In den 70er Jahren waren in Österreich noch Plakate ein Riesenskandal - einfach ein blondes Mäderl, das einen schwarzhaarigen Mann fragt: "Ich heiß' Kolleritsch, du heißt Kolaric, wieso sagt man zu dir 'Tschusch'?"
(Das war damals noch ein wunder Punkt in der Steiermark und im blaunen Kärnten: Dass die meisten der Ober-Deutschtums-Schwätzer selbst Namen mit den ziemlich ungermanischen Endungen -ik und -itsch haben. [1])
Rassistische Verunglimpfungen innerhalb Europas waren damals IMO weitaus häufiger als heute, und ich erinnere mich deutlich an einen sehr offenen Antisemitismus, etwa auf Jugendskikursen der Diözesansportgemeinde oder insbesondere des Alpenvereins. Es gab keinen Skikurs, bei dem ich nicht aufgrund meines "jüdischen" Vornamens angepöbelt wurde oder KZ-Witze ("Sitzt ein Jud am Schornstein ...") zu hören bekam.
Heute gibt es zwar einen sehr starken antitürkischen Rassismus, wobei ich die diversen deutschen Kabarettisten wie Erkan/Stefan da mit dazurechne ("Blackface" halt mit Türken: Man lacht jemanden aufgrund von Vorurteilen aus, statt gemeinsam zu lachen.
http://en.wikipedia.org/wiki/Blackface ), und einen von diversen Medien und Parteien gezielt angeheizten Rassismus gegen Schwarze, dies scheint jedoch sowohl die idiotische jüdische-Weltverschwörungs-Propaganda und den Hass auf Nachbarvölker weitgehend verdrängt zu haben.
Allerdings kenne ich auch Deutsche, die grundsätzlich von "Franzacken" reden und "Spaghettis", die über Polenwitze lachen und nicht verstehen, was daran vorgestrig und ekelhaft ist. Das sind dann oft dieselben Leute, die es zB lustig finden, geschlechtsneutrale Schreibe mit erfundenen Extrembeispielen zu attackieren... oder?
IMO ändert sich derzeit vieles.
Nur leider ist es offenbar weit verbreitet, dass Politiker die Schuld an ihrem eigenen Versagen auf Brüssel abwälzen; viele Parteien und Medien bekämpfen gezielt eben dieses verbindende Element der EU-Einigung. So kommt es dann niht nur zu Panikmeldungen a la "500.000 portugiesische Bauarbeiter fallen über Österreich her" oder "Dann kommen ja Millionen griechischer Kellner ..." ... (2)
[Ich hoffe allerdings sehr, dass diese unselige Allianz aus Rechtsextremisten, Neofaschisten und Spinnern an ihrer internen Zerstrittenheit scheitert. Zum Einen halten sich die diversen lokalen Führer jeweils für etwas zu besonderes, um unter einem Ausländer zu arbeiten; zum anderen hassen sie sich gegenseitig: Jedes Mal, wenn die rechtsextreme FPÖ etwa über das teutsche Südtirol fantasiert, verärgert sie damit die italienischen Neofaschisten; die BNP scheint Franzosen und Deutsche als Feindbilder zu haben; ungarische "Neonazis" jagen anscheinend gezielt deutsche Touristen; usw.]
[1] Uralter Witz aus Österreich: Wie hieß der erste Steirer? Gorillitsch. Und der erste Kärntner? Orangutnik. Die bis in die 70er leicht subversive Pointe daran ist eben, dass beide offensichtlich von der typisch slawischen Endung -ic abgeleitet sind]
(2) Die Kronen Zeitung ergänzt laut Studien bei rund einem Drittel aller Verbrechen mit "Täter unbekannt" eine frei erfundene "dunkle Haut" oder "südländischen Akzent". Die Leser mögen sowas halt, wenn immer die Ausländer schuld sind, die Auflage steigt also -- und bis auf eine Handvoll Publizisten regt das in Österreich offenbar niemanden auf.