Ach, das ist ein Lamento, das vielen gar nicht zur Verfügung steht und eben oft auch ans Hochnäsige, Besserwisserische grenzt. Mich nervt das genauso, bei einigen Sprachen. Das passiert natürlich nur, wenn ich deren Ausspracheregeln und Phoneme selbst gut beherrsche. Ich finde auch, dass man das wenigstens für Englisch und mindestens eine unserer Nachbarsprachen können darf, aber auch schon dieses Empfinden ist sehr bildungsorientiert.
Alles kann man aber nicht können. Bei Polnisch bin ich nicht firm, bei Tschechisch ganz aufgeschmissen. Mein Portugiesisch ist viel schlechter als mein Spanisch, ich kann (Neu-)griechisch vorlesen, Kroatisch humpelt, von allen anderen Balkansprachen habe ich keine Ahnung. Und ehrlich gesagt von Türkisch auch nicht.
Im Arabischen erkenne ich an Klang und Phonemen die levantinische Variante (Syrien bis Jordanien), die ägyptische, die maghrebinische - und kann keine einzige davon. Und wenn keine davon "passt", ist es wahrscheinlich arabische Halbinsel. Oder auch nicht, keine Ahnung.
Das alles auf der Grundlage, dass ich ein absoluter Sprachfreak bin! Das kann und darf doch nicht zum Maßstab für irgendjemand anderes werden. Das wäre eben hochnäsig und besserwisserisch und selbstverliebt obendrauf.
Dazu kommen die vielen Ausnahmen und Besonderheiten in jeder Sprache. Jetzt gerade spricht André Schünke die Nachrichten im öffentlichen Fernsehen. Wie spricht man den wahrscheinlich ursprünglich deutschen Nachnamen denn aus?
(Die KollegInnen haben da gerade das lange ü verwendet, also wie in "grün". Ob das die familiär akzeptierte Aussprache ist, kann ich nicht wissen. Möglich ist sogar, dass selbst die nicht einheitlich ist).
Also zucke ich zusammen, wenn mein Vater pey'paal oder W-'Laaan sagt. Ich habs aufgegeben zu erklären, warum ich mich anders entscheiden würde und habe. Der Ex-Fußballprofi Klaas-Jan Huntelaar, blöderweise auch noch "Hunter" genannt, hatte ein Vokalproblem mit seinem Nachnamen. Im Niederländischen - immerhin seine Herkunftssprache - wird das geschriebene u als "ü" gesprochen, im Englischen als "a", im Deutschen als "u".
Das einzige, was hilft, ist m.E. die richtige Aussprache. Falls jemand fragt, warum ich das so "komisch" ausspreche, kann ich es ganz knapp erklären. Punkt. Mehr "Mission" geht da nicht.
Darum muss ich es halt auch ertragen, wenn ein britischer O-Ton mit "kaahnßel" im Deutschen hier "kähntseln" hat. Die Verantwortung dafür haben aber nicht die, die das nachplappern, sondern die, die es besser wissen müssten und trotzdem von Anfang an falsch in die (hörbaren!) Medien einbringen.
Wenn dann aber eine eigentlich "falsche" Aussprache etabliert ist, ist das Wort faktisch auch schon eingedeutscht. Da muss man sich entscheiden, ob man wirklich daueraufgeregt darauf reagieren will.
Solche pet peeves entstehen doch eher auf der Seite des Hörers/der Hörerin.