Comment | Interessantes Thema - wie weit darf/soll man schwierige Inhalte vereinfachen? Ab wann führt die Vereinfachung zur Falschinformation? Ich habe mich auch mal der Mühe unterzogen ein paar Beiträge im Forum unter dem Artikel zu lesen. Hierbei bin ich auf folgenden Kommentar gestossen (der ursprünglich veröffentlichte Artikel ist der 1. - eine ausführlichere Version ist der 2.): Als jemand der mit dem Thema nicht vertraut ist und auch als Nichtjurist, finde ich den 2. Artikel wesentlich verständlicher und interessanter. Würde der Autor jetzt noch etwas an der Sprache feilen, und die eine oder andere erbsenzählerwürdige Genauigkeit (zB. Nennung von Paragraphen bis zum letzten Absatz) weglassen, oder noch besser: in eine Infobox auslagern, dann wäre das ein toller Artikel. Ich habe das Gefühl, hier herrscht noch Offline-Denken. Das könnte doch genau die Stärke des Online-Journalismus sein: korrekt, detailgenau und detailreich berichten, Hintergründe dazuverlinken oder in Infoboxen bereitstellen. Alles andere ist nur der Versuch leicht verdauliche Infotainmenthäppchen für ausreichende Klickraten zu generieren, aber verdient nicht den Namen Journalismus. Das halte ich grundsätzlich für eine gute Idee, aber jeder weiss, dass das einigen Aufwand erfordert. Selbst wenn alle benötigten Hintergrundinformationen im Zuge der Recherche gesammelt wurden (wovon man bei einem guten Journalisten ausgehen sollte): Infoboxen erstellen sich nicht von allein, Links zu Gesetzestexten und weiteren Quellen müssen nochmal überprüft werden bevor man sie ins Netz stellt, etc. Da aus Gewohnheit kaum jemand bereit ist für Information im Netz etwas zu bezahlen, stellt sich dann die Frage: Wer soll es machen und was bekommt derjenige für seine Arbeit?
Davon abgesehen geht es aber im Kern um die Frage, ob ein Journalist Juristendeutsch bzw. Eigennamen oder Fachbegriffe klassifizieren und so ins Menschliche übersetzen darf. Ist es eine unzulässige Vereinfachung wenn der Berliner Verfassungsgerichtshof als Landesverfassungsgericht bezeichnet wird und wenn von einer Klage die Rede ist wo es korrekt Beschwerde heissen müsste? Darf die Drei-vom-hundert-Sperrklausel in Drei-Prozent-Hürde umbenannt werden?
Wir Naturwissenschaftler stehen hier vor einem ähnlichen Problem wie die Journalisten: Die meisten Forschungsarbeiten werden aus Steuergeldern finanziert, deshalb verlangt man zu Recht, dass wir unsere Arbeit und deren Ergebnisse allgemeinverständlich erklären. Dies führt bei durch die Medien verbreiteten Presseerklärungen, in denen die wissenschaftlichen Hintergründe einer Studie und der methodische Ansatz nur kurz und vereinfacht umrissen werden, dann aber schnell zum Vorwurf man hätte keine Ahnung und wäre ja kein Wissenschaftler sondern nur "Wissenschaftler", das Ergebnis wäre sowieso zu erwarten gewesen, und die Interpretation sei lächerlich, denn es liege ja auf der Hand, dass das Ergebnis in Wirklichkeit (... insert your own hypothesis ...) bedeutet (bei buchstäblich jedem naturwissenschaftlich-technischen Artikel im Spiegel-Online-Forum nachzulesen).
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