Examples/ definitions with source references | Durchgestandene und überwundene Selbstzweifel, selbstkritisches Ergründen, neugieriges Befragen oder bekennende Naivität sind mögliche Haltungen des Künstlers, die, wenn sie Voraussetzung künstlerischen Tuns sind, heutzutage auch zu einem anderen Verständnis von Kunst und Werk führen als bei früheren Generationen. Marguerite Yourcenar: "Unsere Vorfahren, die vielleicht humaner waren als wir, zumindest auf dem Gebiet der Künste, von denen sie kaum mehr erwarteten als erfreuliche Eindrücke, und die ihre eigene, eine andere Sensibilität besaßen, bedrückten die verstümmelten Meisterwerke, die Spuren von Gewalt und Tod an den steinernen Göttern. Die großen Antikensammler restaurierten aus Mitleid. Aus Mitleid machen wir ihr Tun wieder rückgängig: Vielleicht sind wir auch mehr als sie an Ruinen und Blessuren gewöhnt. Wir zweifeln an einer Kontinuität des Geschmacks oder eines Verständnisses, das es Thorwaldsen erlauben würde, Praxiteles auszubessern. Wir nehmen es leichter hin, dass diese Schönheit, getrennt von uns in den Museen behaust und nicht mehr in unseren Wohnungen, eine etikettierte und tote Schönheit sei. Zudem findet unser Sinn für das Pathetische an diesen Verstümmelungen Gefallen; unsere Vorliebe für die abstrakte Kunst lehrt uns das Unvollständige, das Zerbrochene lieben, neutralisiert es doch sozusagen das vorherrschende menschliche Element dieser Skulpturen. Keine der im Lauf der Zeit eingetretenen Veränderungen hat den Statuen so sehr zugesetzt wie die Geschmacksumschwünge ihrer Bewunderer." Das Fragment, das Zerbrochene, das von zersetzender Patina bedeckte Relikt - Zeichen für Tod und Vergänglichkeit, für Unzulänglichkeit und Selbstbescheidung, für Begrenztheit und Unvollständigkeit – sind, wenn vom Ansatz her bewusst gewollt, Gestalt und Form des offenen Kunstwerks, das offen legt, wie der Künstler an seine Grenzen stößt. |
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Comment | Self doubt withstood or overcome, self-critical scrutiny, curious examination and self-confessed naiveté are possible attitudes for the artist, which, if they are preconditions for artistic creation, also lead us nowadays to a different understanding of art and works than they did in previous generations. |
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