Trotzdem wird immer die Frage aktuell bleiben und von Zeit zu Zeit neu gestellt werden müssen, welche Themen in welchem Kreis und welcher Situation "passend" sind. Wenn ich es richtig wahrnehme, können die meisten Frauen inzwischen wenigstens untereinander ohne Codeworte miteinander darüber reden, was nicht heißt, dass das ständig und offensiv geschieht. Wozu auch?
Als mithörbares Gesprächsthema im Opernfoyer würden die meisten aber nach wie vor eher die Stimme senken oder kurz den Raum verlassen. Aber das gilt auch für andere Themen.
Vor etwa zehn Jahren war ich in einem größeren mittelständischen Betrieb im "Casino" zu Gast, wo leitende Angestellte ihr Essen bekamen, aber auch z.B. Kunden oder besondere Gäste (wie z.B. Coaches, WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen etc.), natürlich in Begleitung durch eine/n Angestellte der Firma. Der Raum war klein, der Umgangston in der Firma familiär, ich war nach meiner Erinnerung der einzige Firmenfremde und saß mit dem Rücken zur Eingangstür. Eine eher jüngere Kollegin kam herein, ging zum Nachbartisch, an dem drei Frauen und ein Mann saßen, und fragte leise und förmlich: Entschuldigung, kann mir jemand vielleicht einen Tampon leihen? Meine Regel ist zu früh.
Obwohl es wirklich unter Zimmerlautstärke gesagt war, schien für einen Moment - also gefühlte 10 Sekunden - jedes Gespräch im Raum aufzuhören. Der Mitarbeiter, der mich durch den Betrieb geführt hatte, entschuldigte sich hinterher bei mir, was ich tatsächlich das einzig Unpassende in diesem ganzen Handlungsstrang fand. Er fand es aber offenbar nötig.
Vielleicht war all das auch nur meine Wahrnehmung, aber die Situation ist mir gut erinnerlich. Hinterher habe ich mich gefragt, warum das eigentlich so war. Die Frage war nicht geflüstert, sondern in angemessener Kommunikationslautstärke, eben auch keine Saalansage. Aber auch die Reaktion der Frauen am Nachbartisch ließ vermuten, dass sie nicht das Anliegen, sondern den Ort der Frage befremdlich fanden. Eine von ihnen ging kurz mit vor die Tür, das Essen ging völlig normal seinen weiteren Gang.
Trotzdem ist die Änderung der "gesellschaftlichen" Akzeptanz sehr langsam und graduell. Menstruation gehört zu den nicht öffentlichen Themen, wie Fußpilz oder Sterilisation, Geldsorgen, sexuelle Vorlieben etc. Welche genau das sind, werden wir hier wahrscheinlich durchaus unterschiedlich sehen und eben situationsabhängig werten.
Richtig ist aber auch, dass Männer "unter sich" wohl viel mehr Probleme haben, ein eigentlich normales Thema selbst im weiteren Umfeld ihrer Sexualität anzusprechen; es ist nicht eingeübt und bei vielen in der Erziehung zum Tabu erklärt worden. Wenn dann doch darüber gesprochen wird, geht das entweder nur mit dem besten Freund (oder jedenfalls zu zweit) oder lautstark, derb und das ganze ins Lächerliche ziehend. Es dürfte klar sein, dass der Umgang mit weiblichen Themen dann noch schwerer fällt. Und nein, das meine ich nicht entschuldigend, sondern allenfalls selbstreflektierend, vielleicht im Ansatz auch erklärend.