einiger Entfernung. Erst war es ein heftiges Brodeln. Vermischt mit Blubbern. Anschließend zischte es. Dann folgte ein Knall, wie Kanonendonner. Nebel wallten über dem Quecksilbersee. Aber, obwohl der Wind leicht in Richtung der Freunde über den See blies, blieben die wirbelnden Nebel dort stehen. Endlich wagten sich die ersten Mutigen zum See, denn die Nebelwand löste sich auf. Dort, wo einst der Quecksilbersee mit dem Inselchen des Dornbuschmagiers war, befand sich nun nur noch ein tiefes, schwarzes Loch. Es schien kein Ende zu haben und bis in die Unendlichkeit zu reichen. Irgendjemand sah aus der Dunkelheit ein Flirren heraufsteigen und brüllte: „Vorsicht! Schnell weg! In Deckung…!“
    #62AuthorEdmond Dantes11 Jan 06, 06:59
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    Es war im letzten Augenblick. Die Erde rumorte. Es rappelte und schepperte gewaltig. Tausend irre Titanenschmiede schlugen gleichzeitig mit Riesenhämmern auf gigantische Ambosse. So hörte es sich an. Der Erdboden zitterte im Takt der vermeintlichen Hammerschläge, warf die Freunde einfach um. Als sich einige wieder aufrappelten und zum Erdloch herüberschauten, entwuchs dem vormaligen See ein Metallturm. Stück für Stück. Wie an unsichtbaren Drähten aus der Erde herauf gezogen. Er besaß ein babylonisches Ausmaß. Die Turmspitze berührte beinahe die Wolken. „Das ist der ehemalige Ostturm“, rief die kleine Frau Nick. Dabei half sie ihrer Freundin MickeMuh gerade auf die Beine. Auch die restlichen Gefallenen rappelten sich wieder auf und staunten mit weit offenen Mündern. Endlich waren auch die Geräusche und die Erdbewegungen zum Stillstand gekommen. Nun auch der Turmwuchs. Die ganze Gruppe umrundete den Metallturm, der keine Türen oder Fenster, weder Scharten, noch Luken aufwies. Der Turm war glatt und glänzend, ohne Niete oder Naht. Die Freunde standen da und sahen sich fragend an. Da verfärbte sich ein Stück des Turmes kurz über dem Boden. Ein mannshoher, greller Lichtbogen erschien auf der silbernen Metallfläche. Wurde dann tiefschwarz. Und jemand trat durch das nun vorhandene Tor. Es war ein jungenhaft wirkender Mann. Alles an ihm war dunkel. Die Haare, der Teint, die metallisch glänzende Kleidung, die hohen Stiefel. Und der bodenlange Umhang. Im Gesicht trug er das charmanteste Lächeln, das man (oder besser Frau) je gesehen hatte. Auf der Nase saß ein Kneifer, natürlich schief. Die linke Hand berührte sacht den Schwertknauf an seiner Seite, während er die Rechte auf seine Brust legte, anschließend neigte er leicht den Kopf.
    #63AuthorEdmond Dantes13 Jan 06, 12:10
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    „Hallo ihr Lieben, jetzt kann ich mich endlich richtig vorstellen, ich bin Prinz Lala, auch der ‚dunkle Ritter’ genannt. Ihr habt mich aus dem Zauberbann erlöst, denn ich war als Magier La.Ktho im Dornbusch auf dem Quecksilbersee gefangen. Mein Turm, in dem ich meine technischen und magischen Experimente gemacht habe, ist endlich wieder da. Damals ist mir bedauerlicherweise ein kleiner Zaubertrick daneben gegangen. So kam verschwand der Turm, und ich kam in den Dornbusch auf dem See. Den Dornbuschmagier La.Ktho gibt es endlich nicht mehr!“ Man konnte richtig hören, wie dem Eulchen ein zentnerschwerer Stein vom Herzen fiel. Sie sauste auf den ‚schwarzen Ritter’ zu und der fuhr ihr sanft über den kleinen, gebogenen Raubvogelschnabel. Leise flüsterte Prinz Lala der Nachteule etwas ins hübsche Ohr und sie machte daraufhin mit den Flügeln zustimmende Gesten, flatterte um des Ritters Kopf. Da läuteten die Glocken von Neut her Sturm. Die kleine Frau Nick brüllte: „Feuer! Feuer! Holt Wasser! Schnell, schnell. Holt doch Wasser!“, zog ihre Freundin Mickemuh in Richtung Stadt. Da kam es Frau Nick endlich in den Sinn, es war kein Alarmgeläut, das sie zu einem Löscheinsatz rief. Die Neuter Bürger waren zurückgekehrt. Doch nicht nur Frau Nick und MickeMuh waren in heller Aufregung. Das ganze Lager lief freudig durcheinander und alle fielen sich in die Arme. Ein Schrei durchschnitt die Luft: „Mate, mein Matechen, endlich kann ich um deine Hand anhalten!“ Der ‚schwarze Ritter’ rannte wie irre in seinen Turm zurück. Als er dann nach einiger Zeit endlich zurückkehrte, blieb er einige Augenblicke unbemerkt, denn im Lager herrschte noch immer ein riesiger Freudentaumel.
    #64AuthorEdmond Dantes16 Jan 06, 06:43
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    Der rote Teufel versuchte etwas Ordnung in den Trupp zu bekommen, denn man wollte mit dem Flugboot gen Neut aufbrechen. Es gelang ihm nur mit Mühe. Alles wuselte im Lager durcheinander. MickeMuh und die Feuerwehrfrau Nick bedrängten die Freunde heftig, denn sie wollten alsbald mit ihren Nachbarn und Bekannten ein freudiges Wiedersehen feiern. Inzwischen entdeckte Nachteule auch das kleine Küken. Das Küken war ganz hinten im Bootsheck eingeschlafen, denn es hatte sich am Vorabend das Bäuchlein mächtig voll gestopft. Hier lag es nun in einem hübschen Nest, vollkommen unberührt von der ganzen Hektik um es herum. Als es nun seine kleinen Äuglein öffnete, war es ganz erstaunt, in Eulchens freundliches Gesicht zu blicken. Dann gesellte sich noch Lady_Bird hinzu, die in Begleitung ihrer Freundin Trottele war. Die verstand von dem Gezirpe um sie herum zwar nichts, fühlte sich aber trotzdem in der Gesellschaft wohl. Endlich konnte Eulchen mal von ihrem großen Abenteuer berichten. Und was das kleine Küken alles wissen wollte. Gerade zählte der rote Teufel noch mal die Häupter seiner Begleiter, damit auch alle an Bord waren, als es noch einmal eine kurze Unterbrechung gab. Der ‚schwarze Ritter’, alias Prinz Lala, war aus seinen Turmgemächern zurück. Er führte ein wunderschönes, perlmuttfarbiges Pferd am Zügel, mit sehr eleganten Proportionen. Das fein gearbeitet Zaumzeug war von hoher Qualität, aber ohne überflüssigen Tand. Gerade zog Prinz Lala sein Schwert. Dann legte er einen Eid ab. „Bei meinem Schwert ‚Firefly’ schwöre ich, nichts wird sich zwischen mich und Mate stellen. Wer es versucht, bekommt diese Klinge zu schmecken! Bei meiner Ehre!“
    #65AuthorEdmond Dantes16 Jan 06, 12:21
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    Lyri, der unheimlich gute Augen besaß, fiel es sofort auf, das Pferd besaß kein Fell, es gab kein sichtbares Muskelspiel. Und die Bewegungen waren mechanisch präzise. Überpräzise. Stolz zwinkerte Prinz Lala, der inzwischen an das Boot heran geritten war, dem Barden zu. Während er mit den Knöcheln leicht auf den herrlich funkelnden Überzug klopfte, bemerkte er: „Hab ich selbst entworfen und gebaut. Hab mein prachtvolles Pferdemädchen gut konserviert, die Gelenke und Scharniere mit bestem Schmieröl versorgt. Auch nach so vielen Jahren quietscht da nix! Heco, sag schön guten Tag!“ Mit einer sehr sinnlichen und angenehm weiblichen Stimme sprach das Pferd: „Einen angenehmen und guten Tag wünsche ich. Mein Name ist Heco, dem Prinzen Lala treu ergeben.“ Dabei klimperte die Pferdedame sehr schön mit ihren großen Wimpern, die ihre glänzenden Augen beschatteten. Sie hob auch, sehr elegant und anmutig, ihren rechten Huf. Der rote Teufel trat an die Bordwand und bemerkte: „Wir sind bereit und brechen nach Neut auf. Dort werden wir uns wieder sehen!“ „Warum? Ist euer Boot so flink?“, erkundigte sich Prinz Lala. „Du wirst uns schwerlich durch die Luft begleiten können, bis dein Pferd also Neut erreicht hat…“ „Na, dann passe gut auf, Heco ist ein Wunderpferd! Es ist, wie ich nicht ganz unbescheiden bemerken möchte, von mir konstruiert und zusammengebaut. Die neuesten Erkenntnisse der Aeronautik sind in die Konstruktion eingeflossen. Aber das meiste ist dem besten Baumeister, der Natur abgeschaut! Heco besitzt nicht zu Unrecht den klangvollen Beinamen ‚Helischrauber’!“ Die Bootesbesatzung, jetzt fast vollständig an der Reling versammelt, machte große Augen und staunte nicht schlecht über den nun folgenden Vorgang. Der ‚dunkle Ritter’ grinste über das ganze Gesicht.
    #66AuthorEdmond Dantes17 Jan 06, 06:34
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    Ohne das Prinz Lala irgendeinen Knopf oder Hebel berührte (es war auch keiner zu sehen oder vorhanden), surrte und schnurrte es ganz leise, klickte und klackerte etwas, und mit sattem Ton griffen wohl passgenau Zahnräder unter dem Emailüberzug ineinander. Wäre es Heco möglich gewesen, zarte Röte hätte ihre Haut überzogen, so erwartungsvoll und gespannt schaute die Bootsbesatzung auf die Pferdedame. Aus ihrem Vorderteil fuhren kurz vor dem Sattel kleine Klappen auseinander. Filigrane Mechanik entfaltete sich, wie ein spanischer Fächer oder ein chinesischer Papierschirm. Tuben schoben sich teleskopartig auseinander, hauchdünne Streben klappten aus und auf. Libellenartige, vierteilige kleine Windmühlenflügel krönten das Metallgeflecht links und rechts. Unterhalb der Pferdemähne öffnete sich ein Fach. Lala entnahm ihm eine Lederhaube und eine Schutzbrille, vertauschte sie mit seinem Kneifer, den er ins Fach verstaute. Lächelnd rief er zum Boot: „Da ist auch eine Notration für drei Wochen drin.“ Dann schwang er sich auf sein Pferd. Als seine Füße in den Steigbügeln steckten, entwuchsen dem Pferdeleib Halteklammern in Knöchelhöhe, sicherten so den Reiter. Langsam drehten sich die Flügel. Wurden immer schneller und schneller. Elegant hob sich Hecos Schweif aus Metallfäden. „Keine Sorge, Heco äpfelt nicht!“, brüllte der ‚dunkle Ritter’. Der Schweif bildete ein dreiteiliges Leitwerk. „4, 3, 2, 1-Zündung!“ Mit einem zischenden Knall zündete ein Raketentriebwerk. Das Wunderpferd stieg fast senkrecht in die Luft. „Mein Pferdchen besitzt noch mehr Spezialitäten. Und ein paar Geheimnisse. In den Beinen sitzen extra starke Spiralfedern, die eine punktgenaue und sichere Landung ermöglichen. So, ich bin bereit! Auf nach Neut!!! Mal sehen, wer Erster ist?“
    #67AuthorEdmond Dantes18 Jan 06, 12:00
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    Das Flugboot folgte dem Wunderpferd, fast wie an einer Schnur gezogen. Doch einholen konnte das Boot den Prinzen auf Heco Helischrauber nicht, der Abstand blieb immer gleich. Die Bootsbesatzung sah aus luftiger Höhe wie sich vom Waldrand her ein großer Tross Haustiere auf die Stadt zu bewegte. Da die Bürger von Neut zurück waren, fanden nun die Tiere wieder zu ihren Futtergebern. Hunde sorgten für die nötige Ordnung, trieben die Trödler und Ausreißer zurück. Die Spitze führte das Geflügel an, mit Hühnern, Enten und Gänsen. Der rote Teufel bemerkte auch einen niedlichen Rotfuchs, der Beute witterte, aber vor den Hunden zurückschreckte, anschließend die vorwitzige Nase einzog und wieder im Wald untertauchte. Noch etwas fiel dem roten Teufel auf. Das Boot flog zwar hinter Heco her, doch es war nicht der richtige Kurs. Die gesamten Einwohner von Neut waren am Vorplatz des Bürgerhauses versammelt. Dies konnten die Freunde von oben sehen. Ihr Boot jedoch flog in Richtung eines Außenbezirks. Dort waren die Häuser etwas weniger prächtig. Einige der Bauten wirken sogar mehr als schäbig. Vor einem bestimmten Haus legte Heco eine perfekte Landung hin. Für das Flugboot gab es in der unmittelbaren Nähe keine entsprechende Möglichkeit und so schwebte es ein Stückchen weiter und kam auf einer entfernten Wiese herunter. Der größte Teil der Besatzung mache sich nun zum Haus auf, vor dem Heco stand. Schnell verabschiedeten sich auch MickeMuh und die kleine Frau Nick. Sie wollten erst einmal nach ihren Freunden und Verwandten vor dem Neuter Bürgerhaus sehen, liefen also auf dem kürzesten Weg dorthin. Der rote Teufel blieb mit wenigen Freunden im Boot zurück.

    #68AuthorEdmond Dantes30 Jan 06, 11:59
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    Ehe die Freunde, angeführt von Vik und Joe, das Haus erreichten, vor dem Heco treu wartete, kam ihnen schon Prinz Lala entgegengestürmt. Er trug eine junge Frau auf den Armen. „Schnell, schnell, ihr müsst zurück zu meinem Turm. Anscheinend hat sie eine große Menge Schlafmittel genommen. Meine Heco ist nur ein Einsitzer…!“ Auch wenn ihm einige der Männer hilfreich beisprangen, Prinz Lala wollte seine geliebte Mate nicht aus den Armen lassen. So trug er die schöne, doch sehr blasse Maid bis zum Flugboot. „Ich bin schneller am Turm, als ihr. Aber macht, so schnell ihr könnt, ich bereite schon einmal alles für die Rettung von Mate vor!“, rief er im Laufschritt der Bootsbesatzung zu. Während er die schlafende Schöne über die Reling hievte, bemerkte er auch das seltsame Knochenstück. Und die Rolle. Seine Augen leuchteten wissend auf. Doch es ging um Minuten, also legte er die hübsche Dame auf eine Bank, deckte sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, dabei prüfte er noch Atmung, Puls und Temperatur. „Hey, roter Teufel, starte durch!“ Und schon hechtete der dunkle Prinz über die Bordkante und raste, wie von tausend Furien gehetzt, auf sein Pferd zu. Heco vollführte einen Blitzstart. Schon war der Prinz auf seinem Pferd in der Luft, in Richtung seines Turmes. Das trägere Flugboot folgte umgehend. Einige der Frauen kümmerten sich, soweit es ihnen möglich war, um die schlafende Mate, voller Angst und Sorge. Die Männer standen hilflos darum herum. Der rote Teufel stierte auf den Rubin, wollte ihn mit seinen Gedanken zur Eile antreiben. Endlich kam der Turm in Sicht. Prinz Lala stand schon bereit, die Schlafende in Empfang zu nehmen. Kaum setzte das Boot auf, übernahm der Prinz Mate und verschwand in seinem Turm. Nun begann ein sehr langes und banges Warten.
    #69AuthorEdmond Dantes30 Jan 06, 12:01
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    Während der langen Wartezeit inspizierte die Mannschaft das Boot. Aber sie fanden nichts, was der Ausbesserung bedurft hätte. Nur wussten sie sonst nichts mit sich an zu fangen, so sehr waren sie um Mate in Sorge. Essen mochte niemand. Reden auch nicht. Es war schon sehr später Nachmittag. Der rote Teufel, der in der Nähe des Mastes saß, glaubte kurz, ein durchscheinendes Schemen gesehen zu haben. Ein wenig erinnerte es ihn an die HEIMLICHE HERRSCHERIN. Als er doch noch einmal genauer hinsah, war da absolut nichts. Es konnte auch eine Reflektion des Lichtes gewesen sein. Doch dann vernahm er ganz leise die Stimme von Nobody. „Schaue in Neutrino, roter Teufel!“ Ehe der Teufel sich versah, schwebte auch schon das Energiekügelchen von irgendwoher auf ihn zu. Wieder bemerkte niemand, wo sich das Energiewesen aufgehalten hatte. Andere der Bordbesatzung bekamen das mit und drängten zum roten Teufel hin. Aber sie sahen in der kleinen Energiekugel nur milchige Schleier. Nach einiger Zeit woshte Neutrino wieder weg und alle die da um den roten Teufel herumstanden redeten durcheinander und auf den armen Teufel ein. Buffy und Steffal kamen vom Bug her gerannt und brüllten: „Das kann nur eine Nachricht über Iruka sein! Wo ist sie?“ Tatsächlich. Es war eine Nachricht über den Verbleib der kleinen Meerprinzessin. Nur war das Gesicht des roten Teufels aschfahl. „Tiamat hat sie in seiner Gewalt! Furchtbar!“ Mehr sagte er nicht. Auch auf mehrfache Nachfrage sagte der rote Teufel nichts. Wiederholtes Drängeln von Steffal und Buffy nutzte auch nichts. In diesem Augenblick öffnete sich der eigentümliche Ausgang des Quecksilberturmes. Lala, der dunkle Ritter, kehrte erschöpft zu den Freunden zurück. Ohne Mate! Und ohne Heco. Einsam und alleine.
    #70AuthorEdmond Dantes31 Jan 06, 06:31
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    „Geschafft! Sie schläft jetzt einen normalen Erholungsschlaf! Habt ihr einen guten Tropfen für mich? Ich bin fertig!“ Daisy reichte dem ritterlichen Prinzen einen Becher. Dies war das allgemeine Signal. Ohne großen Aufwand startete nun ein gemeinschaftlicher Imbiss. Gerade setzte der rote Teufel an, etwas mehr über das zu erzählen, was er in Neutrino, der kleinen Energiekugel gesehen zu haben glaubte, als Prinz Lala ihm zuvor kam. Der Prinz sah sich suchend um und wies dann auf eine bestimmte Ecke des Schiffes. „Wo habt ihr die Äolsharfe her? So ein ähnliches Instrument besaß ich auch einmal. Leider ist es zerbrochen. Eigentlich dachte ich daran, es zu reparieren, denn wir brauchen es sehr nötig. Und das da ist wirklich in Feuer gehärtetes Engelshaar?“ „Die kleine Nachteule hat das mitgebracht.“ Der dunkle Ritter untersuchte die Gegenstände genau. „Perfekt. Jetzt ist es kein Problem mehr, die Nachteule in ihre ursprüngliche Gestalt zurück zu verwandeln. Und natürlich Lady_Bird die menschliche Sprache zurück zu geben. Die Harfe, also das dreieckige Knochenstück, ist der Rückengrat eines seltenen Meeresfisches. Wenn ich das Elfenhaar eingefädelt habe, muss Lyri das Instrument stimmen. Dann sind alle Elemente vereinigt. Der Fischknochen für das Meer, in der Erde versteinert, dazu das Haar der Elfen, die durch die Lüfte tanzen. Im Feuer eines Vulkans gehärtet. Ich hoffe doch, euer Musikus wird mich bei meinem Vorhaben tatkräftig unterstützen. Zwar benötige ich zwei magische Formeln, die das Harfenspiel unterstützen und es muss mit Lyris Spiel synchron sein, aber das werden wir schon irgendwie hin bekommen!“
    Der dunkle Ritter murmelte leise unverständliche Worte vor sich her, während er die Saiten geschickt einfädelte, die er vermittels seines Schwertes auf passende Länge zurichtete.
    #71AuthorEdmond Dantes31 Jan 06, 07:55
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    Über die Anzahl der Zuhörer konnte sich Lyri nicht beschweren. Gebannt schauten alle zu, wie er das nun komplettierte Instrument nachdenklich und konzentriert stimmte. Nach langem Zupfen und Streichen war er endlich zufrieden. Lady_Bird kam nach vorn, von ihrer Freundin Trottele an der Hand geführt. Die kleine Nachteule saß aufgeregt flatternd auf Lady_Birds linker Schulter und machte große Augen. Ihr Schnäbelchen stand vor Erregung offen. Lala setzte sich in die richtige Positur, gebot Trottele etwas zurück zu treten, nickte dann Lyri zu. Zwischendurch gab der dunkle Prinz entsprechende Hand- und Fingerzeichenzeichen, damit die musikalische Begleitung im Takt der magischen Formeln blieb, hielt aber sonst Lady_Bird und das Eulchen genau im Blick. Lyri war in sein Spiel vertieft, obwohl im das Instrument etwas unvertraut war, bezauberte der reine Klang die Zuhörer, die sich vor dem Flugboot versammelt hatten. Dazwischen, jetzt in einer Art Trance, die beiden Hauptpersonen, die verzauberten Freundinnen. Trottele hatte sich zwischen die anderen Kameraden am Boot eingereiht und drückte feste die Daumen, das der Bann von ihrer Freundin genommen werden konnte, schaute dabei auf Lady_Bird Hinterkopf. Aber sie hielt die Daumen auch für das kleine Eulchen, damit Prinz Lala die Rückverwandlung gelang.
    Still war es. Nur Prinz Lalas unverständliches, leicht kehliges Gemurmel und die Atemgeräusche der Anwesenden störten das friedliche und wohlklingende Harfenspiel von Musikus Lyri. Plötzlich woshte Neutrino aus dem Hintergrund hervor, schwebte über Lady_Birds Kopf. Ein mildes Licht überstrahlte die junge Frau und die kleine Eule. Senkte sich als undurchdringlicher Schleier über die beiden. Und eine wohlbekannte Stimme erklang.
    #72AuthorEdmond Dantes01 Feb 06, 12:01
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    „Der Bann und die Verzauberung sei von euch genommen.“ Die HEIMLICHE HERRSCHERIN hatte gesprochen. Von der Harfe erklang ein Glissando. Der undurchsichtige Lichtvorhang löste sich langsam, von unten her, auf. Zog sich in das kleine Energiekügelchen zurück. Barde Lyri und Prinz Lala waren mit ihrem musisch-lyrischem Vortrag zum Ende gekommen. Und da standen nun zwei Frauen. Königin Nachteule besaß ihre wohlbekannte menschliche Gestalt wieder. Und Lady_Bird schrie: „Hurra! Ja! Endlich!“ Dann ging alles in ein verrücktes Chaos über. Neutrino schlug am Himmel Kapriolen. Trottele tanze wild um ihre Freundin herum. Lala und Lyri wurden von den anwesenden Damen mit Küsschen verwöhnt. Die anderen Herren klopften den beiden auf die Schultern. Das kleine Küken war eifrig bemüht, den großen Menschen aus dem Weg zu gehen, schaffte es aber endlich irgendwie, zur Königin Nachteule vor zu dringen. Nachteule konnte zwar nun nicht mehr die Sprache des kleinen Kükens verstehen, aber ihr Blick und ihre Hände, in denen sie das zarte Küken geborgen hielt, vermittelten ihre Gefühle deutlich genug. Und mitten im größten Trubel kam Heco, Prinz Lalas Wunderpferd herangetrabt. Die bleiche Mate im Schlepptau. „Ich konnte sie nicht zurückhalten. Sie wollte raus…!“ Mate ließ Heco kaum zu Wort kommen, wie eine Furie ging sie auf den dunklen Ritter los, trommelte mit ihren kleinen Fäusten auf die breite Brust des schmucken Prinzen. „Warum hast du das getan? Du und deine abscheulichen Freunde? Die Verbannung bei den Energiewesen war mir lieber, als in mein altes Leben zurück zu kehren. Du warst das doch! Und die anderen Leute hier. Ihr habt doch die Bürger von Neut befreit. Warum habt ihr mich nicht in Ruhe gelassen?“
    #73AuthorEdmond Dantes02 Feb 06, 06:28
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    Da kniete der schöne Prinz vor Mate nieder und gestand ihr seine Liebe. Und die Umstände, die ihn bisher daran gehindert hatten. Wie er ihrer Lieblichkeit als Dornbuschmagier verfiel, doch für ihn keine Aussicht bestand, ihr Herz zu erringen. Wie ihre Traurigkeit sein Herz gerührt hatte. „Deine Tränen netzten den Silbersee, den See, der mein Turm war und der jetzt wieder trutzig bis zum Himmel reicht. Und in diesem himmlischen Turm will ich mit dir bis zum Ende unserer Tage wohnen! Ein Paradies will ich für dich schaffen, mit meiner Liebe! Dies schwöre ich bei meinem treuen Schwert Firefly! Du wirst für alle Schmach und Pein entschädigt!“ „Sagtest du ‚Firefly’? Ist das der Name deines Schwertes?“ „Genau! So ist der Name meines treuen Schwertes!“ „Dann höre gut zu Prinz Lala: ‚Wenn Tiamat dereinst erwacht, hält er eine Prinzessin in seiner Macht. Vereinen will er die Reiche von Wind und Meer, bringt auf die Erde Krieg und Verheer. Doch gibt es Mittel und Wege die Macht zu brechen, ein besonderes Schwert wird seine Untaten rächen. Noch viele Dinge benötigt man, will man schlagen das Untier in Acht und Bann. Bei einer Insel, rund wie ein Kreis, da musst du suchen das fiese Geschmeiß. In den Tiefen der Fluten und Wellen, da hörst du des Drachen boshaftes Bellen. Lady Glee kann dir helfen, besitzt du den Mut, dann schlägst du das Böse und alles wird gut. Dann ist verbannt von der Welt das Wurmgezücht, muss sich verantworten vor dem ewigen Gericht. Als einziges Wesen von den Alten gelassen, kann es gute Lebewesen nur hassen. Doch wie steht es in den Büchern der Alten, Firefly wird das Herz ihm spalten. So geweissagt vor Äonen, hast du den Mut? Es wird sich lohnen!’ Dieser Spruch wurde über Jahrhunderte in unsere Familie weitergegeben. Diese Nachricht ist für dich!“
    #74AuthorEdmond Dantes02 Feb 06, 06:29
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    Der hübsche Prinz kniete noch immer vor der Schönen. Er zog sein Schwert Firefly. „Bei diesem Schwert, in den mir prophezeiten Kampf werde ich ziehen. Für Iruka! Für die Freunde, die dich, liebste Mate, aber auch mich gerettet haben. Und natürlich auch und gerade für dich, die Prinzessin meines Herzens! Wenn dir mein Herz, dass ich dir zu Füßen gelegt habe, nicht genügt, so lege ich dann später das gespaltene Herz von Tiamat dazu!“ Auf der Klinge von Firefly erschienen leuchtende Buchstaben: WIR WERDEN DEN KAMPF GEWINNEN! Mate, die schon währende der vorhergehenden Worte des Prinzen leicht errötet war, bekam nun wieder einen blassen Teint. „Nein, Prinz Lala, dein Herz genügte mir vollkommen. Nie würde ich dich um meinetwillen in einen Kampf schicken! Doch für die Freunde, die uns erretteten, ist das eine andere Sache. So nehme ich denn deinen Antrag an. Aber betrachte es erst als ein Verlöbnis. Wenn der Drache Tiamat besiegt ist, soll die Hochzeit sein. Aber gewähre mir eine Bitte, lasse mich mit dir und den Freunden in den Kampf ziehen!“ „Diese Bitte muss ich dann an die Freunde weitergeben, denn mein Pferd Heco kann nur mich in den Kampf tragen!“ Jetzt trat der rote Teufel hervor und sprach: „In der Energiekugel war nicht viel von Tiamat zu sehen. Was für ein Ungeheuer uns und Prinz Lala erwarte, kann ich nach diesem Eindruck nur schätzen. Es sah auf jeden Fall furchtbar aus. Wir sind froh und stolz, dass du, Prinz Lala, uns begleitest. Wenn die Weissagung durch dein Schwert erfüllt wird, so sei es denn. Auch über Mate würden wir uns an Bord sehr freuen. Was uns fehlt, ist eine eindeutige Information über die kreisrunde Insel und Lady Glee, darüber war in Neutrino absolut nichts zu erblicken. So können wir uns nur von unserem Schiff und dem Rubin leiten lassen! Es sei denn, Mate besäße noch wichtige und weitergehende Nachrichten für einen von uns?“
    #75AuthorEdmond Dantes07 Feb 06, 12:09
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    Dies war aber nicht der Fall. So rüstete sich die Schiffsbesatzung für den Flug auf das neue Ziel, löste das Lager auf. Prinz Lala brachte noch einige Truhen und Vorräte aufs Schiff. Für Heco, Prinz Lalas Wunderpferd fand sich nun kein Plätzchen mehr an Bord. Denn schon mit Prinz Lala und Mate an Bord wurde es langsam zu eng. Da hatte Daisy eine glänzende Idee. Auf der Rolle mit dem gehärteten Elfenhaar waren noch einige Meter übrig, damit verband man Heco mit dem Bootsheck. Prinz Lala nahm natürlich auf seinem Wunderpferd platz. Dann schaltete er auf automatische Flugkontrolle mit eingebautem Abstandsmelder. Wenn sich das Flugboot in die Lüfte erhob, würde er auf ein Handzeichen vom roten Teufel den Antrieb zünden. Gerade erhob sich das Boot hinauf, da sah die Besatzung eine Menge Leute von Neut her kommen. Es waren die befreiten Bürger der Stadt, die von Frau Nick und ihrer Freundin Micke Muh endlich dazu überredet werden konnten, sich nach der großen Feier bei ihren Retter zu bedanken. Doch sie kamen zu spät. Beinahe zu spät. So blieb ihnen nur ein allgemeines Winken und Rufen, denn das Flugboot stieg immer höher. Trotzdem sah Königin Nachteule die Tränen in den Augen von Nick und MickeMuh. Sie und die anderen Freunde waren alle traurig und enttäuscht, sich nicht mehr von den beiden Frauen verabschieden zu können. Auch das kleine Kücken, das auf der breiten Reling hin und her wetzte, verdrückte ein paar dicke Tränchen. Doch die Errettung Irukas ließ sich nicht länger aufschieben. Mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit ließ das Flugboot Neut hinter sich. In gebührendem Abstand folgte, durch die Stränge aus Elfenhaar gesichert, Prinz Lala auf Heco Helischrauber. Schon nach kurzer Zeit drang das Flugboot mit seinem Anhang in den ‚Wall der Träume’ ein.
    #76AuthorEdmond Dantes08 Feb 06, 06:33
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    Die Fahrt durch den ‚Wall der Träume’ verlief diesmal etwa anders, denn bevor das Wikingerboot nebst Anhang in den Nebelwall eindrang, erzeugte Neutrino, die kleine Energiekugel, einen undurchsichtigen Schutzschirm um das Boot und Prinz Lala auf seiner Heco. Etwas später gab der Schutzschirm einen Blick auf die Umgebung frei. Unter sich sahen die Reisenden eine sturmgepeitschte Küste mit hohen, schroffen Felsen. Das Meer war in Aufruhr. Wellenberge türmten sich auf und schlugen mit wahnsinniger Wucht an die Felsgestade. Manche Wellenberge erreichten sogar die höchsten Erhebungen und überspülten sie. Vom Hinterland war durch dicken Nebel nichts zu erkennen. Die Freunde spürten durch den undurchdringlichen Schutzschirm Neutrinos nichts. Sie hörten nur das Jaulen des Windes, das Klatschen der Wellen und ab und zu fernen Donner. Und sie sahen am Himmel einige mächtige, wildzackige Blitze. Die Elemente waren in Aufruhr. Zu welchem Land die Felsküste gehörte, wusste niemand. Das Boot folgte der Küstenlinie noch einige Zeit, dann nahm es einen Kurs in süd-östlicher Richtung. Die Schlechtwetterfront blieb hinter den Reisenden zurück. Auf dem Meer zeigten sich nun kleine Inseln, an denen das Boot ohne eine Landung vorüber flog. Langsam sehnten sich die Flugreisenden nach einer etwas längeren Rast. Doch noch immer machte das Boot keine Anstalten zu einer Landung. Oder zumindest zu einer Wasserung. Auch der Schutzschirm von Neutrino blieb bestehen. Prinz Lala auf seinem Wunderpferd, das den Sicherheitsabstand perfekt einhielt, winkte zwischendurch. Er gab damit die Information, bei ihm wäre alles in Ordnung. Die Bootsleute winkten zurück.
    #77AuthorEdmond Dantes14 Feb 06, 12:06
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    Endlich kam eine neue Insel in Sicht. Die Größe war durch die geringe Flughöhe des Bootes für die Insassen nicht zu überschauen. Ob es die kreisrunde Insel war? Scheinbar lag hier das Ziel, denn das Flugboot verminderte die Höhe weiter und setzte zur Landung an. Das Ufer auf der Flugroute bot für die Flugreisenden zu wenig Platz, darum ging es noch ein gutes Stück über einen Wald mit üppiger Vegetation. Dann kam der perfekte Landeplatz in Sicht. Groß genug und mit einem kleinen Gewässer in unmittelbarer Nähe. Neutrino öffnete den Schutzschirm. Endlich konnten sich die Reisenden mal wieder richtig die Beine vertreten und sich am kühlen, klaren Wasser erfrischen. Die Freunde packten einige Vorräte aus und genossen einen warmen Imbiss. Vor allem Prinz Lala, der sich in der Luft von seiner Notration ernährt hatte. Aber erst führte er Heco, sein Wunderpferd, zum Wasser. Auch ihr Mechanismus brauchte wohl ab und zu frisches Wasser. Alle dösten ein bisschen vor sich hin, denn die Luft war lau und machte träge. Nur ein paar Vögel zwitscherten. Ansonsten wurde die idyllische Ruhe durch nichts gestört. Da sie sich keiner unmittelbaren Bedrohung ausgesetzt sahen, waren keine Wachen aufgestellt. So kam der Überfall aus heiterem Himmel. Überraschend, ohne einen Laut, tauchten neben jedem der Freunde fremde Leute in gelb-schwarz gestreiften Westen, Hemden und Hosen auf, fesselten und knebelten die ganze Gesellschaft. Niemand konnte angemessen reagieren, auch nicht Prinz Lala, dessen Hand noch zum Schwertknauf fuhr, es ging alles viel zu schnell. Das kleine Küken lag auf dem Boot und verschlief den Überfall. Auch Heco, die etwas weiter abseits durch die Gegend getrabt war, fand sich nicht unter den Gefangenen. Und Neutrino war spurlos verschwunden.
    #78AuthorEdmond Dantes15 Feb 06, 12:02
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    Heco, das Wunderpferd, begriff nicht so ganz, was da am Boot geschehen war. Nur eines: Lala und die anderen Freunde waren nicht freiwillig verschwunden. Sonst war alles am Lagerplatz unverändert. Und natürlich hätte Lala oder einer der anderen auf sie gewartet. Heco suchte kurz nach Spuren. Da erspähte sie das kleine Küken auf der Reling. Sie galoppierte zum Boot und das kleine Küken, das inzwischen aufgewacht war und nach ihren Freunden Ausschau hielt, hüpfte auf den Rücken des Wunderpferdes. Lalas treue Kampfgenossin verzweifelte nicht. Der dunkle Prinz hatte Vorsorge getroffen. Denn im Knaufe des Schwertes ‚Firefly’ war etwas eingebaut. Ein besonderer Magnet, dessen Feld Heco aufspüren konnte. Und wo der Herr war, da war sein Schwert nicht fern. Leider war das kleine Küken nicht in der Lage, Hecos Flugfähigkeiten zu nutzen. Auch vermochte das Pferd nicht von sich aus in die Lüfte zu starten. So sprengte es dann in die entsprechende Richtung, während das kleine Küken sich tapfer im Sattel, oder besser gesagt, in einer Schlaufe am Sattelhorn, hielt. An der Stärke des Magnetfeldes konnte Heco in etwa die Entfernung messen. Die Freunde durften ein gutes Stück entfernt sein. Ihr Aufenthaltsort musste hinter dem großen Waldstück liegen, das nun vor Hecos Nase lag. Kaum war das Küken auf Heco in den Wald eingedrungen, löste der Vorderhuf von Heco eine heimtückische Falle aus. Es ging wusch, schon hingen die beiden in einem Netz, unter einem hohen Baum. Die Maschen des Netzes waren sehr eng. Doch Heco wusste sich schon zu befreien, nur würde dieser Vorgang einige Zeit in Anspruch nehmen. Also schickte sie vorsorglich das Küken los, denn für das kleine Tierchen bildeten die Netzmaschen kein Hindernis, schärfte dem putzigen Federtier noch einmal die genaue Richtung ein. Und auf ging es, in das große Abenteuer des kleinen Kükens.
    #79AuthorEdmond Dantes22 Feb 06, 12:21
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    Mit stolz gerecktem Schnäbelchen schlich das kleine Küken gewandt durch das Unterholz. Sie marschierte geradeaus, in die Richtung, die ihr Heco gewiesen hatte. Irgendwo dort vorn mussten ihre Freunde sein. Trotzdem klopfte ihr das kleine Herz heftig, denn ein bisschen hatte sie Sorge, sich im großen Wald zu verirren. So peilte sie denn immer einen besonderen Baum, Strauch oder Busch an, an dem sie sich orientierte. Hoffte so, die Richtung zu halten und die Freunde zu finden. Als sie ein lautes Knacken vernahm, versteckte sie sich blitzschnell in einem dichten Gebüsch und lugte vorsichtig aus ihrem Versteck. Da stapften auch schon zwei Männer in eigentümlicher Kleidung heran. Die Männer näherten sich ungefähr aus der Richtung, in der das Wunderpferd die Freunde vermutete. Das kleine Küken hielt den Atem an. Auch als sich ein Stiefel knirschend fast vor ihrem Schnabel zu Boden senkte, gab dass kleine Küken keinen Schreckenslaut von sich. Es hielt seinen Schnabel fest geschlossen. Und für einige Augenblicke sogar den Atem an. Bewegte sich keinen Millimeter. Zischend atmete das Küken aus als die Gefahr endlich vorüber war. Bei sich dachte es, wo die Männer her kommen, sind bestimmt noch mehr von diesen unbekannten Leuten, also war noch größere Vorsicht angesagt. So suchte das Küken noch mehr Deckung. Und der Wald bot dem kleinen Tierchen reichlich davon. Endlich erreichte das Vögelchen den Waldrand. Ein bisschen erschöpft vom Schleichen. Also ruhte es sich einige Minuten aus. Hinter einer hohen Wurzel lugte es hervor und sondierte die Umgebung. Aber noch war nichts zu sehen. Auch wenn die veränderte Landschaft weniger Deckungsmöglichkeiten bot, schlich das kleine Küken vorsichtig weiter. Sie hoffte, bald den Aufenthaltsort der Freunde zu erreichen.
    #80AuthorEdmond Dantes23 Feb 06, 07:06
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    Mühselig befreite sich Heco aus der Gefangenschaft. Es war schon ein Glück das Lala noch einige besondere Spezialitäten in Heco eingebaut hatte. So klappten in ihrem Vorderteil zwei Türchen auf, aus denen kleine, bewegliche Sägblätter ihr gutes Werk verrichteten. Doch bis das Netzgeflecht endlich das Wunderpferd frei gab, dauerte es schon einige Zeit. Endlich plumpste die hübsche Pferdedame auf ihre gefederten Beine. Schüttelte sich, und damit auch letzte Reste des Netzes von ihrem Körper. Sie war endlich frei. Konnte sich nun auf die Spur vom kleinen Küken, den Freunden und ihrem Prinzen begeben. Und befand sich wenige Augenblicke darauf wieder in einer brenzligen Situation. Ein Mann kam auf sie zugestürmt und warf ein Lasso. Mit einem eleganten Schwenk ihres schön geformten Halses konnte sie die Lassoschlinge noch gerade abwehren. Als Heco versuchte, sich aus dem Staub zu machen, stürzte ein zweiter Unbekannter aus dem Gehölz und warf ein Seil, dessen Enden mit Kugeln bestückt war. Im allerletzten Augenblick wehrte sie das Seil mit dem Hinterlauf ab. Da der zweite Angreifer scheinbar waffenlos war und Heco sich keinen anderen Ausweg wusste, denn der Mann stand ihr im Fluchtweg, galoppierte sie auf den Bösewicht zu. Mit einer Hechtrolle sprang er seitwärts zu Boden. Hecos Gewicht hätten ihm wohl einige Knochenbrüche eingetragen. Trotzdem kostete es den Angreifer beinahe das rechte Fußgelenk, das Heco nur um wenige Millimeter mit ihrem Huf verfehlte. Der Bösewicht war mit dem Kopf aufgeschlagen und befand sich im Land der Träume. Inzwischen war aber der Lassoschwinger nach vorne geschlichen und versuchte, Heco in die Zügel zu greifen. Mit einem Stirnstoß wehrte sie den Mann ab, kam in eine günstige Position und schlug mit den Vorderhufen aus. Touchierte leicht das Kinn des Mannes. Da war auch dieser Angreifer ausgeschaltet. Nun setzte das Pferdchen, mit einem stolzen Blick auf den Kampfplatz, die Suche fort.
    #81AuthorEdmond Dantes23 Feb 06, 07:07
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    Das kleine Küken stolperte beinahe über ihre Freunde. Auf einer weiten Lichtung lagen ihre Kameraden, wie Holzscheite, gebunden und geknebelt nebeneinander. Die vorwiegend gelb-schwarz gestreift gekleideten Leute liefen in ihrem provisorischen Lager aufgeregt hin und her. An den aufgestellten Wachen kam das kleine Küken ohne Probleme vorbei. In direkter Nähe ihrer Freunde befand sich im Moment keiner der Räuber. Auf leisen Krallen bewegte sich das Küken auf den am nächsten liegenden ihrer Freunde zu. Es war Mate, die den Platz ganz außen besaß. Leise piepte sie der hübschen Maid ins Ohr. Mit den Flügelchen bedeutete sie der jungen Frau, sich etwas auf die Seite zu drehen, damit sie mit ihrem Schnäbelchen die Handfesseln lösen konnte. Bedächtig packte sie mit dem Schnabel ein Ende der Hanfschlinge und zog. In kürzester Zeit waren Mates Hände frei. Nun musste die junge Frau nur noch unbeobachtet ihre Fußfesseln lösen. Schon schlich sich das Küken zum nächsten Kameraden. Das war ihre Freundin Daisy. Aber ehe sie auch hier die Fessel öffnen konnte, bewegten sich einige Männer in ihre Richtung, wie sie aus dem Augenwinkel bemerkte. So kuschelte sich das Küken eng an Daisy, war so vor den Blicken der unbekannten Männer geschützt. Nur leider blieben die Fremden ganz in der unmittelbaren Umgebung von Daisy stehen. Aber mit dem Rücken zu Mate, die sich weiter ihrer Fesseln entledigen konnte. Die Männer gingen und gingen nicht fort, das kleine Küken fürchtete eine Entdeckung. Mate gab Daisy mit einem Augenzwinkern ein Zeichen. Also war wenigstens Mate befreit. Ein kleines bisschen zupfte das Küken schon an Daisys Fesseln, so weit sie den Hanfstrick erreichen konnte, denn Daisy streckte ihr die Hände entgegen, doch ein Knoten behinderte ihre Befreiungstat. Jetzt drehte sich auch noch einer der Kerle so, dass sein Blick genau auf Daisys Liegeplatz ruhte.
    #82AuthorEdmond Dantes27 Feb 06, 12:01
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    So, der Knoten bei Daisys Fessel war endlich offen. Von der Befreiungsarbeit etwas ermüdet, beobachtete das kleine Küken die Männer genau. Es wartete auf einen günstigen Augenblick, um wieder im Wald zu verschwinden. Dort wollte das Küken auf Heco warten. Mit Mate und Daisy waren schon einmal zwei Freunde befreit, sie konnten sich nun untereinander helfen. Jetzt, genau jetzt war der richtige Moment, zu verschwinden. Als das kleine Küken den Rückzug antrat, bemerkte sie auf einmal, dass Mate ihr, immer Deckung suchend, folgte.
    Unbemerkt schafften es beide, im Dickicht des Waldes zu verschwinden. Beinahe stießen sie mit Heco zusammen, die kurz vorher den Waldrand erreicht hatte und das Lager intensiv beobachtete. Etwas außer Atem berichtete Mate: „Ich hab da was erlauscht. Ihre Anführerin macht sich bald auf den Weg zu einem Beobachtungsposten. Sie will da etwas ausspionieren. Das wäre eine günstige Gelegenheit, die Chefin zu schnappen. Die komischen Leute nennen ‚Tiggers’ und sind von der Nebelinsel, wo immer die auch liegen mag. Sie suchen das verborgene Regenbogenschloss. Mehr hab ich auch nicht mit bekommen. Mit dir und Küken schaffen wir das schon, die Chefin in die Hand zu bekommen. Daisy versucht, so nach und nach die anderen Freunde zu befreien. Das schafft sie locker! Da die ‚Tiggers’ uns nicht gezählt haben, fällt mein Verschwinden eh nicht auf. Das Regenbogenschloss liegt etwa in dieser Richtung.“ Mit dem Kopf deutete Mate eine südliche Richtung an. Heco nickte und bemerkte: „Wir können hinfliegen. Am besten gehen wir zurück, raus dem Wald, dann starten wir in die Luft und fliegen ein Stück voraus. Irgendwo werden wir schon einen günstigen Platz für einen Überraschungscoup finden, und dann schnappen wir uns diese Satansbraut!“
    #83AuthorEdmond Dantes28 Feb 06, 07:23
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    Sie ereichten ein optimales Plätzchen. Hier gab es ein beinahe undurchdringliches Dickicht und nur einen Weg, auf dem die Räuberchefin erscheinen konnte. Und so spielte das kleine Küken den Köder. Küken lockte die anrückende Räuberin in Mates Nähe, die mit einer Sturmhaube aus Lalas Spezialfach bewaffnet, die Räuberin überwältigen konnte. Wie aus heiterem Himmel stand die Räuberchefin im Dunkeln, denn Mate zog ihr die Haube weit über die Ohren. Die Tiggerin, war in Nullkommanichts überrumpelt und jetzt mit den Stricken gefesselt, die vorher Mates Hände und Füße verziert hatten. Auch in den Fesseln wehrte sich die unbekannte Frau heftig. Erst als Mate auf Hecos Anraten einen Spezialgriff anwendete, bekam sie die Räuberin ruhig gestellt. Anschließend redete Mate mit Engelszungen auf die Dame ein, schilderte die Reise der Freunde und deren Begehren, während Heco sie dabei kräftig unterstützte und das kleine Küken zustimmend piepste. „Ja dann muss ich mich bei euch, und auch später bei Lady Glee, entschuldigen. Meine Leute und ich waren wohl völlig auf dem Holzweg! Also hat Tiamat mit seinen Gehilfen die Nebelinsel verzaubert. Früher gab es oft dichte Nebel in unserem Land. Aber immer wieder sorgte die Sonne für heitere Tage. Doch seit einem Jahr gibt es keine Sonne mehr, nur noch dräuenden Nebel. So flüchteten wir hierher, denn in einem alten Buch stand geschrieben: Wenn euch Ungemach droht, die Sonne verschwindet, den Sinn darin ihr im Regenbogenschloss findet. Anscheinend hat das Schicksal unserer Insel auch unsere Sinne vernebelt. Zwar haben wir den Platz des Schlosses gefunden, nur bleibt es unsichtbar. Ein Teil meiner Leute ist schon weitergereist, sie fanden dies alles so ohne Zweck. Euer eigentümliches Flugschiff ließ mich und meine Kameraden vermuten, ihr würdet mit den Leuten aus dem Regenbogenschloss gemeinsame Sache machen. Vielleicht ist eure Ankunft der Schlüssel zum Schloss und auch für unser Problem. Am besten machen wir uns erst einmal auf den Weg zurück zum Lager, dann kann ich meine Leute überzeugen und eure Kameraden befreien!“
    #84AuthorEdmond Dantes01 Mar 06, 11:59
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    Im Lager waren die Verhältnisse durch Daisys Befreiungsaktion, sowie der guten Vorarbeit des kleinen Kükens, umgekehrt. Die Leute von der Nebelinsel fristeten jetzt ihr Dasein als handliche Pakete, während Daisy mit ihren Kameraden Wache hielt. Nur dauerte ihr beklagenswerter Zustand nicht lange. Denn schon kamen Heco mit Mate, der Tiggerin und dem Küken zurück. Die Chefin der Nebel-Insulaner klärte ihre Mitstreiter über alles auf. Den Rest besorgten die Freunde um Daisy. Es blieb das Problem, an Lady Glee im Regenbogenschloss heran zu kommen. Nach einer gemeinschaftlichen Mahlzeit und einer längeren Beratung sollte so vorgegangen werden: Daisy und ihre Freunde flogen mit dem Boot zum vermeintlichen Standort des Regenbogenschlosses, Frau Tigger mit an Bord. Auch Prinz Lala auf seinem Wunderpferd kam mit. Die Leute von der Nebelinsel begaben sich zu Fuß zum Schloss. Irgendwie würde man dann schon weitersehen. Da die Freunde zurück zum Boot mussten und die Nebelleute den direkten Weg nahmen, kamen die beiden Gruppen ungefähr zur selben Zeit am entsprechenden Platz an. Ob es nun an Neutrinos seltsamen Kräften lag, oder ob der Rubin der Schlüssel zum Regenbogenschloss war, ließ sich nicht so eindeutig eruieren. Aber wie dahin gezaubert materialisierte sich ein traumhaftes Schloss vor den versammelten Leuten. Es war nicht besonders groß. Besaß aber viele Türmchen. Und das ganze Gebäude schillerte in den Farben des Regenbogens. Auch wenn es ein Schloss, und keine Burg war, so besaß es doch einen breiten Burggraben. Und eine geschlossene Zugbrücke. Da aber niemand die Brücke herab ließ, machte sich Lala, der dunkle Prinz, vermittels der Flugeigenschaften von Heco, daran, den Weg für seine Begleiter zu ebnen.
    #85AuthorEdmond Dantes06 Mar 06, 12:29
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    Das hübsch eingerichtete Schloss wirkte leer und verlassen. Niemand war zu sehen. Prinz Lala lief durch die große Empfangshalle auf eine breite Treppe zu. Einige andere folgten ihm. Wahllos öffnete er die Türen auf dem langen Flur. Endlich. Da lagen zwei Personen auf einem breiten Himmelbett. In einer erschreckenden Starre. Joe, der Prinz Lala auf dem Fuße gefolgt war, zog blitzschnell ein Riechfläschchen aus seiner Tasche. Doch davon wurden die beiden jungen Damen auch nicht wach. Dafür passierte aber außerhalb des Schlosses etwas. Der Himmel verdunkelte sich. Ein Sturm kam auf. Mehrfach gegabelte Blitze schossen auf die Erde herab. Donner hallte über das verträumte Regenbogenschloss. Und dann gab es abrupt eine beunruhigende Stille. Gerade gewöhnten sich wieder alle an die so plötzlich eingetretene Ruhe und wendeten sich den beiden Damen auf dem Himmelbett zu, als draußen wieder ein irres Getöse anhub. Es war der Höllenschrei eines Untieres. Und das weckte endlich die beiden erstarrten Frauen. Die ältere der Beiden schrie auf: „Fängt es wieder an? Unseliger Tiamat, der Lord Glee und Bob, den Geliebten von Lila, in seinen Klauen hält, trompetet seinen Triumph heraus! Genau dafür haben wir doch den ‚Becher des Vergessens’ geleert! Wo ist der Held mit seinen Getreuen, dem der Erfolg über Tiamat geweissagt wurde?“ „Aber hier bin ich doch, verehrte Lady Glee“, mit diesen Worten kniete der dunkle Prinz vor der Bettstatt nieder. Jetzt erst bekam die Lady mit, dass sie und Lila nicht mehr allein im Zimmer waren. Mit einem zarten Händedruck beruhigte sie das sehr junge Mädchen an ihrer Seite, welches mittlerweile aus verträumten und großen Augen ihre Freundin anstarrte, anschließend schaute die etwas reifere Dame allen freundlich ins Gesicht. Dann richtete sie ihren festen Blick auf Prinz Lala und sprach zu ihm und den Freunden: „Dies gebe ich euch mit, auf eure gefahrvolle Reise:
    #86AuthorEdmond Dantes 23 Mar 06, 12:00
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    Gegrüßt sei der Recke, gegrüßt seine Begleiter,
    die gemeinsam den Weg ins Wasser beschreiten.
    Meine Verse sollen Euch sicher geleiten,
    zu dunkelstem Ort, zurück und noch weiter.

    Tief unter dem Meer, erfüllt sich das Schicksal.
    Ob glanz- oder schmachvoll, das zeigt sich erst dort.
    Kein irdisches Licht kann leuchten an dem Ort,
    den sich erwählte zur Heimstatt das Scheusal.

    Der Wille zu siegen wird hier nicht genügen,
    nur Freundschaft kann stärker sein als jeder Fluch.
    Ihr dürft nicht vergessen, findet Ihr nur das Buch,
    brecht Ihr den Bann und Tiamat muss sich fügen.

    Geschrieben mit Tränen des ewigen Baumes,
    auf Blättern, aus Strahlen der Sonne gemacht,
    der Einband mit dem Segen des Lebens bedacht,
    schläft es noch im Schutz des verborgenen Raumes.

    Sucht nach jenem Wasser, das härter ist als Stein,
    dort liegt die Pforte zum Schlüssel verborgen.
    Wo genau sie ist, zeigt das Licht Euch am Morgen,
    dann müsst Ihr entschlossen und einig Euch sein!
    #87AuthorEdmond Dantes/ Orginalbeitrag exklusiv von Lady … 23 Mar 06, 12:01
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    Mehr kann ich euch nicht geben. Aber gewährt mir die eine Bitte, rettet Bob, den Geliebten von Lila, und meinen Lord!“ Nicht nur Prinz Lala und seine Freunde, auch die Tiggerin versprach mit ihren Getreuen in den gefahrvollen Kampf gegen Tiamat zu ziehen. Doch wo war der Weg, der zu dem Untier hinführte? Da konnte Lila helfen. Von Lady Glee in Trance versetzt, sollte das junge Mädchen zumindest einen Hinweis geben, in welche Richtung die Gefährten sich nun aufmachen mussten. Aber was war das für eine Sprache, deren kehlige Worte sich nun von den Lippen der kleinen Lila lösten? „Gäe onoch Tear gream solffs waer, tägger nogc oger faelis Faer!“ Dies war die Sprache der Elfen, wie die schöne Lady sofort bemerkte. Nun musste Lady Glee übersetzen. „Das Licht es kommt von Osten her, es zeigt euch den Wasserfall von Faer!“ Was mochte das für ein Wasserfall sein? Härter als Stein? Die geheimnisvolle Pforte zum Untier Tiamat, dem urzeitlichen und grausamen Weltenwürm. Lady Glee kannte ihr Eiland genau, es gab da eine Sage von einem versteckten Wasserfall in den östlichen Bergen. Nur war ihr die genaue Lage des Falles nicht bekannt. So machten sich alle mit dem Segen von Lady Glee und den hoffenden Blicken beider Frauen auf in den Osten. Prinz Lala ritt wieder seine treue Heco, die Freunde nahmen das Flugboot und auch die Tiggerin stieg zu. Ihre Begleiter sollten auf dem Fuße folgen. Gemäß den Angaben der bezaubernden Lady würde der Voraustrupp zum Sonnenaufgang am Fuße des Berges ankommen. Was erwartete die Freunde an diesem Ort? Was mochte das Frühlicht dort sichtbar machen? Als der rote Teufel seinen Rubinschlüssel im Mast positionierte, reagierte das Flugboot sofort. Heco flog hinter dem Boot, während der dunkle Prinz dem Weltenwürm einen Schlachtruf entgegenbrüllte und sein treues Schwert Firefly in den Himmel reckte.
    #88AuthorEdmond Dantes28 Mar 06, 06:07
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    Das Morgenlicht wies ihnen den Weg in eine riesige Berghöhle. Die Wände glänzten und glitzerten, denn hier war die Natur verschwenderisch mit dunklen Kristallen umgegangen. Doch was war das? Es schmerzte in den Augen. Aus der Tiefe des Raumes kam ein Ritter herangeprescht. Weiß die Rüstung, jedes einzelne Teil. Er saß auf einem herrlichen Schimmel. Der Fremde versperrte den Freunden den Weg. Hoch reckte der fremde Ritter sein Schild, das Wappen noch von einer Schutzhülle verborgen. Die streifte er jetzt mit seiner behandschuhten Rechten mit einer raschen Bewegung herunter. Der Schildgrund war weiß. In der Mitte saß eine blaue Spirale. Und die war von dunklen, stilisierten Windmühlenflügeln eingefasst. Also, sinnierte Edward, ein Abgesandter der chaotischen Windgeister. Der weiße Ritter vollführte geheimnisvolle Bewegungen über der Kruppe des Pferdes mit seiner Handschuhhand. Und schon lagen zwischen den Freunden und dem Ritter zwei mächtige Lanzen. Also wollte sich der unbekannte Ritter mit den Freunden einen Tjost liefern. Wer war besser für solch einen Waffengang geeignet, als Ritter Edward. Und so bat er sich von Prinz Lala Heco und das Kettenhemd aus, küsste Daisy herzlich und sah ihr dabei noch einmal tief in die grünen Augen, ließ sich anschließend von Joe und Vikunja helfen, die zwischenzeitlich die Lanzen überprüft hatten. Während Edward auf Heco Platz nahm und ihm Joe die ausgewählte Lanze reichte, vollführte der weiße Ritter wieder eine magische Bewegung, und schon lag ihm die andere Lanze in der Hand, dann nickte er Edward zu. Joe und Vikunja markierten die Kampfbahn großzügig mit Kreide. Die beiden Ritter stellten sich an den entsprechenden Grundlinien auf, während die Freunde Vik und Joe als Kampfrichter an den Seitenlinien fungierten. Dahinter versammelt die große Schar der Freunde und Kameraden.
    #89AuthorEdmond Dantes28 Mar 06, 11:15
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    In der Höhle war es fast Taghell, woher das Licht kam und warum es nicht von den fast schwarzen Kristallen absorbiert wurde, hatten die Freunde noch nicht entdeckt. Darum funkelten jetzt die Lanzenspitzen im Licht, denn die sonst üblichen Holzkugeln, die bei einem Kampf um die Ehre verbindlich waren, gab es hier nicht. Hier ging es um Leben und Tod. Der weiße Ritter trug auch eine kleine Axt am Sattelzeug, die einem gestrauchelten Gegner den Rest oder Gnadenschlag geben sollte, so er aus dem Sattel gelüpft und kampfunfähig war. Edward trat ohne Rüstung an, nur das ausgeliehene Kettenhemd des Prinzen Lala war sein einziger Schutz. Auch auf eine weitere Waffe oder einen Schild verzichtete Edward. Mit Heco, dem Wunderpferd, versprach er sich schon einen Vorteil, den anders als ein Tier tat Heco genau das, was man von ihr verlangte. Denn sie besaß ein mathematisch exakt präpariertes Gehirn. Und wenn es daran war lief sie genau auf ihr Ziel zu, oder schwenkte um genau die wenigen Millimeter, die ihr der Reiter nach seiner Einschätzung vorgab. Und Edward beherrschte die Kunst des Lanzenkampfes bis in die kleinste Einzelheit mehr als perfekt. So warteten nun die Gegner auf das Zeichen vom Prinzen Lala, der das Startsignal geben sollte. Der Schimmel des weißen Ritters tänzelte nervös, doch sein Reiter tat nichts, um das Pferd zu beruhigen. Gelassen hielt er die Lanze, öffnete aber noch nicht einmal sein Visier zum Gruße, wie es sonst üblich war. Edward wirkte konzentriert, neigte nur dezent sein Haupt in Richtung weißer Ritter. Gleichzeitig flüsterte er Heco seine Taktik zu. Auch wenn Edward einen umfangreichen Bauch aufwies, war er doch sehr wendig und beherrschte seinen Körper in solchen Situationen gut, denn er trainierte fleißig mit seiner geliebten Daisy, der besten Sportlehrerin der Welt. So auch asiatische Kampfsportarten, die er auf seinem Orientreisen kennen gelernt hatte. Dies war in allen Kämpfen sehr hilfreich gewesen. Nun fiel an der Mittellinie das Taschentuch von Prinz Lala, der Kampf auf Leben und Tod begann!
    #90AuthorEdmond Dantes03 Apr 06, 06:04
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    Der weiße Ritter ritt an wie von Furien gehetzt. Ein Blizzard war nichts dagegen. Und er zielte mit seiner tödlichen Lanze genau auf Edwards Herz. Edward ließ es mit Heco etwas geruhsamer angehen, denn er wollte erst des Gegners Taktik herausfinden. So wehrte er die Waffe des Ritters mühelos ab, brachte sogar noch mit einem geschickten Seitendruck den Angreifer zum schwanken. Nur fiel der leider nicht aus dem Sattel, denn der fing sich mit dem Schild ab, gewann das Gleichgewicht wieder und wendete vor der Auslinie sein Pferd, trabte umgehend auf Edward zu. Auch Edward hatte die Kurve flott und elegant genommen, kam nun etwas schneller auf sein Gegenüber zu geritten. Wieder schrammten die Lanzen so kräftig aneinander, dass sich Lack- und Holzspäne lösten. Keiner bekam aber, weder mit der Lanzenspitze, noch mit einem Schups, den anderen aus dem Sattel gehoben. Der weiße Ritter versuchte sogar, einen Hieb mit dem Schild anzusetzen, den Edward jedoch sportlich unterlief, dafür mit dem Endstück der Lanze konterte und den Ritter schwer am Harnisch traf. Noch einmal wurde die Wende vollzogen. Edward bluffte mit einem Direktangriff, den er aber in einen Stoss in die jetzt ungeschützte Seite des Ritters umwandelte. Und schon schepperte der weiße Ritter hilflos auf den Felsboden, während sein Gaul durchging und verschwand. Besinnungslos lag der Windritter auf Käferart auf dem Rücken. Edward brachte Heco kurz hinter dem Gegner zum stehen und sprang aus dem Sattel. Er näherte sich dem Ritter, kniete nieder und öffnete das Visier, während die Freunde hinzu sprangen und Edwards Sieg feierten. „Es ist Bernie, mein treuer Freund! Er ist vor Monaten bei einer Kampfhandlung spurlos verschwunden, was macht denn der hier?“, entfuhr es der Tiggerin, als sie das Gesicht hinter dem Visier erblickte. Langsam, nach dem jemand eine Feldflasche an Bernies Lippen gehalten hatte, kam der weiße Ritter zu sich.
    #91AuthorEdmond Dantes04 Apr 06, 11:04
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    Bernie konnte sich nicht erinnern. Die Windgeister verschleppten ihn vom Kampfplatz, sein letzter, bewusster Blick traf auf die Tiggerin in arger Bedrängnis. Dann wallten nur noch dichte und äußerst feuchte Nebel um ihn, die gelegentlich von Blitzen durchzogen waren. Ihm fehlte jeder Bezug für Raum und Zeit, auch wenn da gelegentlich tierische Grunzlaute und irre Schreie überlaut an seine Ohren drangen. Die feuchte Kälte, die ihn umfing und die Nachwirkungen des Kampfes an der Seite der Tiggerin, der ihn völlig entkräftet hatte, sowie der undurchdringliche Nebel, gepaart mit den eigentümlichen Lauten, ließen seine Sinne schwinden. Doch auch hier kam keine selige Ruhe über ihn. Furchtbare Träume quälten ihn. Und so schwebte sein Geist zwischen Wahn und Wirklichkeit, bis der Kampf gegen Edward, an den er keine Erinnerung besaß, ihn endlich aus dieser lethargischen Finsternis erlöste. Der zärtliche Blick, den die Tiggerin ihm zuwarf, ließ die Fünkchen des Wahnsinns, die sich tief hinten in seinen Augen noch vor Sekunden gezeigt hatten, erlöschen. Und neuer Lebensmut fasste in dem Kämpfer Platz. Doch die körperliche Auszehrung und der gerade vorübergegangene Kampf ließen ihn noch nicht auf seinen Beinen stehen. So wurde er von den Freunden versorgt und gestützt, denn der treue Bernie wollte nun nicht mehr von der Seite der Tiggerin weichen. So ging die Reise in die unergründlichen Tiefen der Höhle weiter.
    Nach einem sich verschmälernden Durchgang fand sich die gesamte Truppe auf einer kleinen Anhöhe wieder. Was sich ihren Blicken darbot, war ein relativ dichter Wald. Nur fehlte den Bäumen das Laub. Zudem waren die Bäume eher eine Parodie auf ihre Brüder und Schwestern. Niedrig und mit wirrem Geäst. Da war kein Baum, der stolz seine Spitzen in den Höhlenhimmel reckte. Dadurch, dass hier auch die Höhlendecke ziemlich niedrig war, wirkten die Krüppelbäume noch absonderlicher, gespenstisch und auch irgendwie böse.
    #92AuthorEdmond Dantes19 Apr 06, 11:10
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    Und es fehlte das übliche Treiben von Vögeln und anderen Tieren. Das Wurzelwerk, dessen üppige Triebe eher oberirdisch zu finden war, ließ auch fast keinen Weg durch diesen gespenstischen Wald zu. Auch wenn die nicht sehr dicken Stämme weit auseinander standen, so waren alle Bäume mit Wurzeln und Geäst miteinander verbunden, bildeten eine geschlossene Phalanx. Nur genau in der Mitte stand das Wurzelwerk so niedrig, das hier ein Durchkommen war. Die Zweige und Äste bildeten einen Tunnelbogen. Zwischen den Stämmen drang etwas Licht durch. Den Freunden wurde eng ums Herz. Eisige Kälte kroch in ihre Glieder. Langsam, fast unbemerkt, kroch Bodennebel auf die Kameraden zu. Verdichtete sich zu einer undurchdringlichen Mauer. Bernie schrie auf. „Nicht schon wieder!“. Nur der feste und warme Händedruck der Tiggerin rettete ihn in diesem Moment vor dem Wahnsinn.
    Und da hörten sie es. Dieses eindringliche Trommeln. Eher ein Pochen. Ganz leise nur und fern. Es war der Herzschlag dieses Waldes. Dieses lebendig-toten Waldes. Dessen versteinerte Bäume seit Urzeiten hier standen. Durch den schon ewig kein Wind mehr gefahren war. Der ohne Sonne und Regen dahindämmerte. Und der nun, durch den feuchten Nebel, wieder erweckt wurde. Schon reckten und streckten sich die Wurzeln und Zweige, sogen den Nebel gierig auf. Doch dies minderte die Furcht der Freunde nicht. Wenn auch der bedrohliche Nebel fast gänzlich verschwunden war, saß die Angst vor dem unheimlichen Wald tief in den Herzen der Kameraden. „Lauft! Lauft! Fasst euch bei den Händen und rennt um euer Leben! Schnell! Schneller! Kommt, nur noch ein kleiner Stück, hier scheint der Wald zu Ende zu sein!“ Außer Puste stürmte die Gruppe in eine enge Schlucht. Und endlich, da war ihr Ziel. Das Wasser, härter als Stein. Ein Fluss, der, im ersten Moment, zugefroren wirkte.
    #93AuthorEdmond Dantes19 Apr 06, 11:12
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    Nur war das kein Eis. Das leicht trübe, kristallene Band zog sich fast schnurgerade und lang hin, bis es in der Ferne zu einem Wasserfall wurde, der bis in die Unendlichkeit zu reichen schien. Zumindest nach oben. Ansonsten zog sich der gläserne Wasserfall über die ganze Breite der Felswand und bildete so den Abschluss der Höhle. Aber eine Pforte war hier nicht. Egal, wo die Freunde auch suchten. Nicht die kleinste Spalte, kein noch so kleiner Riss, fand sich in der leicht gewellten Oberfläche. Was nun? Lady Glees Worte klangen den Freunden noch in den Ohren. War ‚Einigkeit’ das Zauberwort? Sie fassten sich an den Händen, bildeten einen Kreis und konzentrierten sich. Ihre festen Blicke hätten Löcher in Eis geschmolzen, doch hier regte sich nichts. Ja, weil einer abseits stand! Der rote Teufel, dem ja niemand zu nahe kommen durfte. Und so trat er in die Mitte, wie immer mit dem Schlüsselrubin in seiner Hand. Wie aus dem Nichts stand nun plötzlich Neutrino in der Luft über dem roten Teufel. Das seltsame Energiewesen zog alles Restlicht aus der Höhle, sammelte es in sich, bis es ein Glühen ausstrahlte, das niemand mit ungeschütztem Auge ansehen konnte. Hinter dem ‚Freundeskreis’ war stockdunkle Finsternis. Dann schoss ein feiner, sehr dünner Energiestrahl, der weniger intensiv glühte, auf den Schlüsselrubin zu. Der rote Teufel bekam nun ein noch röteres Gesicht, aber nicht nur vom Widerschein des leuchtenden Rubins. Die Kräfte, die da, von Neutrino kanalisiert, im Rubin walteten, zehrten auch an den Reserven eines Überwesens, wie es der rote Teufel nun einmal war. Doch eine Macht (vielleicht die HEIMLICHE HERRSCHERIN) zwang den Rubinschlüssel in den Händen des roten Teufels zu einer haargenauen Geraden und dann einem Winkel, wieder einer Geraden, und einem Winkel, und so weiter, über die Glasfläche, bis ein sauberes Quadrat in Oberfläche geritzt war. Es knisterte und knackte. Dann gab es ein kurzes Klacken. Anschließend lautes Gepolter.
    #94AuthorEdmond Dantes19 Apr 06, 11:13
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    Zuerst war bei der Inaugenscheinnahme des quadratischen Loches nur ebenholzschwarze Finsternis. Aber der rote Teufel, dessen Augen an fehlendes Licht gewöhnt waren, erkannte da etwas in der Schwärze. „Die siebentausendsiebenhundertsiebenundsiebzig Stufen zum letzten Tempel der großen Alten! War eigentlich klar, dass sich Tiamat dort seinen Hort gesucht hat!“, murmelte der rote Teufel. Als Daisy dies hörte, stellte sie dem roten Teufel eine Frage: „Kennst du die großen Alten?“ „Leider ist es mir nicht gestattet, euch, verehrte Lady Daisy, darauf eine ausführliche Antwort zu geben. Doch so viel: vor Urzeiten, als sich die Menschen langsam auf den Kontinenten ausbreiteten, zog sich der überwiegende Teil der großen Alten auf eine riesige Insel zurück. Durch magische Nebel war sie den Blicken der Menschen entzogen, außerdem schützen ewige Stürme ihre Grenzen. Doch war sie ein Anachronismus, wie die großen Alten, die langsam ausstarben, denn ihre Zeit war abgelaufen. Und als keiner der großen Alten mehr lebte, versank die Insel im Meer. Dort hat wohl der Meerdrache Tiamat, das letzte Überbleibsel einer vergangenen Epoche, die Insel und den Tempel in Besitz genommen. Und nun ist es an der Zeit, die Prophezeiung zu erfüllen! Nur Mut. Aber Vorsicht! Die Stufen sind nicht für Menschen gemacht. Eine langwierige Kletterpartie ist angesagt! Zum Glück haben wir Heco und Prinz Lala bei uns, sowie einige starke Seile. Nur eine ganz kurze Rast, dann müssen wir in den düsteren Abgrund hinab!“
    So ganz verschwand die ganze Gruppe nicht in absoluter Finsternis, es gab Neutrino, der für die Freunde ein angenehmes Licht verbreitete, doch überall konnte das kleine Energiewesen auch nicht sein. Zumindest gab es denjenigen, die weiter von ihm entfernt waren, eine Orientierung. Außerdem kam es auch Prinz Lala auf seiner Heco zu gute, so wurde der Abstieg nach viel Anstrengung und großer Mühe hinter sich gebracht.
    #95AuthorEdmond Dantes19 Apr 06, 11:14
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    Neutrinos gedämpftes Licht fiel auf teilweise eingefallene Ruinen und schreckte erst einmal eine Horde wild flatternder und kreischender Fledermäuse auf, die im Tiefflug über die eingezogenen Köpfe der Gruppe jagte. Während auf dem feuchten Boden ekelhaftes Ungeziefer flugs in den Schatten zurück kroch. Prinz Lala und Edward formierten nach kurzer Beratung die Truppe, denn keiner der Freunde wusste, was sie hier erwartete. Die erfahrenen Kämpfer bildeten die Vor- und Nachhut oder sicherten die Seiten. Bis auf Lala blieben alle in der geschlossenen Gruppe. Er ritt auf seiner prächtigen Heco ein kleines Stück voraus und erkundete die Gegend. Dabei immer die Hand ganz nah am Knauf seines Schwertes ‚Firefly’. Bisher war aber nichts vom Meerdrachen zu sehen, nicht die kleinste Spur, so sehr der dunkle Prinz auch spähte. Zu hören war auch nichts. Die Freunde in der Gruppe folgten den Prinzen nur langsam, sie waren noch vom Abstieg etwas erschöpft. Zu genau nahmen sie die Bauten in der Nähe nicht in Augenschein, denn die bizarre Architektur der großen Alten schmerzte nicht nur ihre Sehnerven. Selbst dem wackeren Lyri, dem noch in jeder Situation ein heiteres Lied in den Sinn und über die Lippen kam, schwieg bedrückt. Dass die umliegenden Gebäude nicht einer menschlichen Denkweise entsprangen, merkte jeder sofort, etwas abgründig Böses lag in der Luft. Und die bedrückende Stille tat ein Übriges. Bis auf das gelegentlich umherwuselnde Ungeziefer machte hier alles einen unbelebten Eindruck. Die Wesen, die einst diese Stätten bevölkert hatten, mochte sich niemand gerne vorstellen. Die Gewissheit, über kurz oder lang auf den Meerdrachen Tiamat zu treffen, genügte den Freunden absolut. Da kam Heco im gestrecktem Galopp zurück, Prinz Lala winkte mit einer Hand ein Haltesignal.
    „Ich habe etwas entdeckt. Da vorne ist etwas. Ein pulsierendes rotes Licht. Mehr konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen. Wir wollen uns das mal gemeinsam anschauen. Von Tiamat ist nichts zu sehen!“
    #96AuthorEdmond Dantes20 Apr 06, 11:03
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    Es war eine nachtschwarze Platte, von dreifacher Mannbreite und –Länge, mindestens zwei kräftige Fäuste dick. Eingebettet war an einem Ende ein leuchtender Stein. Auf der gegenüber liegenden Seite war eine kleine Vertiefung eingelassen. Immer wieder tauchten rätselhafte und unbekannte Runenzeichen in der Plattenmitte auf. Doch zum einen ging das sehr schnell, zum anderen verschwammen die Zeichen auch in der dunklen Oberfläche. Königin Nachteule rief dem roten Teufel zu: „Du weißt doch einiges über die großen Alten, kannst du das lesen?“ „Mir geht das zu schnell. Einige Buchstaben habe ich entziffert. Aber was die Texte aussagen, bleibt mir ein Rätsel!“ Als der dunkle Prinz vorsichtig seine Hand ausstreckte, durchfuhr ein leichter Schlag seinen Körper. „Holla, hat der Blitz eingeschlagen? Da ist ein Widerstand, aber auch etwas wie Seife!“ Dieses Schutzfeld, oder was immer das war, umhüllte die Platte rundherum. So hatte es also keinen Zweck, die Platte zu verschieben oder gar anzuheben. Aber dem roten Teufel war etwas anderes aufgefallen. Der leuchtende Stein ähnelte seinem Schlüsselrubin. Er bat um etwas Platz, sah sich die Vertiefung genauer an. „Müsste passen“, murmelte er. Und schon versenkte er den Schlüsselrubin in die kleine Vertiefung. Tatsächlich, der Schaft rutschte ohne Widerstand hinein und schien genau zu diesem Zweck gemacht. Nur leuchtet der Rubin im Schaft nicht, wie es sein Gegenstück auf der anderen Seite mit stillem Fleiß tat. Dies war wohl auch der Grund, warum absolut nichts passierte. Obwohl der lange Lyri eine gute Übersicht besaß, hatte er sich etwas vorgereckt. Nun kribbelte es ihm in der Nase. Schon langte seine Hand zum Schnupftuch. Dabei hatte er aber nicht an das kleine Kücken gedacht, das in einem verknoteten und größeren Tuch an seinem Gürtel mal wieder alles verschlief. Und wie die Umstände es wollten, lockerte sich der Knoten und das kleine Federbällchen schoss geradewegs auf die Platte dem Verderben bringenden Unglück zu.
    #97AuthorEdmond Dantes24 Apr 06, 11:02
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    Lyri besaß die wunderbare Gabe, erlebte und gehörte Geschichten in mal melancholische, mal saftig-deftige oder auch wundervoll feinsinnig-humorvolle Lieder zu kleiden, außerdem war ihm ein unnachahmlicher Stil des Vortrages zu eigen. Und dies sorgte, bei einer ganz besonderen Mär, für spezielle Flausen und wirre Träume beim kleinen Küken. Da gab es einen Ritter ‚von der traurigen Gestalt’ der die Mancha unsicher machte, diese Geschichte setzte Lyri nicht nur in wohlfeile Noten, er komprimierte die lange Geschichte zu einer eingängigen Moritat. Nach dem Genuss dieser Moritat dachte das Küken nur noch an Ritter, Ritter und Ritter. Das Küken sah sich in eierschaliger Rüstung, mit Eierschalenhelm und Eierschalenschild. Aber kein unhandliches Schwert vervollständigte die Rüstung, nein, es war ein blanker und spitzer Federkiel als Degenersatz. Und damit focht das Küken so manchen Kampf gegen hungrige Habichte, wuselige Wiesel oder die marodierenden Marder. Gerade war das Küken wieder in eine ausweglose, äußerst brenzlige Situation geraten und kämpfte mit dem Rücken zur Wand, als es sich plötzlich und unvermittelt aus den wilden Phantasien gerissen sah und im freien Fall befand. Nur noch wenige Zentimeter, und dann war es vorbei.
    Ehe das kleine Küken auf die Schutzschicht der Platte prallte und als gegrilltes Stubenküken Karriere machen konnte (Joe und Vikunja erzählten viel später dieses und andere Abenteuer in ihrer alpenländischen Heimat, diese spezielle Episode kam dann einem gewissen Herrn zu Ohren, der anschließend mit gebackenen Hähnchen ein großes Gastronomieimperium aufbaute, aber da greifen wir etwas zu weit vor) reagierte Neutrino und schoss wie ein geölter Blitz unter das hinabstürzende Küken, veränderte die Flugbahn. Jetzt konnte das kleine Vögelchen auch reagieren, breitete die Flügelchen aus und flatterte endlich neben der Platte unversehrt zu Boden. Neutrinos Eingriff rettete nicht nur dem kleinen Küken dass Leben, etwas aus Neutrino Lichtenergie drang in den bisher nicht blinkenden Rubin, setzte dessen Leuchten in Funktion und damit einen Mechanismus in Gang, der die Platte bewegte.
    #98AuthorEdmond Dantes25 Apr 06, 13:24
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    Lautlos hob sich die Platte senkrecht, bis sie in doppelter Lyrihöhe in der Luft stehen blieb. Vorsichtig probierte Prinz Lala, ob das Schutzfeld nur die Platte betraf oder ob auch der jetzt geöffnete Zugang geschützt war, indem er mit ‚Firefly’ einen gezielten Vorstoß unternahm. Da war aber kein Widerstand oder kein Schutzfeld mehr. Es gab eine von innen matt leuchtende schräge Rampe, die, unterbrochen von zwei Absätzen, in die Tiefe führte. Die Rampe endete in einer riesigen Halle. In der durch schmale Glasröhren, die umlaufend in die Wände eingelassen waren, hell erleuchteten Halle stand in der Raummitte ein hüfthoher Sockel, der vom Material her der Platte ähnelte, die zuvor den Zugang bedeckt hatte. Auf dem Sockel lag ein aufgeschlagenes Buch mit Seiten aus gegerbter Tierhaut. Die Schriftzeichen auf den Buchseiten ähnelten entfernt denen auf der Platte. Noch etwas fiel den Freunden auf. An der Wand, die der Rampe gegenüberlag, befand sich ein bronzenes, rechteckiges Metalltor. Die Gegend um das Tor herum war nicht erleuchtet. Darum bemerkten sie erst spät die beiden Torwächter. Doch die Wächter blieben stumm, rührten sich nicht. Ehe die Freunde sich das Buch genauer ansahen, inspizierten sie erst die Wächter. Links stand eine schöne Frau, in wallende Gewänder gehüllt, rechts ein Mann, der in leichter Rüstung seinen Degen präsentierte. Zuerst hielten die Freunde sie für Steinstatuen. Doch die beiden Statuen waren dafür zu lebensnah ausgeführt. Es war, als wären die beiden Personen einem Basilisken begegnet und durch dessen bösen Blick gebannt und zu Stein erstarrt. Dann erinnerte sich Heco, die ein besonderes Gedächtnis besaß und nie etwas vergaß, an ein Gemälde, das sie im Saal des Regenbogenschloss der Lady Glee gesehen hatte. „Das kann nur Lord Glee sein!“, behauptete die Pferdedame mit Nachdruck. „Ah! Das Buch des Lebens!!!“ In die Stille erschreckte der plötzliche und überlaute Ausruf des roten Teufels, der am Sockel mit dem Buch zurück geblieben war, die Freunde, die noch immer gebannt die Steinfiguren anstarrten. Und rätselten, ob es wirklich Lord Glee war. Wer aber war dann die steinerne Dame?
    #99AuthorEdmond Dantes09 May 06, 11:01
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    Doch das Rätsel blieb vorerst ungelöst, dafür passierte etwas am Sockel mit dem Buch des Lebens. Denn der rote Teufel las mit flinken Augen und rezitierte laut den gelesenen Text, dabei wandelte sich seine Stimme von einer Sekunde zur anderen mehrfach von einem abgrundtiefen Bass bis zu den schrillsten Höhen. Die Freunde verstanden absolut kein Wort von der fremden Sprache des roten Teufels. Besahen sich das gruselige Schauspiel aber mit verschreckten Gesichtern, denn nicht nur die Stimme des roten Teufels unterlag einem ständigen Wandel, auch Gesicht und Körper veränderten sich auf unheimliche Weise. Einige der Freunde mussten die Augen schließen, denn abscheulich waren die Grimassen oder die dargestellten Wesen. Manche legten die Hände über die Ohren, denn die Teufelsstimme peinigte das Gehör arg. Auch die anderen Zuschauer hielten dem dargebotenen Schauspiel kaum stand, es schien Ewigkeiten so weiter zu gehen. Die Verwandlungen wurden immer grotesker und grauenerregender. Aber endlich schien sich der Rhythmus zu verlangsamen. Die Stimme des roten Teufels fand wieder ein normales Niveau. Einen Moment stand der rote Teufel in seiner ursprünglichen Gestalt und schwieg. In diese Stille dröhnte jetzt ein anschwellender, tiefer und lange anhaltender Gongschlag durch die weite Halle. Mit dem Verklingen des letzten Tones vernahmen die Freunde ein kratzendes Geräusch. Langsam und behäbig schoben sich die Flügel des Bronzetores von der Mitte her auf und in die Wand zurück. Aber an dem Mechanismus hatte der Zahn der Zeit genagt, etwas verhinderte die weitere Öffnung des Tores. Nur ein schmaler Spalt, durch den keiner der Freunde, aber das kleine Küken oder Neutrino gepasst hätten, gewährte Durchlass. Prinz Lala nickte Heco zu.
    Die kräftige Pferdedame benötige nur wenige gezielte Huftritte, schon öffnete sich das Tor auf ganzer Breite.
    #100AuthorEdmond Dantes11 May 06, 11:03
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    Ehe aber die Freunde sich den Gefahren stellen konnten, die wohl hinter dem Bronzetor lauern mochten, setzte der Tormechanismus noch etwas in Gang, denn in die bisher unbewegten Torwächter kam Leben. In weiser Voraussicht hatten Joe und Vikunja schnell die Gruppe der Freunde für eventuelle Angriffe aus dem Tor formiert. Dies kam ihnen jetzt gut zu statten. Denn die schöne Dame in den wallenden Gewändern wurde zur Furie. Und der ehemals steinerne Lord stand ihr in nichts nach. Ein strammer und gewiefter Soldat wie Joe ließ sich natürlich nicht von solch einem Angriff aus der Ruhe bringen, konterte ohne mit der Wimper zu zucken den Angriff von Lord Glee mit einer Hand. Blitzschnell, ohne auch nur nach seiner Waffe zu greifen, packte er nach der Waffenhand des Lords, fasste gelassen zu und drückte, bis dieser seinen Degen mit einem Aufschrei fallen ließ. Sekunden später traf Joes andere Hand die rechte Schläfe des Lords, somit war dieser Angreifer für den Augenblick ruhig gestellt. Das wilde Weib wirbelte wie ein Kreisel auf Daisy zu, ehe Vikunja eine Möglichkeit zum Eingreifen fand. Die sportliche Daisy tauchte unter dem ihr geltenden Fußfeger geschickt zur Seite und versetzte der Furie einen Handkantenschlag in den hübschen Rücken. Doch das furiose Dämchen ließ sich nicht beirren, denn leider traf Daisys Schlag nicht voll. Dafür bekam die Frau in den wallenden Gewändern Trotteles Wut zu spüren, denn das liebliche Mädel war nicht auf den Kopf gefallen, stellte der Walledame hinterlistig ein Bein. Wie eine vom Blitz gefällte Eiche stürzte die Furie zu Boden. Vielleicht eine Spur zu heftig, denn sie lag nun besinnungslos auf der Erde. Da aus dem Bronzetor noch kein Angriff erfolgt war, legten die Freunde Lord Glee und der Dame erst einmal Fesseln an. Und ein paar kräftige Güsse aus der Wasserflasche riefen die besiegten Kämpfer zurück ins Leben.
    #101AuthorEdmond Dantes12 May 06, 05:38
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    Als erster kam Lord Glee wieder zur Besinnung und schüttelte sich. Währendessen versorgten einige Frauen im Hintergrund die furiose, aber noch etwas benebelte Dame. Schnell berichtete in kurzer und knapper Form Prinz Lala, wer er ist und wer seine Begleiter sind, sowie den Grund, der sie alle hier her geführt hatte. Lord Glee erzählte, wie er gemeinsam mit Bob aufgebrochen war, dem Biest Tiamat auf die Spur zu kommen und ihm den Garaus zu machen. Doch mehr der Wille und der Zufall sorgten für den Eintritt in die Höhle mit dem Buch. Ein im Berg versteckter brüchiger Stollen, der nach dem Eintritt der beiden Recken einstürzte, und ihnen so die Rückkehr verwehrte, führte sie in die Höhle und vor das bronzene Tor. Doch wusste er nicht zu berichten, was ihn und seinen Begleiter zu Stein verwandelt hatte. „Wir haben am Bronzetor herumprobiert, fanden aber keinen Weg, es zu öffnen, was Bob hinter mir gemacht hat, weiß ich nicht, doch durchfuhr mich urplötzlich ein Schlag und eisige Kälte kroch durch meinen Körper. Das war auch schon alles.“ Der Prinz schaute den Lord fragend an: „Und wo ist ihr Begleiter? Die zweite Statue war eine hübsche Frau, kein strammer Recke! Aber eine hervorragende Kämpferin!“ Jetzt schaute der Lord den Prinzen verdattert an: „Wie? Was? Wo ist mein Freund Bob? Was soll ich nur Lila sagen, falls wir hier wieder heraus kommen? Und wer ist die Dame? Bei uns war keine Frau!“ „Aber ich bin doch Bob!“, ließ sich eine sehr liebliche Stimme aus dem Hintergrund vernehmen. Die Freunde bildeten eine Gasse, damit der Lord eine freie Sicht auf die bewusste Dame hatte. Und während Lord Glee in die entsprechende Richtung blickte, murmelte er: „Diese Stimme. Aber das ist doch…!“ „Ja, Lord Glee, ich bin Bob! Und so, wie es jetzt ist, ist es richtig! Es wird nur etwas problematisch sein, es Lila zu erklären. Und ich habe die Geschichte der hier versammelten Leute vernommen und möchte mich für meinen Angriff entschuldigen!“ Nun meldete sich der rote Teufel zu Wort: „Ich glaube, ich kann etwas Licht ins Dunkel bringen. Es hängt mit dem Buch des Lebens zusammen. Ob es auch an der Versteinerung Ursache trägt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber es hat wohl Bobs wahre Natur offenbart! Denn diese Macht besitzt es, das habe ich schon auf den ersten, kurzen Blick erkannt.“
    #102AuthorEdmond Dantes15 May 06, 11:01
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    „Auf jeden Fall habt ihr es ein gutes Stück weiter als meine Begleiterin und ich geschafft“, sprach der Lord und wies auf das dunkle Rechteck des offenen Bronzetores, „Ihr seid auch nicht in den Hinterhalt getappt und zur steinernen Statue geworden.“ Aber eines interessierte Edward noch, als er die Wände rundherum betrachtete: „Wie seid ihr denn bis hierher vorgedrungen? Ich sehe nirgendwo einen Zugang!“ Da trat Lord Glee zu einem Stück Wand an der linken Seite und klopfte auf das Mauerwerk: „Hier, an dieser Stellen, das war unser Zutritt, es ist eine Geheimtüre, deren Mechanismus wir eher zufällig ausgelöst haben. Doch funktioniert sie nur von gegenüber liegenden Seite, der Rückweg hierdurch ist uns versperrt! Es würde auch nichts bringen, denn der Weg endet im verschütteten Stollen.“ Die Information des Lords gab Edward zu denken, und während er noch weiter sinnierte, schoss mal wieder Neutrino aus dem Hintergrund heran, niemand hatte bemerkt, wo die kleine Energiekugel seit der Aktion mit der Platte gesteckt hatte. Und ehe sich die Freunde versahen, war sie über die Türschwelle des bronzenen Tores geflogen und erhellte jetzt den finsteren Raum dahinter. Prinz Lala war aber den Gedankengängen von Ritter Edward gefolgt, während Joe und Vikunja etwas Ordnung in den Trupp brachten. Der dunkle Prinz führte Heco am Zügel bis zur Türschwelle und flüsterte ihr entsprechende Anweisungen ins Ohr. Die hübsche Pferdedame besaß einige sensorische Spezialitäten und konnte so vor eventuellen Fallen warnen. Dies hoffte jedenfalls Prinz Lala. Doch schon Neutrinos Einflug in die dunkle Schneise genügte, denn das vorwitzige Energiekügelchen hatte sich zu weit hinein gewagt. Irgendein versteckter Schalter, vielleicht durch Neutrinos Licht angeregt, reagierte sofort. Und ein scharfes Fallbeil, an armdicken, rostigen Eisenketten, fiel rasselnd und unheimlich schnell von der Gangdecke hernieder. Kurz bevor der Aufprall erfolgte, verlosch Neutrinos Licht.
    #103AuthorEdmond Dantes17 May 06, 05:26
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    Die zurück gebliebenen Freunde, die noch hinter der Schwelle des Bronzetores warteten, hörten mit erschrockenen Gesichtern den großen Krawall. Was mit Neutrino war, sahen sie nicht. Und auch nicht, was mit Heco geschah, die aber genügend Abstand zwischen sich und dem Energiekügelchen gelassen hatte. Nur stand Lalas treues Pferd völlig in der Dunkelheit und rührte sich nicht vom Fleck. Zwar besaßen ihre Augen gewisse Nachtsichteigenschaften, doch die nutzen ihr hier überhaupt nichts. Es war Königin Nachteule, die mal wieder etwas getrödelt hatte und Neutrino nun hinter der Truppe in der Halle nahe der Buchsäule entdeckte. Da staunten die Freunde nicht schlecht. Das Energiekügelchen vollführte lustige Kapriolen um das Buch des Lebens. Hätte Neutrino ein Auge besessen, dann hätte dieses Auge Nachteulchen fröhlich zugezwinkert. Flugs flog Neutrino über die gesamte Truppe hinweg wieder in den Gang und überholte die Pferdedame, die geduldig wartete. Da das Fallbeil bewegungslos im Gang lag, bildete es nur ein kleines Hindernis für die nun langsam aufrückende Gruppe, es musste überstiegen werden. Der Vorfall hatte alle zur Vorsicht und Besonnenheit gemahnt, darum blieben sie dicht beieinander, während Neutrino immer nur ein kurzes Stück voraus leuchtete und ihm Heco direkt folgte. Es ging ein ganzes Stück weit gut. Dann fing Neutrino an, sich zu langweilen, denn es ging der kleinen Energiekugel etwas zu langsam voran. Diesmal stob sie weit voraus und signalisierte mit ihren Flugfiguren Heco und den Freunden, ihr etwas schneller zu folgen. Prinz Lala sprach ein Machtwort, und so fügte sich Neutrino. Jetzt blieb die Energiekugel näher bei Heco, unterließ sinnlose Flugfiguren und erleuchtete dem Wunderpferd den Weg. Trotzdem kam der Einspruch des Prinzen um Bruchteile zu spät. Gerade wollte Lyri die Stimmung der Gruppe etwas heben, er überlegte kurz und stimmte ein kleines fröhliches Lied an, da tappte Heco in die vorbereitete Falle.
    #104AuthorEdmond Dantes17 May 06, 11:02
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    Es war ihr linker Vorderhuf, der auf die drehbar gelagerte Geheimtüre trat. Ihre Sensoren meldeten den Hohlraum nicht, dafür war die Falle zu gut getarnt. Aber als Vierfüßler besaß das Wunderpferd in diesem Moment einen entscheidenden Vorteil vor den Zweibeinern. Und in ihrem hübschen Pferdekopf steckte ein mechanisches Präzisionshirn, vollkommen ohne tierische, vom Instinkt geleitete Fehlschlüsse oder Überreaktion. So stoppte sie sofort, als sie die Schwankungen unter dem Huf fühlte, verlagerte umgehend ihr Gewicht. Sie hatte sich auch vorsichtig vorangetastet, denn etwas irritierte Heco doch an dem Steinboden. Ihre besonderen Augen erfassten haarfeine Fugen, wo keine Fugen hätten sein dürfen. So blickte sie nur kurz in eine tiefe Grube, deren Grund mit langen, kegelförmigen Eisenspitzen besetzt war. Für ihre menschlichen Begleiter, aber auch für das kleine Küken, wäre es das Ende des Abenteuers gewesen. Sie seufzte tief, murmelte: „Noch einmal gut gegangen!“ Schnob heftig durch ihre weiten Nüstern und legte den Rückwärtsgang ein. Anschließend rief sie den Prinzen heran, trabte wieder nach vorne und verlagerte ihr Gewicht so, das sie wieder mit linken Vorderhuf auf die Platte tappte, damit Lala erkennen konnte, was da für ein Hindernis war. Der Prinz schüttelte enttäuscht den Kopf, er sah nur eine Möglichkeit, der Gang war hier hoch genug und Neutrino hatte keine weiteren Belästigungen erfahren oder böse Hinterhalte entdeckt, also schwang er sich auf Hecos schön geschwungenen Rücken und flog dem Energiekügelchen hinterher. Der Gang endete vor einer Mauer, die das Weiterkommen behinderte und bestimmt auch wieder einen besonderen Verschlussmechanismus besaß. Nach der vorsichtigen Landung auf dem Boden vor der Quermauer, dessen Terrain sich als sicher erwies, probierte Heco mit Lala, unterstützt von Neutrino, den überwundenen Weg und erkundeten wie weit die fiese Drehfalltüre reichte. Das war relativ schnell erledigt.
    #105AuthorEdmond Dantes18 May 06, 11:01
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    Die Fallgrube ließ sich auf keinen Fall mit einem beherzten Sprung überwinden, dies stand für den Prinzen sofort fest. Aber er sah nun etwas klarer, wenigstens die Strecke war dem Prinzen bekannt. Aus Hecos Fächern entnahm er ein Stück Kreide und markierte den Gefahrenbereich genau. Anschließend ging er neben dem Pferd zurück bis an die Quermauer und untersuchte sie etwas intensiver, das Energiekügelchen spendete, wie zuvor, sein Licht dazu. In die dunkle Mauer war eine schwach erkennbare, stilisierte Monsterfratze eingelassen, die im schrecklichen Maul einen dicken Eisenring trug, der flach auflag. Lala zog und drehte an dem Ring. Es tat sich nichts. Dann zog er ein Seil durch den Ring und schwang eine Schlaufe um Hecos Hals. „Komm, Pferdchen, zieh an. Mal sehen was das Ding so aushält!“ Der Eisenring hielt, auch als Heco mit voller Kraft zog. Mit seinem Schwert Firefly trennte der Prinz einige überstehende Stücke vom Seil. Anschließend flog er mit Heco und Neutrino zu den unruhig wartenden Freunden zurück. Er erklärte den Freunden seinen Plan. Umgehend bekam jeder ein entsprechendes Stück Seil in die Hände und in Dreiergrüppchen rutschten sie am sicheren Doppelseil, begleitet von Neutrinos Leuchten, der Endmauer entgegen, die die Endstation der Seilbahn bildete, während Heco, mit Lala im Sattel, in die Luft stieg so hoch es im Gang möglich war und die Bergstation mimte. Dies ging recht flott und ohne Probleme vonstatten. Selbst die unsportlichsten unter den Kameraden fanden die Seilbahnfahrt lustig.
    Relativ schnell war die Gruppe evakuiert und Heco mit Lala begaben sich zu den Kameraden. Der Prinz zog das Seil aus dem Eisenring, während er im Kopf rätselte, wie es nun weitergehen sollte. Da knackte es vernehmlich hinter dem Ring im Mauerwerk. Die Freunde schauten sich erschrocken an. Es rumpelte und ratterte, als ob ein riesiges Räderwerk hinter der Mauer in Gang gekommen wäre. Es rauschte und gurgelte vernehmlich. Verborgene Schächte, Kanäle und Rohre öffneten sich. Eine Unmenge von Wasser ergoss sich von drei Seiten auf die hilflosen Freunde. Dann kippte die gesamte Quermauer mit der ekligen Monsterfratze in den Raum dahinter und ein Sturzbach fegte den gesamten Trupp hinweg.
    #106AuthorEdmond Dantes18 May 06, 11:02
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    Prustend und etwas benebelt tauchten sie in einem riesigen Wasserbecken auf. Sie befanden sich in einem Palast. Hinter ihnen rauschte über natürlichen Felsen ein breiter Wasserfall, der das übergroße, tiefe Becken speiste und der sie hier her gespült und ausgespieen hatte. Die Wände links und rechts, sowie den größten Teil der Decke nahmen die Muster des herrlichen Mosaikbodens des Beckengrundes auf. Es waren Motive aus der Meeresfauna und -Flora in den schönsten Farben abgebildet. Aus dem Becken führte eine breite Treppe mit flachen Stufen. Immer wieder waren kreisrunde Leuchtelemente in der Wand und in der Decke versenkt. Die Seiten waren mit glatten, steinernen Ruhebänken von unterschiedlicher Größe bestückt. Am anderen Ende gab es einen Säulengang. Jeweils ein identisches Paar stütze die hohe, gewölbte Decke auf der mythische Gestalten in unterschiedlichen Jagd- und Kampfszenen kunstvoll verewigt waren. Das zunächst liegende Säulenpaar war aus honiggelbem, fein geädertem Marmor. Das nächste Paar glänzte schwarz, mit filigranen silbernen Einlegearbeiten. Dann kam ein Reihe mit reinweißem Marmor, golden umreift. Jetzt verbreiterte sich der Abstand zwischen den Säulen, die nun ganz aus unterschiedlich getönten, fast durchsichtigen, polierten Edelsteinen geschnitten waren. Der Boden und die Decke enthielt abwechselnd Marmor- und Edelsteinplatten, mit breiten Gold- und Silberbändern umlegt. Durch die Edelsteinplatten leuchte, je nach Farbe, ein unterschiedlich intensives Licht. Vorsichtig folgte die ganze Gruppe dem vorgezeichneten Pfad. Bisher war ihnen noch kein Lebewesen begegnet, aber alles schien hier so sauber und strahlend, als ob die oder der Besitzer die Räumlichkeiten gerade verlassen hätte. Trotzdem, obwohl die ganze Pracht recht schön anzuschauen war, die Gemälde und Mosaike von großen Künstlern gestaltet waren, alles strahlte eine gewisse Kälte aus. Und ließ die Freunde nach ihrem unfreiwilligen Bad frösteln.
    #107AuthorEdmond Dantes22 May 06, 05:42
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    Der folgende Raum entschädigte für die voran gegangene kalte Pracht, obwohl er recht dunkel war. Die Decke bildete ein weites Himmelsgewölbe ab, das in einem wunderbaren Blau erstrahlte, mit gelblich leuchtenden Punkten von unterschiedlicher Größe durchsetzt, welche die Sterne darstellten. Anderes Licht gab es nicht. Neutrino, das kleine Energiewesen, hatte sein strahlendes Leuchten auf ein Minimum zurückgeschraubt. Der Boden federte dezent unter ihren Füßen und war mit einem hochflorigen, flauschigen Belag bedeckt. Gleichmäßig verteilte metallene Elemente glühten in den Wänden und erwärmten den Raum, der schon leicht überhitzt wirkte. Hier konnten sie etwas ausruhen und ihre nasse Bekleidung trocknen. Erst nach einiger Zeit fiel ihnen auf, dass sich die Sterne in dem künstlichen Himmel bewegten. Die Sternbilder, die über ihnen vorüber zogen, waren ihnen völlig unbekannt. Selbst Prinz Lala, der sich mit solchen Dingen auskannte, schüttelte den Kopf. Unterdessen erklang, ganz leise, sphärische Musik. Die Freunde wunderten sich, woher diese geisterhaften Klänge kamen, denn irgendwelche Musiker oder Instrumente waren nicht zu sehen. Lyri, der Mann mit dem speziellen Gehör und Experte in solchen Dingen, kam der Musikquelle zusammen mit Prinz Lala zumindest etwas auf die Spur. Es waren in den Wänden mehrfach handgroße, gerillte und kaum zu sehende Ovale eingelassen, und aus den schmalen Schlitzen der Ovale entströmte diese betörende Musik. Die zarte Musik und die wohltuende Wärme, sowie der behaglich weiche Fußboden ließ die entkräfteten Kameraden in einen tiefen Schlaf entgleiten. Ein furchtbares und an den Nerven zerrendes, tierisches Gebrüll riss die ganze Gruppe von einem Moment auf den anderen in die gefahrvolle Wirklichkeit zurück.
    #108AuthorEdmond Dantes22 May 06, 11:06
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    „Das ist Tiamat! Freunde… zu den Waffen!“ Dieser Ausruf entfuhr Lord Glee mit leicht zittriger Stimme, während er sich den Schlaf aus den Augen rieb und mit der rechten Hand seinen Degen zog. „Verdammtes Ekelgezücht! Diesmal wirst du für deine hinterhältigen Untaten büßen!“ Es war nicht die Angst vor dem Untier, nur der unbändige Hass des Lords auf den Drachen ließ seine Stimme beben. Auch Heco, die in der Nähe ihres Prinzen gedöst hatte, war sofort startklar, stupste mit dem Kopf ihren Herren sanft an, der noch im Arm seiner süßen Mate ruhte. Bei der restlichen Truppe dauerte es nur unwesentlich länger. Die Umgebung, in Verbindung mit der Musik, hatte alle so plötzlich eingelullt, dass man das Aufstellen einer Wache versäumte. Ebenfalls war es niemand in den Sinn gekommen, die Türe auszuprobieren, die dem Eingang dieses Raumes gegenüberlag. Zumindest erfolgte weder von dort, noch von demjenigen auf der Gegenseite ein direkter Angriff auf die noch müden und etwas hilflosen Krieger. Erst als sich alle in einer Verteidigungsstellung befanden und Joe aus der Türe linste, durch die sie den Raum betreten hatten, von dort aber keine Gefahr drohte, ging Lord Glee zum Ausgang. Die dunklen Türflügel glitten schnurrend in die Mauer zurück. Kein Angreifer war zu sehen. Nichts. Vor dem Lord lag ein unbelebter Kreuzgang. Links und rechts zweigten kurze Gänge ab, die jeweils zu einer weiteren Türe führten. Doch beide Türen ließen sich nicht öffnen, so sehr auch einer der Kameraden daran rüttelte und zog. So blieb nur der Weg nach vorn. Eines bemerkten die Freunde aber schon jetzt. Es war die ungewöhnliche, brütende Hitze, gepaart mit einem höchst eigentümlichen und strengen Geruch. Beides wurde intensiver, je weiter sie voran schritten. Die folgende Türe am Ende des Weges öffnete sich automatisch, als der Lord, die Waffe voraus, mit festen Schritten näher trat. Noch mehr Hitze und Geruch schlug den Kameraden entgegen. Zwar war der Feind noch immer nicht in Sicht, doch ihnen bot sich ein überwältigender Anblick.
    #109AuthorEdmond Dantes24 May 06, 11:03
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    (kleiner Hinweis: Dies ist die aktuelle Fortsetzungsgeschichte von Edmundo.)
    #110Authornachteuel20 Jun 06, 06:50
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    Die Höhe der Höhlendecke war kaum abzuschätzen. Den Abschluss bildete in weiter Ferne eine fahlgelb leuchtende, sowie an den von hier sichtbaren Rändern gleichmäßig gerundete, an den Mond gemahnende Scheibe, von der die unsäglich drückende Hitze ausging. Die Übergänge in luftiger Höhe blieben im Dunkeln. Von irgendwelchen Feinden war nicht die kleinste Spur zu entdecken. Auch von der Umgebung her schien keine unmittelbare Gefahr zu drohen, soweit dass in dem fahlen Licht überhaupt auszumachen war. Was die Freunde aufs höchste faszinierte, war der gigantische und grellbunte Urwald, dem sie sich in einiger Entfernung gegenübersahen. Er bildete nach dem ersten Augenschein von ihrem Standort aus einen dichten Wall, ein unüberwindliches Hindernis, schien schier undurchdringlich. Die Metalltüre, hinter der eine bisher trügerische Sicherheit lag, steckte unpassend in einer kahlen und steilwinkligen, glatten Felswand. Der schmale Trampelpfad, auf dem die Freunde jetzt standen, führte seitlich an dem kleinen Hügel zum Grund. Auf der Ebene gab es einen sattgrünen, moosartigen Bewuchs, auf dem es sich angenehm gehen ließ. Als sie sich nun dem Urwald näherten und zu den riesigen Bäumen hinüber sahen, stellten sie fest, dass die Bäume aus einer farbigen, glasartigen Substanz bestanden. Die Zweige und Ranken, die exotischen Blumen und Blüten ebenso. Es war auch nicht der überwältigende Geruch eines wuchernden Dschungels, der ihren Geruchssinn so peinigte. Die Kristallbäume wuchsen aus einer undefinierbaren Brühe heraus. Und dieser unnatürliche tieftrübe Morast stank höllisch. Einigen wurde nun schnell klar, aus welchem Grundmaterial die phantastischen Säulen geschnitten waren, die sie kurz zuvor in den Räumen und Sälen gesehen hatten. Aber wer fällte und bearbeitet die Kristallbäume? Hier gab es nirgendwo ein lebendiges Wesen!
    #111AuthorEdmond Dantes07 Jul 06, 05:38
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    Auch keine Insekten, die sehr gut zu dem Miasma des Urwaldgrundes gepasst hätten. Es war ein gigantisches, künstliches Gewächshaus in dieser Höhle. Dass dem so war, wurde jetzt durch einen Regenguss bestätigt. Es war die ekelhafte Brühe, die lauwarm vom künstlichen Himmel herabregnete. Auf der unbedeckten Haut spürten einige die leicht ölige Konsistenz. Es war wohl eine besondere Nährflüssigkeit, die die Kristallbäume benötigten. Und wie die Freunde jetzt feststellten, ging der Moosteppich beinahe übergangslos in diesen trügerischen Morast über, auf dem die Bäume wuchsen. In wie weit die Höhle nicht natürlichen Ursprungs war, konnte keiner der Freunde abschätzen. Die zu glatten Felswände sprachen dagegen. Das Problem war aber absolut nebensächlich, denn nun zerriss wieder dieses irrsinnige, tierische Gebrüll die Stille. Heco peilte sofort die Richtung. Buffy und Steffal vernahmen aus der gleichen Richtung etwas, das sie irgendwie an Iruka erinnerte. Und so schrieen sie laut diesen Namen, bis Prinz Lala ihnen Schweigen gebot. Der Tierschrei war eben abgeebbt, aber nun war ein hohes Keckern zu vernehmen. Wieder meldeten sich Buffy und Steffal, aber etwas leiser: „Das ist ein Delfin! Das kann nur Iruka sein!“ So war nun die weitere Route festgelegt, nur fand sich noch immer kein Einlass in den dichten Dschungel mit den Mammutbäumen, der ihnen die Möglichkeit eröffnete, zu ihrem Ziel zu gelangen. Kein Baum glich dem anderen, es gab spiegelmetallene Stämme, die wie Türme glatt und schlank in den Himmel ragten. Andere hatten einen unglaublichen Umfang, besaßen zehnfache Menschenbreite. Da herrschten zumeist dunklere Töne vor und die Oberfläche war voller Risse und Schründe. Auf den schweren Ästen saßen knollenartige Verdickungen, die geschrumpften Menschenköpfen ähnlich sahen. Im zarten Gezweig von fast durchsichtigen Stämmen befanden sich bizarre Gebilde, die entfernt an gefrorene Insekten erinnerten. Hier eine dünne Heuschrecke, da ein spinnenartiges Wesen mit unzähligen zarten Beinen oder dort ein kunterbunter Schmetterling. Endlich fand sich eine erst schmale, dann immer breiter werdende Schneise, ohne Morast.
    #112AuthorEdmond Dantes10 Jul 06, 05:29
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    „Warum seid ihr eigentlich so sicher, dass es Iruka ist?“. Diese Frage stellte die schöne Mate den beiden ehemaligen Reisenden der ‚MAGICAL MYSTERY TOURS’, während die klugen Augen von Königin Nachteule Mate fasziniert musterten. „Och, das ist nur so eine Eingebung.“, murmelte Steffal und blickte mit doch etwas leisem Zweifel zu ihrer Begleiterin Buffy hinüber. „Ach was, keine Frage, ich bin mir absolut sicher! Wer soll das denn sonst sein? Delfine, Meer, Iruka! Das gehört alles zusammen. Unsere lange und gefahrvolle Reise hat uns an diesen unheimlichen Ort geführt. Zum bösartigen Meerdrachen Tiamat, in dessen Gewalt sich die Meerprinzessin Iruka befindet! Was gibt es also sonst noch dazu zu sagen?“
    Buffy ließ sich da absolut nicht hineinreden. Auch einige andere in der Gruppe stimmten ihr mit einem Kopfnicken zu. Das kleine Küken tschilpte laut und vernehmlich von seinem Lieblingsplatz bei Lyri seine Zustimmung. Das Federtier genoss die spannende Reise, hatte aber auch einen großen Teil einfach verpennt. Und in den Träumen erlebte es die ganz besonderen Momente, in denen es die große Rolle spielte, noch einmal. Die erfahrenen Kämpfer unter den Abenteurern ließen aber keinen Augenblick ihre Umgebung aus den Augen. Leise flüsterte Edward mit Joe und Vikunja, auch Lord Glee und die Tiggerin beteiligten sich angeregt an dem Gespräch. Heco trabte ein gutes Stück mit Prinz Lala voraus. Ihr Kopf ging von hier nach da, registrierte alles ganz genau. Als sie plötzlich stoppte, rief der dunkle Prinz: „Etwas quert unsere Route. Da vorne ist ein hoher Wall aus rötlichem Gestein!“ Die Umgebung hatte sich abrupt verändert. Die Bäume und der Morast waren wieder näher gerückt. Auf keiner Seite gab es eine Ausweichmöglichkeit. Blieb nur der Wall, der sich aus etwas kürzerer Entfernung als etwa mannshoch entpuppte. Und, so weit die Freunde das von ihrem Standort aus feststellen konnten, in schnurgerader Linie den Wald durchschnitt.
    #113AuthorEdmond Dantes11 Jul 06, 05:31
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    Nach einer kurzen Beratung robbte sich die Gruppe um Edward als Vorauskommando nach einem schnellen Sprint langsam zum Scheitelpunkt des Walles empor. Der restliche Trupp blieb unter der Aufsicht des dunklen Prinzen wartend zurück. Joe war etwas voraus und bekam den stechenden Geruch, der selbst den Morastgestank überdeckte, heftig in die Nase. Schwefel! Das war eindeutig Schwefel! Sollte der furchtbare Drache Tiamat hinter dem Wall lauern? War das eine Falle? Joe gab seinen Begleitern einen Wink, hob langsam den Kopf über den Wall. Auf der gegenüberliegenden Seite, hinter einem ähnlichen Wall wie auf dieser Seite, gab es wieder nur einen dichten Urwald mit den bekannten Kristallbäumen. Unter Joes Nase war ein schmaler, planierter Sims und kurz dahinter, als er sich etwas reckte, sah er ein Stück tiefer gelegen einen rostroten Fluss. Das hier war ein künstlich angelegter Kanal. Wie tief der Fluss war, ließ sich im Moment nicht feststellen, das gegenüber liegende Ufer war aber zu weit entfernt um die Distanz mit einem mutigen Sprung zu überwinden. Als die restlichen Freunde nachgerückt waren, entschied man sich, dem Kanal in östlicher Richtung, der Richtung, in die das Gewässer floss, zu folgen. Denn der Westen schien weniger viel versprechend, es war grob die Richtung, aus der sie kamen. Und laut den Peilungen von Heco musste sich der Meerdrache und dann auch Iruka im Osten befinden. Zwar maulten einige, denn der Schwefelgeruch war überwältigend. Aber nach kurzer Zeit roch keiner mehr diesen Gestank. Es war genau wie zuvor mit der Nährbrühe der Kristallbäume. Geregnet hatte es glücklicherweise schon lange Zeit nicht mehr. Das rote Wasser des Flusses wurde auch nicht von der Morastbrühe verdreckt. In geordneter Reihe, so wie die im Kampf gestählten Recken es angeordnet hatten, ging es im Gänsemarsch auf dem Wall weiter voran. Lala auf der treuen Heco führte, der rote Teufel bildete den Schluss. Lyri sang ein fröhliches Lied, doch den meisten Freunden war es etwas mulmig ums Herz. Es war in letzter Zeit zu gut gelaufen, aber der Endkampf stand bevor. Irgendwo lauerte bestimmt noch eine böse Überraschung.
    #114AuthorEdmond Dantes12 Jul 06, 05:38
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    lol
    #115Authorlol20 Jul 06, 13:20
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    Der rote Fluss mündete in einen lang gestreckten See mit felsigem Ufer. Durch die ziemlich nah stehenden Kristallbäume war das Areal sehr unübersichtlich. Weder von Iruka, noch vom Meerdrachen Tiamat war etwas zu sehen. Unheimlich war die Stille. Bedrohlich. Die Gruppe blieb geordnet bei ihrem Vordringen. Irgendwo musste Iruka doch sein. Und wo sie war, war der Feind nahe. Da, da war wieder dieses Keckern. Aber viel leiser als zuvor. Lala gebot mit einer schnellen Handbewegung Schweigen. Denn beinahe hätten einige der Freunde auf den Delfinruf reagiert. So drückte sich die Gruppe noch mehr in den Schatten der Bäume. Jetzt kam eine Biegung. Joe spähte vorsichtig, von einem dicken Baumstamm gedeckt, um die Ecke. An einem hüfthohen Felsstumpf führte eine Eisenkette ins Wasser. Von Joes Platz aus war der gestreckte blausilberne Körper, der unterhalb des Felsstumpfes im Wasser trieb, kaum zu erkennen. Joe signalisierte seinen Freunden, zurück zu bleiben. Endlich war Iruka gefunden. Wo war das Untier? Wo war Tiamat? Joe winkte Heco zu sich heran und wisperte ihr etwas ins Ohr. So sehr das Wunderpferd auch von ihrem Standort aus sondierte, von dem Meerdrachen keine Spur. Lala war herangerückt und flüsterte mit Joe. Anschließend begab sich der dunkle Prinz zu seinen Kameraden zurück und beriet sich mit Edward, Vik und Lord Glee. Auch einige anderen Kameraden nahmen an der kurzen Beratung teil. Dann rückten alle geschlossen zu Joe und Heco auf. Wieder keckerte Iruka leise. Besonders Buffy und Steffal mussten von den anderen zurück gehalten werden, um nicht in Richtung Iruka zu stürmen.
    Heco zählte, wie besprochen, eine lange Zahlenreihe herunter. Bei Null wollten die Freunde sich Iruka zeigen, so sich bis dahin nichts in Punkto Tiamat getan hatte. 10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1 und…Null. Die gesamte Gruppe verließ ihre schützende Deckung. Erst jetzt sahen diejenigen, die die Spitze bildeten, wie grausam Iruka mit der Kette gefesselt war. Schon suchten einige nach entsprechenden Werkzeugen, um die Fesseln des Delfins zu sprengen. Da wurde es irgendwie kälter. Lalas Freunde fröstelten. Ein riesiger Schatten verdunkelte den Himmel und senkte sich auf die Gruppe herab. Lederne Schwingen durchteilten klatschend und zischend die Luft. Dann ertönte ein widerwärtiger, gellender Kampfschrei…
    #116AuthorEdmond Dantes24 Jul 06, 10:59
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    Jeder ließ sich an der Stelle zu Boden fallen, wo er gerade stand und versuchte, sich aus dem Gefahrenbereich zu robben oder zu rollen. Nur der mutige Prinz sah sich nicht um, er zog den Kopf ein und rannte zu seinem Kampfross Heco. Sie stand startbereit und erhob sich sofort in die Lüfte. Beinahe hätte es wieder das trödelnde und träumende Küken erwischt. Niemand sah so richtig, was passiert war, genau auf den Punkt, auf den das bösartige Monster Tiamat (wer sollte es auch wohl sonst sein) zum Angriff zusteuerte, tappte das kleine Küken fast in die Falle. Oder besser, in die Kralle des Meerdrachen. Nur Königin Nachteule, die in der Nähe lag, wischte mit ihrer Hand das kleine Federtierchen aus der Flugbahn. Und so stieben da, wo die dolchartigen Krallen des Monsters nackten Fels berührten, kräftig rote Funken und es gab auch einige tiefe Rillen. Tiamat heulte und fauchte, war durch die vorherige Aktion etwas abgelenkt und versuchte nun, wieder einen neuen Angriff. Aber erst musste die große Masse des Urviechs mal vom Erdboden abheben. Heco und ihr Prinz versteckten sich hinter den Wipfeln der Kristallbäume. Derweil formierten die erfahren Ritter und Kämpfer ihre Bodentruppe um. Da meldete sich der rote Teufel zu Wort: „Es ist zwecklos, den Kampf mit Tiamat zu suchen. Dies muss der Prinz auf Heco mit seinem Schwert ‚Firefly’ alleine ausfechten. Wir müssen Iruka beschützen! Lasst mich in die Mitte und fasst euch an den Händen, bildet einen Kreis um mich. Die HEIMLICHE HERRSCHERIN hat gemeinsam mit Nobody und Neutrino an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit das Buch des Lebens verwandelt. Seht euch Neutrino an, unser Energiekügelchen besitzt eine neue Glanzschicht. Grün! Grün, wie das Leben und Lady Daisys wunderschöne Augen! Unser Energieteilchen ist mit dem Buch des Lebens verschmolzen und steigt nun etwas über mein Haupt. Habt ihr den Kreis geschlossen? Nun ziele ich mit dem Rubinstab auf das Energiekügelchen…ah, ja…es funktioniert!“
    #117AuthorEdmond Dantes01 Aug 06, 05:43
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    Die Gesichter der Freunde färbten sich unter dem nun entstandenen Energieschirm grün. Und wieder rückte Tiamat an. Als ein Flügel des Untieres den Schutzschirm leicht berührte, zuckten an der Stelle fahlgrüne Blitze auf. Nur drang das bösartige Vieh nicht durch. Niemand unter dem beschützenden Schirm geschah etwas. Zum Glück wurde auch der Ausblick auf das böse Tier durch den Schirm gemildert. Der rote Teufel gab unterdessen Anweisungen und langsam bewegten sich die Freunde auf Iruka zu. Am Himmel tauchte jetzt Heco auf und brachte den Prinzen mit einem geschickten Manöver in eine günstige Position. Attacke! Der Meerdrache brüllte laut, war noch vom undurchdringlichen Schutzschirm abgelenkt. Sah die drohende Gefahr aus dem Hintergrund nicht. Da biss ‚Firefly’, geschickt von des Prinzen Hand geführt, zu. Die lederne Schwinge, die nicht den Schirm berührt hatte, wurde etwas zu recht gestutzt. Aber es genügte leider noch nicht, die Flugfähigkeit des Drachen zu beeinträchtigen. Trotzdem drehte das Biest seinen schlangengleichen Hals, fauchte und schnappte nach dem Angreifer. Der war aber schon wieder auf Gegenkurs. Heco fing den Flug ab, tauchte nach unten, denn der Drache kannte nur ein Ziel. Aber auch in den himmlischen Gefilden war ihm das Wunderpferd weit überlegen. Blitzschnell änderte Heco die Richtung, kam seitlich aus der Tiefe. Diesmal gab es Kerben in die stämmigen Drachenkeulen. Der Nachtritt von Tiamat traf nur die Luft, denn das Pferdchen war schon längst verschwunden. Lala presste seinen Kopf in die Mähne seines treuesten Begleiters und flüsterte ihr etwas in die Ohren. Heco antwortete mit einem kräftigen Schnauben. Schon ließ sie sich wie ein Stein zu Boden fallen. Der dumme Drache tat es ihr nach. Nur stand Heco auf einmal etwas über Tiamat, doch Lalas wuchtiger Hieb ging leider ins Leere, denn Tiamat hatte aufgepasst.
    #118AuthorEdmond Dantes01 Aug 06, 11:03
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    Heco flog immer waghalsigere Figuren, ärgerte den Drachen, der, obwohl ein König der Lüfte, doch sehr träge war. Manchmal musste sich das Riesenvieh lange orientieren, denn immer wieder narrte das Wunderpferd den Drachen, war mal über, mal unter ihm, versteckte sich zwischen den Kristallbäumen oder tauchte unvermittelt vor oder hinter dem Drachen auf. Prinz Lala nutze jede Chance, ließ Tiamat nicht aus dem Blick, und ‚Firefly’, das einmalige Schwert, versetzte dem Biest manche tiefe Scharte. Nur der endgültige und tödliche Treffer war noch nicht gesetzt. Einmal erwischte eine Schwinge die Flanke von Heco, nur für Sekunden taumelte das schöne Flugpferd, geriet etwas außer Kurs. Aber schon nutzte sie diese Situation für einen Gegenangriff. Manchmal vereitelte der Sog der Schwingen oder die verdrängte Luft des Echsenkörpers einen Treffer. Doch diesmal geschah das Wunder. Heco stand fast genau vor der ungeschützten Drachenbrust. Lala zielte auf die Herzgegend. ‚Firefly’ glitt wie Butter durch die schuppige Echsenhaut. Da wand sich der Drache, der die Wunde schmerzhaft spürte, in der Luft und Lala verlor die Waffe, während Heco ausweichen musste. Die Freunde unter der Schutzkuppel bekamen von dem Drama in den Lüften nichts mit. Unter der Anleitung des roten Teufel waren sie fast bei Iruka angelangt. Denn es war wichtig, den Delfin unter die Kuppel zu bekommen, ehe sich der Meerdrachen seiner Geisel bewusst wurde und die Situation so zu seinen Gunsten wendete. Doch über den Freunden waren die Würfel ganz anders gefallen. Das Schwert ‚Firefly’ brauchte die führende Hand des Prinzen Lala. Doch der dunkle Prinz, nun ohne Waffe, stand auf aussichtslosem Posten. Jetzt war er nicht Angreifer, auch nicht Verteidiger. Er war mit Heco auf der Flucht. Denn der gepeinigte Drache mobilisierte seine letzten Kräfte und nahm die Verfolgung des Prinzen auf seinem Wunderpferd auf. Egal, wie Heco auch ihre Pirouetten am Himmel drehte, Tiamat war ihr auf den Fersen. Und ignorierte die Waffe, die in seiner Brust stach. Lala überlegte mit Heco, wie er ‚Firefly’ zurückgewinnen und Tiamat den Todesstoß versetzen konnte.
    #119AuthorEdmond Dantes02 Aug 06, 05:35
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    Endlich wurde Iruka geborgen. Der Delfin war durch den Schirm geschützt. Der rote Teufel war sich sicher, der Schutz würde stabil bleiben, auch wenn sich nun einige aus dem Kreis lösten und Iruka von ihren Fesseln befreiten. Schnell waren die Ketten gesprengt. Nur, wie bekamen die Freunde Iruka in ihre natürliche Gestalt zurück. Dieses Problem stand aber erst an zweiter Stelle, erst untersuchte Tigger, die etwas davon verstand, Iruka. Sie entdeckte keine äußeren Verletzungen, anscheinend war der Delfin nur sehr erschöpft. Und auch das rote Wasser war anscheinend nicht so gut für Iruka. Darum wischten einige der Freunde den Delfin mit ihren Frischwasservorräten ab. Schon sahen Buffy und Steffal in Irukas Augen, die bisher trübe und traurig in die Welt geschaut hatten, den früheren Glanz zurückkehren. Man sagt Hufeisen nach, sie würden Glück bringen, doch diese Behauptung ist sehr zweifelhaft. Zumindest schaffte es Heco mit ihrem rechten Hinterlauf an Tiamats Hals einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das war schon Glück, auch wenn es eigentlich nicht viel einbrachte. So richtig freuen konnten sich weder der Prinz, noch sein Pferd, denn im Gegenzug packte das fiese Drachenmaul nur wenig später Lalas Schulter. Zwar drang der Biss nicht durch, doch musste der Prinz die Zähne zusammenbeißen, denn ein tiefer Schmerz durchzuckte seinen Körper. Benommen und hilflos lag er über Hecos Mähne. Im wilden Zickzack flüchtete das Wunderpferd, wollte Zeit gewinnen. Wieder ging es in Richtung Kristallbäume, wo Heco eine Lichtung oder etwas in der Art suchte, damit sich der dunkle Prinz in einer Kampfpause erholen konnte. Ohne die Halteklammer wäre der Prinz aus dem Sattel geglitten.
    Doch wo war hier ein Platz, ein Versteck? Die Bäume standen zu dicht. Nur knapp unter den Baumwipfeln gab es ein kleines bisschen Ruhe vor den Angriffen des bösartigen Untieres.
    #120AuthorEdmond Dantes02 Aug 06, 11:01
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    Lyris Blick ging zur Kuppelmitte hoch. Wie mochte es wohl Heco und dem Prinzen ergehen? Zwar zweifelte Lyri kaum an einem positiven Ausgang, er kannte seine Freunde gut, doch der alte Meerdrache war ein gefährlicher Gegner. Und er hoffte inständig, dass seine Freunde den mörderischen Kampf ohne Blessuren überstehen würden. Noch war die Schutzkuppel da, also war das Gefecht noch nicht vorüber. Und selbst wenn der Drache Tiamat besiegt war, blieb noch das Problem mit Iruka. Wie bekam man die junge Dame in ihre natürliche Gestalt zurück? Wäre der grüne Schutzschirm doch etwas durchsichtig gewesen. So sehr sich Lyri auch bemühte, vom Kampf draußen war nichts zu sehen. Lyri schloss für einen kurzen Moment die Augen, wünschte den Kameraden viel Glück. Als er die Augen wieder öffnete, störte ihn ein nebliger Schleier. Er rieb sich die Augen. Doch der Schleier blieb. Sogar ein wenig entfernt vom ersten Schleier entstand ein zweiter unter der Schutzkuppel. Die beiden Gebilde unter dem Kuppelscheitel verdichteten sich. Auch die anderen Freunde entdeckten nun die beiden Schleier. Steckte Tiamat dahinter? Oder die Windgeister? Bestimmt nicht, denn Neutrino hätte sie niemals durch den Schutzschirm gelassen. Als Lyri zum roten Teufel hinüberblickte, sah er die Augen des Teufels glänzen. Wusste der rote Teufel mal wieder ein Stück mehr? Oder steckte Neutrino, die geheimnisvolle Energiekugel, dahinter? Als die nebligen Gebilde etwa zur doppelten Manngröße aufgequollen waren, lichteten sich langsam die dichten Schleier. In jedem der nun beinahe kugelförmigen Objekte befand sich eine Person. Vom Punkt aus, an dem etwa Neutrino steckte, ging ein dünner Strang pulsierender grüner Energie auf die etwas darunter schwebende Gebilde über. Die Energiestränge wurden dicker, bis sie etwa die Stärke eines kräftigen Männerarmes besaßen. Die bisher grauen Kugelobjekte färbten sich grün, wurden immer durchsichtiger. Jetzt erkannten die Freunde endlich die Neuankömmlinge.
    #121AuthorEdmond Dantes15 Aug 06, 05:29
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    Tiamat gab keine Ruhe. Woher nahm der angeschlagene Drache die Kraft? Gerade eben war Heco dem Untier mit Mühe entkommen. Die Flüge unterhalb der Baumwipfel nutzten wenig, denn Tiamat versuchte mit seinen Flügeln, den scharfen Krallen oder seinem langen Hals Heco oder den Prinzen zu erwischen. Lala brauchte dringend eine Gefechtspause, die wenigen Augenblicke im Schutz der Kristallbäume nutzten nichts. Läge doch nur ‚Firefly’ das gute Schwert in des Prinzen geschickten Händen. In keinem Kampf hatte ihn jemals seine Kraft verlassen, Stunde um Stunde vermochte der dunkle Prinz dieses phantastische Waffe zu führen. Sie bildeten zusammen eine unschlagbare Einheit. Da kam es dem Prinzen auch wenig zu passe, dass er mit Heco in dieses Gefecht gezogen war. Auf sich alleine gestellt, war es dem Wunderpferd nicht möglich, das Blatt zu wenden. Jetzt schnaufte das schöne Kampfross erleichtert durch, als sein Herr seine Besinnung wieder fand. Ach, dachte der Prinz, soll es doch kosten, was es will, auch wenn es mein Ende bedeutet. So wies er Heco an, auf Kollisionskurs zum Drachen zu gehen, damit er ‚Firefly’ aus der Brustwunde ziehen konnte.
    Es war eines der exzellenten Flugmanöver in der Geschichte der noch jungen Luftfahrt. So genau auf den Punkt manövrierte Heco ihren Herren und Meister an den Drachen heran. Da schossen aus der grünen Kuppel unter den Luftkämpfern zwei dicke grüne Energiestrahlen.
    Einer traf auf den Prinzen auf seinem Wunderpferd, bevor dieser nach ‚Firefly’ greifen konnte. Der etwas überraschte Meerdrache wurde vom zweiten Strahl fast zur gleichen Zeit getroffen. Wenige Augenblicke später waren die Gegner von einer grünen Kugel umschlossen. Ein Beobachter hätte festgestellt, dass sich die Bewegungen der Kämpfer in den grünen Hüllen verlangsamten. Und die beiden Kugeln strebten aufeinander zu. Nur wenige Handbreiten war es, als die Blasen entstanden. Jetzt berührten sich die beiden Sphären.
    #122AuthorEdmond Dantes15 Aug 06, 05:46
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    Lyri schaute, genau wie seine Freunde, fasziniert zu, als sich in der einen Kugel die wohlbekannte Dame mit den wallenden und wirbelnden Haaren abzeichnete. Die HEIMLICHE HERRSCHERIN war angekommen. Aber wer war denn dann die wohlgestaltete Frau (und es war ganz eindeutig eine Frau) in der anderen Kugel? Aber natürlich, jetzt erkannten sie fast alle, es war die verjüngte Nobody, aber während die Versammlung unter der Schutzkuppel nach oben blickte, schien Nobody zu schrumpfen. Sie wurde kleiner und kleiner, krümmte sich. Auch veränderten sich ihre aparten Gesichtszüge. Da, wo vormals glatte Haut straff über den Knochen war, entstanden nun wieder die Runzeln und Falten der alten Muhme. Ob es an den Energiesträngen lag? Nur veränderte sich scheinbar nichts in der Kugel mit der HEIMLICHEN HERRSCHERIN. Sie tanzte weiter auf der Stelle, von ihrer wilden Mähne umhüllt. Diesmal gab es keine Botschaft von der HEIMLICHEN HERRSCHERIN. Als Nobody den Zustand erreicht hatte, wie einige der Freunde sie von der Kate am alten Mühlbach kannten, verschwand die Kugel mit einem hörbaren Knall. Die Sphäre der HEIMLICHEN HERRSCHERIN stieg bis unter den Scheitelpunkt der Kuppel, berührte die Stelle, an der Neutrino saß. Der Tanz der HEIMLICHEN HERRSCHERIN wurde immer wilder. Auch die sie umhüllende Kugel schien zu rotieren. Diesmal gab es keinen plötzlichen Knall. Die darin Tanzende veränderte sich nicht. Dafür schrumpfte die Hülle, zog sich gleichmäßig zusammen, wurde kleiner und wieder kleiner. War kaum noch zu sehen. Vermählte sich mit der kleinen Energiekugel Neutrino. Und gleichzeitig erlosch ganz langsam, von unten nach oben, der schützende Schirm um die gesamte Gruppe. Nun bekamen sie das endgültige Ende des wilden Gefechtes mit, das sich unsichtbar über ihren Köpfen, zumeist in der Luft, abgespielt hatte.
    #123AuthorEdmond Dantes15 Aug 06, 11:04
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    Prinz Lala streckte mit letzter Kraft seine linken Arm nach vorne um ‚Firefly’ zu ergreifen. Diese Möglichkeit würde sich ihm nicht ein zweites Mal bieten. Solch ein exaktes Manöver konnte Heco unmöglich noch einmal gelingen, der Drache würde sich nicht wieder vom treuen Wunderpferd übertölpeln lassen. Doch zu sehr schossen die Schmerzwellen durch seinen Körper und es fehlte noch ein gutes Stück, bis er sein Schwert erreicht hätte. In dem Moment, als er seinen zitternden Arm sinken ließ, stieß Heco ein deutliches Warnwiehern aus. Leider zu spät. Sie wurden umgehend durch eine grüne Blase gänzlich eingehüllt. Erstaunlicherweise ging es ihrem widerwärtigen Gegner nicht besser. Wundersam war, dass Prinz Lala jetzt keine Schmerzen mehr fühlte, im Gegenteil, seine Kräfte, die er vorher zum Teil aus seinem Schwert ‚Firefly’ bezogen hatte, kehrten endlich zurück. Wenn es ihm nun möglich gewesen wäre an Tiamat heran zu kommen, mit bloßen Händen hätte er dem ekligen Reptil den Garaus gemacht. Doch was war das? Eine Lähmung breitete sich in seinem Körper aus. Heco stemmte sich mit aller Macht gegen etwas, das ihren stählernen Körper in seinen Bewegungen hemmte. Ihre grüne Blase trieb auf die andere Sphäre zu, die den Meerdrachen umhüllte, die Kugeln berührten, gleichzeitig wich beim dunklen Prinzen und seinem treuen Ross die Lähmung. Ihr Gegner jedoch, der Drache Tiamat, schien weiterhin von der Starre befallen, die zuvor Heco und ihren Prinzen behinderte. Und es kam Prinz Lala so vor, als ob das Untier kleiner würde und schrumpfte. Mit wenigen Schritten auf dem eigentümlichen, halbdurchsichtigen Boden, der dem Prinzen im ersten Augenblick leicht schwammig vorkam, nach dem er von Hecos Rücken geglitten war, erreichte er endlich sein phantastisches Schwert. Jetzt war es ihm gegeben, dem unheimlichen Vieh den Gnadenstoß zuzufügen.
    #124AuthorEdmond Dantes21 Aug 06, 11:04
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    Die Hand des Prinzen schloss sich um den bekannten und gut austarierten Schwertgriff. Das Ungeheuer, das weiterhin einem Schrumpfungsprozess unterlag, hielt er fest im Blick. Jetzt zog der dunkle Prinz mit einer eleganten Bewegung ‚Firefly’ aus der Brustwunde, die scharfe Klinge glitt, wie aus heißer Butter gezogen, mühelos aus der tiefen Wunde. Es strömte seltsamerweise kein Blut aus der Brust des Drachen. Heco, des Prinzen Wunderpferd, hielt sich bis zu diesem Augenblick im Hintergrund. Doch nun meldete sie sich von ihrem Standort mit ihrer ausgeprägten, weichen und sehr weiblichen Stimme. „Ich habe ein paar Berechnungen angestellt, der Drache wird in einem Zeitfeld gehalten. Darum tritt auch kein Blut aus. Das müsste aber gleich geschehen. Der Schrumpfungsprozess ist eher ein Nebeneffekt, denn dem Biest wird zusätzlich Energie entzogen! Hier,“ und begleitet von diesen Worten erschien jetzt ein Lichtpunkt auf der Brust des Untieres, „müsstest du ansetzen, an dieser Stelle, gemäß der aktuellen Interpolation, dürfte das Herz von Tiamat liegen!“
    Der kleine Leuchtpunkt, den das Wunderpferd mit einem ihrer herrlichen Augen erzeugt hatte, wies dem Prinzen eindeutig und klar das Ziel. Zusätzlich strömte zu den bisherigen Energien wieder die gewohnte Kraft aus ‚Firefly’ in den Körper des dunklen Prinzen. Er fühlte sich von einer überwältigenden Macht erfüllte. Seine Schmerzen waren total verschwunden. Der dunkle Prinz stellte sich in eine Position, die weiterhin den von Heco erzeugten Lichtpunkt erkennen ließ. Dann konzentrierte er seine Körper- und Geisteskräfte für einen winzigen Moment genau auf diesen Punkt. Heco beobachtete ebenfalls äußerst konzentriert ihren geliebten Herrn und das nicht mehr mächtige Untier. In die Stille hinein gab sie ihrem Herrn das eindeutige Zeichen zum finalen Hieb: „Jetzt!“ Mit geschlossenen Augen stieß der Prinz mit seinem Schwert ‚Firefly’ ohne Gnade und mit aller Kraft zu.
    #125AuthorEdmond Dantes21 Aug 06, 11:05
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    ‚Firefly’ bohrte sich, wie von einem starken Magneten angezogen, in den schuppigen Reptilkörper, als ob da nur die heiße Luft einer Fata Morgana wäre. Dann traf das gute Schwert mit einem hellen Klang auf einen Widerstand. Ein kräftiger Druck mit voller Kraft des kampferprobten Prinzen, und schon brach sich seine Waffe mit einem Ruck weiter Bahn. Das musste endlich das Herz des Untieres sein. Der Schrei, der nun durch die Höhle drang und sich vielfach an den Wänden brach, war wesentlich schlimmer als das bösartige, irre Gekreische von Tiamat zuvor. Selbst die Freunde am Boden mussten sich die Ohren mit ihren Händen sehr fest verschließen, sonst wären sie wohl dem Wahnsinn anheim gefallen. Es war absolut unerträglich. Zum Glück lag Iruka gefangen im Delfinkörper noch im Wasser. Sie tauchte schnell unter und schütze sich so vor Schaden und Irrsinn. Nur Heco blieb standhaft und ließ diesen Höllenlärm ohne jedwede Regung über sich ergehen. Und der dunkle Prinz, der sein Schwert ‚Firefly’ erst dann aus der Hand legen wollte (so hatte er es sich selber geschworen), wenn das grausame Untier endgültig sein teuflisches Leben ausgehaucht hätte, hoffte auf Schutz durch die unglaubliche Kraft die ihn beseelte. Seine Sinne waren auf diesen Kampf gerichtet und seine Ohren oder sein Gehirn filterten die grausigen Geräusche einfach weg. Noch war Leben in dem bösen Biest. Der Reptilkörper bewegte sich trotz der noch andauernden Starre und des Zeitfeldes in wilden, beinahe obszönen Zuckungen. Nur nutzte auch das dem Monster kein bisschen, denn Lala wich keinen noch so kleinen Schritt zurück, hielt ‚Firefly’ mit beiden Händen fest umklammert. Stieß mit aller Kraft nach und zu. Und seine Kräfte waren, gespeist durch Energien aus dem grünen Kugelfeld und ‚Firefly’ schier übermenschlich. Da zersprang etwas. Es klirrte so, als ob ein manndicker Eispanzer zersplittert wäre.
    #126AuthorEdmond Dantes22 Aug 06, 11:07
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    Hunderte von Miniaturschwertern erschienen aus dem Nichts, jedes ein verkleinerten Abbild von Lalas ‚Firefly’ und zerschnetzelten mit einem irrsinnigen Tempo, wie von Geisterhänden geführt und so, das ein menschliches Auge dem Vorgang unmöglich folgen konnte, das Untier. Der uralte Meerdrache Tiamat zerplatze wie eine überreife Frucht zu allerkleinsten Lumpenfetzen. In einem funkelnden Licht erstrahlte kurz darauf ein herzförmiges und feuerrot glitzerndes Juwel aus dem Chaos und zerstieb in tausende, abertausende Splitter. Die grüne Schutzsphäre erzeugte hinter Lala, bevor die Splitter den dunklen Prinzen oder sein treues Ross erreichen konnten, eine undurchdringliche Wand. Darin und in den anderen Blasenwänden zerstieben die Splitter farbenprächtig wie kleine Sternschnuppen. Nur ein einzelner Splitter, der seinen Weg in Richtung Boden zu den beobachtenden Freunden hinunter suchte, durchdrang die Blase, die einst den unüberwindlichen Drachen umhüllte. Als Zwergkomet mit mikroskopischem Schweif sauste der einzelne Splitter zu Boden. Wie vom Prinzen vermutet, lösten sich beide Sphären auf, als der Prinz sich wieder sicher im Sattel seiner Heco befand und das Startsignal gab. Leider würde er den Splitter, trotz Hecos Schnelligkeit, niemals abfangen können. Am Boden entdeckte es die niedliche Trottele zuerst. Denn der Kampf über den Freunden war durch die Sphärenwände schlecht zu verfolgen. Und der Splitter trat aus der Blase von der Seite aus, die den Beobachtern abgewandt war. Trottele gab ihre Beobachtung an die Freunde weiter. Da kam ein kleiner Komet auf sie zu. Irgendwo genau in die Gruppe. Das kleine Küken verstand wieder einmal nichts, es hatte geträumt. Wie so oft. Es stolperte als letzte aus der Gefahrenzone und sah mit vor Entsetzen geweiteten Augen zu, wo der Zwergkomet einschlug. War ihre ganze Rettungsaktion umsonst gewesen?
    #127AuthorEdmond Dantes22 Aug 06, 11:09
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    „Tu was…, tu doch was! Irgendeine Rettungsaktion muss uns doch gelingen!“ „Nein, mein Prinz, es ist ohne Zweck. Nur der rote Teufel und Neutrino könnten noch etwas ausrichten!“ Der Prinz versuchte mit starrem Blick den Splitter von seinem Ziel ab zu lenken. Der Zwergkomet war schon beinahe im Ziel, als der Prinz sah, dass seine geliebte Mate eine klitzekleine Chance besaß das kommende Unglück zu vereiteln. Heco hatte es auch irgendwie übersehen. Da unten auf dem Boden herrschte ein heilloses Durcheinander. Und so sprintete Mate, die sich eine geringfügige Möglichkeit errechnet hatte, mit vollem Elan in Richtung Splitter. Würde sie Iruka noch rechtzeitig erreichen können? Die Delfindame rührte sich nicht, schien von der herannahenden Gefahr nichts zu bemerken. Auch auf die Zurufe der Freunde reagierte sie nicht. „Ich kann das nicht mit ansehen!“, entfuhr es dem dunklen Prinzen. Mate war eine vorzügliche Läuferin legte einen tollen Sprint hin und hätte es beinahe geschafft den Delfin zu erreichen. Fast zeitgleich zog etwas weiter entfernt der rote Teufel den Rubinzepter aus seinem Wams, konzentrierte sich und zielte auf den Splitter, der da vom Himmel sank. Der Energiestrahl schoss ohne die geringste Abweichung in gerader Linie Richtung Splitter. Da tauchte, wie durch Zauberei, Neutrino genau in der Schussbahn auf. Die Oberfläche der Kugel war jetzt wie mit einer silbernen Haut überzogen. Der glutrote Energiestrahl traf auf Neutrino. Von der spiegelnden Fläche abgelenkt änderte sich der Kurs des Energiestrahls und warf Mate aus ihrer Laufbahn. Jetzt war alles zu spät…die Freunde sahen den Vorgängen mit Entsetzen zu. Warum wurde Neutrino zum Verräter? Weshalb hatte die Energiekugel den Energiestrahl des roten Teufels auf Mate umgelenkt? Da traf der verdammte Herzsplitter in sein Ziel…Iruka schnatterte leise und kläglich…schwamm apathisch im seichten Wasser…Der Verräter verschwand spurlos. Und über dem Liegeplatz der Delfindame Iruka stand nun beißender, dichter Qualm. Von den letzten Ereignissen völlig überrumpelt und entsetzt näherten sich die Freunde vorsichtig dem Rauchschleier über der Wasserfläche, hinter dem es gefährlich blubberte und zischte.
    #128AuthorEdmond Dantes29 Aug 06, 05:43
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    mal hochschubs
    #129Authordaisy06 Oct 06, 05:51
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    Gerade landete Heco mit ihren Prinzen, der sich sofort um seine geliebte Mate kümmerte. Doch außer einer leichten Benommenheit und einigen kleinen Schrammen war der hübschen jungen Frau nichts passiert. Die restliche Gruppe war nun auf gleicher Höhe mit dem Prinzen und allen stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Irgendjemand murmelte leise: „Alles umsonst!“, während der rote Teufel ob seines Missgeschickes lästerlich fluchte. Besonders schlimm klagten natürlich Buffy und Steffal über den Verlust ihrer Freundin. Königin Nachteule und Daisy, aber auch die anderen Frauen und Männer spendeten, so gut es ging, Trost. Selbst das kleine Küken lief laut piepsend und klagend, bis Lyri es mit der Hand aufnahm und sanft das zarte Gefieder streichelte und beruhigende Worte murmelte. Natürlich hinterließ die Aktion des kleinen Energiekügelchens Neutrino einen sehr eigentümlichen Eindruck bei den Freunden. Langsam lichtete sich der dichte Rauch und dahinter erschien…
    eine überlebensgroße, aber nicht so richtig klar auszumachende Gestalt. Was blieb den Freunden da übrig, als wieder mit ihren Waffen in Abwehrstellung zu gehen. Der dunkle Prinz ordnete seine Truppe und rückte bedächtig vor, während sich der Rauch sich langsam verzog. War das wieder Tiamat, der bösartige Drache jetzt in anderer Gestalt? Oder sonst ein biestiges Monster? Denn Iruka konnte es sicher nicht sein! Während die gesamte Gruppe langsam vorrückte, schien die Gestalt zu schrumpfen. Aber was oder wer sich da aus dem Rauch schälte, war für keinen der Freunde ab zu schätzen. Lala wies einige seiner Kameraden an, sich auf die rechte und linke Flanke zu verteilen. Und endlich sahen alle, wer da bisher durch den Rauch verdeckt worden war…
    #130Author Edmond Dantes (236914) 19 Oct 06, 11:29
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    Die letzten Schwaden hatten sich verzogen. Da stand eine wunderschöne Frau, von einem überirdischen Licht umspielt. In sämtlichen Farben der Meere, Flüsse und Seen erglänzte ihr schönes Haar, das sich wie eine Kappe eng um ihren Kopf legte. Ihre knappe Bekleidung, die aus kleinen und kleinsten Schuppen zu bestehen schien und ihre Körperformen betonte, veränderte irgendwie aus sich laufend ihre Tönung. Mal schimmerte sie in purem Silberglanz, dann wechselten sich die Farben regenbogengleich ab. Sie zeigte viel zartblaue Haut an Armen und Beinen. Aber unbeschreiblich waren ihre wunderschönen Augen. Im ersten Moment wurde sie von den Freunden nicht erkannt, doch als Steffal und Buffy laut ‚Iruka’ brüllten, da war es auch der restlichen Truppe klar, wer da vor ihnen stand. Die beiden Freundinnen stürmten auf ihre Bekannte zu. Doch mit einer Handbewegung gebot sie Buffy und Steffal zu halten. Dann wiesen Irukas schlanke Finger auf ihren Hals, anschließend auf ihren Mund. Anscheinend war ihre Stimme noch etwas durch ihre Delfinrufe angegriffen. Mit einer weiteren Handbewegung bedeutete sie den Freunden einen Augenblick zu warten. Iruka ging zurück zum Wasser, kniete nieder und tauchte ihre Hände in das Nass. Nach kurzer Zeit erhob sie sich wieder und hielt eine riesengroße, fast kreisrunde Jakobsmuschel in den Händen. Auffallend war die ungetrübte perlmuttfarbene, glatte Innenfläche. Die Freunde sahen, wie Iruka ihre Lippen bewegte und mit der linken Hand eine wischende Bewegung über die Innenfläche vollführte. Da trübte sich die Muschelfläche. Milchige Wirbel entstanden…
    #131Author Edmond Dantes (236914) 03 Jan 07, 06:52
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    Wie aus dem Nichts entstand ein klares Bild in der Muschel. Ein Wald und Gebäude erschienen. Das Bild änderte sich, denn nun wurde eine alte Kate sichtbar. Und ein kleiner Junge, der auf die Kate zulief und die Stube durch die windschiefe Haustüre betrat. „Aber das ist doch die Klause von Muhme Nobody, davor die Häuser und der Wald, jetzt habe ich sie erkannt…es muss das alte Mühldorf sein, auch wenn ich nicht den Bach gesehen habe!“, rief Daisy. Edward und einige der Freunde, die das Mühldorf gut kannten, bestätigten diese Vermutung mit Kopfnicken. Nun kam auch tatsächlich Nobody ins Bild, die in ihrem alterschwachen Schaukelstuhl lehnte. Vor sich hatte die alte Muhme eine Schar Kinder sitzen. Auch wenn kein Ton zu hören war, konnte sich jeder vorstellen, wie Nobody mit Greisenstimme den Kindern von ihren Abenteuern berichtete. Aber noch jemand tauchte wie dahingezaubert auf…der Verräter Neutrino. Die kleine Energiekugel schwirrte um Nobodys Kopf und woshte fröhlich durch den Raum, zur großen Freude der Kinder. Jetzt drohte die Muhme dem übermütigen Energiewesen. Prompt flog Neutrino in die Hand der greisen Alten.
    Anschließend sah man an ihren Mundbewegungen, dass die Geschichte weiterging. Daisy stellte jetzt Iruka die entscheidende Frage: „Was wir da gerade in der Muschel gesehen haben, das war nicht etwas aus der Vergangenheit? Das war jetzt, Gegenwart?“ Iruka nickte bestätigend. „Also ist Nobody wohlauf und wieder in ihrer bekannten Gestalt zu Hause. Und da Neutrino ebenfalls wohlbehalten bei ihr ist, ist er auch kein Verräter. Natürlich nicht, auch wenn sein Einsatz uns allen so widersinnig und verräterisch erschien!“ „Genau so ist es.“
    #132Author Edmond Dantes (236914) 03 Jan 07, 12:09
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    Die Bestätigung kam von Iruka, die ihre Stimme, die entfernt an Meeresrauschen erinnerte, wiedergefunden hatte. „Alles hat seinen Zweck und Sinn! Ich möchte mich bei euch allen für meine Errettung und Rückverwandlung bedanken, doch leider steht euch noch ein großer und gefährlicher Kampf bevor. Zwar ist der üble Drache Tiamat für immer und ewig überwunden, doch um hier aus diesem Untergrund, den Gebäuden und Höhlen der ‚großen Alten’ heraus zu kommen müssen wir uns gemeinsam einer furchtbaren Schar stellen. Und so hoffe ich darauf, dass ihr alle eure Kräfte noch einmal in den Dienst einer guten Sache stellt.“ Mit ernstem Blick musterte Iruka die Freundesschar, doch niemand in der Gruppe wich ihrem Blick aus. Heco trabte unruhig auf der Stelle und schnaubte heftig, so als wollte sie sagen, lass doch kommen was will, ich bin zu allem bereit und fürchte nichts. Der restliche Trupp nickte Iruka bedächtig oder freundlich zu. Aus den Augen der Freunde konnte Iruka die bedingungslose Bereitschaft zu einem allerletzten Gefecht eindeutig lesen. Und so erklärte sie ruhig, worum und gegen wen es jetzt ging. Die Freunde lauschten gespannt. Eine Gruppe von Windgeistern waren die Gegner, die in menschenähnlicher und damit auch verwundbarer Gestalt in einen fairen Kampf überwunden werden mussten. Für jeden einzelnen der Freunde, einschließlich Iruka, gab es ein passendes Gegenüber. Und in einer besonderen Arena sollte dieses Gefecht durchgeführt werden. Den Siegern winkte der machtvollen Windstein und mit diesem Stein, in Verbindung mit feurigen Herzstein des Drachen Tiamat, der in einem Splitter zu Iruka kam, sowie dem Juwel der Meereskönige, das Iruka nahe an ihrem Herzen trug, konnte der letzte Bann gebrochen werden und die ganze Gruppe zurück zum Regenbogenschloss von Lady Glee zurückkehren. Auch der unheimliche Windzauber, der über der Nebelinsel der Tigger lag, würde endlich verschwinden.
    #133Author Edmond Dantes (236914) 03 Jan 07, 12:12
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    Iruka konzentrierte sich und übermittelte auf geistigem Wege eine Botschaft an die Windgeister. Als die Freunde nach einer kurzen Pause ihre Bereitschaft zeigten, verwandelte sich die gesamte Umgebung. Wie groß der Raum war, in dem sich jetzt die ganze Gruppe wiederfand, war nicht aus zu machen. Die relativ weit entfernten Wände bestanden aus Spiegeln, eben so die Decke und ein großer Teil des Bodens. Der zentrale Kampfplatz wurde durch ein schachbrettartiges Mosaik aus quadratischen Steinplatten gebildet. So nahm jeder der Gruppe an der am nächsten liegenden Seite Aufstellung, wobei der dunkle Prinz mit seinem Wunderpferd Heco eine Kampfeinheit bildete. Das kleine Küken verschwand flugs in Lyries Hemd, da war das niedliche Federtierchen in Sicherheit. Auf der gegenüberliegenden Seite tauchen nach und nach die ausgewählten Kämpfer der Windgeister auf. Zwar besaßen sie wirklich annähernd menschliche Gestalt, waren aber furchtbar anzusehen. Echte Furien, mit wild zerzausten Haaren, deren zerrupfte Kleidung im Wind flatterte, obwohl sich im Spiegelsaal kein Lüftchen regte, riesenhafte kahlköpfige, muskelbepackte Dschinne, mit grimmigen Visagen, die ausladenden dichten Augenbrauen, kohlschwarz und wie Vogelschwingen gebogen. Auch einige der anderen Gestalten besaßen etwas von einem Raubvogel. Mal waren es scharfe Adlernasen, schnabelartige Münder, Schöpfe gleich Federbüschen, teilweise besaßen die Wesen auch tatsächlich Flügel, mal vom Klauen- oder Handgelenk an zur Schulter hin echte Vogelschwingen, mal aus der Rückenmitte herauswachsend, einem Engel gleich. Jeder brachte auch einen windigen Laut mit, es zwitscherte und pfiff, stürmte, toste und brauste. Obwohl es einem irrsinnigen Chaos glich nahm jeder der Geister seine Position ein und verließ das einmal gewählte Feld nicht für einen Augenblick. Endlich war die Anzahl der Gegner ausgeglichen. Das große Finale konnte beginnen.
    #134Author Edmond Dantes (236914) 03 Jan 07, 12:14
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    Auge in Auge standen sich die Kämpfer gegenüber. Zwar besaßen einzelne Gegner auf der Seite der Windgeister eine beachtliche Größe, doch entsprach sie in etwa dem jeweiligen Widerpart, sodass eine gewisse Chancengleichheit gewährt war. Mit der Kraft oder Gewandtheit schien es ebenfalls so. Wie Fair die Geisterkämpfer waren musste sich erst noch herausstellen. Hochkonzentriert wartete die Truppe um Iruka, die einen Platz in der Mitte eingenommen hatte, flankiert von Joe und Vik. Daisy und Nachteule, Buffy und Steffal, Mate und Bob, sowie Trottele und die Tiggerin befanden sich paarweise links und rechts. An den Außenflanken standen die Kämpfer Lord Glee, Lyri, Bernie, Edward, Prinz Lala auf Heco und der rote Teufel bereit. Trottele sah zu ihrer Freundin Lady_Bird hinüber, die einen Platz in der Nähe von Lyri gefunden hatte und damit einem Windgeist in Falkengestalt gegenüber stand. Lady_Bird bemerkte es nicht. So konzentrierte sich Trottele auf ihren Geist. Der besaß eine eisblaue Schuppenhaut und einen furchterregenden, lederhäutigen Echsenkopf. Die vorstehenden Echsenaugen musterten sie etwas herablassen. Aus dem zahnbewehrten Maul der Echse zischelten knarrende Laute. Wollte das Mistvieh sie beleidigen? Eine Waffe war an dem Biest nicht aus zu machen. Aber dafür reichten schon die krallenbewehrten Klauen. Die schlangengleichen und sehr dünnen Arme der Echse wedelten durch die Luft und es sah so aus, als würde das Wesen einen Zauberspruch mit beschwörenden Gesten untermalen. Bis auf wenige Töne, die die Windgeister von sich gaben, war es auf dem Kampfplatz ruhig geworden. Endlich beruhigten sich die Zauberwesen und eine gespannte Stille senkte sich über die Arena. Wer würde mit dem Angriff beginnen? Da wurde Trottele von einem Eishauch an der Schulter gestreift.
    #135Author Edmond Dantes (236914) 08 Jan 07, 06:52
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    Es war nicht der böse Schmerz in ihrer linken Schulter. Es war diese verdammte Kälte. Und sie hasste Kälte. Die war nicht nur an der Stelle, die vom Eisatem der Echse getroffen war. Die Kälte war überall. Trottele spürte jeden einzelnen Knochen. Ihr Knochenmark schien sich in Eiskristalle verwandelt zu haben. Auch wenn sie das Gefühl von rinnendem Eiswasser an ihrem Rückgrat fühlte, ließ ihre Konzentration nicht nach, denn schon war die Eisechse heran und mit einem Tatzenhieb zielte das Wesen auf ihren Kopf. Aber gewandt, wie Trottele nun einmal war, tauchte sie unter dem tödlichen Hieb ab und versetzte mit ihrem rechten Ellenbogen der Echse einen Stoß. Ihr war es, als berührte der Ellenbogen eine steinerne Wand. Und die Echse strauchelte nicht einmal. Ein gutes hatte die aktuelle Schmerzwelle, die nun vom Ellenbogen aus durch ihren Körper tobte, sie vertrieb die eisige Kälte aus ihren Knochen und klärte ihren Kopf. Irgendwie musste dem Vieh beizukommen sein. Da die Eisechse durch ihren Schwung etwas zu weit getragen wurde, besaß Trottele einen winzigen Augenblick Zeit, die Lage zu peilen. Um sie herum tobte der Kampf. In der Ferne sah sie Prinz Lala auf seiner Heco, der dadurch natürlich das Feld überragte und so leicht aus zu machen war. Fleißig verteilte er Hiebe mit seinem Schwert ‚Firefly’. In ihrer unmittelbaren Nähe versorgte gerade die kleine Nachteule eine Windfurie mit interessanten Gesichts- und Körperverzierungen. Trottele bemerkte an Nachteules Fingern golden glitzernde, handlange und äußerst scharfe Krallen, die denen ihres speziellen Eisfreundes in nichts nach standen. Doch musste sie sich in Acht nehmen, denn der etwas tumbe Geselle befand sich auf dem Rückweg und wollte noch eine Runde mit ihr spielen. So stellte sie sich in Positur, grinste den Echsenonkel frech an und überlegte sich noch ein paar findige Tricks, um den Eismann aufs Kreuz zu legen.
    #136Author Edmond Dantes (236914) 08 Jan 07, 07:31
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    Die Echse verwandelte sich von einer stählernen Ramme in eine Kanonenkugel. Leicht geduckt schoss der wilde Eisgeist geradlinig auf sein Ziel zu. Nie wäre es Trottele in den Sinn gekommen, dass ein ekelhaftes und unförmiges Muskelpaket nach einem so kurzen Anlauf solch immense Geschwindigkeit erreichte, aber Trottele besaß jetzt nur eine einzige Möglichkeit. Fliegen! Genau. Abheben und gen Himmel streben. Nur so ging es. Ein Engel war sie natürlich nicht, zumindest nicht in dem Punkt, der die Flugfähigkeiten betraf, aber sie beherrschte einige aeronautische Kurzzeitfähigkeiten. Jetzt hieß es, ruhig bleiben und den exakten Zeitpunkt abpassen. Ihr Blick blieb eisern an der heran schießenden Eisechse haften. Aber nicht die hässliche Gestalt anschauen, da schüttelte es sie immer noch, nein, genau auf die Tatzentritte achten. Im Geiste zählte sie exakt mit. Sie schüttelte noch einmal ihre herrliche rotbraune Mähne, lockerte ihre Beinmuskeln und die Gelenke. Den eisigen Hauch, den das herantrampelnde Monster vor sich her trieb, spürte sie intensiv prickelnd auf ihrem Gesicht. Milde lächelte Trottele, ihr machte die Kälte jetzt nichts mehr aus, ihr war ganz warm ums Herz. Bald, sehr bald, mein Freund…du oder ich…drei, zwei, eins…und…jetzt.
    Aus dem Stand sprang Trottele in die Luft und zog die Knie auf Brusthöhe an. Damit hatte die lebende Kanonenkugel, die keinen Blick nach oben warf, nicht gerechnet. Denn anstatt Trottel umzumähen kreiselte die Echse mehrmals um ihre eigene Achse und knallte hinter Trottele zu Boden. Die junge Frau durchschnitt parallel dazu mit einem vorbildlichen Salto die Luft, landete in Verteidigungsposition, wie aus dem Lehrbuch der asiatischen Kampfkünste, seitwärts auf den Füßen. Mit einer verblüffenden Geschwindigkeit, die man der Echse niemals zugetraut hätte, stand das Viech wieder wie ein Fels in der Brandung da, wartete auf die nächste Attacke des Mädchens. Nur war die hübsche Dame viel schlauer als ihr Gegenüber, sie befand sich nämlich hinter dem tumben Eistrottel, der suchend nach vorne glotzte, stellte ihm geschickt ein Beinchen und hieb ihm mit ihrer ganzen Kraft die geballten Fäuste in den breiten Rücken. Da sich der Eiskerl in der Vorwärtsbewegung befand, war sein Schicksal endgültig besiegelt. Wäre der Echsenmann nicht schon etwas angeschlagen gewesen und von seinem Wirbeltänzchen im Gleichgewichtssinn gestört, dieser etwas hinterhältige und listige Angriff der jungen Dame wäre fruchtlos geblieben. So aber sank der Fleischkoloss hilflos dem Boden entgegen, schlug mit dem schuppigen Dickschädel noch recht prächtig auf den harten Stein und katapultierte sich damit in das Reich von Morpheus, der bekanntlich über den Schlaf der Gerechten und Träumer wacht. Trottele stieß einen triumphierenden Schrei aus.
    #137Author Edmond Dantes (236914) 08 Jan 07, 12:04
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    Ihr Triumph währte jedoch nicht sehr lange. Was um sie herum geschehen war hatte Trottele nicht mitbekommen, zu sehr war sie von ihrem Kampf mit dem Echsenkerl in Anspruch genommen worden. Als sie sich nun umblickte und ihre Umgebung bewusst wahrnahm stellte sie fest, wie sehr sich die Reihen auf beiden Seiten gelichtet hatten. Ein gewaltiger Schock bemächtigte sich ihrer. Die große Angst um ihre Freunde. Erst jetzt bekam sie mit, dass sich Recken, die wohl im Gefecht überwunden worden waren, nicht mehr auf dem Felde befanden. Ohne irgendeine Spur. Auch ihr Sparringspartner war nun nicht mehr zu sehen. Die Stelle, an der er sich noch vor kurzem befand und friedlich träumte, war gähnend leer. Die glorreichen Sieger (wie sie vermutete) standen auf jenen Feldern, auf denen sie zuerst in den Kampf gestartet waren und wirkten so leblos wie Wachspuppen. Eigenartig. Höchst eigenartig. Oder hatte etwa so ein Frostkerl, wie dieser Echsenheini, alle eingefroren. Freund und Feind. Trottele konnte sich frei und ungezwungen bewegen. Einzelne Gefechte spielten sich fern und nah ab. Ehe sie aber zwischen Gut und Böse unterscheiden konnte, aber auch ehe sie die Menge der Sieger und Verlierer auf beiden Seiten richtig einschätzte, wurde es um sie herum dunkel. Finstere Nacht. Ihre Glieder waren auf einmal wie gelähmt. Dann erfolgte eine federleichte, recht angenehme und etwas kitzelnde Berührung. Der Kampf hatte sie doch mehr mitgenommen, als sie im Rausche ihres Sieges gedacht hatte. Die blauen Flecken und Abschürfungen, die schmerzenden Muskeln und Schienbeine, dazu eine unsägliche Müdigkeit, auch ein leichter Kopfschmerz…bis eben war da nichts gewesen. Neue, wohltuende Energien und wohlige, sehr angenehme Wärme durchfluteten sie. Körper und Geist kamen zur Ruhe. Überirdische Musik wirkte auf ihre zuvor so überlasteten Nerven. Uralte Hirtenweisen. Oder Engelsmusik. Beruhigende, einschmeichelnde Klänge, die von Windharfen erzeugt schienen. Sie fügte sich in ihr momentanes Schicksal, lauschte und genoss. Wie lange diese Vorgänge andauerten konnte sie nicht sagen, es mochten Minuten gewesen sein, aber auch eine Ewigkeit gedauert haben. Vielleicht war sie auch in einen erfrischenden Schlaf gefallen, denn sie fühlte sich jetzt recht fit. Nun schwoll ganz langsam ein erst leises, dann immer lauter werdendes Gemurmel an. Sie versuchte ihre Augen zu öffnen. Nichts geschah, so sehr sie es auch versuchte. So horchte sie intensiv. Das undeutliche Gemurmel klärte sich etwas, obwohl die Lautstärke noch immer recht hoch war.
    #138Author Edmond Dantes (236914) 09 Jan 07, 06:34
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    „Holla, wo kommt denn dieser ausgewogene Degen her, liegt richtig gut in der Hand…ob mein Gegenüber auch etwas Vergleichbares hat? Tatsächlich, an seinen Armgelenken sitzen spitze Dornen. Aber warte, in deine Flügel werde ich ein paar hübsche Streifen schnibbeln. Ach, was kann ich daraus alle für Geschichten und Lieder komponieren. Falls das Abenteuer gut ausgeht…Uh, das Monster greift an…und hat auch noch einen Skorpionschwanz…na warte…tschak, twonk,…jetzt ist der Giftstachel weg und vom Schweif ein Stück kupiert.
    So, Heco…Attacke, auf dich kann ich mich verlassen…schnell mal ein Blick zu Mate…das Mädel schlägt sich hervorragend, wie sie sich biegt und elegant zur Seite steppt…seufz…aber jetzt Konzentration, hier kommt Lala mit ‚Firefly’ in den Kampf…zum Glück habe ich immer ein paar Tricks auf Lager. Und mein Wunderpferd ist unschlagbar! Los braves Pferdchen…
    Wir Leute von der Nebelinsel sind nicht auf den Kopf gefallen…komm nur, komm…ja, so ist es gut…, rantiggern, abtauchen jetzt und schon einen Hüftwurf angesetzt…Perfekt!
    Ach Daisy, meine Daisy, gutes Mädchen, auf dich kann ich mich verlassen, heja, das Biest ist tritt nach mir, höchst unfeine Methode, hier…probier mal diese Faust…schmeckt es? Nach mehr…kannst du gerne haben, da nützen dir deine gepanzerten Tatzen auch nicht sehr viel. Was habe ich denn in der Hand? Fünf kleine Wurfmesser…und da kommt auch schon so ein wildes Weib auf mich zu…bääh, sie spukt nach mir…pfui…da hast du dein Fett…hah, Treffer, jetzt schnell ein Stück zur Seite getänzelt, in Position…und…da, der nächste Treffer! Wie sich wohl mein Herzallerliebster schlägt…aber keine Zeit…da kommt der nächste Angriff…puuh, das war knapp, das Teufelsweib hat mich böse an der Schulter erwischt…
    Der Joe, der macht es mit einem Spruch, einem hippen, schlägt den Gegner in die Flucht und in die harten Rippen, da bekommst du weiterhin dein Fett, denn du bist heute überhaupt nicht nett zum Joe, der tritt dich mächtig in den Po und da, der war für das Auszanken , auf die Knie, tu dich jetzt lieb bedanken und noch einen schmettere ich dir, du selten dummes Viech, ich will zum Bier dich dann verspeisen, uff…dein Konterschlag traf mich wie Eisen und nun sink ich auf die Schenkel nieder, bumms…dein nächster Hieb knallt auf mich wieder, aus ist es mit dem Joe und seinen Liedern, jetzt stimm ich an den Schwanengesang, sakra i spürs in die Glieder, kommt doch Freunde, holt mich wieder, doch ich krieg nicht geschafft den Klepper, kommt das End nun für den Rapper, Himmel hol mich, bin im Eimer, träum ich, da steht Mutter Beimer, links daneben steht Mister Spock…und der Elvis, ah ‚Jailhouse-Rock’, aber was is des, des glaubt mir wieder kaner, da steht der Ostbahnkurt verkleidt als Indianer!“
    #139Author Edmond Dantes (236914) 29 Jan 07, 12:02
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    So richtig konnte Trottele die Stimmen nicht lokalisieren. Teilweise überlagerten sich die Geräusche, Laute und Satzfetzen. Manchmal erkannte sie auch den einen oder die andere. Oder glaubte es zumindest. Sie war sich sicher Lord Glee gehört zu haben und auch ihre Freundin Lady_Bird. Doch stimmte das alles? Waren die Kämpfe der Freunde tatsächlich so verlaufen? Was war mit Daisy und Joe? Dann verstummte das Geräuschchaos. Jetzt dachte sie, ihre Augen würden sich öffnen. Aber nun erschienen bewegte Bilder in ihrem Kopf. Ein Wüstenwind trieb sein Spiel mit einem kugeligen Busch. Gerade titschte das Gezweig zwischen zwei Kakteen hindurch. Dann folgte der Busch eine ganze Weile einer fast schnurgeraden, unsichtbaren Spur in dem mal rötlich, mal golden glitzernden Sand. Die öde Wüstenei war nur durch bizarre Kakteengewächse unterbrochen, die mal vereinzelt standen, mal in Gruppen in der Gegend verteilt waren. Dann rollte der zerzauste Buschball zwischen zwei Pfählen hindurch, die ein verwittertes Ortsschild trugen. ‚Dumpfstein’ stand da in großen Lettern, die tief in das Holz eingebrannt waren. Darunter hatte ein Witzbold mit dem Messer folgende Worte eingeschnitzt: ‚Di lezde Schanze for tem Nix!’. (Ober der Schreiber wohl die Schanze in der richtigen Richtung genutzt hatte?) Wo bisher nur Sandkorn neben Sandkorn lag, war nun eine mehr oder minder befestigte Straße zu erkennen. Auch wenn es eigentlich eher eine doppelte Wagenspur mit Schlaglöchern war. Dazwischen vermittelte der graue Staub den Eindruck, hier wären einstmals Rinderherden durchstampediert. In einem leichten Rechtsbogen führte sie zu einer Goldgräberstadt, die verdreckt, still und sehr verlassen in der Nachmittagssonne döste. Es war kein Mensch zu sehen. Nichts bewegte sich in den beiden Häuserzeilen links und rechts der Straße. Aber noch etwas anderes fiel auf. Mit der Sonne stimmte etwas nicht. Oder warum waren die Bilder nun blaustichig?
    #140Author Edmond Dantes (236914) 31 Jan 07, 12:13
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    Das erste Gebäude auf der rechten Seite war ein breit angelegter Mietstall. Davor stand seitlich eine Esse um die verstreut herum einzelne Kohlenstücke lagen. Ein angebrochenes Wagenrad, an die Stallwand gelehnt, ergänzte das Bild. In der unmittelbaren Nähe ein abgedeckter Ziehbrunnen mit Tränke. Gegenüber war ‚Emily Chambers – Haushaltsbedarf’, das kleine Lädchen wirkte noch recht ansehnlich im Gegensatz zu manchen anderen, auch wenn durch die mit Brettern vernagelte Fensterscheibe keine Auslagen zu bewundern waren, dafür besaßen die winzigen Seitenfenster noch sehr fein gestickte Gardinen, nur waren diese sehr vergilbt. Verwehrten aber so den Einblick in die kleinen Kämmerchen. Es gab einige mehr oder weniger heruntergekommene Wohngebäude von unterschiedlicher Größe, teilweise mit eingeschlagenen oder rissigen Fenstern, dann eindeutig das Haus des örtlichen Doktors, kenntlich am Äskulap-Stab, groß und grob auf die Front gepinselt, bis etwa in der Mitte des Ortes ein wuchtiges Bankgebäude stand. Dem musste natürlich passend ein fast gleichgroßer Saloon gegenüberstehen. Die Schwingtüren, die etwa in Kniehöhe begannen und bis in Brusthöhe reichten, bewegten sich ein bisschen im Wind. Ganz am Ende der Straße lag auf der einen Seite das Gefängnis mit dem Büro des Sheriffs, auf der anderen ein langgestreckter, flacher Bau mit Doppeltor über dem zu lesen stand: ‚C. T. Joe Original Honigtau-Manufaktur’. An der Türe des Sheriffs klebte noch ein verwittertes, eingerissenes Plakat. Gesucht wurden berüchtigte Einbrecher, die absolut keine Spuren hinterließen und schon oft im hiesigen und den Nachbarbezirken zugeschlagen hatten, dies konnte man so gerade noch entziffern. Und die höchst amtliche Unterschrift darunter. Ein Sheriff mit dem sehr sonderbaren Namen Liadin hatte hier schwungvoll und großzügig gezeichnet. Links neben der Eingangstüre stand ein alter Schaukelstuhl aus Rohrgeflecht auf der Veranda. Auch hier lang, wie fast überall, eine dicke, graue Staubschicht. Nun senkte sich sehr plötzlich tiefe Dunkelheit über den verlassenen Ort. Und die bisher so unbelebte Szenerie belebte sich…
    #141Author Edmond Dantes (236914) 01 Feb 07, 14:59
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    Überall flammten hinter den Fenstern Lichter auf. Endlich ertönten auch Geräusche: Pferde wieherten leise, Kinder lachten irgendwo, ein Hammer spielte ein immer wiederkehrende, aber ziemlich eintönige Melodie auf einem Amboss, aus dem Saloon erklag zwischen dem Grölen von Männern und Gläserklirren ab und zu das Geklimper eines mechanischen Pianos, aber sehr viel näher war ein kräftiges Schnarchen zu vernehmen. Ja, da lag Sheriff Liadin (denn wer konnte dies anders sein) mit tief ins Gesicht gezogenem großem Stetson auf dem Schaukelstuhl und schlief den Schlaf eines Gerechten. Sein Repetiergewehr wiegte der Sheriff dazu wie ein Baby leicht in den Armen. Der Schaukelstuhl wippte mal ein Stück nach vorne, mal ein Stück nach hinten. Wie von Zauberhand bewegt. Ob Liadin wohl die kaum belebte Straße, besonders aber das Bankgebäude und den Saloon, im halb zugekniffenen Auge behielt? Nur passierte etwas heimlich und still ganz nahe bei Liadin. Doch der gute Gesetzeshüter bemerkte es nicht! Obwohl er (na ja, richtig wäre ‚sie’) sonst ein recht aufmerksames Auge des Gesetzes war. Denn die Diebesbande, die auf dem Plakat auf Liadins Bürotür gesucht wurde, machte sich gerade vorsichtig und mit der Präzision einer Uhr ans Werk. Die Bande der ‚unheimlichen Vier’ bestand aus einem hübschen aber kräftigen Elch, auf seinem Rücken lag platt ein gemütlicher, etwas verfressenen Maulwurf, dieser trug eine etwas japanisch angehauchte schwarze Katze (sie stand auf Sushi mit süßer Sahne) auf dem Buckel. Zuletzt thronte eine fusselige und etwas verwuselte Eule auf der dezent schlitzäugigen Katze. Die weise Eule hatte in den letzten Tagen den großen Coup ausbaldowert und das Areal von einem besonderen Plätzchen ausspioniert. Sie hatte nämlich bei Emily Chambers Quartier genommen, ohne das diese Dame etwas von ihrem Gast bemerkte. Ganz heimlich unter dem Dach. Und da Frau Chambers keine Mäuse frühstückte, bemerkte sie auch nicht, wie andere, meist unsichtbare Hausgenossen spurlos verschwanden.
    #142Author Edmond Dantes (236914) 05 Feb 07, 12:03
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    Die Honigtaumanufaktur von C. T. Joe besaß einen gut gesicherten Vordereingang. Mit doppelter Kette und extradicken Schlössern war das Doppeltor geschützt. Die Ausfahrt am entgegen gesetzten Ende des flachen Gebäudes war durch dicke Bohlen von innen verriegelt. Aber für Freund Maulwurf eine Kleinigkeit. Zumindest in das Gebäude hinein zu kommen. Während die Eule auf das Dach flog und einen günstigen Punkt fand, der gute Übersicht über die Zugänge zur Stadt hin bot, blieb der kleine Elch im Bereich des hinteren Tores im dunklen Schatten. Er musste auf seinen schweren Einsatz noch etwas warten. Der Kater, Kuroineko mit Namen, stand oberhalb des Plätzchens Schmiere, an dem der Maulwurf sich gerade mit Vehemenz ins Erdreich buddelte. Nun gut, Kuroineko stand nicht, der smarte Kater lag so in einer flachen Kiste, dass nur die Ohrenspitzen über den Kistenrand hinauslugten, sowie ab und zu ein Paar leuchtende Augen. Da hier an der Gebäudewand leere Kisten und Fässer gestapelt waren und nur ein kleiner Spalt nahe am Boden Platz für den Maulwurf ließ, hätte niemand die Aktivitäten der Diebe bemerkt. Auch hätte ein Eulenschrei genügt, der Maulwurf würde sofort seinen Tunnelvortrieb einstellen. Ein zweiter Schrei, die ganze Bande verschwände im Dunkel der Nacht. Aber niemand näherte sich dem Bau. Gerade tauchte der Maulwurf wieder aus dem Erdreich auf und rief Kuroineko. „Der Tunnel ist fertig. Dein Typ wird verlangt, werter Kollege. Wenn wir doch endlich mal wirklich einen großen Coup landen würden. Dann ginge ich nach Paris. Im ‚Mauli-Rouge’ soll es richtig himmlisch sein, mit den Mädels und so. Und laut dem ‚Guide Maulio’ ist die Fressage da auch allererste Sahne! Warte es nur ab, eines Tages mache ich in Paris meinen eigenen Laden auf. Hier kocht der Chef!“ „Wenn du Sushi mit Reisbällchen machst und Meerrettich-Sahne-Tunke dazu, komme ich auch. Oder Honigmousse mit echten Mäuschen! Da kann auch Kunsthonig drin sein, die Mäuse sind wichtig, jung und zart!“ „Du mit deinem Mäusetick! Fast schon wie die Eule!“
    #143Author Edmond Dantes (236914) 07 Feb 07, 12:30
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    Auch wenn sich die beiden Ganoven flüsterleise unterhalten hatten, die hellhörige Eule bekam es auf dem Dach mit und lächelte versonnen in sich hinein. So hörte kurze Zeit später Kuroineko über den Tunnel des Maulwurfs fluchen, obwohl der Kollege Tiefbau ein gutes Stück hinter der Katze war und diesmal nicht, wie sonst bei seiner Wühlarbeit üblich, sorglos mit Dreckbrocken warf. Für eine auf Sauberkeit bedachte Felide mit geschlecktem Fell ist solch ein enges Maulwurfsgebilde im Erdreich mit reichlich engen Windungen kein Sahneschlecken! Auf der Rückseite dauerte es noch ein ganzes Weilchen bis der kleine Elch bei seiner einsamen Wache durch scharrende Geräusche aus seinen Träumen aufschreckte. Bald würde das Elchmädel zum Einsatz kommen, Muskelkraft war gefragt. Also erst einmal etwas recken und strecken. Wenig später öffneten sich die Torflügel ein Stück. Der Maulwurf und die Katze hatten ihren Part bis hier erledigt. Die Eule kam kurz bis an den Rand des Daches, meldete keine besonderen Vorkommnisse und flatterte zurück zu ihrem Ausguck. Katze, Elch und Maulwurf verschwanden in der Honigtaumanufaktur. Nach geraumer Zeit erschien der Maulwurf und pfiff nach der Eule. Es dauerte nur einen winzigen Augenblick, da war sie zur Stelle und schaute den Maulwurf erwartungsvoll an. „Hab ich also recht gehabt. Richtig gute Ware was! Das wird ein Fest! So ein leckres Honigzeug.“ „Ja, ja. Gutes Zeug, hast du prima gemacht! Schau dich noch einmal um, wir sind hier fertig. Der kleine Elch ist angeschirrt und Kuro hat auf dem Kutschbock Platz gefasst. Es war alles genau so, wie du es ausgekundschaftet hattest. Hast du gut hinbekommen. Wenn wir deinen Schrei hören ist die Luft rein, dann brechen wir auf und du folgst uns umgehend, wenn du den nächsten Pfiff vernimmst!“ Die Eule nickte und erhob sich mit kräftigem Flügelschlag fast lautlos in die Luft, während der Maulwurf zurückhuschte und hinter dem Tor verschwand.
    #144Author Edmond Dantes (236914) 08 Feb 07, 06:36
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    Erst kam der Eulenschrei, kurz darauf antwortete ein hoher, gellender Pfiff. Mit einem überlauten Knall, der wie ein Schuss durch die Nacht hallte, klatschten die Torflügel an die Schuppenwände. Fast mit dem Knall schoss wie ein geölter Blitz eine niedrige Frachtkutsche aus der weiten Öffnung. Der kleine Elch legte sich mächtig ins Zeug und preschte mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit voran. Das niedliche Huftier wusste genau, wozu es sich so sehr anstrengte. Der süße Honigtau lockte! Von dem leckeren Nass standen auf der langen Ladefläche bestimmt mehr als zwei Dutzend Riesenfässer dicht an dicht, mit dicken Hanfseilen gesichert. Man hörte es fröhlich in den Behältnissen gluckern und das Elchlein leckte sich schon die Lippen. Mittlerweile war auch die Eule über dem hin und her taumelnden Fahrzeug aufgetaucht. Bisher konnte sie keine Verfolger entdecken und dies gab sie ihren Freunden zu verstehen. Wobei gesagt werden muss, der arme Maulwurf bekam den Eulenruf kaum mit, denn er lag ermattet im Durchstieg des Kutschbockes auf dem der grinsende Kuroineko saß und sich die Krallen polierte, während er lässig die Zügel hielt. Die scharfen Krallen waren nämlich zuvor etwas in Mitleidenschaft gezogen worden. Zuerst beim Aufriegeln der Torbohlen, dann beim Anschirren des Elches. Anschließend als der Kater schon auf dem Bock saß und dem Maulwurf auf die lospreschende Kutsche half, denn der Maulwurf musste die Tore für die Frachtkutsche ganz aufschlagen während Kuroineko das Gefährt lenkte. Das ungewohnte hinterher rennen nahm dem Maulwurf die Puste und er keuchte noch auf dem Wagenboden. Die holpernde Kutsche ratterte in Richtung einer flachen Hügelkette in deren Mitte sich ein tiefer Einschnitt befand. Hinter der Durchfahrt gab es ein weitläufiges Waldgebiet. Dort lag das momentane Versteck der tierischen Diebesbande.
    Die Eule blickte sich am Himmel noch einmal in alle Richtungen um. Nirgendwo erblickte sie einen Hinterhalt oder etwaige Verfolger und so gönnte sie sich etwas Ruhe, peilte die Kutsche an, landete mitten auf der Fracht und genoss die Fahrt von diesem Platz aus. Auf dem Kutschbock vor ihr redete schon die ganze Zeit der Kater auf den noch immer etwas geplätteten Maulwurf ein. „An zwei Fässern habe ich mal die Verschlüsse an den Spundlöchern aufgekrallt und die Sore getestet, was für ein edles Gesöff! So etwas gibt es nicht mal in Paris, auch nicht im ‚Chat Noir’!“, meinte er grinsend und gab dem Kumpel
    einen deftigen Rippenstoß. Als die Eule dies hörte, konnte sie nicht an sich halten. Sie war zwar weise, manchmal aber auch naseweis und vorwitzig. Und vor allem ein genießendes Genußeul. Sie scharrte, ribbelte, kratzte und knibbelte an der dicken Wachsschicht des Holzstopfens der das Spundloch auf ihrem Sitzfass verschloss. Geschafft…und schon tunkte sie ihr Schnäbelchen ins Spundloch des Fasses, sog den alkoholgeschwängerten Honigduft ein. Das Elchlein legte sich gerade elegant in eine gestreckte Kurve, da ging die furchtbare Höllenmaschine in dem präparierten Fass los.
    #145Author Edmond Dantes (236914) 08 Feb 07, 12:02
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    C. T. Joe war sehr erregt über das, was ihm Liadin im Saloon bei einem Drink gerade erzählt hatte. Denn wie üblich nahm er zusammen mit dem Sheriff seinen Nachmittagswhiskey dort ein. Als er zu seiner Manufaktur zurückschlenderte, sah er sich extra noch das offizielle Schriftstück am Sheriffbüro an. Jetzt hatte er es amtlich bestätigt und schwarz auf weiß gesehen. Wie konnte er sein Hab und Gut schützen? Da breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Falls sich die Diebe mal an einer Fuhre seines Honigtaus vergreifen sollten, würden sie ihr blaues Wunder erleben. Sofort machte er kehrt und stattete schnell noch dem kleinen Laden von Frau Chambers einen Besuch ab. Hier erstand C. T. Joe einige wichtige Utensilien. Die nette Emily Chambers lieh ihm extra einen großen Korb, in dem C. T. Joe seine Erwerbungen verstaute. Aber das allerwichtigste Teil, dass Tüpfelchen auf dem i, das hatte C. T. Joe schon vor einiger Zeit gekauft. Eigentlich mehr durch Zufall. Vor ein paar Monaten traf C. T. Joe einmal einen durchreisenden Chinesen namens Mi an Schmiede am Mietstall. Der fremde Asiat ließ dort seinen Maulesel neu beschlagen und führte vor den Stallungen, während der etwas längeren Wartezeit, einen kleinen Freihandverkauf durch. Herr Mi bot allerlei kleine Phiolen mit bunten Tinkturen, Papiertütchen mit geheimnisvollen Pülverchen und winzige, duftende Seidenkissen an, unter anderem aber auch Kracher und Böller mit Schwarzpulver. Bei dem Geschäft redeten Herr Mi und C. T. Joe kräftig aneinander vorbei, keiner verstand sein Gegenüber so richtig, doch J. T. Joe war mit seiner erstandenen Ware höchst zufrieden und auch der Asiat Mi war mit der Anzahl der Münzen, die C. T. Joe ihm aus seinem Lederbeutel in die Hand schüttete, mehr als glücklich.
    C.T. Joe, der bei seinem Freund Doc Samweis wohnte und auch dort im Hinterhaus sein Labor betrieb (hier erstand auch das gut gehütete Rezept für seinen Honigtau, an dem auch Doc Samweis beteiligt war, denn der alte Kräuterkundler sorgte für die richtige Würze des Honigtaus), bastelte alle die feinen Dinge zusammen , die bei den Banditen für eine riesige Überraschung sorgen sollte. Denn er wollte die Fuhre schützen, die nachts unbewacht im Lagerhaus stand. Zwar war das Lager von außen eigentlich gut gesichert, aber man wusste ja nie. Doch irgendwie hatte C. T. Joe die pyrotechnische Meisterleistung des Herrn Mi unterschätzt oder es waren die guten Zutaten von Frau Chambers, die für den superben Bombenerfolg sorgten.
    #146Author Edmond Dantes (236914) 09 Feb 07, 12:01
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    Der gewaltige Knall riss die Bürger von Dumpfstein aus dem Tiefschlaf. Sheriff Liadin schreckte im Schaukelstuhl hoch und ballerte (versehentlich) mehrere Schüsse ins Vordach. C. T. Joe schnellte im langen Nachthemd von seiner Lagerstatt hoch und rannte ans Fenster, mit gleichzeitig lautem Hurragebrüll, dann zog er sich einen Mantel und seine Stiefel über, griff sich noch die geladene Flinte von der Wand, machte sich anschließend zum Lagerhaus auf. Bei Frau Chambers, am anderen Ende des Dorfes krachte ein Türmchen Kochtöpfe in der Auslage zusammen, auch der farbenfrohe Ölschinken ‚Röhrender Elch am Honeydripperlake’, der den offenen Kamin zierte, wurde etwas in Mitleidenschaft gezogen. Der Rahmen knallte auf den Fußboden und das Bild fiel heraus. Aber am nächsten Morgen (Frau Chambers besaß einen gesegneten Schlaf) fand die nette Dame eine zwischen Bild und Rahmen versteckte, ganz spezielle Schatzkarte ihres vermissten Oheims und machte damit ihr großes Glück. Auch in den anderen Häusern regte sich etwas. Öllampen und Kerzen wurden angezündet. Überall herrschte hektisches Treiben. Rufe nach der Kavallerie wurden laut. Die Straße belebte sich mit mehr oder weniger unordentlich gekleideten und sehr verwirrten Bürgern, einzelne mit Fackeln in den Händen. Wenn C. T. Joe jetzt erzählt hätte, dass er für die Störung der Nachtruhe verantwortlich war, die netten Leute von Dumpfstein hätten ihn gelyncht. Aber er hielt wohlweißlich den Mund und marschierte in der Masse der grummelnden Bürger zum Ortsausgang. Den Fassdieben erging es viel schlechter. Der Knall fegte den Maulwurf und die schwarze Katze wie vertrocknete Herbstblätter vom Kutschbock. Der Maulwurf produzierte einige sehenswerte Salti, fluchte und rannte in Richtung Geheimversteck fort, er ahnte schon, was ihm und seinen Freunden blühte. Kuroineko, die schwarze Katze, bekam den Abflug etwas eleganter hin, gab aber auch Fersengeld. Der kleine Elch flüchtete nicht. Er blieb völlig erstarrt stehen, warf einen enttäuschten Blick zurück auf die Fässer und besah fasziniert die wunderbare Himmelfahrt der verdutzten Eule.
    #147Author Edmond Dantes (236914) 19 Feb 07, 12:01
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    Die Eule spürte das vibrieren des Deckels nicht, da das Fuhrwerk sehr unruhig fuhr. Aber mit dem großen Knall schoss der Fassdeckel in die Höhe und die Eule konnte kein Land mehr (besser, keine Luft mehr) gewinnen, sie klebte fest, wie mit gutem Vogelleim fixiert.
    Als dann der Deckel eine Kurve flog, glitt das völlig verwirrte Eulchen von ihrem fliegenden Podest, vergaß aber ihre Flügel auszubreiten und stürzte so, mit den Krallen voraus, dem Boden entgegen. Doch dann gewann das Eulchen seine Sinne zurück und tat das, was ein Vogel so in der Luft tut. Dabei blickte sie sich nach ihren Freunden um. Der Elch stand noch immer wie in Stein gemeißelt da. War er unter Schock? Irgendetwas musste doch passieren.
    Die Diebesfreunde schon weit entfernt auf der Flucht und der zierliche Elch einsam und alleine. Wenn die Dumpfsteiner seiner habhaft wurden, dann war es aus. Dann kam er in ein dunkles und tiefes Bergwerk. Durfte untertage 24 Stunden die schwersten Loren ziehen.
    Vielleicht pfiffen gleich dem kleinen Elch die blauen Bohnen um Ohren, Nase und Geweih!
    Zum Glück kamen die Leute aus Dumpfstein nicht auf die Idee die Honigtaudiebe mit Reittieren oder einem Gefährt zu verfolgen. Dies erkannte die Eule aus luftiger Höhe sofort. So flog sie auf den noch immer maulaffenfeil haltenden Elch zu, um ihn aus der Erstarrung zu lösen. Aber der Feuerzauber war noch nicht vorbei. In dem präparierten Fass brodelte es. Feuerschein oder Funken waren nicht zu sehen. Wie aus einer frisch angebohrten Ölquelle entstand aus dem Blubberfass eine Säule himmelwärts, gespeist aus dem Honigtau, neigte sich in einer beachtliche Höhe wieder in einem sehr eleganten Bogen dem Erdboden zu und netzte als endliches Quell die trockene Zunge des Elches. Der leckte sich fröhlich Lippen und klebrige Nase, schielte dabei leicht in Richtung Dumpfstein. Dieses besondere Zielwässerchen bewirkte nach einiger Zeit (der kleine Elch bekam den Hals nicht voll und sah schon die ersten Dumpfsteiner ihre gesammelte Artillerie in Stellung bringen), obwohl die interne Tanknadel des Elchleins noch einige fehlende Eichstriche aufwies, das nun der Honigturbo eingeschaltet werden musste. Beinahe kippte bei diesem Gewaltstart der ganze Zug um. Aber ehe noch der erste Schuss fiel, bekam der Elch seine vorauseilenden Freunde eingeholt. Er überholte sie nach einiger Zeit sogar. So verschwand die Bande mit ihrer Beute in ihrem Versteck und wurde nie wieder in der Gegend gesehen. Nur das mittlerweile fast leere Höllenfass blieb den Bürgern von Dumpfstein erhalten. Und hatte noch eine großartige Überraschung parat. Und das lag bestimmt an dem wundersamen Asiaten, dem Herrn Mi.
    #148Author Edmond Dantes (236914) 19 Feb 07, 12:02
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    Es war noch immer stockdunkel. Und das teuflische Höllenfass gab keine Ruhe. Die Dumpfsteiner sahen keine Chance die geklaute Fuhre zurückzuerobern. Dafür waren die dreisten Diebe schon zu weit weg. Aber sie rückten bis zum einsam daliegenden Fass vor. Zwar floss kein Honigtau mehr daraus, doch es knackte und knisterte unheimlich hinter den Dauben. Dann ploppte es vernehmlich aus der Öffnung. Es war…ein dicker, bunter Faden. Der wuchs und wuchs, als besäße das Fass keinen Boden.
    Wie eine Giftschlange, die ein Fakir mit seinem lieblichen Flötenspiel aus dem Schilfkörbchen lockt, so reckte sich der Faden aufrecht in die Höhe. Reckte sich und reckte sich. Schon mussten die ersten Dumpfsteiner den Kopf in den Nacken legen und die Fackeln weit gen Himmel strecken. Der Faden berührte schon beinahe den Mond. So sah es zumindest aus. Ein verirrtes und einsames Mondschaf, das gerade das Meer der Ruhe verließ, staunte nicht schlecht als das dichte Gespinst so nahe an ihm vorbei glitt. Es dachte an all die viele Wolle, die man für einen solchen Faden benötigen würde und meckerte, denn ansonsten hatte es wenig zu tun. Der unendliche Faden spann sich immer weiter. Die Dunkelsonne, die gerade eine hübsche Rhapsody anstimme, stockte in ihrem Vortrag. Doch nach einigen gehusteten ‚mimimi’ ging es weiter im Text. „…des Waldes schönste Fee, das ist Madame Effweh, sie ist, wie ich nun grade seh, ein Globalplayerle…! Morgain, Kinder, wird’s was geben…Morgainstund hat Gold im Mund…und die Dunkelsonne scheint fröhlich auf das Erdenrund…! Bossy, Bossy, Bossy-Nova…the Honeystuff with full Aroma! Ieeeh!!!“
    Der gesponnene Faden spann sich immer weiter, überschritt fast die Grenze zur Nachbargalaxie. Irgendwo, ganz weit in der Ferne, schwirrte etwas vorbei. Es ähnelte ein kleines wenig einer besonders hellen Krone. Vielleicht war es gefrorenes Wasser. Oder einfach simpler, kosmischer Staub. Da hub ein tiefer Ton an. So, als würde mit einem Klöppel ein extrem großen Gong angeschlagen. Der vibrierende Ton grollte immer weiter vor sich hin. Ganz, ganz langsam erwachte Trottele aus ihrem irrsinnigen Traum. Leise vernahm sie noch folgende Worte: „Flaschenkind, ach Flaschenkind, wache doch endlich auf geschwind!Schaue nicht ins Kaleidoskop...“
    Als sie endlich die verträumten Augen öffnete war der irrsinnige Unsinn längst vergessen. Und sie spürten einen dezenten Schmerz an ihrem Mund...
    #149Author Edmond Dantes (236914) 20 Feb 07, 06:34
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    Gerade wiederholte sich der pieksende Schmerz an Trotteles Lippen, als jemand in ihrer unmittelbaren Nähe lachte. Das grollende Lachen aus voller Brust erkannte Trottele sofort. Ja, das war doch Lyris wohlklingende Stimme, die da gerade sagte: „Kleines Küken, wolltest du eine Mund zu Mund-Beatmung durchführen? Das funktioniert doch mit deinem winzigen Schnäbelchen nicht. Und siehst du, unsere Freundin kommt schon wieder zu sich!“ Trotteles Blick fiel genau auf das verwundert auf ihrer Brust stolzierende Federtierchen. Sie zwinkerte dem Küken zu, doch das Küken wendete etwas hochmütig den Blick ab, als wollte es sagen: „Wenn du mich nicht brauchst, dann…“ Anschließend piepste das Küken noch ein paar schrille Töne und tapste in Lyris ausgestreckte Hand. Sie waren schon ein seltsames Paar, der Riese Lyri und seine winzigkleine Kükenfreundin. Darüber musste Trottele lächeln. „Alles in Ordnung?“, fragte der Barde nun. Trottele erwiderte leise: „Scheint so. Was ist mit den anderen?“ „Bis auf Joe sind alle wieder bei Bewusstsein, ohne Verletzungen oder sonst etwas. Nur Joe bekommen wir nicht wach!“ Wo sich Trottele nun mit den Freunden befand war ihr nicht so recht klar. Die Umgebung war nichtsagend, einfach ein großes und sehr helles Geviert, durch undurchsichtige Nebelwände begrenzt. Iruka und die anderen Kameraden bemühten sich um Joe, aber er kam und kam nicht zu sich. „Bevor Joe nicht wieder auf dem Damm ist, können wir nicht hier weg, auch wenn wir Sieger geblieben sind und den Windstein errungen haben. Alle drei Steine habe ich hier und wir könnten vermittels eines Zaubers endlich zum Regengobenschloss, wo Lady Glee mit Lila auf uns wartet.“ Dabei nickte Iruka zu Lord Glee hinüber, der voller Sehnsucht an seine Herzdame dachte. Und Lila wartete auf Bob, nur war Bob etwas verwandelt. Lila würde sehr erstaunt über Bobs Wandlung sein. Da entrang sich Joes Brust ein tiefes Stöhnen, doch zu sich kam er nicht. Trottele hatte eine leise Ahnung, was mit Joe los war. Bestimmt war er auch noch in einer seltsamen Traumwelt gefangen. Dies bestätigte Lyri ihr gerade. „Bei dir war es auch so ähnlich, bei einigen anderen auch. Die Kämpfer, die ihren Gegner überwunden haben, waren sofort klar und ansprechbar. Bei den restlichen Kameraden dauerte es unterschiedlich lange.“
     
    #150Author Edmond Dantes (236914) 07 Mar 07, 12:14
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    Joes Traum: Kylie Marx tauchte aus dem Gindunst auf. Wie so oft war Kylie nach seinem Zug durch die Nacht noch einmal in sein Büro gegangen und eingenickt, jetzt saß er sehr breit in seinem geliebten Bürostuhl. Selten trieb ihn etwas in sein mikroskopisch kleines Appartement, das etwas weiter im Süden der Stadt lag, aber ein Detektiv, der hauptsächlich von kleinen Versicherungsfällen lebte, verdiente auch in der Stadt der Engel nicht so übermäßig, denn die Konkurrenz der riesigen Detektivgesellschaften wie Pinkerton und Brinks ließ für einen Einzelgänger nur Brosamen übrig. Viele Versicherungsgesellschaften besaßen außerdem auch eigene Hausdetekteien. Natürlich war seine zauberhafte Vorzimmerdame mit dem wunderhübschen Namen Viktoria Fox schon lange wieder in ihrem angenehmen Zuhause, sie lebte noch bei ihren Eltern. Nur einen sehr kurzen Blick hatte Kylie auf die Eingänge der Briefschaften geworfen, die ihm das süße Mädel zu Feierabend säuberlich sortiert auf seinen Schreibtisch gelegt hatte, daneben noch einige Akten und wichtige Notizen, denn er war erst am frühen Abend von diversen geschäftlichen Besprechungen auswärts in sein Büro zurückgekehrt. Da verlor er mal wieder die Lust an seinem mies bezahlten Job und war in die Bar von Mate und Ed an der Longston Street, sie befand sich in der Mitte zwischen Wilshire Boulevard und Olympic Boulevard, geflüchtet. Die kleine Bar besaß nicht nur einen langen Tresen und war mit Spirituosen gut sortiert, es gab auch eine winzige Bühne, an der seitlich noch ein zerkratztes Piano stand. Manchmal vertauschte Mate den Platz hinter dem Cocktail-Shaker mit der Bühne und sang einschmeichelnde Liebeslieder, die Ed auf dem Piano begleitete, während einige Dauergäste den notwendigen Tresendienst versahen. Da aber nicht nur Leute aus der hier ansässigen Modebranche und den nahen Büros im ‚Leos Law’ einkehrten, sonder auch Künstler aus den umliegenden Theatern, Varietes und Showbühnen, war das kleine Podium selten unbesetzt. Manch einer der Gäste hoffte hier oder am Arbeitsplatz von einem Agenten oder Impressario für Hollywood entdeckt zu werden, einzelne hatten dort schon in kleinen Produktionen, zumindest in der Komparserie, gespielt. An diesem Abend gab es, bis auf zwei kurze Ragtime-Zwischenspiele von Ed, Sketche und kleine Szenen einer neuen Theatergruppe. Und einen viel bewunderten Auftritt von einer Martha Moose. Sie trat als Elch kostümiert mit einer Musiknummer auf und ihre Virtuosität auf dem Fagott war Spitzenklasse. Später unterhielt sich Kylie am Tresen leise mit Daisy Flowers. Er hatte sie vor ein paar Tagen hier kennengelernt und mit ihr nicht nur Blicke sondern auch Visitenkarten ausgetauscht. Daisy fand Detektive aufregend und kam dann auf seinen seltsamen Vornamen zu sprechen. Er erklärte, der würde Kiley ausgesprochen, dies wäre der australische Name für Bumerang, dort stammten seine Großeltern mütterlicherseits her. Er interessierte sich nicht nur für die attraktive Daisy, auch für jeglichen Kampfsport und fand die eigentümlichen Buchstaben auf Daisys Karte mehr als chic. Daisy unterhielt um die Ecke ein Studio für asiatische Kampfsportarten. Sie sammelte auch Pluspunkte weil sie nicht auf eine Verwandtschaft mit Karl Marx oder den berühmten Marx-Brothers anspielte. Als er aus seinen Träumen auftauchte, dacht er grade laut: „Sie ist ein Engel. Und das will in der Stadt der Engel schon etwas heißen! Und ihre grünen Augen…!“ Gerade blickte er seitlich zum Wandspiegel hin, in dem er einen verwitterten Totenkopf sah. Und der Schädel monologisierte: „Dein oder nicht dein, das ist hier die Frage!“ Im ersten Moment realisierte er nicht, wer da zu ihm sprach und er tastete mit der Hand zum Schalter der Wechselsprechanlage, die ihn mit seinem Vorzimmer verband. Dann fiel es ihm plötzlich wieder ein…
    #151Author Edmond Dantes (236914) 08 Mar 07, 12:01
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    Es war etwa ein Jahr her, da hatte Kylie Marx noch ein anderes detektivisches Standbein gehabt. Beschattungen im Bezug auf Partnerschaften. Und das war eine sehr schmutzige Angelegenheit. Mit mehr oder weniger pikanten Fotos für eine erfolgreiche Scheidungsklage.
    Dabei war er an einen lukrativen Auftrag gekommen. Sogar zwei Leute konnte er zusätzlich auf Zeit für diverse Aufgaben anheuern. Nur war er an den Falschen geraten. Denn der ertappte Millionär lohnte die detailreichen und eindeutigen Fotos die Mister Marx persönlich und heimlich geschossen hatte und damit einer netten Lady ein zukünftig sehr großzügiges Einkommen zum auskommen sicherte mit einer deftigen Abreibung durch zwei gedungene Schläger. Die ganze Sache spielte sich hauptsächlich in Bay City ab. Kylie, der gerne badete oder duschte, aber irgendwie keinen großartigen Bezug zum Meer, besonders nicht zum Pazifik besaß, lernte unterhalb der Hafenmole ein Badevergnügen der besonderen Art kennen. Versüßt wurde diese neue Erfahrung durch ein zerschlagenes Gesicht, angeknacksten Rippen und fünf gut platzierten Messerstichen. Von einem angedelltem Schädel, der für die totale Umnachtung sorgte, ganz zu schweigen. Als Kylie langsam in der Dreckbrühe der Mole versank und dieses Bad wohl dank der guten Vorarbeit der beiden freundlichen Herren mit Messer und Totschläger (mit dem man jedes noch so zähe Steak weich geklopft bekommt) nicht bewusst genießen konnte, kümmerte sich das Schicksal in ganz besonderer Weise um ihn. Damals kannte er Daisy noch nicht, aber auch hier musste ein Engel am Werk gewesen sein. Oft genug hatte er diesen Schutzengel schon auf eine harte Probe gestellt, wenn Kylie sich auch nie mit den ganz harten Killern, die mit kurzschnäuzigen Kalibern blindwütig durch die Gegend ballerten, anlegte oder gar versuchte, sich in die Angelegenheiten des L.A.P.D. einzumischen. Obwohl er im Police Departement sehr gut, alte Freunde besaß.
    Er erwachte am Kai und hielt fest umklammert einen Menschenschädel in den Händen. Und der gute Geist, der in dem Schädel steckte, ließ ihn auf ungewöhnliche Weise sehr schnell genesen. Die beiden gedungenen Spaßvögel konnte er nie finden, denn er hatte sie ja nicht gesehen. Der erste Klopfer mit dem Totschläger aus der Dunkelheit sorgte für den totalen Blackout. Auch die Stimme des Lockanrufes ließ sich nie eruieren. Ob die Ganoven wirklich von dem Millionär den Auftrag für seine Entsorgung oder nur für einen heftigen Denkzettel hatten, brachte er auch nie heraus. Der Dreckskerl, der es als Hintermann gewesen sein musste, denn es war Kylies aktueller Fall, setzte sich unversehens nach Europa ab. Von der ehemaligen Klientin gab es auch keinen Sonderbonus, sie verschwand ihrerseits mit einem neuen Liebhaber in die Flitterwochen und ward nie mehr gesehen…
    #152Author Edmond Dantes (236914) 08 Mar 07, 12:05
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    Die Erinnerungen an die ungewöhnliche Nacht waren sehr bruchstückhaft und verworren. Kylie lag auf einmal an einen Poller gelehnt auf der Mole und spürte keine Schmerzen, außer dem mächtigen Brummen in seinem Gehirn. Und da war noch etwas. Eine körperlose Stimme in seinem Kopf, die beruhigend auf ihn einredete. Kylie sah die Stichwunden, aus denen jedoch kein Blut strömte. Später lag er schon eine gute Wegstrecke weiter zwischen einigen Kisten, vermochte aber weder zu bestimmen, wie viel Zeit vergangen war, noch wie er sich dahin geschleppt haben konnte. Aber immer hielt er den Schädel fest in seinen Händen, als ob er mit ihm verwachsen wäre. Die Autofahrt zu seiner Wohnung und der folgende Tag, ein Sonntag, fehlten in seiner Erinnerung komplett. Als er am Montag sehr früh erwachte, dachte er, er hätte alles nur geträumt. Aber da waren nicht nur die eindeutigen Spuren an seiner Kleidung. Da lag auch der Schädel auf seinem Nachttisch und grinste ihn an. „Klopfe ruhig deine Rippen ab oder befühle deinen Schädel, er ist genauso intakt wie meiner. Auch die Stichwunden auf deiner Brust wirst du nicht finden, noch nicht einmal die kleinste Narbe! Dafür hast du mich auch aus der Grundsuppe gefischt. Danke dir schön. Zeitweilig habe ich deinen Körper komplett übernommen und so auch etwas in deinem Hirn geforscht. Hey, nicht schämen, ich bin nicht in intime Zonen vorgestoßen, halt nur so ein paar Basisinformationen. Wollte doch wissen, mit wem ich es da zu tun habe. Eigentlich sind wir quitt…och, du brauchst nicht extra danke zu sagen, war mir ein Vergnügen. Alles ist innen wie außen wieder komplett, auch das, was du vom unfreiwilligen Bad und deinem mit Sauerstoff unterversorgtem Hirn oder den Lungen, sowie deinem stark unterkühlten Körper hättest zurückbehalten können. Der Rest war eh nur etwas Kosmetik. Nur mit dem Wagen kam ich erst nicht so ganz zurecht, der Zugriff auf den dafür benutzten Bereich war etwas schwer und ich musste mich um dringendere Sachen kümmern, aber dann hat es irren Spaß gemacht, möglicherweise kommt noch ein saftiger Strafzettel zu dir ins Haus geflattert, denn ich habe die Kiste mal richtig ausgefahren.“ Kylie stand einfach nur der Mund offen. Dies war aber bei seinem Gegenüber eindeutig nicht der Fall. Der Eindruck, dass der Schädel zu ihm mit dem zahnlosen Kiefer sprach, drängte sich dem Detektiv auf, beruhte aber auf einer Selbsttäuschung. Irgendwie hatte das ganze Abenteuer die Psyche von Kylie etwas überfordert. Und so stotterte er nur: „Wer oder was bist du?“ „Ich bin das Totem der Tongvá Indianer. Ihnen hat mal das ganze Gebiet hier gehört. Die letzten Tongvá, die nicht von den weißen Siedlern getötet wurden, haben sich in alle Winde zerstreut, einige sind auch über die Grenze nach Mexico geflüchtet. Der Sohn des letzten Häuptlings hat hier in der Stadt gelebt. Als er den Freitod wählte, nahm er mich ins Wasser mit und dort habe ich auf dich gewartet!“
    „Du hast auf mich gewartet? Du wusstest, dass ich komme?“ „Ja, denn ich bin Teun-O-Rin!“
    #153Author Edmond Dantes (236914) 09 Mar 07, 12:05
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    Es war der Beginn einer wunderbaren und recht eigenartigen Freundschaft. In den letzten Monaten nach ihrer ersten Begegnung war nichts aufregendes mehr passiert. Kylie kümmerte sich um das ewige auf und ab in seinem Traumberuf. Teun-O-Rin verbrachte die meiste Zeit auf dem Bücherregal im Büro oder auf einem Platz in Kylies Wohnung. Er mischte sich auch nicht mehr in Kylies Körperchemie ein, zudem war der Detektiv mit einer guten Gesundheit gesegnet. So schwatzten sie oft, manchmal auch kräftig aneinander vorbei, philosophierten über die verschiedensten Dinge. Richtig bekam Kylie aber nicht heraus, wer oder was Teun-O-Rin nun wirklich war. Der clevere Schädel wich seinen entsprechenden Nachfragen immer sehr geschickt aus. Ob er dazu seine besonderen Fähigkeiten benutzte? War das Wesen ein Gott? Ein Geist? Steckte ein unheimlicher Besucher aus den Tiefen des Alls in dem Menschenschädel? Teun-O-Rin besaß einen sehr feinen Sinn für Humor, ließ oft Ironie in die Gespräche mit seinem neuen Freund einfließen, trotzdem war ihm echte Bosheit fremd. So diskutierten und stritten sich die beiden auch nur zum Spaß. Die niedliche Sekretärin Viktoria Fox bekam nie etwas mit, wenn sie in den üblichen Bürozeiten auf der Arbeit war. Sie kannte ihren Boss recht gut und so auch seinen fatalen Hang zu Selbstgesprächen. Die Antworten des Schädels hörte nur Kylie alleine. Auch sonst wusste niemand aus Kylies Umfeld etwas von Teun-O-Rin, obwohl manche Besucher den Schädel vom Ansehen her kannten. So auch John Radkovitch, Kylies bester Freund, der beim L.A.P.D. in Lohn und Brot stand. Mit dem smarten Lieutenant war er seit der gemeinsamen Schulzeit befreundet. Außerdem gab es da noch Ted ‚Teddy’ Bear, der beim L.A. City Chronicle als Kriminalreporter seine Brötchen verdiente. Er war solch eine hervorragende Spitzenkraft, dass er sogar noch die zum feucht-fröhlichen Pokerspiel in seiner luxuriösen Wohnung gereichten Eierschnittchen reichlich mit echtem Kaviar dekorieren konnte, ohne das dies zu einem allzu großen Loch in seiner Brieftasche geführt hätte. Da konnten Kylie und John ‚Jove’ Radkovitch nicht Schritt halten.
    Die Bemerkung, die dem berühmten Zitat so ähnlich war, nahm Kylie dem Totenkopf nicht übel, trotzdem sinnierte er darüber, ob der Schädel nur auf seine so dahin gemurmelten Worte reagierte oder in seinen Gedanken gelauscht hatte. „Es ist schon ein Kreuz mit meinem Job! Wenn ich daran denke was Jove und Ted bei der letzten Pokerpartie so alles aus dem Nähkästchen geplaudert haben. Da steckt auch richtig Kohle hinter. Und dann könnte ich so eine feine Lady wie Daisy Flowers nicht nur zu ein paar Drinks einladen, es wäre endlich auch mal ein langer, exotischer Urlaub drin. Außerdem könnte ich ihr auch einmal ein paar interessante, echte Anekdoten aus dem Leben eines Privatdetektivs erzählen, anstatt diese peinlichen Versicherungsgeschichten.“ „Ah, langsam kommst du auf den bewussten Punkt. Meine Bestimmung war es, mit dir, und nur mit dir, zusammen zu treffen. Fast ein Jahr hast du gebraucht um endlich zu begreifen…du kennst doch meine Fähigkeiten! Oder etwa nicht?“
    #154Author Edmond Dantes (236914) 12 Mar 07, 06:31
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    Kylie erinnerte sich an die Action-Comics, die er als Kind verschlungen hatte. Und jetzt war er auch so ein Superhero. Natürlich nicht so, wie die übermächtigen Superhelden in ihren kuriosen Strampelanzügen, eher wie der Detektiv Spirit, der Protagonist in einigen Alben von Will Eisner. „Denke jetzt bloß nicht, du wärst unverwundbar, auch mir sind Grenzen gesetzt. Und du musst schon mit mir in körperlichem Kontakt sein, aus der Ferne kann ich dir nicht beistehen!“ Der genau passende Kommentar von Teun-O-Rin riss Kylie aus seinen Träumen. Klar, er konnte nicht einfach so mit dem Schädel durch L.A. tingeln, dann würde er irgendwann in einer Irrenanstalt landen, fest verschnürt in einer Zwangsjacke. Aber genau mit dieser Überlegung kam die Erleuchtung, na klar…, aber dafür benötigte er kein knallbuntes Cape und einen Ganzkörperanzug. Ein dezent umgearbeiteter Trenchcoat und ein spezieller Hut dürften für seine Bedürfnisse reichen. Dazu noch ein paar Gummigurte. Er wusste auch schon, bei wem er die Sachen in Auftrag geben würde. Robert Mi, der Nachfahre fleißiger Chinesen, die ihre Kräfte der Erschließung des Landes beim Eisenbahnbau zur Verfügung gestellt hatten, war ein intelligenter Bursche. Klein war der Anfang mit einer Wäscherei im chinesischen Viertel. Heute besaß Mister Mi dutzende Wäschereien, quer über die Stadt verteilt. Dazu auch einige Änderungsschneidereien und ein exklusives Herrenmodengeschäft in Hollywood. Durch Jove, seinen Freund vom Police Departement, lernte Kylie Mister Mi kennen. Eine seiner Wäschereien war in Flammen aufgegangen. Brandstiftung. Nur wollte die Versicherung nicht bezahlen. Erst verschwieg Mister Mi, dass er von Schutzgelderpressern bedroht wurde. Und die Aktion in der Wäscherei war die erste Warnung. Jove vermutete so einen Hintergrund. Aber manchmal, und besonders in solchen Fällen, kam die Polizei nicht weiter. So empfahl er dem Chinesen, sich doch einmal mit Kylie in Verbindung zu setzen. Doch als echte Glanztat verbuchte Kylie dies nicht. Zwar bezahlte die Versicherung, Kylie konnte auch zwei Brandstifter dingfest machen, aber er vermutete, genau wie sein Freund Jove, dass die beiden kleinen Gauner nur vorgeschoben waren und für einige große Scheine Handgeld in den Knast gingen. Die Hintermänner blieben im Dunkeln. Aber seit dieser Zeit verband eine lockere Freundschaft Kylie und Robert Mi. Der Chinese versuchte sogar einmal dem Detektiv einen Job in seinem Imperium zu verschaffen. Als Sicherheitschef. Denn eines hatte der Chinese aus dem Vorfall gelernt, er musste sich und seine Geschäfte schützen. Doch Kylie liebte seine Unabhängigkeit und lehnte dankend und in aller Freundschaft ab. Aber für seinen derzeitigen Bedarf war Robert Mi genau der richtige Mann. Er würde nicht fragen und den Mund halten. Auch wenn ihm Kylie dafür eine noch so abenteuerliche Geschichte auftischte. Und noch etwas musste der Detektiv in Angriff nehmen. Bisher genügten seine Kenntnisse im Boxen, sowie die paar dutzend Ringergriffe. Also war doch das Studio von Daisy Flowers nicht nur einen Besuch wegen der mehr als hübschen Besitzerin wert.
    #155Author Edmond Dantes (236914) 12 Mar 07, 07:59
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    Aber erst war der Besuch bei Robert Mi nötig. Gerade tastete Kylies Hand zur Gegensprechanlage, denn die Sonne war schon längst aufgegangen und Viktoria Fox musste schon ihren Platz eingenommen haben, da hörte er auch schon ihre angenehme Stimme. „Einen wunderschönen guten Morgen Chef. Eine Misses Docknikke vom General Hospital hat sich eben gemeldet. Die fehlenden Untersuchungen im Versicherungsfall Brown wären jetzt durchgeführt. Die Autopsie ergab einen negativen Befund. Sie schickt die Unterlagen bis Mittag via Kurier herüber. Trotzdem bittet sie um einen abschließenden Besuch, da gäbe es ein paar ungewöhnliche Aspekte und darüber würde sie gerne mit ihnen sprechen. Ein Termin am späten Nachmittag wäre ihr angenehm.“ „In Ordnung. Würden sie bitte Robert Mi meinen Besuch für heute Abend ankündigen. Falls er verhindert ist, morgen oder übermorgen.“ Als Viktoria Fox sein Anliegen bestätigte, hörte er lautes Gebell im Hintergrund. „Was ist denn das? Hat ein neuer Klient seinen Hund mitgebracht?“ „Nein Chef, das ist Skye. Ich habe eine süße Terrierdame geschenkt bekommen! Ich durfte sie doch mit auf die Arbeit bringen, meine Eltern sind den ganzen Tag außer Haus und Skye ist noch so klein, sie würde die ganze Wohnung auf den Kopf stellen?“ „Dann stellen sie mir doch mal die kleine Dame vor.“ Kurz darauf öffnete sich die Bürotür und ein cremeweißer Blitz schoss durch den Spalt. Der kleine Terrier besaß ein vollständig weißes Fell, nur um das linke Auge lag ein handtellergroßer schwarzer, sehr dekorativer Flecken. Gerade bellte der kleine Hund noch fröhlich, als sich seine Stimmung änderte. Abrupt blieb der Hund stehen, seine Nackenhaare sträubten sich, er zeigte ein sehr kräftiges Gebiss und knurrte tief aus seiner Kehle. Als Kylie aufstand und versuchte Skye das Fell zu kraulen, wich das Tier zurück. Es war aber nicht Kylie, der den Hund erschreckte. Es war der Schädel, auf den der Blick des Hundes fixiert war. Mit feinen Sinnen spürte das Tier Teun-O-Rin. Dieser bestätigte Kylies Vermutung später. Die meisten Tiere reagierten so oder ähnlich auf die Anwesenheit des Totems. Viktoria Fox schimpfte mit ihrem Hund, der sich ihrer Meinung nach sehr schlecht benahm. Aber Kylie nahm den kleinen Hund in Schutz, murmelte etwas von einer schlechten Atmosphäre in seinem Büro, öffnete das Fenster und begleitet Viktoria ins Vorzimmer. Dort widmete er sich dem Terrier noch einige Zeit intensiv, bis sowohl der Hund als auch sein Frauchen sich beruhigt hatten. Als Viktoria Fox ihre übliche ungezwungene Fröhlichkeit zurück gewann und Skye sich wohlig auf dem Boden wälzte, zog sich der Detektiv in seine Klause zurück und schmiedete Pläne für die Zukunft. Erst musste er dringend in die City und einen Gips- oder Pappmachékopf finden.
    Da im Moment, außer viel Papierkram, nichts Dringendes anlag, meldete er sich bei Viktoria Fox nach etwa einer Stunde ab, streichelte kurz über Skyes wohlgeformten Kopf. „Ich muss dringend weg, gegen Mittag bin ich wieder im Büro.“ Er lächelte Viktoria zu und fuhr los.
    Einen passenden Gips- oder Pappmachékopf zu bekommen war gar nicht so einfach, aber in einem Geschäft für Künstlerbedarf wurde Kylie endlich fündig. Die Masse, die er vorher ermittelt hatte, passten genau. Bei Mister Mi würde er sich dann an einem unscheinbaren Trenchcoat den Kragen und die Revers so vergrößern lassen, dass er seinen Kopf damit vollständig verhüllen und unsichtbar machen konnte. Den Schädel, mit Gummibändern fixiert, trug er dann fest auf seinem Haupt und vermittels des umgearbeiteten, d.h. erhöhten Hutes war dieser auch der Sicht entzogen. Robert Mi würde er erklären, er benötigte die Verkleidung für eine Theateraufführung. Der Pappmachékopf tarnte nur Kylies spezielle Absichten gegenüber Mister Mi und sollte als Muster für die entsprechenden Änderungen dienen. Als er Mittags pünktlich in sein Büro zurückkehrte und von Viktoria sowie ihrem Hündchen freudig begrüßt wurde, teilte Viktoria ihm mit, der Abendtermin mit Robert Mi ginge in Ordnung, ab etwa 21.00 Uhr wäre es ihm eine Freude den Detektiv in seiner Wohnung begrüßen zu dürfen. Aber vorher stand noch Misses Docknikke vom Hospital an.
    #156Author Edmond Dantes (236914) 12 Mar 07, 12:07
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    Er vermisste Doktor Amrid Alor, er war der Vorgänger von Misses Docknikke in der Tiefkühlabteilung, wie der Inder so treffend zu bemerken pflegte. Doch Amrid Alor genehmigte sich für zwei Jahre eine Auszeit in seiner Heimat, dort arbeitete der gute Mann unentgeltlich an einem Krankenhaus in Pune. So war an seine Stelle die attraktive Dame mit dem ungewöhnlichen Namen getreten. Und Kylie hatte bemerkt, die hübsche Frau besaß nicht nur ein rein berufliches Interessen an ihm. Es würde darauf hinauslaufen, dass diese Dame ihre Theorien in trauter Zweisamkeit bei einem gemütlichen Essen erörtern wollte. Doch dafür fehlte ihm heute die Zeit. Denn Robert Mi wartete. Trotzdem stand er bei der Lady kurz vor deren Feierabend im Büro des Hospitals. Und richtig, nach wenigen Sätzen bat sie, Kylie möge sie doch in das kleine mexikanische Restaurant drei Straßen weiter begleiten, sie hätte heute noch nicht mal eine Mittagspause gehabt und nur ein Apfel, sowie ein Glas Milch würden doch für den Kalorienverbrauch bei ihrem so stressigen Job völlig unzureichend sein.
    Unmittelbar nach dem schmackhaften Dessert verwies Kylie auf die für ihn so wichtige, geschäftliche Verabredung. Die charmante Frau ließ sich ihren Unmut darüber nicht anmerken. Mit der Bitte, so etwas in Zukunft doch gerne noch einmal zu wiederholen, eventuell das Essen auch mit Kultur und Tanz zu verbinden, sowie dem Hinweis, ihre Theorien im Bezug auf den Fall Brown wären jetzt doch etwas zu kurz gekommen, verabschiedete sich die schöne Dame von Kylie, der nach einem kurzen Blick auf die Uhr sah, wenn er ein wenig Gas gab würde er es gerade noch pünktlich zu Roberts Wohnung im chinesischen Viertel schaffen. Der chic gekleidete Asiat begrüßte ihn herzlich, auch nach dem Kylie den eher geschäftlichen Charakter seines Besuches herausstellte. Das änderte aber nichts an der Gastfreundschaft von Herrn Mi. Im Gegenteil, die gestellte Aufgabe reizte ihn und er versprach innerhalb einer Woche das Gewünschte hier zur Anprobe bereit zu halten. Während Kylie den angebotenen Drinks und den delikaten Häppchen zusprach hatte Herr Mi schon mehrere ansprechende Entwürfe mit wenigen Beistiftstrichen zu Papier gebracht. Denn für spontane Ideen lagen immer mehrere große Zeichenblöcke in seiner unmittelbaren Nähe.
    Den Pappmachékopf behielt der Chinese da, versprach ihn bei der Anprobe zurück zu geben.
    Für heute hatte der Detektiv sein Soll erfüllt, zumindest was seine an gedachte, zukünftige Rolle betraf. Nur seinen neuen Freund Teun-O-Rin musste er leider etwas vernachlässigen.
    #157Author Edmond Dantes (236914) 13 Mar 07, 06:25
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    Am Wochenende war mal wieder bei Teddy Bear eine zünftige Pokerpartie angesagt. Jove war natürlich auch da. Hier war die Möglichkeit für Kylie gegeben seinen beiden Freunden mal etwas auf den Zahn zu fühlen. Im Bezug auf das, was so in der Unterwelt lief. Vielleicht rückten die Freunde mit irgendwelchen ‚Betriebsgeheimnissen’ raus mit denen der Detektiv seine neue Karriere, sozusagen als Generalprobe, starten konnte. Aber im Moment schien L. A. nicht von einer unüblichen Gewaltwelle überrollt zu werden. Es gab nur den alltäglichen Wahnsinn an Mord und Totschlag. Für seine Premiere stellte sich Kylie doch etwas mit Stil und Pep vor. Und Montag begann auch sein Training in Daisys Sportstudio, so war es zumindest vorgesehen. Aber es gab auch positives von der Pokerrunde zu vermelden. Zusammen mit der erfolgreichen Buchveröffentlichung von Teddys interessantesten Fällen stellte der Kriminalreporter seine neue Freundin Swanee vor. Sie trug ihren Namen zu Recht und war wirklich so schön wie ein Schwan. Und nicht auf den Kopf gefallen. Sie gehörte auch zum Reporterstab des L.A. City Chronicle, beackerte aber ein ganz anderes Feld als Ted. Sie interviewte für das Feuilleton die Großen und Schönen aus Hollywood, hinter denen sie sich nicht verstecken musste. Ganz im Gegenteil. Vor allem wartete sie in der Runde nicht mit diesen dämlichen Schund- und Schmalzgeschichten auf, sondern erzählte köstliche Anekdoten über wahre Künstler, nicht von Film- und Theaterskandalen. Während in den Gläsern das gute Gebräu der Witwe C. perlte, rückte Swanee mit einer weiteren Neuigkeit heraus. Teddy verließ in Kürze den Chronicle in Richtung Norden und schrieb ab dann für die Hollywoodstudios Drehbücher. Swanee hatte also Teddy in ihren Netzen so verstrickt, dass der Freund seinen so geliebten Job aufgab? Die schwanengleiche Dame führte natürlich die gefährlichen Aspekte von Teds Job an. Einige Kratzer verzierten schon den Leib des Recken. Und so sah alles nach einer in Bälde anstehenden Hochzeit aus. Dies zauberte ein breites Grinsen auf die Gesichter der beiden Detektive, Jove von der Polizei und Kylie, dem Privatschnüffler. Was würde das für eine Party geben, wenn sich Teddy in den Stand der Ehe verabschiedete. Trotzdem war da etwas, das in Kylies Hirn rumorte. Es war Daisy Flowers. Ob er während der Trainingsstunden Daisy wohl näher kam? Einen besonderen Seitenhieb in Richtung Kylie konnte sich Jove nicht verkneifen: „Du brauchst doch keine Freundin, du hast doch den komischen Schädel!“ „Und der hat mir Glück gebracht!“, antwortete Kylie wie aus der Pistole geschossen. Dabei lächelte er selig und dachte an die kommenden Abenteuer.
    #158Author Edmond Dantes (236914) 13 Mar 07, 06:37
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    Auf Kylies Frage am nächsten Tag, ob Teun-O-Rin die einsame Zeit im Büro oder in der Wohnung nicht auf die Nerven ginge, erwiderte der Schädel: „Mir wird nie Langweilig. Ich denke. Und das genügt mir. Was glaubst du, was ich da unten bei den Fischen gemacht habe? Gedacht. Und gewartet. Auf dich!“ Nach einer kurzen Pause fügte der Schädel hinzu: „Heute geht es doch mit deinem Training los. Oder?“ „Genau, um 18.00 Uhr bin ich bei Daisy im Studio.“ Diese Erfahrung bei Daisy würde der Detektiv nicht so schnell vergessen. Denn er bekam seine erste Fluglektion. Pünktlich nach Büroschluss fand sich Kylie im Sportstudio ein. Daisy kümmerte sich persönlich um den Neuzugang. Sie führte ihn herum, zeigte und erklärte diverse Sportgeräte, stellte Trainer und einige der anderen Teilnehmer vor.
    Darunter sah Kylie auch flüchtig bekannte Gesichter aus ‚Leos Law’. Nachdem sich der Detektiv in der ihm zugewiesenen Umkleidekabine in sportive Trainingskleidung gewandet hatte, erwartete Daisy ihm am Rande einer dicken Sportmatte. Sie bat Kylie in die Mitte zu sich. „Du hast kannst boxen? Gut, stelle dich in Kampfposition mir gegenüber.“ Dann sah sie dem Detektiv ganz tief in die Augen und rief: „Und jetzt schlage mit aller Kraft zu!“ Kylie zögerte einen Augenblick, doch das freundliche Nicken der Schönen löste seinen inneren Widerstand. Er riss die Fäuste hoch und die geballte linke Hand schnellte vor in Richtung zu Daisys Kinn. Besser gesagt, dahin sollte der Schlag gehen. Denn wie durch Zauberkraft wurde seine vorschnellende Faust von Daisys Hand kurz gestoppt, dann bewegten sich ihre Arme so, dass Kylies Augen kaum folgen konnten, eine fließende Bewegung seitlich zu ihm hin, ein Griff in Richtung Taille und ehe Kylie sich versah war er schon ein Stück in die Luft gelüpft, beschrieb daran anschließend einen kurzen Bogen und landete mit dem Rücken platt auf der Matte. Kylie schüttelte sich. So etwas war ihm noch nie widerfahren. Aber er lernte schnell, denn die schlanke, ranke Daisy vermittelte ihr Wissen gut und auf angenehme Weise. Trotzdem kamen zu der ersten Flugstunde in den nächsten Tagen noch einige spektakuläre hinzu. Aber nicht nur das Fliegen lernte Kylie, auch die sichere Landung, sowie Griffe, Würfe und besondere Taktiken. Dazu kamen noch gezielte Konzentrations- und Kraftübungen. Dies lernte er nicht ausschließlich bei Daisy, einige der anderen Trainer nahmen sich seiner an. Und als Sparringspartner oder Gegner kamen verschiedene der Gäste des Studios zum Einsatz. Kurz vor dem Wochenende meldete sich endlich Robert Mi und bat zur Anprobe.
    Kylie staunte über das, was Robert Mi und seine Mitarbeiter in so kurzer Zeit geleistet hatten. Sowohl der Trenchcoat als auch der Hut waren so genial geschnitten das die vorgenommen Änderung nur einem sehr guten Beobachter aufgefallen wären. Flüchtig betrachtet unterschied sich die Kleidung nicht von der sonst üblichen Alltagskleidung. Der clevere Mister Mi dachte sogar an entsprechende Augengenschlitze, die in die Aufschläge des Trenchcoats eingearbeitet waren, dies bemerkte Kylie erst, als er den Pappmachékopf auf seinem Kopf fixiert hatte und die Kragenaufschläge bis über die Stirn hochzog. Mit dem aufgesetzten Hut sah es im Spiegel so aus, als wäre da ein Mensch ohne Kopf unterwegs. Kylies Kommentar: „Einfach perfekt!“ Als er sich nach dem Gesamtpreis erkundigte, inklusive der Änderungen, war dieser mehr als günstig. „Es hat mir einfach Freude gemacht.“ Dies betonte Mister Mi ausdrücklich. „Ich helfe immer gern. Wenn wieder etwas ansteht, meine Tür ist dafür offen, ein Anruf genügt!“ „Bei den Preisen kann sich das auch ein armer Detektiv leisten. Demnächst steht ein Anzug für eine Hochzeit an. Da bin ich Trauzeuge. Und John Radkovitch auch. Dafür werden wir in den nächsten Wochen noch einmal vorbeischauen.“ Sie verabschiedeten sich herzlich voneinander und Kylie brannte nun darauf seine neue Verkleidung in einem der gefährlichsten Viertel der Stadt auszuprobieren. Aber da es schon spät war, machte er sich auf den Weg in seine Wohnung, in der Teun-O-Rin auf ihn wartete. Wenn schon eine Generalprobe stattfinden sollte, dann natürlich mit dem echten und einzigartigen Schädel. Sein beinerner Freund hätte ihm ein solches Solo nie verziehen!
    #159Author Edmond Dantes (236914) 14 Mar 07, 06:31
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    Aber wie das Leben so spielt, die Probe musste verschoben werden. Denn am nächsten Vormittag meldete Viktoria Fox einen Telefonanruf von Daisy Flowers. Kylie ließ sich den Anruf durchstellen und war wieder von Daisys bezaubernder Stimme berührt. Die Gute meinte, er hätte es mit dem Training in den letzten Tagen etwas übertrieben. Ob er nicht Lust hätte, mit ihr den Abend zu verbringen. Da sagte der Detektiv natürlich gerne zu. Und Teun-O-Rin, von seinem Platz im Bücherregal, fand den Vorschlag von Daisy auch gut. Nach einem harten Tag mit elendem Papierkram warf sich der Detektiv in seiner Wohnung in Schale, verabschiedete sich von Teun-O-Rin und steuerte mit seinem Ford die Wohnung von Daisy, die über dem Studio lag, an. Als Daisy auf sein klingeln aus der Haustüre trat war Kylie noch mehr verzaubert. Daisy sah einfach umwerfend aus. Und ihr Lächeln!
    Den schönen Abend eröffnete ein gutes Essen in einem italienischen Restaurant, bei Pasta und Wein. Anschließend bestand Daisy auf den Besuch im ‚Leos Law’. Denn dort gab es heute eine ganz besondere Veranstaltung. Die stadtbekannten Mäzene Herlinde Constanze ‚Heco’ von Schraub, eine attraktive Österreicherin von edlem Geblüt, und ihr Lebenspartner Blinki Firefly, der sein Vermögen im Eisenbahnwesen erworben hatte, präsentierten Hecos Onkel Joseph. Der feierte gerade Triumphe mit seinen vom Dadaismus inspirierten Gedichten. Die beiden Mäzene kümmerten sich sonst um Künstler, die der ‚nette’ Senator Joseph McCarthy mit seiner Hexenjagd und dem Untersuchungsausschuss in den Ruin getrieben hatte. Heco besaß Familiensinn und der elegante, jugendlich wirkende Gentleman trumpfte nicht nur mit einem außergewöhnlichen Charme auf, dem besonders die Frauen erlagen, er war auch ein richtiges Showtalent und verzauberte die Leute bei seinen Auftritten mit exzellenter Wortmagie. Gerade sein Amerikanisch, mit dem wunderbaren Heimatakzent gepaart, wurde überall mit Ovationen bedacht, auch wenn die Zuhörer dem Inhalt seiner Lyrik nicht immer so recht folgen konnten. Als der Detektiv mit seiner Herzdame die Bar betraten, passierte etwas Ungewöhnliches. Die Bar war, wie fast immer, recht voll und beim Eintritt mussten sich die beiden etwas durch das Publikum drängeln, das auf Onkel Josephs in den Kulturteilen der hiesigen Zeitungen angekündigte Show wartete. Daisy und Kylie riefen oder nickten Bekannten zu und schlängelten sich in Richtung Theke. Da stand auf einmal Cherokee, eine echte Indianerin reinsten Geblütes vor Kylie. Der Detektiv und auch Daisy kannten die schlanke Frau mit der dunkel getönten Haut und dem nachtschwarzen Haar, das zu einem langen Zopf geflochten war der weit über die Taille reichte, flüchtig. Sie gebot Kylie mit schlangengleichen, beschwörenden Handbewegungen, einen Moment stehen zu bleiben. Dann flüsterte sie leise kaum zu verstehende Worte in einer Sprache, die Kylie unbekannt war. Anschließend ähnelten die Handbewegungen einem Segen. „Ich spüre es genau, du bist vom Geist unserer Ahnen erleuchtet! Du bist ein Bruder der Indianervölker! Deine Schwester Cherokee wünscht dir allzeit viel Glück!“ Dann berührte sie kurz und sehr zärtlich Kylies Wange, wendete sich abrupt ab und war in dem ganzen wilden Trubel verschwunden.
    #160Author Edmond Dantes (236914) 14 Mar 07, 12:03
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    Kylie war über den Vorfall total perplex. Auch Daisy konnte das eben erlebte nicht richtig einordnen, fing sich aber beinahe sofort wieder und zog den Detektiv in Richtung Theke. Sie hielt Kylies Hand, die leicht zitterte, fest ihn ihrer und der Detektiv war erst nach dem zweiten Drink ansprechbar. Ob es auch an der etwas rauchigen Stimme von Mate lag, die gerade ein paar wunderschöne Jazzsongs zum Besten gab? Wie immer begleitet sie Ed am Klavier. Heute standen als Vertretung der Thekenbesetzung Strubbel und Kahana hinter der Bar. Bei Strubbel passte der Name perfekt, sie besaß wirklich sehr schönes und recht strubbeliges Haar, auch sonst besaß sie alles das, was einen Mann ansprach und faszinierte. Kahana, etwas reifer, aber nicht minder attraktiv, denn sie besaß ein klassisches, an eine Ägypterin gemahnendes Profil, war blond und ihre Frisur sah auch aus, als wäre sie eben durch einen Hurrikan gelaufen. Die beiden Frauen gehörten sonst zur Fangruppe von Ed. Wenn er seine Soli spielte standen beide und noch einige andere Damen um das Piano gruppiert. Eds Fangemeine, weiblich, sehr attraktiv, besaßen alle ein gemeinsames Kennzeichen. Verwuscheltes Haar! Und, wie Ed manchmal an der Theke seinen Kunden zuraunte: „Sie sind alle hochintelligent. Ich bin nur ein dummer Mann!“ Was Ed bei den Damen so anziehend machte, war wahrscheinlich nur sein Pianospiel. Denn er war nicht besonders groß, besaß einen dicken Bauch und zu kurze Beine. In seinem Gesicht saß eine zu riesige Brille auf der kurzen Nase, mit immenser Stärke. Die Augen hinter der Brille waren meerblau.
    Für sein Alter trug er extrem langes, volles, mittelbraunes Haar. Aber selbst Frauen um die 20 gehörten zu seiner Fangemeinde, wie zum Beispiel die Schwestern Carolita und Palmita Presto, die gemeinsam bei einem Makler für Sportboote in Bay City arbeiteten. Obwohl die beiden Hübschen eher leidenschaftlich zu Salsa-Musik tanzten, waren sie doch von Eds Pianospiel begeistert. Der Verehrerkreis von Mate war wesentlich größer. Ihr lagen alle Männer zu Füßen. Nicht nur wegen ihrem optischen Erscheinungsbild. Obwohl das eigentlich schon allen, selbst den höchsten Ansprüchen genügte. Einige Filmleute hatten ihr schon Angebote in Hollywood offeriert, bisher hatte sie dankend abgelehnt. Ihr machte dieser Job einfach Spaß. Und wo wir gerade beim Film sind, Mate gehörte zu der kleinen Gruppe Frauen die immer aussehen wie aus dem Ei gepellt. Also so, wie uns das im Kino vorgeführt wird, wenn die Heldin durch einen verdreckten Fluss voller garstiger Krokodile watet, kilometerweit durch einen mit Spinnen, Schlangen und anderen Untieren verseuchten Dschungel muss, eine Wüste durchquert, dann endlich wieder in der Zivilisation auftaucht und aussieht, als käme sie aus einem Schönheitssalon und Monsieur Maurice, seines Zeichens Meistercoiffeur, hätte persönlich letzte Hand angelegt. Kein Schwitzfleck, kein Dreck, keinen Riss in der Kledage, auch das Make-up nicht das kleinste bisschen verschmiert, jede Locke und jedes Strähnchen am richtigen Flecken und das sonnigste Lächeln im hübschen Gesicht.
    Dazu kam bei Mate diese ausdrucksvolle Stimme, die alle Gäste in ‚Leos Law’ verzauberte.
    #161Author Edmond Dantes (236914) 16 Mar 07, 12:03
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    Die Stimme wirkte auch bei Kylie Wunder und riss ihn, gemeinsam mit Daisys Bemühungen, aus seiner Lethargie. Den darauf folgende Auftritt von Onkel Josef konnten der Detektiv und seine zauberhafte Begleiterin, genau wie die anderen Gäste, in vollem Umfang genießen. Der Charmeur aus Wien war wirklich eine Klasse für sich und die von den Zuhörern dargebrachten Ovationen mehr als verdient. Josef, dem immer noch eine Zugabe abgefordert wurde, verbannte mit seinem Auftritt das seltsame Zwischenspiel mit der bildschönen Indianerin Cherokee völlig aus dem Gedächtnis von Daisy und ihrem Begleiter. Auch beim abschließenden Besuch eines winzigen Nachtcafes und bei der Verabschiedung vor Daisys Haustüre kam den beiden der Vorfall nicht mehr in den Sinn. Erst als Kylie in seiner Wohnung Tuen-O-Rin Bericht erstattete, fiel Kylie dieses Geschehnis ein. Nur kommentierte es der Schädel nicht. Bis auf diese Bemerkungen: „Cherokee darf nichts von mir wissen. Sie, ihre Schwestern und Brüder würden mich an einen Ort bringen, sogar bringen müssen, der allen Indianern heilig ist. Dort wäre ich verbannt und könnte nicht das tun, was ich tun muss! Zwar könnte ich einige Dinge bewirken, die Möglichkeiten wären anders und auch beschränkt, ich könnte aber nicht das erreichen, was ich mit dir erreichen kann!“ Kyle schwieg dazu. Später, in seinen Träumen, fand die Episode mit Cherokee keinen Nachhall. Er träumte von Daisy. Einen wunderschönen Traum. Den Wecker überhörte Kylie.
    Der Anruf im Büro, der Kylie erreichte, als er grade die Bürotüre aufklinkte, war nicht von Daisy, wie es sich der Detektiv erhoffte, sondern von Detektiv-Lieutenant John ‚Jove’ Radkovitch in seiner offiziellen Eigenschaft als Beamter des L.A.P.D., und er teilte Kylie mit, er hätte da mal ein paar Fragen und würde gerne am Vormittag im Detektivbüro vorsprechen. Auf Kylies besorgte Nachfrage, worum es denn ging, denn Kylie machte sich automatisch Sorgen um Daisy, antwortete Jove, um das ‚Leos Law’ und den gestrigen Abend.
    „Geht es um Daisy Flowers?“ „Nein, um die geht es nicht.“ „Was ist denn los?“ „Gleich bin ich bei dir, dann erfährst du alles!“ Jove war zwar sein bester Freund, aber wenn er amtlich wurde, war er zugeknöpfter als eine Auster. Mittlerweile war auch das Vorzimmer besetzt. Viktoria Fox und Skye, auch heute etwas später als sonst üblich, genau wie Kylie, saßen in trauter Zweisamkeit an ihren Plätzen. Viktoria Fox hinter der Schreibmaschine, der kleine Terrier zu ihren Füßen. Kurz darauf meldete Viktoria Jove Radkovitch von der Polizei bei ihrem Chef an. Der löcherte den Detektiv mit Fragen zu ‚Leos Law’ und zu dem besonderen Abend mit Onkel Joe. Der Grund: Palmita Presto war in der Nacht spurlos verschwunden.
    Ihre Schwester meldete sie als vermisst, als sie Palmita nicht in ihrer Wohnung vorfand, das Bett unbenutzt und Carolita sie eigentlich mit zur Arbeit in Bay City nehmen wollte. Nur konnte Kyle wenig zur Aufklärung des Falles beitragen, er konnte sich nicht daran erinnern, die beiden Schwestern an diesem Abend gesehen zu haben. Bis auf die Sache mit Cherokee hatte der Detektiv an dem Abend nur Augen für Daisy Flowers gehabt und sonst gab es nur Erinnerungen an den Auftritt von Josef, dem genialen Wortakrobaten aus Wien/Österreich.
    „Hast du schon mit Daisy Flowers gesprochen?” „Nein, eigentlich kümmern sich die Kollegen aus Bai City um diesen Fall. Und es ist doch in dieser Stadt nicht ungewöhnlich, wenn jemand verschwindet. Meist erledigt sich die Sache innerhalb weniger Tage. Es liegt nicht immer ein Verbrechen vor. Irgendein Vögelchen hat deinen Namen geflüstert. Einer der Kollegen von Bay City weiß um unsere Freundschaft. Und ich kenne dich als einen guten Beobachter. Darum war mein Besuch eigentlich nur halboffiziell. Ich habe alles aufgenommen und leite es an die Kollegen weiter. Vielleicht wollen die nichts von Daisy Flowers wissen. Da frage ich mal nach und das kann ich dann erledigen, wenn du möchtest. Aber du kennst das Umfeld im ‚Leos Law’, darum dachte ich du hättest da ein paar Tipps oder so!“ „Mir fällt im Moment aber nichts ein, falls doch noch, dann melde ich mich bei dir. Ist doch Ehrensache!“ „Mach nichts, was du später bereust! Du bist doch nicht an einem neuen Fall dran, mit der Bar als Mittelpunkt deiner Ermittlungen?“ „Ganz bestimmt nicht!“
    #162Author Edmond Dantes (236914) 19 Mar 07, 06:51
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    Als Jove wieder verschwunden war, dachte Kylie über das eben gehörte nach. Er kannte die Schwestern flüchtig. Und wie der Polizeimann schon gesagt hatte, in L.A. verschwanden immer wieder Leute. Manche tauchten recht schnell wieder auf, aber nicht unbedingt in dieser Stadt. Aber auch nicht jeder landete im Kühlhaus! Wer weiß, wo Palmita Presto steckte. Aber ehe er weiter darüber nachdenken konnte, klingelte sein Telefon. War das endlich Daisy? Nein, es war Swanee, die Freundin von Teddy Baer. Sie wollte etwas über den Auftritt von Onkel Josef wissen, ursprünglich wollte sie den Auftritt vor Ort, gemeinsam mit Ted, genießen und darüber einen Artikel schreiben. Doch Ted musste bei seinen neuen Chefs antreten, die einen Film mit dem Star Fee West planten. Swanee sollte zu der kurzfristig anberaumten Besprechung mitkommen, dies verlangte Fee West ausdrücklich. Die detaillierten Vorschläge für ein spannendes Drehbuch in dem die West eine Anwältin spielen sollte, die Ted dem Star und den Bossen erklärte, fanden die Billigung von Fee. „Sie ist mehr als nett. Und viel hübscher, als wir sie von der Leinwand her kennen. Mit ihr kann man sich sehr angenehm unterhalten. Teddy und ich sind total begeistert!“ Aber dann schwenkte sie doch zum Thema Josef über und Kylie schilderte seine Eindrücke. Endlich gab sich Swanee mit Kylies Ausführungen zufrieden und legte auf. Dann bat Viktoria Fox um einige Unterschriften. Der Tag ging sehr schnell vorbei. Eigentlich hätte nun ein weiterer Besuch in Daisys Sportstudio angestanden, doch Kylie war enttäuscht, denn Daisy hat sich nicht einmal kurz gemeldet. So fasste der Detektiv für den Abend einen anderen Plan. Das Verschwinden von Palmita Presto war der Auftakt für seine geheime Tätigkeit gemeinsam mit Tuen-O-Rin. So zog er sich in seiner Wohnung sorgfältig um, steckte den Schädel in einen Karton und fuhr mit seinem alten Ford in Richtung der Peripherie von Bay City. Hier sollte in dieser Nacht die Generalprobe stattfinden. Er fand einen unbeleuchteten Parkplatz, ließ den Wagen stehen, nachdem er den Schädel auf seinem Haupt fixiert hatte, zog den Hut darüber und dann den Mantel. In der Manteltasche verschwanden eine Taschenlampe und zwei paar Handschellen.
    Er wollte sich einfach nur einmal umschauen, sowie seine Verkleidung testen. Die Adresse von Palmita war in einer etwas billigeren Wohngegend, dort standen in der Nähe Lagerhallen und alte Fabrikgebäude, in denen man ganz schnell und unauffällig eine Person verschwinden lassen konnte. Zumeist wurden die leerstehenden Gebäude von Künstlern oder verschiedenen Gruppen von Leuten genutzt, mal als Kombination von Wohnung und Studio bzw. Werkstatt, mal als Versammlungsort, mit teilweise genutztem Wohnraum. So unterschiedlich wie die Bewohner, so unterschiedlich war auch der Zustand der Gebäude. Die Künstler verzierten ihre Wohn- und Arbeitsstätten je nach ihrer Passion. Richtig gut gepflegt waren eher die Versammlungsorte der verschiedenen, mehr oder weniger religiösen Gemeinschaften.
    Aber dort gab es überwiegend in den Nacht und Abendstunden keinen Mitglieder- oder Publikumsverkehr. Das sah bei den Künstlern anders aus. Aus einem bemalten Fabrikgebäude mit eingeschlagenen Fenstern hörte Kylie Partygeräusche, aus einem Gebäude erklang, zarte, asiatisch anmutende Musik, anderswo wurde verhalten gehämmert und geklopft.
    #163Author Edmond Dantes (236914) 19 Mar 07, 12:02
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    Als sich der Detektiv der Wohnung von Palmita näherte, fiel ihm ein alter Mann auf. Der schien gut getankt zu haben, schwankte er doch wie ein altes Segelschiff bei Windstärke zehn. Kylie sprach den Mann an. Kylie fragte ihn mehrfach und eindringlich nach der letzten Nacht, ob der Mann etwas beobachtet hatte. „Weiß nix, hab nix gesehen, nix gehört…frag doch bei Emily Chambers, nette Frau, hilft immer. Die Halle mit dem blauen Tor vorne links.“ Kylie drückte dem Alten ein paar Dollarnoten in die Hand. „Danke.“ Der Mann nickte Kylie zu und wankte um die nächste Ecke. Kaum einige Meter weiter fühlte Kylie ein Messer an seiner Kehle. „Was hattest du da mit dem Alten zu bequatschen? Schnüffelst du hier herum? Die Hände hoch Bulle!“ Kylie hob seine Hände und wischte dann mit einer gleitenden Bewegung seinen Hut vom Kopf. Der Kerl fiel auf den Trick herein und sah nach dem Hut. Als der Ganove wieder nach vorne schaute, traten ihm fast die Augen aus dem Kopf. Denn da stand Kylie, der blitzschnell den Mantelkragen hochgeschlagen hatte, als Träger eines Totenkopfes auf dem langen Hals. Der Messermann suchte schreiend das Weite. Dies passierte nah an einer Mauer und von der Mauerkrone kam das Unglück. Scheinbar besaß der Ganove mit dem Messer einen feigen Kumpan, der sah seinen Freund das Hasenpanier ergreifen, aber den wahren Grund konnte er wohl nicht eruieren, nutze aber die sich bietende Gelegenheit und warf von der Mauer einen schweren Steinbrocken, der dort zufällig lag, auf den Detektiv. Kylie spürte einen wahnsinnigen Schmerz, der ihm kurz die Sinne nahm. Sein rechter Arm war mehrfach gebrochen. Da endete auch die Kunst von Teun-O-Rin. Der Schädel tat, was ihm möglich war, dämpfte die Schmerzen und reparierte die Schäden, soweit es ging, aber Kylie benötigte professionelle Hilfe. Erst wollte Kylie zu Daisy. Aber dann überlegte er es sich anders. Der unsichtbare Angreifer war da schon spurlos in der Nacht verschwunden.
    Die Vertretung von Doktor Amrid Alor war die richtige Adresse. Und sie würde schweigen. Also fuhr der Detektiv zur Privatwohnung von Misses Docknikke. Es gab nur ein Problem, die schöne Dame lebte nicht alleine. Eine Chemikerin, die auch im Labor des Krankenhauses tätig war, mit dem hübschen Namen Elfie Green, teilte sich die Wohnung mit der Ärztin. Aber Kylie hatte Glück. Diane Docknikke war alleine, ihre Freundin auf einem Besuch auswärts. Bestürzt sah sie Kylie an, als sie bemerkte, was mit dem smarten Detektiv passiert war. Kylie sagte kaum etwas, er wollte die nette Dame nicht belügen. Und ließ den Hut auf, denn Teun-O-Rin musste weiterhin sein gutes Werk verrichten, während Diane Docknikke seinen Arm schiente. Aber als sie anfing vom Krankenhaus zu reden, wehrte der Detektiv ab.
    Er bedankte sich herzlich, so weit es ihm möglich war und faselte etwas von ‚Berufsrisiko’, dann flüchtete er aus der Wohnung, ehe Diane Docknikke weitere vorbeugende Maßnahmen ergreifen konnte und presste ihr noch ein Versprechen ab, über diesen Vorgang zu schweigen.
    Dann machte er sich auf den Weg in seine Wohnung, setzte kurz den Schädel ab, kleidete sich aus, warf sich so gut es ging aufs Bett, legte sich Teun-O-Rin auf den Bauch, seine Hände darüber. Am Morgen wachte er kurz auf und da es schon Bürozeit war, meldete er sich kurzerhand bei Viktoria Fox krank. Am nächsten Tag würde er wieder im Büro erscheinen. Nach des Schädels vorsichtiger Prognose dürfte der Arm dann schon einsatzfähig sein. Die Verursacher der Unpässlichkeit des Detektivs waren schon längst aus den Gedanken verschwunden. Da war dieser angenehme Name: Emily Chambers! Wer mochte das sein?
    #164Author Edmond Dantes (236914) 19 Mar 07, 12:05
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    Der Besuch bei Emily Chambers musste aber erst einmal verschoben werden, denn im Büro war der Teufel los. Das meiste hatte ihm natürlich Viktoria Fox abgenommen, doch neue Kunden hatten sich angemeldet, alte Kunden baten um einen Termin, auch der Stapel Akten auf dem Schreibtisch musste abgearbeitet werden. So ganz war der Arm noch nicht wieder einsatzfähig. Als Kylie am Abend zu Daisy ins Studio ging, ruhte der rechte Arm in einem Dreieckstuch. Dies bemerkte Daisy natürlich und war besorgt. Der Detektiv murmelte etwas von einem kleinen Unfall, führte es aber nicht weiter aus. Ihr Mitgefühl war absolut echt, dies spürte er sofort. Daisy strickte das Trainingsprogramm um und Kylie vervollkommnte seine Bein und Fußarbeit. Seine Verletzung sorgte dafür, dass Daisy sich ihm heute ganz intensiv widmete. Kylie genoss es, wenn ihn auch das Training sehr schlauchte. Dafür lud ihn Daisy aber anschließend auf einen Drink in eine kleine Bar ein. Sie verstanden sich immer besser und kamen sich auch etwas näher. Der Detektiv dachte bei sich das Daisy die ideale Partnerin fürs Leben wäre. Auch wenn es hart auf hart hergehen würde, auf Daisy konnte man sich unbesehen verlassen. Kylie verbrachte eine ruhige Nacht und träumte von ‚seiner’ Daisy.
    Der nächste Vormittag verging wie im Fluge. Dazwischen kam nur ein kurzer Anruf von Teddy, der Kylie unbedingt mitteilen musste, dass die schöne Schauspielerin Fee West darauf bestand, dass er und sein Schwänchen in ihrer neuen Produktion eine tragende Rolle spielen mussten. Und die Studiobosse hatten nichts dagegen, im Gegenteil. Ted und Swanee gaben ein ganz bezauberndes Paar ab und waren äußerst fotogen. Nach dem Mittagessen besuchte er einen wichtigen Kunden in Bay City, der nicht so weit weg vom Wohnsitz von Emily Chambers war, also nutzte Kylie die Gelegenheit. So stand er dann am späten Nachmittag vor dem blauen Tor der Halle. Keine Klingel und kein Klopfer in Sicht.
    Er öffnete das Tor, das unverschlossen war und stand in einer weiten Halle. Scheinbar arbeiteten hier unterschiedliche Künstler. Es gab Skulpturen, Drahtgebilde, Büsten, aber auch verschiedene klein- und großformatige Bilder an Wänden und auf Staffeleien. In einer Ecke lagen Musikinstrumente. Die junge Frau, die ihm entgegenkam und fragend ansah, gehörte eindeutig zum Volke der Mexikaner. Die dunklen Augen und das scharf geschnittene, aber sehr reizvoll wirkende Gesicht faszinierten den Detektiv sehr. Und der Rest war auch nicht ohne. Falls dies Emily Chambers war, dann passte der Name nicht! Kylie wettete dagegen und gewann, denn die schöne Frau sagte: „Hallo, ich bin Bineta, kann ich etwas für dich tun?“
    Leider war Emily Chambers nicht anwesend. Bineta, die tatsächlich aus Mexiko stammte, wohnte nur für ein halbes Jahr hier. Aber sie konnte dem Detektiv etwas berichten, das Emily Chambers beobachtet hatte und ihrer Mitbewohnerin erzählte. Ein Buick eines bestimmten Typs war Emily mehrfach in dieser Gegend aufgefallen. Der mit mindestens drei Männern besetzte Wagen stand in verschiedenen Nächten in der Nähe geparkt und gehörte eindeutig nicht in diese Gegend. Leider gab es keine Beschreibung der Männer, der Wagen besaß getönte Scheiben. Und wenn die Männer einzeln einmal den Wagen verließen, geschah das im Dunkel der Nacht. Kylie bedankte sich bei der schönen Bineta, er hatte nun wenigstens einen Anhaltspunkt. Ob der Buick wirklich im Zusammenhang mit Palmitas Verschwinden stand?
    Dafür gab es am nächsten Tag eine Horrormeldung von Jove. Palmita Presto war und blieb verschwunden. Jetzt waren auch Strubbel und Kahana weg. Und die einzige Spur führte ganz klar in die Bar mit dem Namen ‚Leos Law’. Dies betonte Jove mit großem Nachdruck.
    #165Author Edmond Dantes (236914) 22 Mar 07, 12:02
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    Das L.A.P.D. zog den Fall an sich. Diesmal kam Jove Radkovitch nicht in Kylies Büro. Joves Kollegen nahmen ‚Leos Law’ und die Betreiber genauer in Augenschein. Aber da ergab sich kein Anhaltspunkt. Es stellte sich heraus dass Ed der Besitzer der Bar war. Eine Großtante bedachte den Neffen fürstlich, die Dame war sparsam mit ihrem Geld umgegangen. Der Lebenswandel des Barbesitzers und Pianisten war untadelig. Bei Mate, seiner Angestellten, sah es ebenso positiv aus. Scheinbar brachte diese Spur und einzige eindeutige Gemeinsamkeit die Polizei nicht weiter. So konzentrierten sich die Ermittlungen auf das nähere private Umfeld der vermissten Frauen. Negativ aber auch da. Kein verwertbarer Hinweis. Bei seiner Einvernahme sagte Kylie nichts von dem dunklen Buick. Diese Frage stellte er bei einem Treffen seinem Freund Teddy. Und der erinnerte sich. Da gab es einen kleinen Vizekönig der Unterwelt, der hieß Dani Fink. Seine bevorzugte Automarke: dunkle Buick-Limousinen. Und für eine gewisse Barschaft ließen sich Dani und seine Kumpanen für alles kaufen. Mit diesem Namen kreuzte Kylie noch einmal bei Jove im L.A.P.D. auf. Auf seine Frage, ob der Lieutenant eine Akte über den Gangster besaß, antwortete Jove nichts. Der Polizeimann verließ sein Büro und nach zirka zehn Minuten kam er mit einer dicken Akte zurück. Die legte Jove wortlos auf seinen Schreibtisch, dann sagte er zu Kylie: „Leider muss ich in eine wichtige Besprechung, die dauert etwa eine halbe Stunde. Wenn du noch etwas mit mir reden möchtest, dann muss ich dich vorsichtshalber in mein Büro einschließen. Hier liegen nämlich wichtige Akten herum, die ich niemand zugänglich machen darf!“ Kaum hörte Kylie das Klicken des Schlosses, als er sich schon über den Aktenordner her machte. In sein kleines Notizbuch machte der Detektiv sich einige Einträge, die er aber so formulierte, dass bei einer Durchsuchung für einen guten Polizisten, selbst für seinen Freund Jove, die Einträge keinen Sinn machten. Auch die beigefügten Fotos merke sich der Detektiv gut. Als Jove in sein Büro zurückkehrte, war alles an seinem Platz und nichts ließ vermuten, dass ein Fremder die Akte durchgesehen hatte. Außer, jemand hätte sie auf etwaige Fingerabdrücke untersucht. Aber auch da hätten die Spuren nicht auf Kylie gewiesen, der Detektiv war nicht dumm!
    Zum Abschied rief ihm sein Polizeifreund zu: „Ich weiß nichts. Und ich will nichts wissen. Wenn du da eine Chance siehst, uns eine lange Nase zu drehen, dann tue es. Aber wenn du in die Bredouille kommst, sie selber zu, wie du dich da rausarbeitest! Ansonsten, ich bin dein Freund, aber auch ein Polizist! Vergesse dies bitte nie!“ Dann grinste Jove Radkovitch seinen Kumpel an. „Okay?“ „Aber klar doch!“ „Dann bis bald…und lasse einen alten Bullen nicht dumm sterben!“ Zu Hause beriet sich Kylie später mit seinem Freund Tuen-O-Rin. Dann ging er zum Training. Als ihn Daisy freundlich begrüßte, hatte Kylie einen lichten Moment und eine Idee. Ob er Daisy später dafür begeistern konnte? Die Sache verlangte sehr großen Mut.
    Doch erst verfolgte der Detektiv eine andere Spur. Die Spur Dani Fink. War der Kerl in diese miese Geschichte verwickelt? Bisher gab es keine Neuigkeit im Fall der vermissten Frauen.
    #166Author Edmond Dantes (236914) 23 Mar 07, 06:39
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    Im Laufe des Tages erreichte Kylie ein Anruf von Ted Bear. Der gute Ted zweifelte ein bisschen an seinem neuen Job. Denn er brummte: „Nichts gegen Fee West, aber sie hat oft genug ihre eigenen Ideen. Und ich muss sie umsetzen. Sie verlangt doch tatsächlich, dass ich Onkel Joe und seine Freunde in das Drehbuch einbaue. Swanee hatte ihr vor ein paar Tagen etwas von ihm erzählt. Dann hat Fee West Heco, Joe und Blinki zu sich eingeladen. Jetzt ist sie total vernarrt in den reizenden Österreicher. Sie kam auf mich zu, ich müsste Joe unbedingt eine kleine Rolle hineinschreiben, er wäre so entzückend. Die Bosse haben sich erst einmal quergestellt. Jetzt ruht der ganze Betrieb, denn Fee führt einen Kleinkrieg gegen die Chefs. Aber warte es ab, sie zwingt sie in die Knie und gewinnt das Spiel. Mein Treatment hat Fee bisher abgenickt. Aber ich kann nicht eher weiterschreiben, bis die Mogule ja gesagt haben…“ Jetzt oder nie, dachte sich Kylie, das ist eine günstige Gelegenheit. „Würdest du mir einen persönlichen Gefallen tun? Es ist zwar nicht ganz ungefährlich, aber es ist dein altes Metier. Mehr oder weniger.“ „Dann schieß los…was kann dein alter Freund Ted für dich tun?“ „Von dir war doch der Tipp mit Dani Fink und seiner Meute. Kannst du mir ein paar Fotos von Dani, seinen Leibwächtern, sowie seinem derzeitigen Fuhrpark schießen? Natürlich ohne das jemand etwas davon bemerkt! Das hätte ich selber gemacht, aber falls ich in seinem Revier auffalle, könnte ich die nächsten Aktionen vergessen! Ach ja, zu seiner Bande gehört auch ein Typ mit Namen Rasta, der soll die rechte Hand von Dani sein. Den muss ich auch porträtiert haben!“ „Hey, ich helfe dir doch gerne! Dafür ist doch dein alter Kumpel Teddy da. Falls die Vögel in ihren Nestern sitzen, hast du innerhalb der laufenden Woche die schönsten Bilder und ich sende sie dir per Kurier, falls ich persönlich verhindert bin. Du kannst dich ganz auf den alten Teddy verlassen! Falls du noch weitere Wünsche hast, im Moment mache ich es gern. Bis es in den Studios wieder fröhlich weitergeht.“ „Danke Teddy, bis echt ein Kumpel. Grüße das Schwänchen!“ „Apropos, was macht die Liebe bei dir?“ Da hatte Kylie aber schon längst aufgelegt. Am frühen Abend setzte Kylie seine Ideen und seine Pläne Tuen-O-Rin auseinander. Der Schädel kritisierte zwar einige Punkte, stimmte dem Gesamtplan jedoch zu. So machte sich Kylie später auf zum Sportstudio, verbesserte seine Beinarbeit mit dem Sondertrainer und passte Daisy so ziemlich vor Toresschluss alleine ab, denn am heutigen Abend war Daisy zuvor mit andren Gästen beschäftigt gewesen. „Kann ich mit dir irgendwo alleine sprechen? Es ist wichtig!“ Daisy sah ihn fragend an, stimmte dann aber freundlich lächelnd zu. Der Detektiv schilderte die Sachlage und setze Daisy seine Pläne detailliert auseinander, betonte ausdrücklich, dass Daisy sich einer sehr großen Gefahr aussetzte, wenn sie bei diesem Spiel als Joker die Karten neu mischte. Ob Kylie als Bube den König übertrumpfte? Der Detektiv rechnete sich eine reelle Chance aus. Sein As war der Schädel, von dem er zu Daisy nichts erwähnte. Ob seine Gegner noch Asse im Ärmel hatten?
    Er bewunderte Daisys Mut und ihre rückhaltlose Zustimmung, ihm bei seinem Vorhaben zu helfen. Aber erst musste Teddy Bear seinen Part erledigen. Anschließend durfte er mit den Fotos noch einen Besuch abstatten. Und eines fiel ihm noch siedendheiß ein. Die gute Diane Docknikke hatte sich doch etwas Nettes verdient. Die gute Helferin in der Not, die er aus bekannten Gründen zuvor gemieden hatte, denn seine gesundheitlichen Fortschritte hätten sie sehr stutzen lassen, versuchte ihn täglich im Büro zu erreichen. Aber es war immer so ungünstig, dass Kylie grade nicht erreichbar war. Im Geiste machte er sich eine Notiz für den nächsten Tag. Im Traum meldete sich sein Gewissen. Der Detektiv träumte Daisy in tausend und einer Gefahr. Und immer war Kylie der strahlende Retter in allerhöchster Not. Hoffentlich war das kein böses Omen für die gefährlichen Pläne von Kylie und Tuen-O-Rin!
    #167Author Edmond Dantes (236914) 26 Mar 07, 11:04
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    Nach dem Aufstehen stattete der Detektiv einem Geschenke- und Blumendienst einen kurzen Besuch ab. Der bunte Strauss mit passender Vase, sowie einen Bonboniere mit extra feinen Pralinés, müsste Diane Docknikke von seinen lauteren Absichten überzeugen. Der Verkäufer im Laden versprach, dieses kleine Dankeschön am Nachmittag bei Diane abzuliefern. Auch die Visitenkarte, auf die der Detektiv eine spezielle Einladung kritzelte, fügte er der Bonboniere bei. Der Tag ging ansonsten mühevoll vorüber. Bis auf die wenigen Minuten, die Kylie Skye, dem niedlichen Terrier, widmete. Viktoria bedankte sich für Kylies Aufmerksamkeit mit einem bezaubernden Lächeln. Endlich war der Bürotag vorüber. Es ging mal wieder zum Sport. Den Mitarbeitern und den Gästen des Studios fiel etwas auf. Die Chefin kümmerte sich nicht mehr so intensiv um Kylie. War ihre erst in den Anfängen begriffene, enge Freundschaft abgekühlt? Auch später, im ‚Leos Law’, gingen der Detektiv und Daisy getrennte Wege (sie tauchten auch nicht gemeinsam dort auf, Daisy kam ein gutes Stück später hinein), grüßten sich nur im Vorübergehen. Kylie machte der tollen Barfrau Mate extrem den Hof. Und Daisy stand in der Fangemeinde von Ed, lauschte verträumt den schönen Melodien, während ihre Smaragdaugen den Pianisten fest im Blick hielten. So verging dieser Abend. Einen Tag später tauchte Kylie sogar mit zwei neuen Damen an seiner Seite auf. Es waren Diane Docknikke und ihre Hausgenossin Elfi Green. Er flirtete mit den beiden Hübschen, ja er hielt Händchen mit allen beiden. Tanzte ganz eng mit Diane, küsste sie sogar auf der Tanzfläche, wenige Meter vor Daisy. Und Daisy nahm das einfach so hin. Sie lächelte und widmete sich mit großem Elan Ed, dem Pianisten. An den nächsten Abenden waren Diane und Kylie, manchmal von Elfi Green begleitet, ebenso wie Daisy, Dauergäste im ‚Leos Law’. Daisy und Kylie grüßten sich, redeten auch miteinander, aber meist nur kurz und belanglos. Einmal war Cherokee anwesend, als Kylie sieh sah, forderte er die Indianerin umgehend zum Tanz auf und machte sich sehr heftig an die rassigen Schönheit heran.
    Am nächsten Morgen im Büro lag endlich die ersehnte Post von Teddy Bear auf dem Tisch. Der dicke, wattierte Umschlag enthielt prachtvolle, gestochen scharfe Porträts und Gruppenbilder, dazu noch Aufnahmen von Fahrzeugen. Der Detektiv machte sich am Nachmittag auf zu Emily Chambers, von der er hoffte, diese geheimnisvolle Dame würde endlich etwas Licht ins Dunkel dieses Falles bringen. Wie bei seinem letzten Besuch fungierte erst einmal wieder die hübsche Mexikanerin Bineta als Begrüßungskomitee. Sie lud ihn freundlich auf einen Tee ein und bat den Detektiv, sich etwas zu gedulden. Emily Chambers war nur für eine halbe Stunde abwesend. Dann konnte Kylie sein Anliegen persönlich ausrichten. Endlich erschien die aparte, junge Dame mit der weichen Stimme. Kylie erklärte ihr, er habe Fotos bei sich, die sie, Emily Chambers, sich doch einmal bitte etwas genauer ansehen sollte. Er handelte im Auftrag einer Anwaltskanzlei, die für die Angehörigen von Palmita Presto tätig war. Möglicherweise wären ihr diese Person und die Fahrzeuge in der Zeit kurz vor dem Verschwinden von Palmita Presto in dieser Gegend aufgefallen. Seine Vermutung bestätigte Emily aber nur eindeutig im Bezug auf ein bestimmtes Fahrzeug. Dafür kamen Bineta die Porträts von Dani Fink und Rasta, dem Mann mit der auffälligen Frisur, sehr bekannt vor. „Die habe ich hier mehrmals, aber schon vor Wochen, in der Umgebung gesehen. Der eine Mann, der mit der Rasta-Frisur, den habe ich sogar hier vor dem Tor bemerkt. In letzter Zeit aber nicht mehr. Der andere interessierte sich für ein Haus in der Nebenstraße das zum Verkauf stand, war in extrem feinen Zwirn. Da bin ich mir hundert Prozent sicher. Die Fahrzeuge habe ich nie gesehen.“ Bingo. Treffer. Jetzt hatten sich Kylies Vermutungen tatsächlich bestätigt. Und der Käse war schon in der Mausefalle platziert. Noch konnte er John Radkovitch einweihen. Oder doch ein Solo für Kylie und Teun-O-Rin. Mit einem unkalkulierbaren, sehr hohen Risiko für eine ganz bestimmte schöne Dame.
    Einigen Dauergästen in ‚Leos Law’ wäre aufgefallen, das Kylie schon einige Abende fehlte. Dafür war Daisy jeden Abend Gast. Sie himmelte Ed, den Pianisten und Barbesitzer immer mehr an. Und wenn sie spät in der Nacht den kurzen Weg in Richtung ihrer Wohnung ging, folgte ihr ein Schatten, lautlos und heimlich. Es war in der vierten Nacht, als es geschah…
    #168Author Edmond Dantes (236914) 27 Mar 07, 05:57
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    Es war eine klare Vollmondnacht. Der Asphalt glitzerte noch von dem kurzen, aber kräftigen Regenguss. Hier in der Gegend waren die Strassen sehr unbelebt. In den umliegenden Häusern waren kaum noch Fenster erleuchtet. Ganz selten fuhr ein Wagen vorbei. Daisy trällerte ein Lied vor sich hin. Es war die Melodie, die Ed heute in der Bar gespielt hatte. Da hörte Daisy das tiefe Brummen eines Autos, das sich ihrer Position näherte. Der Nachtwind zerzauste ihr lockiges, blondes Haar. Das Auto verminderte seine Geschwindigkeit, als es etwa auf gleicher Höhe mit Daisy war. Dann gab der Fahrer plötzlich Gas, der Wagen schoss nach vorn. Das schwarze Fahrzeug verstellte Daisy den Heimweg und hielt vor einer Hauswand mit quietschenden Reifen. Die Wagenschläge öffneten sich umgehend und lautlos, drei Typen sprangen heraus, umringten Daisy. Einer der Männer hob ein Tuch an das Gesicht der Lady. Ehe die schlanke, sportliche Frau reagieren konnte, war sie auch schon mit Chloroform betäubt. Innerhalb weniger Sekunden war das willenlose Opfer ins Auto verfrachtet und der Fahrer gab Vollgas, ehe die Türen ganz geschlossen waren. Was die Insassen nicht bemerkten: sie hatten einen heimlichen Mitfahrer. Der sich krampfhaft am Reserverad festhielt und mit den Füßen breit auf der verchromten Stoßstange stand. Der zusätzliche Fahrgast hoffte auf das Glück und die Dunkelheit. Eine Polizeistreife oder ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer oder Passant wären jetzt äußerst fatal. Aber niemand hielt das sich entfernende Fahrzeug auf. Die wilde Fahrt ging nicht in Richtung Innenstadt, es ging in Richtung Bay City. Aber es war ein anderer Bezirk als der, in dem Palmita Presto verschwunden war. Ob im Hafen eine Motoryacht wartete? Damit hatte der heimliche Mitfahrer nicht gerechnet. Er fluchte leise vor sich hin. Da stoppte der Wagen so abrupt, das Kylie von der Stoßstange abrutsche, beinahe gleichzeitig den Halt am Reserverad verlor und sehr unsanft auf den staubigen Boden stürzte. Blitzschnell rollte sich der Detektiv in eine finstere Ecke, denn schon öffneten sich die Wagenschläge. Schnell überprüfte Kylie den Sitz des Schädels. Tuen-O-Rin saß fest auf seinem Kopf. Und gab einen Kommentar ab: „Wenn du dir weiter nur Blutergüsse, Schrammen und Prellungen einfängst, habe ich einen relativ ruhigen Job!“ Der Detektiv würdigte dem Schädel keine Antwort. Seine Sinne waren auf ganz etwas anderes gerichtet. Die wenigen Eindrücke der Umgebung genügten Kylie. Hier würde wohl kaum eine mehr oder minder luxuriöse Motoryacht warten. Höchstens ein kleiner, rostiger Frachter. Überall Kisten, Container und andere verpackte, mittlere und große Frachtstücke. Es roch auch recht unangenehm. Zwei Gangster schleppten Daisy, die sie mittlerweile an Händen und Füßen gefesselt hatten, zu einem Lagerschuppen. Der dritte Burschen, es war der mit der markanten Frisur, öffnete ein dickes Vorhängeschloss. Knarrzend öffnete sich das Schuppentor. Schnell verbrachten die Gauner ihre heiße Fracht, schlossen den Schuppen ab und verschwanden mit dem Fahrzeug schnell außer Sicht. Kylie hatte sich die Visagen gemerkt, es waren die, von denen er schöne Porträts besaß. Später würde er sie seinem Freund vom L.A.P.D. auf dem Silbertablett servieren. Später! Er hoffte für Daisy, dass sie ‚nur’ betäubt war, aber ansonsten in keinen Schaden genommen hatte. Kyle wartete sehr lange. Es dauerte mehr als eine Stunde, ehe wieder etwas passierte. Es rasselte und knatterte. Ein uralter Pritschenwagen, an dem der graue Lack großflächig abblätterte, mit hoher, zu geplanter Ladefläche näherte sich dem Lagerschuppen langsam. Ob Kylie nun endlich den Mann zu sehen bekam, den er hinter all diesen Entführungen vermutete? Gespannt starrte der Detektiv in die Dunkelheit. Der Pritschenwagen hielt ganz nah am Schuppentor. Der Fahrer schaltete den Motor ab. Nach einer Weile stieg er aus.
    #169Author Edmond Dantes (236914) 27 Mar 07, 06:42
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    Der Mann, der dem Fahrzeug mühsam entstieg, war dem Detektiv völlig unbekannt. So weit Kylie erkennen konnte, war der Fahrer sehr alt, denn er ging gebeugt und besaß auf dem Kopf nur noch wenige graue Strähnen. Der Alte schlurfte zur Pritsche und öffnete die linke Bordwand. Direkt hinter dem Fahrerhaus stand quer eine riesige Kiste, wie Kylie gerade erkennen konnte. An der manipulierte der Mann. Was weiter auf der Pritsche lag, war durch die Plane verdeckt. Der Alte mühte sich jetzt mit dem Vorhängeschloss ab. Schnell huschte Kylie aus seinem Versteck und schlich sich hinter dem Laster an die Bordwand auf der rechten Ecke. Der Detektiv langte hinüber und lüpfte die Plane. Er sah eine zerschlissene Wolldecke, sowie einige gefüllte Weinkisten. Die Flaschen darin waren leer. Da hörte er den Alten zurückgeschlurft kommen. Schnell wich Kylie zurück in Deckung. Mit Kräften, die man dem Alten nie zugetraut hätte, verstaute der Mann die verschnürte, schlafende Daisy in die große Kiste, die anscheinend für solche Frachten entsprechend präpariert war. Der Alte hatte natürlich immer auf seine Umgebung geachtet, aber Kylie nicht bemerkt. Jetzt klappte der Alte die Bordwand hoch und sah sich noch einmal um. Dann hievte er sich unter Ächzen und Stöhnen hinter das Steuer und startete den Pritschenwagen. Jetzt musste sich Kylie entscheiden, aber was gab es da schon zu entscheiden. Daisy war in großer Gefahr und in den Händen eines völlig unbekannten Mannes. Also schwang sich der Detektiv in einem günstigen Moment auf die Ladefläche und verschwand unter der Plane. Unbeirrt fuhr der Alte den Laster in Richtung Süd-Ost. Das Brummen des Motors lullte den blinden Passagier ein. Ob Daisy wenigstens auch schöne Träume hatte? Oder spürte sie, was man mit ihr anstellte? Kylie wurde erst wach, als der Fahrer den Motor abstelle. Er hörte Stimmen. Dann war Kylie die Situation klar. Es waren Grenzposten. Der Wagen fuhr weiter. Anscheinend hatte der Grenzer den Laster durchgewinkt. Etwas später wieder Stimmen. Diesmal waren es eindeutig Mexikaner die sich da unterhielten. Einer der Männer trat an den Laster und hob die Plane etwas an. Zum Glück für Kylie war es nur ein kleines Stück an der linken Ecke nahe der Fahrerkabine. Nur wenig später befand sich das Gefährt mit seiner Fracht im Staate Mexico.
    Die Fahrt ging durch eine öde Landschaft. Und der Detektiv spürte jeden Knochen, denn die Straße in Mexico wies fiese Schlaglöcher auf. Trotzdem schlummerte Kylie wieder ein.
    Als das Fahrzeug auf einen anderen Untergrund wechselte, erwachte Kylie sofort. Langsam graute schon der Morgen. Als das Fahrzeug wieder stoppte, spähte Kylie über die Bordwand.
    Der Laster stand vor einem abgezäunten Areal. Der Fahrer schwang sich ächzend aus seiner Kabine und öffnete klirrend ein mit Maschendraht überzogenes Eisenrohrtor. Nach hinten schaute der Mann sich nicht um, er fühlte sich sicher. Hatten sie endlich ihr Ziel erreicht?
    #170Author Edmond Dantes (236914) 27 Mar 07, 11:07
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    Kylie beobachtete aus seiner Deckung unter der Plane weiter die Umgebung. Der Pritschenlaster holperte über einen einspurigen, ausgefahrenen Weg. Dann kam eine große Hazienda in Sicht. Der Laster hielt aber nicht an den Stallungen oder Pferchen, sondern an einem Hintereingang des Hauptgebäudes. Ehe der Fahrer ausstieg verschwand der Detektiv aus seiner kostenlosen Mitfahrgelegenheit und schlug sich, hinter dichten Büschen versteckt, zu einer der näheren Stallungen durch. Von dort besaß Kylie eine gute Aussicht auf die folgenden Ereignisse. Aber außer dem Alten, der keuchend Daisy ins Haus schleppte, war sonst kein Mensch zu sehen. Im Moment schien Daisy keiner Gefahr ausgesetzt zu sein. Also sondierte der Detektiv von seinem Standort aus vorsichtig die Umgebung genauer. Die Nebengebäude waren in keinem besonders guten Zustand. Die Dächer und das Mauerwerk wiesen überall Löcher auf. Die Holzwände einiger Stallungen und Pferche waren morsch und verrottet. Überall stand verschmutztes Gerümpel herum. Das Hauptgebäude sah da schon etwas besser aus, war aber auch nicht sehr luxuriös. In der Nähe des Haupthauses stand günstig ein Baum. Der Weg dahin war mit Büschen und Hecken gesäumt, hinter denen der Detektiv sich näher schlich. Zum Glück gab es hier keine Hunde, denn sie hätten die Anwesenheit von Kylie, aber ganz sicher die von Tuen-O-Rin bemerkt und Rabatz gemacht. Das Hinterhaus besaß auch nur zwei winzig kleine Fenster unten, die mit dichten Holzläden verschlossen waren, zwei größere mit offenen Läden im Obergeschoß, davon eines passend über den Baum beziehungsweise seine starken Äste zu erreichen. Denn den eigentümlichen Greis wähnte Kylie noch beschäftigt, so dass der Detektiv nicht mit einem Beobachter rechnete. Die einzige Türe, vor der noch der Laster stand, hielt Kylie genau im Auge. Eigentlich war hier alles viel zu ruhig. Bisher hatte sich Kylies Verdacht, der auf eine ganz bestimmte Person gerichtet war, nicht bestätigt. Der seltsame Mummelgreis stand nicht auf seiner Rechnung. Mit den anderen Vermutungen und Schlüssen hoffte der Detektiv auf der richtigen Spur zu sein. Denn wo Daisy jetzt war, so dachte Kylie, würden Strubbel, Kahana und Palmita Presto nicht weit sein. Außer das böse Schicksal hätte sich komplett gegen den Schnüffler aus Passion verschworen. Mit geschlossenem Trenchcoat war natürlich nicht an eine Kletterpartie zu denken. Auch wenn die Äste mehr als günstig seinem Aufstieg entgegen kamen und er dank seiner sportlichen Aktivitäten der letzten Wochen geschmeidiger war, ganz so einfach war es nicht. Kylie schnaufte mächtig durch, als er endlich mit dem Fenster auf gleicher Höhe war. Der komische Alte hatte sich bisher noch nicht weiter um den Laster gekümmert. Anscheinend war er weiterhin im Haus beschäftigt. Vorsichtig prüfte Kylie die Tragfähigkeit des Astes, der sein direkter Weg zum Fenster war. Hinter der Scheibe gab es keine sichtbaren Aktivitäten. Ein-, zweimal knackte der Ast unter Kylie, während der Detektiv sich dem Fenster näherte. Endlich, er war am Fenster und keuchte. Er prüfte das Fenster. Natürlich war es verschlossen. Aber ein kluger Mann besitzt ein Taschenmesser. Und damit war der primitive Riegel nur ein momentanes, aber kein unüberwindliches Hindernis.
    Leise und vorsichtig öffnete Kylie das Fenster. Dann schwang er sich über die Fensterbank in den Raum. Die Einrichtungsgegenstände waren mit Planen bedeckt, anscheinend wurde dieser Raum nicht genutzt. Dies hätten ihm auch die arg verschmutzten Fenster sagen können. Kylie tastete sich zur Zimmertüre vor. Dann presste er sein linkes Ohr fest auf das Holz und wartete einige Minuten. Nichts rührte sich. Er drückte den Türknauf nieder. Abgeschlossen. Wieder leistete sein Taschenmesser gute Dienste. In Nullkomanichts war die Zimmertüre geknackt. Wieder horchte der Detektiv. Dann zog er die Türe einen winzigen Spalt auf. Und dann noch ein Stückchen. Kylie lugte durch den Spalt, doch war der Flur zu dunkel, um irgendetwas erkennen zu können. Er horchte und zog dabei Stückchen für Stückchen die Türe weiter auf.
    Dann reckte er seinen Kopf etwas durch den Spalt in den stockfinsteren Flur. Hunderttausend grelle Kugelblitze irrlichterten durch Kylies Gehirn. Ein greller Schmerz, als sie farbenfroh explodierten. Es wurde tiefe Nacht um den vorwitzigen Superschnüffler.
    #171Author Edmond Dantes (236914) 28 Mar 07, 05:37
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    „Was will dieser Kerl hier? Was will er von El Madre? Die ganze Zeit hat der hier herum gegeistert. Wo ist der bloß plötzlich her gekommen?“ Diese Stimme weckte Kylie aus seinem Tiefschlaf. War das die Stimme des Alten? Oder ein Komplize? Anscheinend hatte der Typ die kostenlose Beförderung von Kylie hier hin nicht bemerkt. Dafür meldete sich sein Schädelfreund recht aufgekratzt: „Hey, du Schlauberger, da hast du mal wieder Glück im Unglück gehabt! Eigentlich wollte der Alte mich treffen, als er nach deinem Hut geschlagen hat. Aber Tuen-O-Rin ist durch so etwas nicht kleinzukriegen! Leider hat er dich ein wenig ausgeknockt. Keine Sorge, du behältst nicht zurück, alles ist im grünen Bereich. Deine Augenlider halte ich zu, damit dem Kerl nicht auffällt, dass du schon wieder wach bist. Fesseln hat er dir nicht angelegt. In wenigen Sekunden darfst du auch mal was tun, ich werde dich dabei unterstützen. Zumindest moralisch. Also bitte Aktion Herr Kollege…!“ Kylie spürte, dass sein Bezwinger in den Taschen seines Trenchcoats herumfingerte, der Heini suchte nach irgendwelchen verräterischen Papieren. Vielleicht sollte er jetzt mal den Hut lüften, denn den trug Kylie noch immer fest auf dem Kopf. Doch jetzt war eher etwas aus Daisys Sportstudio angesagt. Die Position seines neuen ‚Freundes’ war auch zu günstig. Also gab er Tuen-O-Rin das Kommando: „Augen auf und ran an den Speck! Jetzt gibt es was aus der asiatischen Wunderkiste! Mit Knalleffekt!“ Der Wurfgriff, kombiniert mit entsprechender Fußarbeit aus liegender Position, überrumpelte Kylies Gegner völlig. Kylies Bezwinger knallte heftig mit dem Kopf an die Zimmerwand und befand sich jetzt im Reich der Träume, dem Reich, das zuvor der Detektiv so rasch und mit tatkräftiger Hilfe von Tuen-O-Rin überwunden hatte. Es war der alte Lastwagenfahrer, wie Kylie sofort bemerkte, den der Detektiv mit seinem Überraschungsangriff aus dem Verkehr gezogen hatte. Mit seinem Messer schnitt Kylie passende Schüre von den Fenstervorhängen und fesselte den alten Knaben, der sich wohl selbst El Madre nannte. Kylie überlegte, ob er den Mann noch knebeln sollte, befand das aber als überflüssig. Bis jetzt sah es so aus, als ob niemand sonst im Haus wäre. Außer Daisy natürlich. Die Kylie jetzt suchte. Und der Detektiv hoffte, er würde auch endlich eine Spur von Strubbel, Kahana und Palmita Presto finden. Die Räume in der oberen Etage schienen alle schon lange unbenutzt. Kylie schlich weiter ins Erdgeschoß. Nur die große Küche wies Spuren von menschlicher Tätigkeit auf, da standen verschmutzte Teller auf dem Herd und leere Dosen im Spülstein. Hier lag auch, versteckt in einer Ecke, eine alte Matratze mit zerschlissener Decke. Die restlichen Räume im Erdgeschoß waren ebenfalls unbenutzt, überall waren die Bodenbeläge und Möbel abgedeckt. Wo war nur Daisy abgeblieben? Wo waren die anderen Frauen? Falls sie überhaupt hier waren. Kylie stürzte nach draußen, der alte Pritschenlaster stand noch immer unverändert vor der Türe. Der Detektiv untersuchte die präparierte Kiste hinter dem Fahrerhaus genauer, aber die verriet ihm auch nicht, wo Daisy abgeblieben war. Jetzt suchte Kylie nach einer verdeckten Bodenklappe oder einer versteckten Tapetentüre, die ihm möglicherweise einen Zugang zu geheimen Kellerräumen verschaffte. Bisher war ihm so etwas nicht aufgefallen. Oder musste er sich El Madre, den alten Tattergreis, vorknöpfen, denn sonst befand sich hier absolut niemand.
    #172Author Edmond Dantes (236914) 28 Mar 07, 11:05
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    In der Küche wurde der Detektiv zumindest fündig, was die Tapetentüre betraf. Vorher war ihm dies nicht aufgefallen. Es lag aber auch daran, dass die Küchentüre so anschlug, dass sie diese Türe verdeckte. Die Türe, die gleich der restlichen Küche tapeziert war, hob sich durch den überklebten Holzrahmen und den aufgesetzten kleinen Knauf hervor. Kylie öffnete die Türe bedächtig …und stand in einer geräumigen Speisekammer. Die Regale links und rechts waren prall gefüllt. Nicht nur diverse Mehlsorten in großen Säcken standen dort, auch Reis, Fleisch-, Obst- und Gemüsekonserven, Dosen mit Fruchtsäften, verschiedene Trockenprodukte, große und kleine Käseräder, bunt beschriftete Schachteln, Weckgläser und so fort. Der Greis hätte davon Jahre leben können. Der Detektiv rückte einige der Dosen und Tüten zur Seite, spähte und tastete, fand aber hier keinen Geheimgang. Auch die Rückwand, an der an einer Hakenleiste luftgetrocknete Würste, Schinken und Speckseiten hingen, schien äußerst massiv. Der Boden besaß offensichtlich auch keine versteckte Falltüre.
    Als er die Küche verließ, spürte er einen mörderischen Luftzug an der linken Wange. Nur die Drehbewegung, in der sich Kylie gerade befand, hatte den Treffer, der einen Elefanten gefällt hätte, verhindert. Wie der Alte sich hatte befreien können, war in diesem Augenblick zweitrangig. El Madre stand ihm Auge in Auge gegenüber und setzte wieder zu einem Boxhieb an. Nur war Kylie jetzt vorgewarnt und wich der Faust geschickt aus. El Madre besaß lange Arme und damit eine große Reichweite, so gelang es dem Detektiv nicht, der um den Alten herumtänzelte, einen der Griffe anzusetzen, die er von Daisy gelernt hatte. Gerade legte der Alte wieder seine volle Kraft in einen Aufwärtshaken. Kylie zuckte in der letzten Sekunde zurück. Aber die Hand seines Gegners traf nicht in die Luft, sie traf Kylies Hut etwas seitlich und warf ihn damit vom Kopf des Detektivs. „Santa Madre di Dios! Santa Madre di Dios!“ Ein überlauter, etwas gurgelnder Schrei entrang sich der Kehle des Alten.
    Und mit diesem Aufschrei sank der Greis in die Knie, die rechte Hand auf das Herz gepresst. Im ersten Moment dachte Kylie, der alte Mann hätte einen Herzinfarkt bekommen. Aber dem war nicht so, der Alte murmelte weitere Worte, die Kylie nicht verstand, dabei rannen dem Greis dicke Tränen die Wangen herab. Dies alles hatte der Anblick von Tuen-O-Rin bewirkt.
    Der Mann kniete weiter auf dem Boden. Immer wieder kamen die Worte ‚Santa Madre’ im Gestammel des Alten vor. Ob er seinen Namen daher ableitete? Auf jeden Fall machte Kylies Gegner keinen weiteren Angriffsversuch. Und als der Detektiv seinen Hut wieder aufzog, beruhigte sich El Madre langsam. Kylie half dem Alten und ging mit ihm in eines der Zimmer mit Sitzgelegenheit. Er wies dem Greis einen Stuhl an und setzte sich dann gegenüber. Dann sahen sich die beiden lange stumm an. Kylie stellte die wichtigste Frage. „Wo ist Daisy? Wo sind die anderen Frauen? Steckst du hinter all dem Unglück? Oder ist es jemand anderes?“
    #173Author Edmond Dantes (236914) 02 Apr 07, 05:38
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    Der Alte stand schwerfällig und wortlos von seinem Stuhl auf, noch immer liefen ihm Tränen die Wangen herab. Er bewegte sich zur Küche hin, Kylie folgte ihm auf dem Fuße. El Madre ging in die Speisekammer, dann fingerte er an seinem Hals herum. An einer Kette zog er einen sehr langen, stabförmigen Schlüssel hervor. El Madre gebot dem Detektiv auf der Türschwelle zu warten. Dann schob der Alte an der Rückwand einen Schinken zur Seite und den Schlüssel in eine kaum sichtbare Öffnung. Es knackte vernehmlich in der Wand, dann schob sich in der Mitte der Speisekammer ein Stück des Bodens zur Seite. Der Alte bückte sich an der Öffnung herunter und löste eine Verriegelung, anschließend ratterte eine Stufenleiter zu Boden. El Madre verschwand in dem Loch und Kylie folgte ihm. Der Keller war gut ausgebaut. Hier gab es eine separate Strom- und Wärmeversorgung. Das Wasser kam, wie Kylie später erfuhr, aus einer auf dem Gelände liegenden Zisterne, die auch das Haus oben versorgte. Anschließend führte El Madre Kylie zu der ersten Zelle, zu der wieder der schmale Schlüssel den Zugang öffnete. Die schwere Türe, die auf der Innenseite dick gepolstert war, öffnete sich leise quietschend. In der verschwenderisch ausgestatteten Zelle lag auf einem breiten Diwan, der mit sehr kostbaren Stoffen überzogen war, Daisy. Kylie stürzte an El Madre vorbei und kümmerte sich um die leblos daliegende Freundin. Daisy war noch oder wieder im Reich der Träume. In hinteren Teil der Zelle, die eher einem orientalischen Harem entsprach, lag ein ebenso luxuriöses Badezimmer. Hier benetzte der Detektiv eines der übergroßen, flauschigen Handtücher und rieb, in die Zelle zurückgekehrt, Daisys blasses Gesicht. Ehe Daisy aber wieder ins Leben zurückkehrte, bewegte sich der Alte auf die anderen Zellentüren zu und schloss sie ebenfalls auf. Nachdem Kylie Daisy den Puls gefühlt hatte, der regelmäßig schlug, folgte er El Madre. Zwischen den beiden Zellen auf beiden Seiten lag jeweils ein Raum, für den der Alte scheinbar keinen Schlüssel besaß, denn er machte keine Anstalten, auch diese zu öffnen. In den anderen Zellen, die in der Ausstattung der von Daisy in nichts nachstanden, lagen die anderen Vermissten. Bisher kam von dem Alten kein Kommentar, die Führung in und durch den Keller war schweigend von statten gegangen. Der Detektiv war überglücklich, dass er die vermissten Frauen gesund, wenn auch betäubt, wiedergefunden hatte. Aber noch immer war die Frage offen, wer hinter dieser bodenlosen Schweinerei steckte. Gut, Kylie hatte die Spur zu Dani Fink und seinen Spießgesellen und da genügte ein Tipp an seinen Freund Jove, der die Typen mit Freude hinter Schloss und Riegel bringen würde, aber der Dreckskerl dahinter…Wer war der Mann? Was wollte der Verbrecher mit seiner Tat erreichen? Ob El Madre, der Greis, jetzt endlich die Katze aus dem Sack ließ? Oder war der Alte vielleicht auch nur ein Opfer des Schweins?
    #174Author Edmond Dantes (236914) 02 Apr 07, 11:02
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    El Madre blieb weiter extrem apathisch und still, half aber mit die vier Frauen zusammen in ein geräumiges Zimmer nach oben zu bringen. Noch waren sie alle bewusstlos und es würde auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis sie wieder zu sich kamen. Bis dahin wollte Kylie die verschlossenen Räume im Keller genauer untersuchen. Also schickte er El Madre nach Werkzeug. Einige Zeit später kam der Alte mit den gewünschten Sachen und er begab sich zusammen mit dem Detektiv wieder in den Keller hinunter. Mit einem Brecheisen und einem Hammer gelang es Kylie, gemeinsam mit dem Alten, die verschlossenen Türen gewaltsam zu öffnen. Die sehr kargen Kammern boten auf den ersten Blick nichts besonderes, wenn man von den verkabelten Pulten in beiden Räumen absah. Als Kylie an einem der Pulte einen markanten Knopf drückte, wurden die beiden Wände, die zu den Zellen lagen, beleuchtet und durchsichtig. Es waren einseitige Spiegelwände und von diesem Raum konnte man alle Vorgänge in den Zellen beobachten ohne dass ein Zelleninsasse das mitbekam. In dem Pult war auch mittig ein Lautsprecher angebracht. So gab es auch sicher versteckte Mikrofone in den Nebenzimmern. Neben dem Lautsprecher gab es noch einen versenkten Knopf, der einen Totenkopf trug. „Damit kann man von hier die Damen betäuben? Oder? Aber du hast sie nicht von hier mit einem Schlafgas betäubt? Du hast es mit einem chloroformgetränkten Tuch und mit Schlafpulver im Essen gemacht!“ Der Alte nickte, schluchzte dann laut auf, warf sich auf die Knie und bat den Detektiv händeringend um Verzeihung. „Jetzt sage endlich, wer hinter all der Schweinerei steckt!“ El Madre hatte immer krumme Geschäfte gemacht und kam eigentlich aus einem Dorf, das viele Kilometer von hier weg lag. Eines Tages, als er seine kleinen Geschäfte, hauptsächlich Hehlerei und Schmuggel, in die Stadt hier in der Gegend verlegt hatte, fand er einen Brief auf dem Sitz seines alten Lasters. Ein ‚guter Freund’ würde seine Hilfe benötigen und würde für ihn sorgen, wenn er sich an die schriftlichen oder fernmündlichen Anweisungen hielt. Sollte er sich jedoch weigern den Anweisungen zu folgen, oder gar die Polizei informieren, säße er, El Madre, schnell in einem mexikanischen Knast und würde dort verschimmeln und von den Ratten gefressen werden. Und der Alte wusste, wie komfortabel die Knäste in Mexiko sind. Und wie nett und zuvorkommend die Wachleute und Polizisten. Und so blieb dem armen Greis nichts anderes übrig. Seinen Auftraggeber hatte er nie gesehen, denn in den Zeiten an denen sein ‚Boss’ auf der Hazienda war musste der Alte seinen Platz hier räumen und die Zeit in der Stadt verbringen. Die Anweisungen erfolgten schriftlich (meist ließ der Unbekannte sehr genaue Anweisungen zurück), über ein postlagerndes Telegram oder, zu festgelegten Zeiten, über das Telefon in der Poststelle der Stadt. Auf der Hazienda fand El Madre bei seinem ersten Besuch alles so vor, wie es jetzt war, natürlich ohne die Frauen, dazu einen Brief mit allen Schlüsseln und eine große Menge Geld für nötige Einkäufe an Lebensmitteln. Und das war erst einige Wochen her. Der Alte berichtete alles stockend und mit brüchiger Stimme. Dabei bemerkte Kylie erst jetzt, dass El Madre nur so alt aussah, aber es wohl nicht war. Er schien in seinem Leben sehr viel mitgemacht zu haben. Kylie war dem großen Unbekannten keinen entscheidenden Schritt näher gekommen. Doch er schmiedete neue Pläne und quetschte El Madre weiter aus. Dazu stellte er dem Alten weiter ganz spezielle Fragen, die seinen Verdacht, der sich auf eine einzige Person konzentrierte, bestätigen sollten.
    #175Author Edmond Dantes (236914) 03 Apr 07, 05:39
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    Kylie und El Madre begaben sich zu den Damen, die gerade aus ihren Träumen erwachten. Leider litten sie erst einmal unter den Folgen der kräftigen Chloroformierung und den andren Schlafmitteln, dafür waren von El Madre schon einige Eimer und Wischtücher bereitgelegt worden. Als dieses fiese Zwischenspiel endlich vorüber war, verschwanden die Frauen schnell in die angrenzenden Waschräume. Anschließend schlüpften sie in frische Kleidung. In dem ganzen Trubel hatten sie nur kurz dem Detektiv mit einem Nicken oder einer anderen kleinen Geste ihre Freude und Dankbarkeit über die Befreiung kundgetan, keine ging darauf ein, dass Kylie noch immer in Hut und Mantel herumlief. Während der Detektiv nun die Frauen in eines der angrenzenden Zimmer bat, richtete El Madre auf Kylies Geheiß einen Imbiss mit extrastarkem Kaffee an. Kylie setzte den Frauen, die von ihrer Gefangenschaft kaum etwas mitbekommen hatten, in knappen Worten auseinander, dass ihr Horrorerlebnis, zumindest in diesem Haus, ein Ende hätte. Aber er bat um ihr Vertrauen und später gemeinsam mit El Madre in die nächste Stadt zu fahren. Dies sollte aber heimlich geschehen. Auch wenn der eigentümliche Alte Schuld auf sich geladen hatte, jetzt würde der Greis genau das tun, was Kylie ihm auftrug. Denn es galt den Hintermann zu überlisten. Der Mistkerl, der die Frauen hier hin entführen ließ und sie anschließend in sein haremartiges Gefängnis sperrte. El Madre sollte nämlich heute in die Stadt fahren, damit sein unsichtbarer Auftraggeber dem Haus und den Gefangenen einen Besuch abstatten konnte. Nur würde der Laster mit El Madre nicht ohne besondere Fracht das Areal verlassen. Die Frauen mussten unter der Plane versteckt in die Stadt gebracht, dort möglichst unbeobachtet den Laster verlassen und in El Madres Obhut in einem Hotel warten, bis Kylie den großen Unbekannten überwältigt und dingfest gemacht hatte. Erst murrten die Frauen, die jetzt lieber zurück zu ihren Familien oder Freunden wollten und gerne auch ein Lebenszeichen in diese Richtung abgesetzt hätten. Aber der Detektiv wirkte beruhigend auf alle ein und überzeugte sie, dass es für den Sieg der Gerechtigkeit unabdingbar war, seinem Plan zu folgen. Wie er sich die hübschen, aber sehr erschöpften Frauen anschaute, war sich Kylie absolut sicher. Er sah den Schlüssel für diesen Fall ganz deutlich vor Augen. Er ahnte nicht, er wusste, wer hinter dieser Sauerei steckte. Und nur wenn er dem Unhold diese Falle stellte, sah Kylie eine echte Chance, den Kerl zur Strecke zu bringen und ihn hinter Schloss und Riegel zu bringen. Dem Detektiv war auch klar, dass jede weitere Aktion für die vier Frauen eine Zumutung bedeutete, trotzdem überzeugte er sie, bei diesem letzten Akt sich so zu verhalten, wie er es ihnen erklärte. Als alles erledigt war, das hieß die Frauen auf dem Laster unbemerkt mit El Madre, der zuvor noch einige genau Instruktionen von Kylie erhielt, vom Areal verschwunden waren, machte es sich Kylie so gemütlich, wie es in dem dunklen und verschlossenen Haus möglich war. Jetzt hieß es warten. Und noch einige nötige Vorkehrungen treffen. Aber Kylie war ja nicht ganz allein, sein Freund Tuen-O-Rin war da, mit dem konnte er sich noch beraten.
    #176Author Edmond Dantes (236914) 11 Apr 07, 11:16
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    Stunden waren vergangen, Kylie wusste nicht, ob das Haus schon von seinem Widersacher beobachtet wurde. El Madre hatte ihm auch vorher keine ungefähre Zeit genannt. So lauschte der Detektiv dem Knacken der Dielenbretter. Ab und zu gab Tuen-O-Rin seine Kommentare ab. Draußen bewölkte sich der Himmel tiefschwarz, ein Gewitter zog auf. „Das passt ja prächtig“, brummte Kylie vor sich hin, während sein beinerner Freund ein homerisches Lachen produzierte. Ein tiefes Donnergrollen ertönte direkt über dem Haus, dann erhellten mehrfach grelle Blitze den Himmel. Angestrengt lauschte Kylie. Da war doch was. Klickte da nicht ein Türschloss? Schabte nicht die Eingangstüre gerade in diesem Moment über den staubigen Boden? An des Detektivs Ohren drangen schlurfende Schritte…oder war alles nur Einbildung? Das Inferno über dem Haus wurde immer schlimmer, gerade gab es mehrere heftige Böller kurz hintereinander, die die Böden und Wände erzittern ließen. Dann war Stille. Im ersten Moment dachte Kylie, er wäre taub geworden. Er drückte mit den Fingern auf seine Ohren. Dann schüttelte er sich, das Unwetter zerrte an seinen Nerven. Er schwitzte unter Hut und Mantel. Aber es war kalter Schweiß. Hatte er sich mit seinem Plan doch etwas übernommen? Die Geräusche, die er zuvor einem Eindringling zuordnete, beruhten wohl auf einer Täuschung. Aber da, wieder so ein Geräusch. Es kam nicht von der Front, es kam aus dem Raum unter Kylie. Das war doch die Küche! Jetzt, jetzt ratterte da doch irgendetwas. Die Stufenleiter, die zum Keller führte! Wenn er jetzt hinunter schlich, sein Gegner säße in der Falle. Es wäre nur die Bodenluke in der Speisekammer zu verschließen. Ohne Kampf wäre der Gegner übertölpelt. Doch Kylie zögerte. Diese Lösung war ihm zu einfach. Sollte er jetzt dem Eindringling nachschleichen? Auf einmal drang ein wölfisches Geheul an Kylies Ohren. Im ersten Moment verstand der Detektiv die Worte nicht. Anschließend, als er sich etwas anstrengte, bekam er doch mit, was der irre Mensch da unten in den Kellerräumen von sich gab. „Wer hat es gewagt, meine süßen Täubchen zu rauben? Wo ist Palmita? Wo Strubbel? Wo Kahana? Wo Daisy? Wer war das? Doch niemals dieser alte Irre! Nein, nein, El Madre kann das nicht gewesen sein! Wenn er mich aber verraten hat, dann müsste das Haus doch von der Polizei umstellt sein. Sitze ich in der Falle? Nein, jetzt Ruhe bewahren…nachdenken…aber halt, ich habe doch Schritte gehört…da ist doch wer ganz in der Nähe! Warte Freundchen, warte nur…für dich habe ich eine Riesenüberraschung parat!“
    #177Author Edmond Dantes (236914) 12 Apr 07, 11:00
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    Die letzten Sätze bekam Kylie schon nicht mehr mit. Ohne großes Getöse schlich er vorsichtig zur Küche, anschließend zur steilen Kellerstiege hin. Ehe der Detektiv die schmale Leiter benutzte lauschte er eine Weile angestrengt. Sein unsichtbarer Gegner, der zwischendurch schon mal ein schauriges Gelächter hören ließ, war verstummt. Wartete er jetzt unterhalb der Stufenleiter? Kylie zögerte noch einige Minuten, dann kletterte er die Sprossen in die Tiefe hinunter, mittlerweile wieder mit verschlossenem Mantel und hochgeklapptem Kragen. Jeden Moment erwartete er einen hinterhältigen Angriff aus der Dunkelheit. Doch er erreichte den Kellerboden ohne irgendeinen besonderen Zwischenfall. Dann bewegte er sich auf die gegenüberliegende Wand und den Durchgang darin zu. So nahe es ihm möglich war drückte Kylie sich an das Gemäuer und spähte ins Dunkel. Nichts. Doch jetzt war die Frage, ob nun rechts oder links herum? Da fiel sein Blick auf die Türe genau gegenüber. Da hatte sich doch gerade etwas getan! Und wieder. Als ob ein leichter Luftzug sie bewegte. Wollte der Unsichtbare ihn locken? Jetzt schien ein tappendes Schlurfen aus der linken Ecke zu kommen. War der Gegner doch nicht hinter der Türe? Kylie ließ sich auf alle Viere nieder. Langsam kroch er so auf das eben gehörte Geräusch zu. Hielt aber immer noch die Türe, die jetzt rechts lag, nicht aus dem Blick. Als er auf etwa gleicher Höhe mit der Türe war, atmete er durch. Und wartete…, es geschah aber nichts. Trotzdem vermutete Kylie jemand hinter der Türe. Er robbte sich näher an sie heran, bis er sein Ohr ganz fest auf die Türfüllung legen konnte. Nichts! In seinen Ohren gab es nur Rauschen und das wilde Pochen seines Herzens. Die überanstrengten Augen ließ Kylie zwischen Türe und der dusteren Ecke hin und her schweifen. Dann richtete er den Blick fest auf den Türspalt. Er wartete ein paar Herzschläge ab. Dann schob er die Türe mit einer seitlichen Armbewegung ganz auf, jeden Moment auf einen Angriff gefasst. Dies war der Raum mit dem ominösen Steuerpult. Aber, soweit Kylie dies feststellen konnte, denn er war mittlerweile ein gutes Stück weiter in den durch ein Notlicht spärlich erleuchteten Raum gekrochen, versteckte sich hier niemand, denn nichts regte sich. Kein Atemgeräusch, kein Knistern oder Knacken. Auch kein Quietschen von Schuhen. Dafür tat sich draußen wieder etwas. Da, ganz eindeutig leise Schritte. Grade erhob sich Kylie vom Boden, doch sein Widersacher war schneller. Ein Schatten trat in den Raum, etwas blitze sehr schmal und hell in dem wenigen Licht, dann spürte der Detektiv einen Stich im Rücken, der ihm keine Schmerzen bereitete. Und noch einen. Und noch….
    Ehe irgendein Schmerz das Gehirn von Kylie erreichen konnte, senkte sich völlige Dunkelheit gnädig über ihn. Es war, als hätte jemand auf einen Schalter gedrückt, so abrupt geschah es.

    #178Author Edmond Dantes (236914) 16 Apr 07, 05:41
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    Kylies bester Freund kümmerte sich sofort um die Verletzungen. Die Wundränder waren glatt und die Stichkanäle ebenso. Tuen-O-Rin bekam das alles schnell in den Griff. Einer der Stiche verletzte das Herz des Detektivs, aber auch da sorgte der Eingriff des Totems für schnelle Abhilfe. Er isolierte alle betroffenen Gebiete und setzte die körpereigenen Regenerationsprozesse in Gang. Tuen-O-Rin übernahm Kylie komplett. Und da die medizinische Nothilfe für den Schädel beinahe eine Nebensache war, kümmerte er sich um den Gegner. Tuen-O-Rin wich dem nächsten Angriff aus und steuerte Kylies Fäuste seinem Widersacher entgegen. Da unter der Leitung des beinernen Freundes das Gehirn besser reagierte, die Nervenbahnen jeden Befehl optimaler weiterleiteten, sah sich der Unbekannte einem Turboangriff ausgesetzt, dem er nichts entgegensetzen konnte. Die Fäuste von Kylie prasselten in die Seite des Gegners, der mit solch einem Trommelfeuer nicht rechnete. Der Unbekannte taumelte Richtung Boden, fing sich im letzten Moment. In dem schwach beleuchteten Raum sah Tuen-O-Rin endlich den Gegner von Angesicht zu Angesicht. Bestätigte sich nun endlich Kylies Verdacht? War es …? Nein, der Mann blieb noch immer unbekannt, denn er trug eine schwarze Stoffmaske vor dem Gesicht. Kylie, von Tuen-O-Rin gesteuert, bewegte sich auf dem Maskierten zu. Aber ehe die ausgestreckte Hand, die dem Vermummten die Maske vom reißen sollte, die verdeckende Larve erreichen konnte, drehte sich der Fremde weg. ‚Na warte Freundchen, Tuen-O-Rin zeigt dir erst mal sein Gesicht. Mal schauen, wie du darauf reagierst?’. So dachte der Schädel bei sich. ‚Man hat ja Manieren und stellt sich erst einmal vor!’ Also trat Kylie auf einige Meter den Rückzug an, denn der Fiesling mit der Maske hielt in der handschuhbewehrten Faust noch immer ein blitzendes Skalpell und versuchte einen erneuten Angriff, wie der Schädel rechtzeitig erkannte. Auch wenn der Schädel durch Kylies Augen den Feind im Ganzen sah, bisher passte der Gegner nicht richtig auf das in Kylies Gedächtnis gespeicherte Bild. Seine durchgehend dunkle Kleidung und die Kappe, die der Vermummte trug, ließen solche Schlüsse nicht zu. Der Maskenträger rückte mit dem scharfen Skalpell in der Faust langsam und etwas schnaufend vor. Jetzt erst stellte der Maskenträger fest, dass seinem Gegner der Kopf fehlte. Er sah nur den hochgeschlossenen Trenchcoat und den Hut darüber. Dies entlockte dem Maskierten ein heftiges Keuchen. Aber als Tuen-O-Rin alias Kylie leicht in der Hüfte einknickte und dann den Hut zum freundlichen Gruß lüpfte, drehte der Maskenmann vollständig durch…
    #179Author Edmond Dantes (236914) 19 Apr 07, 06:07
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    Das scharfe Skalpell fiel dem maskierten Mann klirrend aus der Hand, anschließend sackte er,
    wie vom Blitz gefällt, nieder. Er schrie und tobte, trommelte mit den Fäusten auf die Erde, dann rollte er sich auf dem Erdboden zusammen, verfiel in Embryonalstellung und gab wimmernde Laute von sich, sein Körper zuckte in kurzen Abständen. Seitlich der Maske liefen Speichelfäden herunter. Tuen-O-Rin versuchte etwas, das er noch nie ausprobiert hatte. Er lenkte Kylie eng an die Seite des maskierten Mannes und zwar so, dass sein Schädel die Wange des Durchgedrehten, der noch immer zuckte, fest berührte, versuchte zu retten, was noch zu retten war. Aber da war nichts mehr zu retten. So stellte er den Mann ruhig, mehr konnte er nicht für den Irren tun. Bei zwei Männern gleichzeitig für die körperliche oder geistige Gesundheit zu sorgen, das überstieg die Kräfte des Totems. Bei seinem Versuch im Hirn des Verrückten Ordnung hinein zu bringen, erkannte Tuen-O-Rin natürlich seinen Gegner sofort. Da der Maskenmann für die nächste Zeit friedlich schlummerte, kümmerte der Schädel sich verstärkt um seinen Freund Kylie. Dem ging es immer besser. Auch wenn es eigentlich unnötig schien, so fesselte Tuen-O-Rin den schlafenden Irren, dann begab er sich in die Küche und richtete Kaffee, Saft und Spiegeleier mit Speck für Kylie an. Der Detektiv erwachte am gedeckten Küchentisch. „Die Jagd ist vorbei! Glückwunsch, mein Freund, du hattest den richtigen Riecher! Mit deinem Körper ist alles in Ordnung, es heilt sehr gut und du dürftest keine Schmerzen spüren. Du musst essen, einige Reserven müssen wieder aufgefüllt werden. Dein Freund Robert Mi wird wohl etwas sauer sein, dein schöner Trenchcoat hat etwas abbekommen, es lässt sich aber prima Kunststopfen, will ich meinen. Ehe du irgendwelche Fragen stellst, greif zu…“ Kylie verspürte tatsächlich einen Bärenhunger und einen Widerspruch bei Tuen-O-Rin einzulegen hatte eh keinen Zweck, er fügte sich in sein Schicksal. Und so verputze er nicht nur zwei Ladungen Spiegeleier, auch ein halbes Brot und noch einige der luftgetrockneten und äußerst delikaten Würste vervollständigten die Mahlzeit. Als er die zweite Tasse Kaffee genüsslich schlürfte, setzte er mit einem Räuspern an, all die wichtigen Fragen, die ihm so heiß auf der Zunge brannten, an seinen Schädelfreund zu richten, als das Geräusch eines sich dem Hause nähernden Fahrzeugs an seine Ohren drang. Wer konnte das jetzt noch sein? Gab es weitere Hintermänner? Dani, Rasta und ihre Spießgesellen waren es sicher nicht. Oder gab es bisher unbekannte Helfershelfer des Maskierten? Schnell schloss Kylie den lädierten Trenchcoat und zog auch wieder den Hut über, der bisher auf der Anrichte gelegen hatte und schlich sich in Richtung Haupteingang. Das unbekannte Fahrzeug hielt eindeutig an der Hausfront und fuhr nicht auf die Rückseite.
    Kylie schlich weiter, bis er eine günstige Position erreichte und drückte sich in den Schatten.
    #180Author Edmond Dantes (236914) 23 Apr 07, 11:01
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    Gemäß den verschiedenen Schritten vor der Türe näherten sich da draußen mehrere Personen. Wenn sie auch mit dem Fahrzeug relativ forsch vorgefahren waren, jetzt bewegten sie sich extrem vorsichtig und auf leisen Sohlen auf das Haus zu. Kylie schätzte, dass da mindestens zwei Personen herumturnten. Wenig später befand sich eine Person genau vor der Haustüre, denn das Geräusch auf dem Fußabstreifer war mehr als eindeutig. Derjenige, der dem Menschen vor dem Eingang folgte, verhielt sich absolut still. Mehrere Minuten geschah absolut nichts. Kylie überlegte, ob er sich nicht weiter in das Haus zurückziehen sollte. Mit zwei Personen würde er nicht so schnell fertig. Kylie sperrte seine Ohren weit auf und blieb noch an seinem Platz, unsicher, ob er seinen derzeitigen Standort aufgeben sollte. Neue Knack- und Schabegeräusche bannten den Detektiv an seinen Platz. Was ging da draußen vor? Jetzt rieb an der Türe Metall auf Metall. Tuen-O-Rin hielt sich dezent zurück, nur eines wusste der alte Schädel gewiss, Kylie würde keinen weiteren Zweikampf durchstehen. Und gegen zwei Leute besaß der Detektiv nicht den Hauch einer Chance. Besaß da draußen jemand einen Schlüssel? Oder versuchte es einer mit einem Dietrich? Die Türe klinkte auf…
    Kylie wartete auf einen günstigen Moment. Wenn er es genau abpasste, konnte er den ersten, der durch die Türe kam, außer Gefecht setzen und ihn gegen die zweite Person als Schild benutzen. Die Türe schwang etwas weiter auf. Kylie behielt die Nerven und wartete. Jetzt…
    All die feinen Sachen, die ihm Daisy eingetrichtert hatte, wollte der Detektiv nun zur Anwendung bringen. Der erste Griff musste sitzen, dann den Gegner so heranziehen, dass er ihn in den Würgegriff nehmen konnte. Eine eventuelle Waffe ausschalten und dann mit der Person im Würgegriff den zweiten Angreifer abwehren und in Schach halten. Es klappte wie am Schnürchen, als die Türe ganz auf war, stand Kylie genau richtig. Blitzartig schossen seine Hände vor, dann gab er seinem Gegenüber den richtigen Schwung, sodass der sich perfekt umdrehte und schon war der Würgegriff so schulbuchmäßig erfolgt, dass sich der Mann nicht mehr bewegen konnte und nach Atemluft japste. Aber was war das denn, die einzelne Person, die hinter dem Gefangenen vor der Türe stand, die kannte der Detektiv doch sehr genau.
    #181Author Edmond Dantes (236914) 24 Apr 07, 05:51
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    Völlig verdattert sah Kylie in die wunderschönen grünen Augen von Daisy. „Du? Was machst du denn hier?“ Erst da wurde dem Detektiv bewusst, wen er noch weiter im Würgegriff hielt. Es war der alte El Madre. Sofort ließ er den Alten aus. „Daisy hat keine Ruhe gegeben, sie hat mich gedrängt, hier hin zu fahren“, brummte El Madre. „Die anderen Frauen sind alle in Sicherheit. Ihnen geht es gut. Nur sie hat mir keinen Frieden gelassen.“ Mit seinem Kopf wies El Madre zu Daisy hin. Daisy setzte ihr schönstes Lächeln auf. Ihre Blicke baten um Verzeihung. „Ich war doch in so großer Sorge um dich! Hast du das Scheusal erwischt?“ Kylie erlaubte sich einen Spaß. „Leider hat sich hier niemand blicken lassen, es war alles umsonst!“ Da trat Daisy auf ihn zu, legte ihre Arme um ihn und gab ihm einen zärtlichen Kuss. „Es tut mir so Leid für dich. Was machen wir nun?“ Mit ihren Händen erfühlte Daisy die Beschädigungen im Trenchcoat. Da rückte sie von Kylie ab und sagte total entsetzt: „Warum lügst du? Du hast mit jemand gekämpft, das sind doch keine normalen Beschädigungen! Zieh sofort den Trenchcoat aus und lasse mich die Wunden sehen!“ „Nur die Ruhe! Ja, ich habe einen Kampf hinter mir, aber das sieht von außen schlimmer aus, als es in Wirklichkeit ist. Weil du mir in die Parade gefahren bist, wollte ich dich ein bisschen hochnehmen. Verzeih mir, Liebste!“ „Ach du Dummkopf, ich verzeihe dir ja schon.“ Prompt erfolgte die nächste Kussszene. El Madre hatte sich schon abgewandt, er konnte dieses Turteln nicht mehr mit ansehen. Nun fing auch noch Kylie mit Gesäusel an: „Du hast die doch in viel größere Gefahr begeben, als ich. Die ganze Entführung durch Dani, Rasta und Co, die Tour auf El Madres Laster und dann das, was hier geschah!“ „Für dich. Nur für dich! Weil ich dich liebe!“ Es ging noch eine ganze Weile so weiter. El Madre hielt es nicht mehr aus und hüstelte erst verhalten, dann räusperte er sich etwas lauter. Endlich kam Kylie etwas zur Besinnung. Er strich sanft über Daisys blonden Lockenkopf. „Kommt mit, ich werde euch die Beute zeigen. Es hat sich gelohnt!“
    Als sie in den Raum kamen in dem Tuen-O-Rin seinen Gegner geparkt hatte, zeigte Kylie stolz auf den schlafenden Maskierten. „Das ist der Mann hinter all diesem Elend, nur zu Daisy, du darfst ihm die Maske vom Gesicht reißen! Er kann kein Unheil mehr anrichten!“
    #182Author Edmond Dantes (236914) 25 Apr 07, 05:32
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    Daisy entblößte das Gesicht des Mannes. „Nein…das hätte ich nicht gedacht! Dieses Scheusal!“ Alles kam jetzt in Daisy hoch und so verpasste sie dem schlafenden Demaskierten eine schallende Ohrfeige. El Madre sagte die nackte Visage absolut nichts, er hatte den Mann noch nie vorher gesehen. „Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun. Wir laden den Mistkerl auf den Laster, schließen hier alles ab und fahren dann in die Stadt. Dort sammeln wir Strubbel, Kahana und Palmita ein, zwischendurch werde ich ein kurzes Telefonat führen. Danach geht es ab in die Heimat.“ Nur wenig später war vor Ort alles erledigt und El Madre lenkte den Laster in die Stadt. Kylie führte ein knappes Telefongespräch mit seinem Freund Jove. Endlich ging es wieder Richtung Grenze und nach Los Angeles. Den zugestiegenen Frauen mutete Kylie den Anblick des bösartigen Scheusals nicht zu, sie wussten nicht, das der Schläfer überhaupt an Bord war, denn El Madre hatte ihn auf Kylies Weisung in die Kiste hinter dem Fahrerhaus verfrachtet, in der auch schon Daisy und die anderen drei Damen die Hinreise genossen hatten. Nur Daisy kannte den letzten Akt auf der Hazienda, oder besser, gewisse Teile davon. El Madre fuhr langsam und mit vielen Zwischenstopps, denn in der engen Fahrerkabine saß er alleine, alle anderen befanden sich auf der Pritsche. Seine Mitfahrer hatten es sich so bequem gemacht, wie es eben ging. Und zum Glück war das Wetter so, dass diese Fahrt nicht zu ungemütlich wurde. Die Grenzer auf der mexikanischen Seite winkten den alten Laster durch. Aber die Posten auf der amerikanischen Seite lotsten das Fahrzeug sofort heraus. Kylie erklärte, dass sie auf einen Lieutenant Radkovitch des L.A.P.D. warten würden. Kurz darauf erschien Jove. Und er hatte nicht nur ein größeres Zivilfahrzeug im Schlepptau, sonder auch seinen neuen smarten Assistenten Koko. Und noch jemand folgte den Polizeileuten. Es war die Nachfolgerin von Ted Bear bei Chronicle, eine hübsche junge Frau, die auf den Spitznamen ‚Püpchen’ hörte. Leider war ihre hartnäckige Verfolgung jetzt nicht mit großer Ausbeute gekrönt. Aber Püpchen, die natürlich in Kylies Begleiterinnen die verschwundenen Damen erkannte, wurde von dem Polizeimann und dem Detektiv eine exklusive Story in den nächsten Tagen zugesagt. Trotzdem versuchte Püpchen noch ihr Glück bei dem Neuling Koko, aber der hatte seine Lektion schon gelernt und schwieg wie ein Grab. Erst sollte Koko den Laster, der ja ein Beweisstück war, zurück nach L.A. lenken, doch Kylie redete Jove gut zu und so lenkte El Madre den Wagen bis zum Hauptquartier. Die Damenriege chauffierte Assistent Koko im großen Wagen, während Kylie mit seinem alten Freund Jove fuhr. Der Detektiv hatte seinem Kumpel viel zu erzählen.
    #183Author Edmond Dantes (236914) 25 Apr 07, 11:04
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    Wenige Tage später erhielten alle Beteiligten eine Einladung zu einer geschlossenen Veranstaltung in ‚Leos Law’, die von Kylie Marx verschickt worden war. Der Grund, der auf dem Papier aus handgeschöpftem Bütten und in einem ausgeprägten, schönen Schriftbild angegeben war: ‚Ihre Verlobung geben hiermit bekannt: Kylie Marx und Daisy Flowers’.
    Die berühmte Bar war brechend voll. Vor der Türe stand Püpchen und knipste fleißig mit mehreren umgehängten Kameras Fotos von den Gästen, in dem neben ihr agierenden Empfangschef in der vollen Livree hätten sehr genaue Beobachter Koko, den Assistenten von Lieutenant Jove erkannt. Besonders gelungen war der Auftritt von Fee West mit ihrer gesamten Entourage. Mehrere prachtvolle Luxuslimousinen glitten leise heran und ihnen entstiegen Ted Bear und sein Schwänchen, dann Heco von Schraub mit ihrem Partner Blinki und Onkel Josef im Schlepptau. Und zuletzt natürlich , als glanzvoller Abschluss, der bühnenreife Auftritt von Fee West, deren Abendgarderobe neben einem exquisiten Schnitt ein Dekollete aufwies, das jedem Betrachter den Atem nahm. Andere näherten sich der Bar auf Schusters Rappen oder wurden von weniger opulenten Karossen vor ‚Leos Law’ abgesetzt. Ein Fahrzeug fand Kokos besondere Beachtung. Der Wagen war ein schwarzer Buick, aus dem mehrere Männer ausstiegen. Koko lächelte still in sich hinein, während er den dunkel gekleideten Männern den Zutritt gewährte. Ihre ausgepolsterten Jacketts entgingen seinen scharfen Augen nicht. Die Herren aus dem Buick waren so ziemlich die letzten Gäste der Bar.
    Im Inneren war die Party im vollen Gange. Mate, die zauberhafte Bardame, lächelte trotz der ganzen Arbeit. Ganz in der Nähe waren Diane Docknikke und ihre Freundin Elfi Green im Gespräch mit Emily Chambers. Daneben genehmigte sich Viktoria Fox gerade einen Cocktail, an der Leine natürlich Skye. Cherokee und Bineta bewunderten gerade den hübschen kleinen Terrier, als ein Tusch erklang. Das Licht verlosch und ein einzelner Scheinwerfer beleuchtete die kleine Bühne. Eine bisher unbekannte, bildschöne Sängerin, die als Rhapsody vorgestellt wurde, leitete den unterhaltenden Teil des Abends ein. Feines Pianospiel begleitete die herrlichen Lieder, die Rhapsody mit frischer Stimme und natürlichem Charme präsentierte.
    #184Author Edmond Dantes (236914) 25 Apr 07, 12:08
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    Nach einem überwältigenden Applaus, der auf die dritte Zugabe folgte, verschwand Rhapsody von der Bühne. Im Lichte des Scheinwerfers, der nun in Richtung Piano schwenkte, sah das Publikum gerade noch Martha Moose von der Tastatur weghuschen. Anstatt der üblichen Noten lag auf dem Gehäuse die neueste Ausgabe des L.A. Chronicle. Dann erleuchtet der Scheinwerfer erneut das Podium, auf dem nun Püpchen stand. „Heute haben sich hier viele Stammgäste versammelt, aus besonderem Grund. Nicht nur weil hier und heute ein Verlöbnis offiziell vollzogen wird, sondern weil wir auch eines Künstlers gedenken wollen, der hier nicht nur hinter der Theke seine Gäste hervorragend bediente, er spielte auch meisterhaft das Piano. Doch leider war und ist dieser Mann krank. Sein krankhafter Wahn hat ihn zu einem Verbrecher gemacht. Und während ich hier auf der Bühne stehe, sind mehrere Beamte des L.A.P.D. fleißig dabei, einige Mithelfer von Ed hier und jetzt festzusetzen!“ In die nun folgende Stille hörte man das satte Klicken von Handschellen. Dann gingen alle Scheinwerfer an und das Publikum sah, wie Dani, Rasta und ihre Spießgesellen von Koko und seinen Kollegen abgeführt wurden. Dafür traten wenig später Palmita und Carolita Presto durch den Haupteingang, dicht gefolgt von Strubbel und Kahana. Das Publikum applaudierte heftig. Als dann auch noch Kylie mit Daisy am Arm die Bar betraten, kannte der Jubel keine Grenzen. Kylie hatte sich in der Nacht davor eifrig mit Tuen-O-Rin beraten. Das Totem gab keine Ruhe, wollte unbedingt bei der Verlobung dabei sein. „Denn eigentlich habe ich euch beide doch erst so richtig zusammengebracht!“, betonte der beinerne Schädel. Also packte Kylie seinen Freund mal wieder in die bekannte Hutschachtel und alles rätselte in der Bar, was wohl darin sein mochte. Natürlich hatte auch Daisy nicht den Schimmer einer Ahnung. Zur Sicherheit war die Hutschachtel natürlich mit einer Schnur zugebunden, eine große Schleife zierte den Deckel. Der glücklich strahlende Kylie schaute sich um. Einige Gäste vermisste er noch. Sein Freund Jove Radkovitch konnte leider nicht dabei sein. Er ermittelte immer noch im Falle des Entführers Ed. Woher das viele Geld kam, war jetzt klar. Ed spekulierte unter einem anderen Namen an der Börse, der Grundstock war durch die Erbschaft gelegt, die dann später in die Bar floss. Das Amtshilfeersuchen an die mexikanischen Kollegen war fehlgeschlagen. Die Beamten auf der anderen Seite entschieden mal wieder nach Lust und Laune. So war den Leuten vom L.A.P.D. die Untersuchung der Hazienda nicht möglich. El Madre hatte man laufen lassen. Er war voll geständig und in seine unrühmliche Rolle gepresst worden. Den alten Pritschenlaster durfte er mitnehmen. Für Mate war es erfreulich, dass Ed für eventuelle Notfälle entsprechende Direktiven getroffen hatte und so konnte sie als alleinige Besitzerin die Geschäfte weiterführen. Die ehemals entführten Damen verzichteten großmütig auf jedwede Klage. Ed fristete nun sein Dasein in einem guten Sanatorium, weiterhin in einem, seinem großen Traum gefangen. Dani, Rasta und ihre Helfer hatten genug auf dem Kerbholz, um für längere Zeit einzusitzen. Die Ermittlungen zu den Entführungen waren nur der kleine Hebel, um noch weitere ihrer dunklen Machenschaften aufzudecken. Als Kylie mit seiner Daisy auf das Podium zutrat, drängte sich atemlos Robert Mi durch die Türe. „Ich bin doch hoffentlich nicht zu spät dran?“ Denn er wollte den entscheidenden Moment mitbekommen, denn Kylies Garderobe war von Herrn Mi exklusiv für seinen Freund und das anstehende Verlöbnis angefertigt worden. Herr Mi erschien wirklich auf den letzten Drücker.
    #185Author Edmond Dantes (236914) 26 Apr 07, 05:36
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    Als Kylie nun zu einer Rede ansetzte, geschah folgendes: Viktoria Fox hatte mittlerweile Skye von der Leine gelassen. Fröhlich schnüffelte und schnupperte der Terrier zwischen all den Gästen. So kam er auch zum Bühnenrand, an dem Kylie die Schachtel mit Tuen-O-Rin abgesetzt hatte. Schlau, wie Terrier nun mal sind, erfassten die hündischen Sinne genau, was da in der Schachtel versteckt war. Und da Skye auch ein geschickter Hund war, dröselte sie mit Zähnen und Pfoten die sichernde Umschnürung auf. Jetzt war es geschafft…der kleine Hund lüpfte den Deckel. Dabei schlug die Schachtel um und Tuen-O-Rin rollte heraus. Der dahinrollende Schädel sorgte für entsetzt Schreie bei den Damen. Doch bei zwei Frauen passierte etwas ganz anderes. Es waren die Damen mit indianischen Vorfahren. Cherokee und Bineta riefen wie aus einem Mund: „Das ist ein indianisches Totem!“ und schon ergriff die eine Tuen-O-Rin, während die andere den Weg für ihre Freundin durch die Gäste frei räumte. Dann waren die Frauen in der Nacht verschwunden. Kylie war für Sekunden wie gelähmt, dann erfolgte sein Aufschrei: „Tuen-O-Rin!“ Und schon rannte er Bineta und Cherokee nach. Daisy begriff überhaupt nichts. Doch folgte sie ihrem Kylie auf dem Fuße. Und wie beim berühmten Domino-Effekt drängte jetzt die ganze Gesellschaft in Richtung Ausgang. Ein wilder Autocorso jagte durch Los Angeles. Immer Richtung Norden. Hinauf zu den Hügeln.
    Der Vorsprung von Bineta und Cherokee vergrößerte sich immer weiter, denn die Frauen wussten genau, wo sie hin wollten. Als Kylie endlich mit der Stoßstange seines Fahrzeugs beinahe den Wagen der beiden Indianerfrauen berührte, waren diese schon weiter in den Wald eingedrungen. Er sprang hinaus, Daisy hinterdrein, sie suchten nach einer Spur, die ihnen den Weg wies. Da erspähte Kylie niedergetretenes Gras. Auch an den Büschen, ein gutes Stück entfernt, gab es geknickte Zweige. Jetzt drangen auch Stimmen an sein Ohr. Mit Daisy an der Hand rannte Kylie in die entsprechende Richtung. Jetzt endlich erblickte er die beiden Frauen, die mit ausgebreiteten Armen an einem einzelnen Felsen knieten, die Köpfe gen Himmel gerichtet. Genau über dieser Stelle verfinsterte sich der Himmel. Die Stimmen der knienden Frauen wurden lauter. Kylie erkannte endlich Tuen-O-Rin, der genau auf der Felsenspitze lag. Er rief nach seinem Freund. Da krachte ein einzelner Blitz in den Felsen. Tuen-O-Rin war nicht mehr. Kylie war den Indianerfrauen nicht böse. Sie hatten getan, was sie tun mussten. „Ich habe einen echten Freund verloren…aber dafür die wahre Liebe gefunden!“ Er streichelte Daisy über ihren Strubbelkopf. „Ach, strubbelige Haare…“, seufzte Kylie.
    #186Author Edmond Dantes (236914) 26 Apr 07, 05:44
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    Joe kam endlich wieder zu sich. Und staunte nicht schlecht, denn die ganze Mannschaft war um ihn versammelt. „Was habt ihr? Was starrt ihr mich so an?“ Iruka, die an Joes Seite kniete, lächelte und sprach: „Wir haben uns große Sorgen um dich gemacht. Aber jetzt wird alles gut!“ „Och, ich war nur ein bisschen müde und habe geträumt. Aber was ist das denn da hinten?“ Alle blickten sofort in die Richtung, in die Joe schaute. Da war eine leuchtende kleine Kugel. „Neutrino!“ Der Freudenschrei entrang sich allen Kehlen. „Ich glaube fest daran, dass die HEIMLICHE HERRSCHERIN unseren kleinen Freund hier gesendet hat, damit mein Zauber mit den drei Steinen gelingt! Vorher war ich mir unsicher, es hatte etwas gefehlt. Wenn ich gleich meinen Zauberspruch spreche, dann müsst ihr einen engen Kreis um mich bilden und euch fest an den Händen halten.“ Neutrino, die kleine Energiekugel, flog um Joes Kopf. Joe raunte dem Kügelchen zu: „Kennst du einen Tuen-O-Rin? Ich hatte da so einen recht eigentümlichen Traum…“ Hätte sich jetzt jemand das Energiewesen etwas genauer angeschaut, er hätte in der schimmernden Hülle einen leichten rötlichen Kern gesehen. Doch schon rief Iruka das Kügelchen zu sich. Vor ihr lagen die drei Steine: der Windstein, der Herzstein und das Meerjuwel. Auf den Boden zeichnete Iruka ein Dreieck und legte in jede Ecke einen Stein. In die obere Spitze legte sie den Windstein, in die rechte Ecke kam das Meerjuwel und der Herzstein fand links seinen Platz. Dann verband sie die Ecken jeweils mit einer geraden Linie. Um den Schnittpunkt in der Mitte zog sie einen kleinen Kreis. Dann winkte Iruka der Energiekugel. Sie zeigte stumm auf den Mittelkreis. Den Freunden kam es so vor, als wäre Iruka mit Neutrino in geistigem Kontakt, denn sie stand mit geschlossenen Augen und voll konzentriert vor dem Dreieck. Die Energiekugel, die normalerweise recht eigensinnig war, fügte sich anscheinend Irukas Wunsch und bewegte sich langsam auf den Mittelpunkt zu. Iruka gab den Freunden das vereinbarte Zeichen. Der Kreis schloss sich, während Neutrino langsam dem Boden entgegen sank. Jetzt berührte das Energiewesen Irukas Zeichnung. Aus dem Mund der Meerprinzessin kamen Laute, die niemand der Anwesenden verstand. Die Freunde im Kreis spürten eine aufkommende Schläfrigkeit. Es schien auch dunkler zu werden. Entfernte Musik drang an ihre Ohren.
    #187Author Edmond Dantes (236914) 14 May 07, 11:03
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    Ehe sich ihre Augenlider ganz schlossen, meinten die Freunde folgendes zu sehen: Neutrino wurde immer heller. Greller. Einige spürten einen leicht stechenden Schmerz in den Augäpfeln. Dann sprangen drei haarfeine Strahlen aus der Energiekugel. Sie trafen auf die drei Steine in den Ecken, die nun ebenfalls sehr hell leuchteten. Die Steine stiegen in die Luft, näherten sich der zentralen Leuchtkugel, die anzuschwellen schien. Jetzt berührten die Steine das Leuchtwesen. Zwischen den Steinen bildete sich jeweils ein schmales, farbiges Lichtband. Auch Neutrino wechselte in einem bestimmten Takt die Farbe. Und sein Aussehen. Mal war er ein vergrößertes Duplikat des Herzsteines. Dann, für einen kurzen Moment, entsprach das Energiewesen dem Meerjuwel. Anschließend war es dem Herzstein gleich. Es wechselte in immer schnellerer Folge. Bald erschienen nur noch Farbwischer vor den Augen der Freunde. Ihre Augen schlossen sich. Farben liefen in Kreisen in- und auseinander. Jetzt schälten sich deutliche Umrisse aus den Farben. Das einigen der Freunde wohlbekannte Regenbogenschloss mit den vielen Türmchen und der geringen Größe tauchte wie aus dem Nichts auf. Diesmal war die Zugbrücke heruntergelassen. Die Männer von der Nebelinsel bildeten ein Spalier. Hier und dort rief jemand ‚Hurra’ oder ‚Vivat’. Andere klatschen in die Hände. Auf der Treppe vor dem Eingang stand Lady Glee, neben ihr Lila, beide mit Tränen in den Augen. Was war das für eine Freude, als Lord Glee vor seiner Herzdame kniete. „Liebste Herrin, ich bin zurück!“ Lila suchte ihren Bob. Doch war Bob seit damals verwandelt. Als ihre Blicke sich trafen, wussten sie genau, sie würden die besten Freundinnen der Welt sein. Wundersamerweise stand hinter dem Schloss auch das Wikingerboot, dies teilte Lady Glee den Freunden nach der stürmischen Begrüßung mit. „Aber erst feiern wir ein großes Fest!“
    Und so wurde es auch gehalten. Eine Woche wurde gefeiert. Und, o Wunder, innerhalb der nächsten Tage landeten einige der früheren Bewohner dieser und der Nachbarinseln an den Ufern an. Darunter auch Leute von der Nebelinsel. Bei einer Kontrollfahrt mit dem Wikingerboot, das der rote Teufel souverän steuerte, befand sich diese Insel noch immer in extrem dichtem Nebel. Aber Iruka wusste einen Bannspruch und mit Hilfe der drei Steine und Neutrino war auch dies kein Problem mehr. Die Tiggerin und ihre Freunde hatten ihre Heimat wieder und pflegten in Zukunft regen Austausch mit dem Regenbogenschloss und den Leuten von der runden Insel. In den nächsten Tagen kehrten auch hier die Bewohner alle zurück.
    #188Author Edmond Dantes (236914) 15 May 07, 05:39
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    Das kleine Küken thronte, höchst herrschaftlich, auf einem weichen goldenen Kissen mit Borten und Troddeln. Ein Geschenk von Lady Glee. Daneben, auf den Stufen der Treppe, stimmte Lyri seine Laute. Einige der bisher erlebten Abenteuer der Freunde waren in herrliche Lieder und stimmungsvolle Musikstücke eingegangen, mit denen der Troubadour seine Freunde den ganzen Abend unterhalten hatte. Und natürlich kam das kleine Küken darin vor und reckte sein Köpfchen ganz hoch, wenn es sich in einer Strophe wiedererkannte. Auch wenn Lyri die Abende in der großen Halle genoss, plagte den wandernden Sänger auch ab und zu ganz kräftig das Heimweh. Und nicht nur ihn alleine. Nur…wie sollte man es dem Lord und der Lady, die so gastfreundlich waren, näher bringen? Lyri, der von seinem Platz aus die Freunde an der Tafel gut beobachten konnte, bemerkte, das Mate mit Lala hin und wieder tuschelte. Auch Lyri flüsterte mit dem kleinen Küken in einer Pause. „Kommst du mit auf meine nächste Reise?“ Da piepte das Küken fröhlich. Im Laufe des Abends erwischte er den Zauberprinzen alleine. „Ach Freund, hier ist gut sein, aber irgendwie zieht es mich fort von hier.“ „Suchst du neue Abenteuer?“ „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Nur eines will Mate ganz gewiss nicht. In die Nähe von Neut!“ „Warum kommst du dann nicht mit in meine Heimat. Zwar bin ich kein sesshafter Geselle, aber die Gegend um das Schloss der Königin Nachteule ist auch nicht zu verachten. In der Nähe liegt das Gut von Edward und Daisy. Irgendwo wird dort ein Plätzchen für euch finden sein. Und wenn ich meine Rundreise zu den Jahrmärkten und Festen beendet habe, könnte ich bei dir und Mate einkehren.“ „Für dich haben wir natürlich immer einen Ehrenplatz. Aber erst muss ich Mate davon überzeugen. Hier ist es nett, auch die Nebelinsel ist interessant, aber die Gegend bei dir, die würde mich besonders reizen. Auch wegen all den Freunden.“ „Lasse es nur nicht den Lord und die Lady hören. Sie würden uns am liebsten für immer hier behalten.“ Der rote Teufel, der sich aus bekannten Gründen immer etwas abseits hielt, nickte dem Sänger wissend zu und murmelte, als Lyri sich später in seiner Nähe fand: „Das Boot ist in einwandfreiem Zustand und abfahrbereit. Es muss auch wieder dahin zurück, woher ich es mir ausgeliehen habe. Aber bisher habe ich noch keinen dringenden Rückruf der HEIMLICHEN HERRSCHERIN erhalten.“ Dann war es aber Iruka, die den allgemeinen Aufbruch sehr kurzfristig einläutete.
    #189Author Edmond Dantes (236914) 18 May 07, 11:01
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    Und das kam so: Bei ihrem Morgenspaziergang mit Buffy und Steffal, dem sich auch Lalas Wunderpferd Heco angeschlossen hatte, vernahm Iruka einen Ruf vom Wasser des Burggrabens. Es war ein silberner, langgestreckter Fisch mit einer blitzartigen Zeichnung auf der Seite, der seinen Kopf aus dem Gewässer reckte. Irukas Begleiterinnen vernahmen natürlich nichts. Das Gespräch zwischen den Fisch, der ab und zu untertauchte, ging eine gewisse Zeit hin und her. Dann war der Wasserbewohner pfeilschnell verschwunden. Als Iruka ihr Gesicht wieder den Begleitern zuwendete, wirkte sie sehr traurig. „Es tut mit sehr leid. Langsam muss ich meinen Platz als Meeresprinzessin einnehmen und leider kann ich euch nicht mit zu mir nehmen. Aber ich verspreche, dass ich euch besuchen werde, so oft es mir möglich ist. Wo immer ihr auch seid, irgendwo gibt es einen Wasserbewohner, der mir über euch Nachricht bringt. Also keine Sorge, dass ich euch nicht finden werde. Auch eine Meerprinzessin muss mal Urlaub machen. Den werde ich dann bei euch verbringen.“ Auch wenn ihre Worte die Freundinnen aufmuntern sollten, die Augen von Buffy und Steffal waren tränenfeucht. Nur erging es Iruka nicht besser. Aber sie wendete sich an Heco. „Kannst du mich gleich zum Strand bringen?“ Heco nickte bejahend. Dann drehte sich Iruka zu ihren beiden Freundinnen: „Bitte seid nicht böse, ich muss aufbrechen. Ich danke euch und den anderen Freunden für alles, was ihr für mich getan habt. Bitte richtete den anderen meine Grüße und die besten Wünsche aus, leider läuft mit die Zeit davon.“ Die Meerprinzessin drückte ihre beiden Freundinnen noch einmal, anschließend sprang sie auf Hecos Rücken und das Wunderpferd galoppierte davon. Nach einiger Zeit war das Meeresufer erreicht. Und Heco, die sehr gute Augen besaß, staunte nicht schlecht. Eine ovale Insel bewegte sich auf den Strand zu. Es dauerte noch eine gute Weile, bis das die Insel auf dem Strand auflief. Aber was war das? Ein Kopf erschien auf der Frontseite. Dann hob sich die Insel. Beine wurden sichtbar. Eine Schildkröte. Aber was für eine! Ein wahrer Gigant. Heco hatte aber so viel verstanden, dass da keine Gefahr im Verzug war, denn die Schildkröte hielt geradewegs, wenn auch sehr langsam (kein Vergleich mit der Geschwindigkeit vorher im Wasser), auf Iruka zu. Da rief Iruka schon einen Namen: „Makrotia! Du kommst! Dann muss es wirklich ganz dringend sein, sonst hätten dich die Bewohner der Tiefe nicht aus deinem Schlaf geweckt!“ Heco hatte schon Schildkröten gesehen. Kleine, junge, winzige. Aber das war der Methusalem der Schildkröten. Der Kopf war stark gefurcht. Und dann die Augen. Diese Augen hatten schon sehr viel gesehen. Zischelnd antwortete die Kröte der Meerprinzessin. Dann drehte sich die Schildkröte schnaufend und zischelnd wieder in Richtung Meer. Iruka umarmte Hecos Hals, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und stieg auf Makrotias Rücken. Heco schaute der schwimmenden Insel noch lange nach. Anschließend trabte Heco etwas traurig, aber entschlossen, zum Regenbogenschloss und zu den wartenden Freunden zurück.
    #190Author Edmond Dantes (236914) 21 May 07, 11:00
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    Die Freunde waren natürlich schon durch Buffy und Steffal informiert. Lord und Lady Glee waren traurig und als auch noch der rote Teufel näher zu ihnen trat und bemerkte, auch für die restliche Truppe wäre nun die Zeit des Abschieds gekommen, war ihre Enttäuschung noch größer. Neutrino, die kleine Energiekugel, die nicht nur die Fähigkeit besaß an mehreren Orten gleichzeitig zu sein, rettete diesen Moment. Unvermittelt tauchte sie bei dem kleinen Küken auf und spielte mit ihm Haschen. Dabei wirkte das stolze Küken so putzig, die Kapriolen der Energiekugel so lustig, das Trauer und Tränen aus den Gesichtern der Anwesenden verschwanden. Oder sich in Lachtränen verwandelten. Man versprach, sich gegenseitig zu besuchen. Und es gab noch verschiedene Geschenke und Vorräte von den Bewohnern des Regenbogenschlosses, dann wurde auch schon das Schiff vom roten Teufel unter Mitwirkung einiger Freunde startklar gemacht. Prinz Lala saß natürlich wieder auf seiner Heco. Ein letzter Gruß…dann hob sich das Schiff in den Himmel und Heco folgte mit dem dunklen Ritter. Es würden einige Tage vergehen, bis das Schiff auf heimatlichem Boden landen würde, bis dahin genossen alle an Bord diese wunderbare Reise. Endlich kehrten die Helden mit neu gewonnen Freunden heim. Sie flogen sehr niedrig über das ruhige, glatte Meer. Der friedliche, sonnige Tag sorgte für eine hervorragende Stimmung an Bord. Heco flog parallel zum Schiff, so dass sich Mate mit ihrem Ritter unterhalten konnte. Lyri dichtete neue Verse für das große Heldenepos, das kleine Küken stolzierte daneben auf der Reling hin und her. Einige der Freunde hörten ihm zu. Im Vorderschiff gab es eine Kartenrunde, mit Joe, Vik und Edward. Der rote Teufel stand als Steuermann auf Posten. Da ging ein gewaltiger Ruck durch das Schiff, so dass die Planken ächzten. Die Besatzung purzelte wild durcheinander. Lyri erwischte das kleine Küken noch so gerade mit der hohlen Hand, denn es hätte beinahe der Ruf erschallen müssen: ‚Küken über Bord’. Aber was war es, das das Schiff so plötzlich, aus voller Fahrt, gestoppt hatte? Lyri, der noch mit dem Küken in der Hand unterhalb der Bordkante lag, sah vor sich einen dicken, mit handtellergroßen Saugnäpfen bestückten Fangarm. Lyri überschlug im Kopf, wie groß wohl der gesamte Krake sein mochte. Ihn schauderte. Auch an anderen Stellen ragten solche Fangarme ins Boot. Das Vieh drückte das Boot natürlich auf das Wasser. Versuchte es jetzt, das Schiff vollständig unter die Wasseroberfläche zu drücken? Was war mit Heco und Lala? Konnten sie von draußen helfen?
    #191Author Edmond Dantes (236914) 23 May 07, 11:00
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    Der Kampf an Bord war in vollem Gange. Der rote Teufel, Vik und Joe hieben mit scharfen Enterbeilen hektisch auf die sich windenden Fangarme ein. Die schlangengleichen Tentakel sahen zwar verletzlich aus, waren aber härter als das härteste Eisen. Die Beile prallten einfach ab. Ritter Edward versuchte es mit Kraft als sich solch ein Schlangenarm um Daisys ranke und schlanke Taille wand. Schweißperlen standen ihm auf der Stirne. Edward zog und zog. Sein Gesicht rötete sich. Da sprang Joe hinzu. Die vereinten Kräfte der Kämpen nutzte nichts. Wie hingezaubert war auf einmal Neutrino da. Das Energiekügelchen erschien wie aus dem Nichts und hielt auf den fiesen Fangarm zu, der Daisy jetzt die Rippen zu brechen drohte. Als das Energiewesen auf die Haut des Tentakels auftraf, zuckte der widerwärtige Fangarm zurück und ließ Daisy endlich frei. Daisy kam mit dem Schrecken, einigen Quetschungen und blauen Flecken davon. Auch die anderen Tentakel hatten sich mittlerweile zurückgezogen. Aber der verrückte Krake drückte und schob weiterhin mit seinem mächtigen Körper gegen das Boot, das zu kentern drohte und arg überkrängte. Falls das Biest es fertigbrachte und ein paar Planken am Rumpf zerstörte war das Schicksal der Freunde besiegelt. Denn hier war man viel zu weit vom Festland entfernt. Der rote Teufel versuchte einen Notstart, nur reagierte das Schiff absolut nicht. Was war mit dem dunklen Prinzen und Heco? Wann kam die Rettung aus der Luft? Die Freunde an Bord hatten sie völlig aus den Augen verloren. Aber jetzt sah Lyri, wie Lala endlich eingriff. Der dunkle Prinz, sein berühmtes Schwert Firefly fest in der Hand, stach in dem Moment in die wirbelnden Wassermassen, als Heco genau die Mitte des Untieres anflog. Firefly drang wie Butter in die Masse des Kraken. Das Wasser schäumte und blubberte, während der Krake langsam versank.
    Die Freunde auf dem Boot riefen Heco und dem Prinzen ihren Dank zu, anschließend war Deckschrubben angesagt. Danach wurden die kleineren Blessuren versorgt und bei Wein und belegten Broten verlorene Energie aufgefrischt. Der rote Teufel, Vik und Joe überprüften das Boot auf etwaige Schäden, doch die waren gering. Der Rumpf schien auch nicht besonders viel abbekommen zu haben. Jetzt versuchte der rote Teufel einen weiteren Start. Er gelang. Endlich ging die Fahrt gen Heimat weiter. Wieder so ruhig wie vor dem letzten Abenteuer?
    #192Author Edmond Dantes (236914) 24 May 07, 11:03
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    Endlich gab es wieder Küstenstriche und Landschaften, die den Freunden etwas heimatlicher vorkamen. Auch hier war die Witterung bisher recht freundlich. Mittlerweile einigte die Besatzung sich darauf, dass niemand von Bord gehen wollte und sollte, bis das Schloss der Königin Nachteule erreicht war. Dies nahm noch einige Tage in Anspruch. Ein großer und hoher Gebirgszug schälte sich aus dem Morgennebel und der rote Teufel suchte eine passende Stelle um ihn zu überwinden. Zu hoch wollte er mit dem Boot nicht in die Höhe steigen. So drehte das Schiff auf einen nord-östlichen Kurs und Heco folgte prompt. Nach einigen Stunden bot sich ein tiefer Einschnitt im Gebirge für die Überquerung an. Oberhalb der Baumgrenze zeigten sich aus der Entfernung große, recht dunkle Flecken auf dem Felsgestein. Bei der Annäherung sahen die Freunde, was es damit auf sich hatte. Große Vögel spähten aus ihren Nestern. Nur schienen ihre Blicke nicht freundlich, mehr hasserfüllt und boshaft. Und die Biester stiegen aus ihren Nestern auf und kamen im Formationsflug auf das Boot zu. Heco, die mit dem dunklen Prinzen unterhalb des Schiffes herumgondelte, schraubte sich umgehend in die Höhe, aber was konnte sie schon ausrichten? Ebenfalls ihr Reiter, der fluchend seinem treuen Flugpferd Anweisungen gab. An Bord piepste das Küken entrüstet ihren ruchlosen Verwandten zu. Nein, es konnte keinen Zweifel geben, die riesigen Bergvögel hatten eine blinde Wut im Gefieder und sahen das Flugboot mit seiner Besatzung als lohnendes Hassobjekt an. Die Vögel stiegen weit über das Flugboot. Es schien der Besatzung, als visierten sie von dort droben jeweils einen der Freunde an. Noch erfolgte der Angriff nicht. Die Vögel beobachteten den Kurs des Bootes sehr genau. Jetzt flatterten sie ein Stück voraus. Die Befehle vom roten Teufel kamen klar und deutlich, gleichzeitig versuchte er, den Kurs zu ändern. Es nutze nichts. Blitzschnell passten sich die Vögel dem neuen Kurs an. Edward rief eine Frage zum roten Teufel. Dann nickte der. Eine Landung machte Sinn, denn auf dem Boden war eine Verteidigung eher möglich, mit dem Boot als Deckung. Nur waren die Vögel nicht dumm, sie schienen den Plan der Besatzung zu durchschauen. Leider war eine Landung nur möglich, wenn sich der Kurs des Schiffes nicht dauernd änderte. Heco und der dunkle Prinz beobachteten aus einiger Entfernung die Bemühungen der Besatzung. Einige der Freunde spähten über die Bordkante hinweg und suchten nach einem passenden Landeplatz. Rufe gingen hin und her, denn jeder lugte mal nach unten, ob und wo sich eine Landestelle bot, mal aus der Deckung heraus nach oben, wo die fürchterlichen Krallen der Vögel drohten. Der rote Teufel behielt eisern die Nerven, filterte aus den Zurufen die richtigen und wichtigen Informationen und navigierte, trotz der Gefahr, besonnen. Es gab eine Stelle. Aber nur eine einzige, die sich zur Landung anbot. Nur musste der rote Teufel dafür die Geschwindigkeit beträchtlich senken. Das nutzen die fliegenden Biester für ihren Angriff. Mit ausgestreckten Krallen fielen die verrückten Vögel im Sturzflug auf das zur Landung ansetzende Flugboot.
    #193Author Edmond Dantes (236914) 29 May 07, 06:32
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    Jeder im Boot schützte sich so gut er konnte, alles das, was nicht niet- und nagelfest war, diente den Freunden zur Deckung. Der rote Teufel, der einer Statue gleich ungerührt an seinem Platz stand und sich um einen Ausweichkurs bemühte, bot seine gesamte Erfahrung auf. Es brachte nichts ein. So mochte es nur noch winzige Augenblicke dauern, bis der erste durch die scharfen Krallen der Vogelbiester verletzte Mitfahrer aufschrie. Doch ganz jemand anderes schrie auf, als das Schicksal der Freunde besiegelt schien. Es war Lady_Bird, die sich an etwas aus der Zeit ihrer Verzauberung erinnerte. Ein knapper Warnruf an die Freunde, die doch bitte ihre Ohren zuhalten sollten, da führte die junge Frau auch schon ihre Finger zum Mund. Nur der rote Teufel, der über solchen Dingen stand, bekam den Pfeifton mit. Die Vögel im Sturzflug drehten nicht nur bei, sie flohen auch in die Gegenrichtung, also aus der Schneise heraus. Und so war der Weg für den Weiterflug des Bootes frei. Prinz Lala, dem es unmöglich gewesen war den Vogelangriff abzuwehren, staunte nicht schlecht, als die Formation der Vögel so abrupt stoppte, beidrehte und ihm nun auf fast gleicher Höhe entgegen kam. Schnell instruierte er Heco. Doch die Phalanx teilte sich und würdigte Heco und ihrem Prinzen keinen weiteren Blick. Da sich die Freunde an Bord erst einmal etwas sortieren mussten, landete das Flugboot kurz, aber ehe Heco aufholte, war das Boot wieder in der Luft. Um schon in die nächste Katastrophe zu schweben. Denn kaum war dreiviertel des Einschnittes überwunden, als der rote Teufel bemerkte, dass das Schiff nicht mehr seinen Befehlen gehorchte. Nur wenig später erging es Lala und Heco nicht anders. Etwas zog Boot und Flugross magnetisch an. Nicht die allerkleinste Kurskorrektur war möglich. Weder in die vier Himmelsrichtungen, noch herunter oder herauf. Es ging nur, parallel zum Einschnitt, nach vorne und in einem recht sanften Winkel in Richtung Boden. So blieb den Freunden nichts anderes übrig, als sich auf das Ende dieses Flugabschnittes vorzubereiten und alles für eine Verteidigung oder Notlandung erforderliche zu tun. Nur noch eine kleine Wegstrecke und sie ließen das Gebirge hinter sich. Beinahe berührte der Rumpf des Bootes den Felsboden. Die Sicht nach vorne, zum Tal hin, war aber weiter durch Nebel versperrt. Und der hüllte jetzt das Boot und seine Begleitung ein. Durch den unsichtbaren Zug war Heco zum Aufrücken gezwungen und eigentlich auf Rufweite heran, aber die Nebelwand erstickte alles.
    #194Author Edmond Dantes (236914) 30 May 07, 05:42
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    Als hätte ein Bühnenmeister den Vorhang weggezogen, so tauchte in strahlendem Sonnenlicht ein hübsches, aber etwas heruntergekommenes Städtchen auf. Die ansehnliche Stadt gruppierte sich um einen kleinen Berg. Und auf dem Berg gab es eine Burg mit einem einzelnen hohen Turm. Von daher schien der magnetische Zug zu kommen. Die Burg, und das bemerkten die Freunde erst etwas später, besaß einen dreieckigen Grundriss. Und in der nördlichen Spitze befand sich der dreieckige Turm. So hielten das Flugboot und Heco frontal auf eine Breitseite der Mauer zu. Auch hier schrammte das Flugboot so gerade über das Mauerwerk und die unheimliche Kraft zog das Boot, und auch Heco mit Lala, auf den Burghof hinab. Bisher war hier keine Menschenseele zu sehen, genau wie im Städtchen, nichts rührte sich. Oder gab es hier versteckte Ritter, die die Freunde aus dem Hinterhalt angriffen? Doch kaum berührte das Flugboot den gepflasterten Burghof, als auch schon eine Stimme aus Richtung des Turmes zur Begrüßung rief: „Endlich ist mir etwas in die Falle gegangen!“ Zu sehen war keine Menschenseele. Kurz darauf knarrte die Türe am unteren Ende des Burgturmes und ein sehr schlanker, etwas gebeugter Mann mit silber-weißen, sehr langen Haaren, von einem dünnen Bronzereifen zusammengehalten und mit einem durchgehenden, einfachen grauen Kittel bekleidet, trat heraus. „Bitte seid mir nicht böse, denn sonst komme ich hier nie weg.“ Es stellte sich heraus, das der Alte Graf Mi-Mi war, der zusammen mit der jungen Pe-Ti und der zarten So-Fi die letzten Bewohner der Stadt und der Burg waren. Einst war alles ruhig und friedlich um das Städtchen. Die Bürger, des Grafen Untertanen, lebten ruhig und zufrieden an diesem stillen Ort. Handel und Kontakt gab es nur in der Richtung, die der Gebirgsschlucht gegenüber lag. Aber auch da war, wie um das gesamte Tal, unüberwindliches Gebirge. Nur tief drunten in den Felsen war ein natürlicher Tunnel. Aber wie der Lauf der Dinge nun einmal ist, gab es einen bösen Streit zwischen zwei Bürgern, der sich so weit auswuchs, dass sich das Städtchen in zwei verfeindete Lager spaltete und niemand mehr an diesem Ort leben wollte. Der gutmütige Graf, der noch viel vom alten Blute seiner Vorfahren besaß, versuchte alles, um die Streitigkeiten zu schlichten. Vergebens. Gleichzeitig drehten die großen Vögel in der Schlucht durch, die einst so friedlichen Federviecher spürten die Unruhe im Volk, griffen die Bürger mit großer Aggressivität an. So begann schleichend der Exodus. Erst verschwanden einzelne Bürger und Familien, dann ganze Gruppen. Und eines Nachts war der Graf Mi ganz alleine. Fast alleine. Nur die kleine Pe-Ti und ihre Halbschwester So-Fi blieben dem Grafen treu und kümmerten sich um den alten Herrn und seinen Haushalt. Denn zur Flucht war es zu spät, der Tunnel im Berg war durch einen gewaltigen Felssturz für immer verschlossen und versiegelt, kurz nach dem der allerletzte Bürger des Städtchens das schöne und einsame Tal verlassen hatte.
    #195Author Edmond Dantes (236914) 30 May 07, 06:26
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    Es gab nur noch eine andere Fluchtmöglichkeit. Die zeigte Graf Mi den Freunden etwas später vom Turm aus durch ein Fernrohr. Die glatte Felswand des extrem hohen Berges, die kein noch so guter Kletterer jemals bezwingen konnte, wies etwas unterhalb der Mitte ein gewaltiges und durchgehendes scharf gezacktes Loch auf. Für den Grafen und die beiden Mädchen war dieser Fluchtweg unerreichbar. Darum kam Graf Mi auf eine spezielle Idee. In einer uralten Handschrift, die eine übersetzte und kommentierte Abschrift eines orientalischen Textes war, fand er die Anleitung zum Bau einer ‚Flugobjektfalle’. Da er über Experimente mit Ballons aus dem Bereich hinter den Bergen einmal gehört hatte, galt seine Hoffnung, solch ein Objekt zu fangen. Mit dem Flugboot der Freunde und einer Rettung aus der anderen Richtung, die durch die durchgedrehten Vögel bewacht wurde, rechnete er natürlich nicht. Interessiert befragte er den roten Teufel über die Funktionsweise des Bootes, doch der wollte (denn ein wenig wurmte es ihn doch, dass sein Schiff in die Falle gegangen war) oder konnte dem Grafen wenig bis nichts verraten. Aber er versprach, die zusätzlichen Passagiere zumindest bis hinter das Gebirge mit zu nehmen, obwohl es an Bord sehr eng werden würde. Der größte Teil der Besatzung freundete sich mittlerweile mit den beiden jungen Frauen an. Pe-Ti und So-Fi bewirteten die ganze Mannschaft mit all den guten Dingen, die der gräfliche Burgkeller nur hergab. Nach den wenig zuvor bestandenen Abenteuern griff jeder beherzt zu. Glücklicherweise verzichteten die neuen Passagiere auf großes Gepäck, selbst die jungen Mädchen beschieden sich mit wenigen Habseligkeiten. Außerdem gedachte der Graf daran, eines nicht allzu fernen Tages in sein geliebtes Tal zurück zu kehren. Aber nur er alleine. Für die Neubesiedelung des kleinen Städtchens wälzte er in seinem Kopf schon jede Menge interessante und ausgefallene Pläne. Darum steckte er auch ein Beutelchen mit Edelsteinen ein. Nach einer Erholungspause und einer, vom roten Teufel durchgeführten Inspektion des Flugbootes, ging die Reise weiter. Die Falle des Grafen Mi war natürlich längst wieder abgestellt. Langsam stieg das Flugboot in die Höhe. Nur wenig später war das Boot in der Höhe des Loches angelangt. Vorsichtig navigierte der rote Teufel in das Felsloch hinein.
    #196Author Edmond Dantes (236914) 31 May 07, 10:59
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    Hier zog es natürlich ganz heftig und der rote Teufel hatte Mühe, das Boot wegen der wechselnden Winde in ausreichender Entfernung der gefährlichen Grate und Zacken zu halten. Aber irgendwie schaffte es der Teufelskerl ohne eine Schramme am Boot. Anschließend flogen sie niedrig über einen dichten Wald. Ein mächtiger Schlag traf den Rumpf des Bootes. Beinahe fielen einige Passagiere von den Sitzen. Als einige Freunde über die Heckreling schauten, sahen sie nur die mächtig behaarten Arme und den pelzigen Kopf eines großen Affen. Der Riesengorilla, der dezent am Rumpf angeklopft hatte, warf nun übermütig mit Früchten aus den Bäumen dem Schiff hinterher. Wie das Tier in diese Landschaft geraten war blieb ein Rätsel, denn hier gehörte er bestimmt nicht hin. Der Gorilla machte weiter auf sich aufmerksam. Also wendete der rote Teufel und der mächtige Affe enterte das Schiff. Er benahm sich ordentlich, war galant zu den Damen und freundlich zu den Herren. Das kleine Küken schloss er sofort in sein Herz. Irgendetwas stimmte mit dem Affen nicht. Aber das Problem wurde für den Moment zurückgestellt, denn das Boot verlangsamte ohne erkennbaren Grund seine Fahrt, bis es über einer Lichtung ganz sanft zu Boden sankt. Der rote Teufel war ratlos. Eigentlich war die nächste Stadt angepeilt. Aber egal was die Freunde anstellten, das Boot bewegte sich kein Stück. Grundlos tat ihr Transportmittel so etwas nicht. Nur was diesmal dahintersteckte, das wusste niemand. Auch die intensive Nachfrage beim Grafen Mi brachte kein Licht in diese Angelegenheit. Mit der Stadt, den Bewohnern und dem Herrscher über das Land gab es immer wenige, wenn auch gute Beziehungen. Doch in der Zeit, in der der Graf eingeschlossen war, mochte sich einiges geändert haben. So wurde erst einmal eine Mahlzeit eingenommen, an der auch der dunkle Prinz teilnahm, der sofort auf seiner Heco die nähere Umgebung erkunden wollte. Aber nach allgemeiner Beratung verwarf man die Einzelaktion des Prinzen. Hier fehlte entsprechende Deckung und das Paar würde zu sehr auffallen. So machte sich dann ein Fußtrupp, bestehend aus Edward, Joe und Vikunja, sowie dem Barden Lyri auf, den Weg Richtung Stadt zu erkunden. Derweil versuchte der rote Teufel weiter das Boot zum Wiederaufstieg zu nötigen.
    #197Author Edmond Dantes (236914) 11 Jun 07, 11:02
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    Der prachtvolle, dichte Wald verschluckte die vier Recken. Schon nach wenigen Schritten gerieten Vikunja und Joe in einen heftigen Disput. Es waren ungewöhnliche Spuren, die den beiden erfahrenen Fährtenlesern Rätsel aufgaben. Über den Verursacher waren sich Joe und Vikunja einig, doch so wie der Affe eigentlich ganz weit im Süden heimisch war, so gehörten die Spuren zu einem Tier aus dem hohen Norden. Uneinig waren sich die beiden Männer nur im Bezug auf die Möglichkeit, ob und wie das Tier hier von sich aus eine neue Heimat gefunden hatte. Aber Elche waren nun einmal eine ungewöhnliche und etwas eigensinnige Rasse. Dies wussten beide Kämpen ihren Kameraden zu berichten. Nach einer guten Weile vernahm Joe als erster das Rascheln von Blättern und das Knacken von Zweigen, da brach auch schon in unmittelbarer Nähe ein herrlicher, aber etwas ungewöhnlicher Elch durch das Gezweig. Die wohlgeformte Elchdame besaß eine leuchtendgoldene Honignase und in ihrem üppigen Geweih zeigte sich ein Kreuz. Kaum hatte der Elch die Gruppe bemerkt, da gab er auch schon Fersengeld und war kurz darauf im Dickicht verschwunden. Anstatt das Rätsel sich einer Lösung näherte, waren Joe und seine Kameraden noch mehr verblüfft. Auch Vikunja konstatierte, das er von solch einem Tier noch nie gehört hatte. Selbst Joe, der den Waidleuten oft bei ihren lateinischen Vorträgen aufmerksam lauschte, erinnerte sich nicht, schon jemals so etwas gehört zu haben. Der Spähtrupp war um eine schöne Erfahrung reicher, doch keiner würde in Zukunft den Mut besitzen, auch nur ein Wort über diese Begegnung zu verlieren. Und jagen kam für die Männer nicht in Frage. Außerdem hatten sie einen Auftrag. Als sie sich einer Lichtung näherten, hörten sie näherkommende Stimmen und suchten deshalb Deckung. Da erschienen auch schon zwei Männer auf der Lichtung, die mit Äxten ausgerüstet waren und sich laut genug unterhielten, dass die Freunde jedes Wort verstehen konnten. Die fremden Männer öffneten ihre geschulterten Bündel und setzten sich zu einer Brotzeit ins Gras nieder. Die Freunde im Versteck lauschten den Erzählungen der Waldleute.
    #198Author Edmond Dantes (236914) 09 Jul 07, 05:51
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    Ein altes Sprichwort sagt, der Apfel würde nicht weit vom Stamm des Baumes fallen. Doch gibt es manchmal Äpfel, die schießen weit über den Gartenzaun hinaus. So war es auch bei den Wolfs. Der Alte, ein Mensch voller Herzensgüte, ob seiner Schrullen und Macken beim Volk sehr beliebt, war von seinem Sohn in einen Bereich des Schlosses verbannt worden, in dem der Alte seine Studien weiterhin betreiben konnte. So geschickt waren die Machenschaften des Sohnes angelegt, dass der Alte seine Gefangenschaft nicht bemerkte, Den Sohn interessierte nur die Macht. Ganz langsam beutete er seine Untertanen aus. Häufte immer größere Schätze an. Zu Anfang besaß er auch einen aufrechten Mann an seiner Seite, der die Veränderungen viel zu spät erkannte. Dieser Mann, Koko mit Namen, tat eines Tages einen weisen Ratspruch zu viel, ehe er sich versah, war er aus dem Verkehr gezogen und kalt gestellt. Jungwolf, der sich mit recht finsteren Künsten befasste, nutze sein dunkles Wissen und verwandelte mit einem verwickelten Zauberspruch seinen Freund und Berater in einen Gorilla und ließ ihn durch die Wachen im Wald aussetzen. Wenig später erging es Martha, der Hofdame, ähnlich. Als sie intervenierte, als der Sohn des alten Wolfes einen einfachen Bediensteten sehr schlecht behandelte, war ihr ein ähnliches Schicksal wie Koko beschieden. Sie sprang nun, mehr oder weniger munter, als Elch durch die Wälder. Besonders war an der Elchlady das Kreuz im Geweih. Dieses Kreuz zierte zuvor das vollendete Dekollete der hübschen Hofdame. Die einzige, die unverbrüchlich dem Tyrannen zur Seite stand, war die Kammerzofe Emily. Sie erlag dem Charme ihres Brotherren, der sich durch Lügen und Schmeicheleien ihr Herz eroberte. Und er sorgte mit gezielten Falschinformationen, und in dem er sie vor gewissen Dingen abschottete, dass die schöne Emily nichts von all dem Bösen um sie herum mitbekam. Da Emily mit Koko und Martha eine enge Freundschaft verband und so der junge Wolf eine Erklärung für das Verschwinden von den beiden vorbringen musste, behauptete er einfach, dass Koko auf einer besonderen Mission für ihn unterwegs wäre und Martha, die innig mit Koko verbunden war, ihrem Herzensfreund aus Liebe kurz darauf gefolgt war. Obwohl das auch die offizielle Erklärung des jungen Wolfes an sein Volk war, sickerten doch durch einige Bedienstete seine dunklen Machenschaften bis in das Städtchen durch. Durch Spione kontrollierte der junge Wolf seine Untergebenen und erstickte so jeden Widerstand im Keim. Eigentlich gab es nur Koko und Martha, die sich dem Tyrannen entgegenstellen konnten. Zwar wusste jeder, wo die beiden zu finden waren, doch es fand sich niemand, der die Zaubermächte bannen konnte. Dies alles vernahmen Lyri und seine Freunde in ihrem Versteck mit Entsetzen. Sie wussten nun, was für eine Aufgabe auf sie wartete.
    #199Author Edmond Dantes (236914) 09 Jul 07, 07:43
     
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