Die unfehlbaren Prognostika für das neue Jahr. Von F. Rabelais bis zu den Zeitgenossen über G. C. Croce und andere.
„Ceste année les aveugles ne verront que bien peu, les sourdz oyront assez mal: les muetz ne parleront guières: les riches se porteront un peu mieulx que les pauvres, & les sains mieulx que les malades. Plusieurs moutons, bœufz, pourceaulx, oysons, pouletz & canars, mourront & ne sera sy cruelle mortalité entre les cinges & dromadaires. Vieillesse sera incurable ceste année à cause des années passées“. (F. Rabelais)
“Proximo anno caeci parum, aut nihil videbunt, surdi male audient, muti non loquentur ... Multi interibunt pisces, boves, porci, caprae, pulli et capones ... Snectus eodem anno erit immedicabilis, propter annos qui praecesserunt ... Divites melius se habebunt quam pauperes, sani quam aegri ...” (J. F. Ringelbergius)
(Nächstes Jahr werden die Blinden wenig oder nichts sehen, die Tauben schlecht hören ... Viele Fische, Ochsen, Schweine, Ziegen, Hühner und Kapaune werden sterben ... Wegen der vergangenen Jahre wird das Alter unheilbar sein ... Den Reichen soll es besser gehen als den Armen, und den Gesunden besser als den Kranken ...)
Sterngucker und Omen-Deuter sind überall am Werk, und nicht nur am Hofe Wallensteins. Das Horoskop-Fieber greif um sich dergestalt, dass ganz Europa damit infiziert wird. Die Münchener Staatsbibliothek bewahrt in ihrer Sammlung der volkstümlichen Drucke ein vielleicht aus der Mitte des 16. Jahrhunderts in bergamaskischer Mundart verfaßtes Prognosticon, dessen Titel lautet: Pronostich de dodes dotor da Bergem i quai pronostega sora tuti li facendi che sa da far in tut l’an ... cosa de gran spas” /pronostico di dodici dottori di Bergamo, i quali pronosticano su tutte le faccende da eseguirsi durante l’anno ... cosa di grande spasso/divertimento.
“In questo tempo chi sarà malato/Tenghi per certo di non esser sano;/Chi sarà cuoco non sarà soldato,/Chi sarà turco non sarà cristiano ... Et ego probo con el mio bas inzegno (dimostro col mio umile ingegno)/che un baston gros se po’ chiamar un legno ... E un che non ha barba in sul mustaz (viso)/O al non l’ha fatta, over che l’è un ragaz!”
Auch unser G.C. Croce (1550-1609) – die oben genannten Verse gehören zum produktiven Autor von Bertoldo - hat sich in dieser Gattung ehrenvoll versucht und mehrere Opuskel verfasst, in denen er sich über die Truismen der Prädiktionen und die Leichtgläubigkeit der Leute seiner (und jeder) Zeit lustig macht. Das unterhaltsamste seiner Flugschriften liegt - wie oft bei Croce - in dem Frontspitz, wo der Autor auf die spielerischste und unsinnigste Weise die vielen und pompösen Titel und Vorzüge aufhäuft, variiert und parodiert, mit denen sich die ihm zeitgenössischen Autoren zu schmückten pflogen. Wer sich in die allerüppige Sylva dieser Präambeln hineinwagen möchte, muss nur den untenstehenden Link öffnen
http://badigit.comune.bologna.it/GCCroce/inde...
Beispiele dieser Art lassen sich nicht aufzählen; sie alle zu zitieren, hieße am Ende Langeweile zu erzeugen, was zu vermeiden ist. Wir schließen daher mit der Prophetie eines unserer Zeitgenossen, aus einer Episode der Fernsehsendung "Che tempo che fa":
„Wettervorhersage für das Jahr 2021. Im Frühling werden wir Frühlingswetter haben, im Sommer Sommerwetter, im Herbst Herbstwetter, im Winter Winterwetter“ (Copyright Nino Frassica)