re #20:
Wie in
http://books.google.de/books?id=XUwk-TFQrMwC...S. 1294f. nachzulesen, unterscheiden sich die beiden Abstrakta-Typen in ihrem Definitheitsgrad:
Die auf -nis gebildeten Nomina sind demnach "so eher am definiten Ende der Definitheits-Skala. Dagegen nehmen Abstrakta mit dem Suffix -ung wie die mit -heit (-keit, -igkeit) in der Definitheits-Skala eine Mittelstellung ein".
Zur Morphologie und semantischen Beschreibung habe ich noch das folgende gefunden:
2.9. -nis
Das Suffix -nis wird zur Bildung von Abstrakta verwendet. Es geht vermutlich zurück auf das got. -assus oder -inassus, bei dem das idg. Suffix -tu- zusammengesetzt erscheint als -at & tu- (Þ assu), wobei es sich vielleicht um tu-Ableitungen aus Verben auf germ. -atjan handelt. Im Ahd. erscheint es nach sog. ja/jō- Erweiterung als -nassi, -nessi, -nissi, -nussi mit vorherrschend neutralem Geschlecht und -nissa, -nissī,
-nessī, -nussī mit femininem. Während das Suffix im Got. meist an Verben auf -nōn angehängt wurde, überwiegen im Ahd. die nominalen Ableitungen und die Bildung von Adjektivabstrakta. Außerdem gibt es Ableitungen von Partizipien, von denen aus nhd. eine Umdeutung zu Verbalabstrakta erfolgt, d.h. bei Verlust des Partizip-t kann Anlehnung an den Infinitiv erfolgen. Mhd. erscheint es als -nüsse, -nisse mit Wörtern von femininem/neutralem Geschlecht. Im Mhd. pflegt das Suffix noch keinen Umlaut zu bewirken; dies geschieht erst im Nhd., wo auch das Endungs-e ausgeworfen wird. So wie das Geschlecht der Wörter zwischen feminin und neutrum schwankt, schwankt auch die Flexionsklassen-zugehörigkeit: die Neutra gehen meist wie kunni (neutr. -ja-Stamm, warnissi), die Feminina wie zunga (schwache konsonant. n-Dekl., warnissa) oder kuningin (-jo-Stamm, drinissa).
Beispiele:
1. Das fränkische Taufgelöbnis: Gilaubistu einan got almahtigan in thrinisse inti in einisse? Glaubst du an einen einzigen Gott in Dreiheit und Einheit? (Drei-nis, Ein-nis); Z. 8; Gilaubistu thuruh taufunga sunteono forlaznessi? Glaubst du an die Vergebung (Erlass-nis) der Sünden durch die Taufe? Z. 10 forlazzan, vergeben, redV
2. Tatian: Inti thaz lioht in finstarnessin liuhta inti finstarnessi thaz ni bigriffun. Und das Licht leuchtete in der Finsternis und die Finsternis erfaßte es nicht. (nach Joh. 1, 5)
3. Otfried 23: Ist uns in thír giuuissi ouh thaz irstántnissi Uns ist in dir auch die Auferstehung (Auferständ nis) gewiß. irstan, auferstehen, anV (vgl. stan).
Bei irstantnissi und anderen Wörtern haben sich bis zum Nhd. andere Ableitungen durchgesetzt. Im Nhd. sind die Suffixe, denen noch eine andere Ableitungssilbe vorausgeht (z. B. Finst-er-nis) seltener geworden, dafür haben Partizipialableitungen zugenommen.
Die Bedeutung ist mehr und mehr ins Konkrete übergegangen. Neuere Bildungen sind z. B. Wagnis, Gelöbnis.
[Hervorhebung von mir]
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