Eine interessante und kaum zu klärende Frage – neben der inhaltlich-lexikalischen Genauigkeit sind verschiedene Details des jeweiligen Kontextes zu bedenken. Ein Teil davon sollte wohl auch das Nachdenken über den Machtübergang in Deutschland auf die NSDAP sein, aber gewiss nicht der einzige. Selbst da hängt die Begriffsfindung v.a. von der Bewertung des Vorgangs und dabei auch der Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit aller beteiligten Seiten ab. Jede Übersetzung wird dabei also eine Position beziehen müssen.
Wenn man von den Kollokationen von to seize ausgeht, kommt ergreifen dem insgesamt am nächsten. Dagegen ist übernehmen ein nicht von vornherein feindlich gefärbtes Wort, sondern kann auch rein sachlich verwendet werden. Eine zumindestens feindlich gesinnte Übernahme klingt aber auch an. Die handelnde Partei ist hier diejenige, die hinterher die Macht innehat. Gerade umgekehrt ist die Perspektive beim Wort übergeben. Auch wenn das Ergebnis das gleiche ist, ist die handelnde Partei diejenige, die vorher die Macht innehatte.
Bleiben noch Machtübergang, ein sich nicht parteiisch festlegender Begriff, sowie Machttransfer, der sogar noch eine übergeordnete „Ordnungsmacht“ einbeziehen könnte. Dabei scheint der Übergang einen größeren Zeitraum zu ermöglichen als der Transfer.
Evtl. noch denkbar wäre auch der Machtraub, die Usurpation. Da kämen noch weitere Aspekte mit ins Spiel, z.B. Betrug und Gewalt.
(irgendwie erinnert mich die Terminologie gerade an Stop The Steal)
Welche Bewertung nun für die deutsche Situation 1933/34 getroffen wird, hat sicher einen Einfluss auf die Wahl der deutschen Wiedergabe von seizure of power.
Leider erleichtert das nicht wirklich die Übersetzung des AU-Statements aus der ursprünglichen Anfrage von 2005. Das Thema ist und bleibt aber sicher immer aktuell. Darum hoffe ich, auch einer zukünftigen Suche noch ein bisschen Hilfestellung gegeben zu haben.
Der Wunsch von modefier (#4) dürfte aber praktisch nicht erfüllbar sein.